BGE 103 II 15 |
3. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. März 1977 i.S. Y. gegen R. |
Regeste |
Frist zur Vaterschaftsklage (Art. 308, Art. 316 ZGB) |
Sachverhalt |
A.- Die in Zürich wohnhafte italienische Staatsangehörige A. X., Ehefrau des B. X., gebar am 30. April 1971 einen Sohn, der die Vornamen D. E. erhielt. Der Knabe wurde als eheliches Kind der Eheleute X. in das Geburtsregister der Stadt Zürich eingetragen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 24. Juni 1971 wurden die Eheleute X. gerichtlich getrennt.
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Am 9. Juli 1971 focht B. X. beim zuständigen Gericht seines Heimatstaates Italien, dem Tribunale di Bolzano, die Ehelichkeit des Knaben D. E. an. Für jenes Verfahren wurde dem Kind ein Beistand bestellt. Gestützt auf ein serologisches Gutachten des Gerichtlich-medizinischen Institutes der Universität Zürich, das B. X. als Vater ausschloss, sowie aufgrund weiterer Beweise erklärte das Tribunale di Bolzano den Knaben mit Urteil vom 11. Mai 1973 als ausserehelich. Gleichzeitig ordnete es an, dass die zuständige italienische Behörde diesem einen Familiennamen gebe, der seine aussereheliche Geburt nicht erkennen lasse. Das Standesamt der Gemeinde Brenner gab dem Knaben hierauf den Familiennamen R.
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B.- Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich erhielt am 11. September 1974 erstmals Kenntnis von der Ausserehelicherklärung des von A. X. geborenen Kindes. Mit Beschluss vom 17. September 1974 bestellte sie dem Knaben einen Beistand im Sinne von Art. 311 ZGB, den sie beauftragte, dessen Rechte gegenüber dem ausserehelichen Vater zu wahren und gegebenenfalls den Vaterschaftsprozess zu führen.
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Am 27. September 1974 wurde im Namen von D. E. R. beim Friedensrichteramt Zürich 3 gegen den italienischen Staatsangehörigen C. Y. Klage auf Feststellung der Vaterschaft und auf Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen in Höhe von Fr. 300.-- im Monat eingereicht. Die Weisung des Friedensrichteramtes ging am 11. Oktober 1974 beim Bezirksgericht Zürich ein.
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Mit Urteil vom 1. April 1976 wies dieses die Klage wegen Fristversäumnis ab. Gestützt auf Art. 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 und die Tatsache, dass der Kläger seit seiner Geburt ununterbrochen in der Schweiz gewohnt hatte, beurteilte das Bezirksgericht den Fall nach schweizerischem Recht. Es prüfte demnach, ob die einjährige Klagefrist gemäss Art. 308 in Verbindung mit Art. 316 ZGB eingehalten worden sei. Nachdem es aufgrund des italienischen Zivilprozessrechts festgestellt hatte, dass das Urteil des Tribunale di Bolzano mehr als ein Jahr vor Einleitung der Klage rechtskräftig geworden sei, verneinte es diese Frage.
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C.- Das Obergericht des Kantons Zürich hiess die vom Kläger eingereichte Berufung gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an die erste Instanz zurück. Es ging ebenfalls davon aus, dass auf die Klage schweizerisches Recht angewendet werden müsse und dass die einjährige Klagefrist im Zeitpunkt der Klageeinleitung beim zuständigen Friedensrichteramt bereits abgelaufen gewesen sei. Indessen nahm die kantonale Berufungsinstanz an, es bestehe im schweizerischen Recht ein allgemeiner, ungeschriebener Rechtsgrundsatz, wonach Fristen, die ohne Verschulden versäumt worden seien, wiederhergestellt werden könnten. In einem Fall wie dem vorliegenden komme es darauf an, wann die für die Bestellung eines Beistandes zuständige Vormundschaftsbehörde von der Ausserehelicherklärung des Kindes Kenntnis erhalten habe. Das sei hier erst nach Ablauf der Jahresfrist der Fall gewesen. Von einem Fehler der Vormundschaftsbehörde könne keine Rede sein, denn diese habe sofort gehandelt, nachdem sie vom Urteil des Tribunale di Bolzano Kenntnis erhalten habe. Zur Wiederherstellung der Klagefrist müsse aber auch eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter dem Gesichtspunkt des Art. 2 ZGB führen; angesichts der geringen Verspätung der Klage von nur ungefähr sechs Wochen bestehe zwischen dem Interesse des Beklagten an der Einhaltung der Frist und jenem des Kindes an deren Wiederherstellung ein krasses Missverhältnis, so dass die Einrede der Verwirkung als rechtsmissbräuchlich erscheine.
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D.- Der Beklagte hat Berufung an das Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, es sei der obergerichtliche Beschluss aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung.
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Aus den Erwägungen: |
Da der Kläger in Italien für ausserehelich erklärt wurde, haben die kantonalen Instanzen zu Recht aufgrund des dortigen Prozessrechts geprüft, wann die Rechtskraft des Urteils eingetreten ist. Das Obergericht hat ausgeführt, das Urteil sei nach Ablauf einer dreissigtägigen Berufungsfrist rechtskräftig geworden und die für den Beginn dieser Frist massgebende Mitteilung des Urteils datiere vom 9. Juli 1973. Diese Feststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich, da die Anwendung ausländischen Rechts seiner Überprüfung entzogen ist (vgl. Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Es ist somit davon auszugehen, dass das fragliche Urteil in der ersten Hälfte des Monats August 1973 in Rechtskraft erwuchs.
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Der vom Kläger angerufene Friedensrichter hatte die Weisung von Amtes wegen an das Bezirksgericht weiterzuleiten, nachdem der Rechtsstreit im Sühneverfahren nicht hatte erledigt werden können (§ 267 der bis Ende 1976 in Kraft gewesenen zürcherischen Zivilprozessordnung). Schon in seiner Anrufung lag demnach die nach Bundesrecht massgebende Anhebung der Vaterschaftsklage (BGE 85 II 315; BGE 74 II 15 ff., insbesondere 16 Erw. 1b). Wie die Vorinstanz feststellt, wurde jedoch die Klage erst am 27. September 1974 eingeleitet, mithin etwa sechs bis sieben Wochen nach Ablauf der Klagefrist. Sollte die Möglichkeit, diese wiederherzustellen, nicht gegeben sein, wäre die Klage daher abzuweisen.
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3. a) Das Bundesgericht hat die einjährige Frist zur Anhebung der Vaterschaftsklage stets als Verwirkungs- und nicht als Verjährungsfrist betrachtet (BGE 42 II 101 Erw. 2 sowie zahlreiche seither ergangene Urteile wie u.a. BGE 96 II 7; BGE 93 II 369 Erw. 3, 372 Erw. 6; BGE 83 II 98; BGE 80 II 291 Erw. 1). Eine allgemeine Wiederherstellbarkeit dieser Frist für den Fall der Versäumnis hat es in einem Grundsatzentscheid vom 20. Mai 1919 abgelehnt (BGE 45 II 237 ff. Erw. 2). Zur Begründung führte es in erster Linie aus, eine Restitution sei mit dem Wesen der Verwirkung unvereinbar. Mit dem Institut der Verwirkung wolle nämlich auf die Interessen des Anspruchsverpflichteten, die durch die zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der Ausübung des Rechts gefährdet würden, bzw. auf höhere öffentliche Interessen am Bestehen sicherer Verhältnisse nach Ablauf einer bestimmten Zeit Rücksicht genommen werden. Das an die Klageerhebung innert einer Ausschlussfrist geknüpfte Recht erscheine somit von vornherein als zeitlich begrenzt, indem es in seinem Bestand von der fristgerechten Ausübung abhänge und schon durch die Tatsache des unbenützten Fristablaufes unabhängig vom Willen des Berechtigten erlösche (a.a.O. S. 237/238). Weiter verwies das Bundesgericht auch auf den Wortlaut von Art. 308 ZGB, dessen Stellung im Gesetz sowie dessen Entstehungsgeschichte und gelangte zur Ansicht, der Gesetzgeber hätte eine ähnliche Regelung wie in Art. 257 ZGB (Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes) getroffen, wenn er auch bei der Vaterschaftsklage die Wiederherstellung der Frist bei Vorliegen wichtiger Gründe hätte zulassen wollen. Dieser Schluss werde durch die Entstehungsgeschichte des Art. 308 ZGB bekräftigt. Im Laufe der parlamentarischen Beratungen sei nämlich die in der bundesrätlichen Vorlage vorgesehene Möglichkeit der Fristwiederherstellung aus wichtigen Gründen absichtlich gestrichen worden, nachdem die ursprünglich auf nur drei Monate bemessene Frist schliesslich auf ein Jahr verlängert worden sei (a.a.O. S. 238/239; zur Entstehungsgeschichte vgl. auch SILBERNAGEL/WÄBER, N. 8 zu Art. 308 ZGB; HEGNAUER, N. 3 zu Art. 308 ZGB).
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b) Schon ein Jahr später sah sich das Bundesgericht veranlasst, von jenem Entscheid abzuweichen. In einem Fall, da die rechtzeitige Anhebung der Vaterschaftsklage nur deshalb unterblieben war, weil der Beklagte seine Vaterschaft anerkannt hatte, die Anerkennung sich aber nachträglich als ungültig erwies, hielt es unter Hinweis auf Art. 2 ZGB dafür, die Einrede der Verwirkung könne nicht geschützt werden (BGE 46 II 90 ff., insbesondere 93/94). Diese neue Rechtsprechung wurde in der Folge dahin präzisiert, dass es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte während des Laufes der Klagefrist geradezu darauf ausgegangen sei, die rechtzeitige Einreichung der Klage zu hintertreiben; Rechtsmissbrauch liege schon dann vor, wenn der Beklagte die Einrede der Verwirkung aus den Folgen seines eigenen Verhaltens herleite (BGE 83 II 98 f.; BGE 49 II 322).
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c) Zu einer weiteren Durchbrechung des Grundsatzes der Nichtwiederherstellbarkeit der Klagefrist des Art. 308 ZGB kam es im Jahre 1935, indem das Bundesgericht die im Rechte der Verjährung vorgesehene Nachfrist bei fehlerhaft eingeleiteter Klage (Art. 139 OR) auf die Frist zur Anhebung der Vaterschaftsklage zur Anwendung brachte (BGE 61 II 149 ff.), obwohl es eine solche Lösung in BGE 55 II 17 noch ausdrücklich verworfen hatte. Es wurde erklärt, der gänzliche Rechtsverlust der Klägerschaft würde zu einem unter den gegebenen Umständen in höchstem Grade unbefriedigenden Ergebnis führen, mit dem sich der Richter nur abfinden dürfte, wenn sich im Rahmen des Gesetzes keine angemessene, rechtlich mögliche Lösung finden liesse (BGE 61 II 151 Erw. 3). Das Gericht legte eingehend dar, weshalb sich die analoge Anwendung von Art. 139 OR sowohl praktisch als auch juristisch rechtfertige. Diese Rechtsprechung wurde in der Folge in einer Reihe weiterer Entscheide bestätigt und auf andere Verwirkungsfristen des Bundeszivilrechts ausgedehnt (vgl. BGE 100 II 284 Erw. 3; BGE 98 II 183; BGE 93 II 369 ff.; BGE 89 II 307 ff. Erw. 6; 80 II 291 ff.; BGE 72 II 328 ff.).
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d) Die Praxis des Bundesgerichts zur Wiederherstellbarkeit der Klagefrist des Art. 308 ZGB blieb nicht unangefochten. Verschiedene Autoren wiesen nicht ohne Grund darauf hin, dass sich die Nichtbeachtung der Fristversäumnis wegen Rechtsmissbrauchs im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB mit dem vom Bundesgericht verwendeten Verwirkungsbegriff, wonach der Fristablauf nicht durch Einrede geltend zu machen, sondern als rechtsaufhebende Tatsache vom Amtes wegen zu beachten sei, schlecht vertrage (KURT EHRLICH, Wiederherstellung der Frist zur Anhebung der Vaterschaftsklage, in SJZ 1933/1934 S. 162 erste Spalte; ALFONS OSWALD, Die Verwirkung der Vaterschaftsklage, Freiburger Diss. 1938, S. 69/70; JEAN-ALBERT WYSS, La péremption dans le Code civil suisse, Lausanner Diss. 1957, S. 129 ff. mit weiteren Literaturhinweisen; vgl. demgegenüber die abweichende Meinung von MERZ, N. 420 zu Art. 2 ZGB).
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Zur Vermeidung dieses Widerspruchs schlägt SPIRO vor, die Befristung der auf Vermögensleistungen gerichteten Vaterschaftsklage nicht als Verwirkung, sondern als Verjährung zu qualifizieren (Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-,Verwirkungs- und Fatalfristen, Bern 1975, Bd. II, S. 1553 ff.). Es ist einzuräumen, dass sich das Bundesgericht im Laufe der Zeit gezwungen sah, aus dem Verjährungsrecht stammende Regeln auf die Klagefrist des Art. 308 ZGB anzuwenden, um den Verlust des Klagerechts wegen Versäumnis zu verhindern, wo sich ein solcher als besonders stossend erwiesen hätte. Dadurch ist die mit der Theorie der Klageverwirkung verbundene Starrheit zweifellos gemildert und die Frist des Art. 308 ZGB einer Verjährungsfrist mindestens in gewissen Beziehungen angenähert worden (zu den Unterschieden zwischen Verwirkung und Verjährung vgl. SPIRO, a.a.O. S. 931 ff. mit weiteren Hinweisen; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweiz. Obligationenrechts, II. Bd., S. 162; PETER NABHOLZ, Verjährung und Verwirkung als Rechtsuntergangsgründe infolge Zeitablaufs, Zürcher Diss. 1958, S. 74 ff.). Ob die Befristung der einfachen Vaterschaftsklage ganz allgemein als Anwendungsfall der Verjährung betrachtet werden sollte, wie dies SPIRO fordert, mag offen bleiben. Denn auch die Regeln über die Verjährung liessen hier nicht ohne weiteres eine Verlängerung der Klagefrist zu.
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Gegen eine erweiterte Zulassung verspäteter Vaterschaftsklagen spricht - wie schon im erwähnten Urteil BGE 45 II 235 ff. ausgeführt wurde - vor allem der Umstand, dass eine Regelung, wie sie für die Anfechtung der Ehelichkeit in Art. 257 ZGB ausdrücklich vorgesehen ist, fehlt. Die Verlängerung der Jahresfrist ist daher jedenfalls nicht ohne weiteres möglich, sobald von einem "wichtigen Grund" gesprochen werden könnte. Dennoch braucht sie nicht auf die vom Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung anerkannten Fälle beschränkt zu bleiben. Eine Lockerung ist nach Ansicht zahlreicher Autoren gerade dort am Platz, wo - wie vorliegend - eine Vaterschaftsklage des Kindes verspätet erhoben wurde, weil ihm nicht rechtzeitig ein Beistand bestellt werden konnte (EHRLICH, a.a.O. S. 162/163; EGGER, N. 8 zu Art. 308 ZGB; OSWALD, a.a.O. S. 74; WYSS, a.a.O. S. 139 oben; JEAN-FRANCOIS AUBERT, Les actions de la filiation en droit civil suisse, Neuenburger Diss. 1955, S. 124; vgl. auch ZR 54/1955, Nr. 100 S. 209, und SJZ 68/1972, S. 188/189, Nr. 77. Anderer Meinung jedoch HEGNAUER, N. 28 und 30 zu Art. 308 ZGB).
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Es kann in der Tat nicht übersehen werden, dass ein aussereheliches Kind selbst nicht rechtswirksam handeln und die Frist für die Anhebung der Vaterschaftsklage somit gar nicht wahrnehmen kann. Nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ist ihm denn auch von der Vormundschaftsbehörde ein Beistand zu bestellen, der seine Interessen zu wahren hat (Art. 311 Abs. 1 ZGB). Unterblieb die rechtzeitige Einleitung der Vaterschaftsklage deshalb, weil die zuständige Vormundschaftsbehörde in Missachtung ihrer Pflicht mit der Bestellung eines Beistandes säumig war, hat sie den Verlust des Klagerechts zu verantworten und für den daraus entstandenen Schaden aufzukommen. Hier aber, wo die Vormundschaftsbehörde überhaupt erst nach Ablauf der einjährigen Klagefrist von der Ausserehelicherklärung des Kindes Kenntnis erhielt, wäre dieses völlig rechtlos, wenn die Klage nicht zugelassen würde. Gewiss zeigt die Entstehungsgeschichte des Art. 308 ZGB, dass bei den Beratungen im Parlament eine Wiederherstellung der versäumten Klagefrist aus wichtigen Gründen bewusst ausgeschlossen werden wollte. Indessen ist zu berücksichtigen, dass sich die Verhältnisse, denen der Gesetzgeber durch eine möglichst kurze und starre Befristung der Vaterschaftsklage Rechnung tragen wollte, in der Zwischenzeit stark geändert haben (HEGNAUER, N. 36 zu Art. 308 ZGB; Botschaft des Bundesrates über die Änderung des ZGB vom 5. Juni 1974, BBl 1974, Bd. II, S. 48). Im Vaterschaftsprozess haben nämlich die naturwissenschaftlichen Abstammungsgutachten im Vergleich zu den schon zur Zeit der Entstehung des Zivilgesetzbuches bekannten Beweismitteln eine immer stärkere Bedeutung erlangt. Ihnen haftet die Gefahr der Beweisverdunkelung, der mit der Klagebefristung vor allem begegnet werden wollte, nicht an. Die auf naturwissenschaftlichen Methoden beruhenden Gutachten büssen mit dem Zeitablauf nicht nur nichts von ihrer Aussagekraft ein, sondern sie setzen im Gegenteil ein gewisses Mindestalter des Kindes voraus, so beim serologischen Gutachten ein solches von sechs Monaten und beim morphologischen ein solches von drei Jahren (BBl 1974, Bd. II, S. 48). Der Gesetzgeber hat diese Wandlung der Verhältnisse bei der neuesten Revision des Kindschaftsrechts in weitem Masse berücksichtigt, indem er die Klage des Kindes bis zum Ablauf eines Jahres nach Erreichen des Mündigkeitsalters befristet hat und sie auch noch darüber hinaus zulässt, sofern die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird (so der neue Art. 263 Abs. 3 ZGB). Auch wenn die Novelle noch nicht in Kraft getreten ist und ihr keine Vorwirkung zukommen kann, so ist sie immerhin als Ausdruck der veränderten Verhältnisse und Anschauungen von Bedeutung.
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Eine Gesamtbetrachtung ergibt, dass es nicht Sinn des Gesetzes sein kann, ein aussereheliches Kind auch dann von der Verfolgung seiner Rechtsansprüche auszuschliessen, wenn ihm innert der Klagefrist kein Beistand bestellt werden konnte, weil die zuständige Vormundschaftsbehörde von der Ausserehelicherklärung keine Kenntnis erhalten hatte. Für diesen ausgesprochenen Ausnahmefall, der nur im internationalen Verhältnis eintreten sollte, wo Art. 130 Abs. 1 Ziff. 6 der Zivilstandsverordnung (Mitteilung der Aberkennung der Ehelichkeit an die Vormundschaftsbehörde am Wohnsitz des Kindes) keine Gültigkeit entfaltet, ist vielmehr eine Gesetzeslücke anzunehmen. Diese ist in der Weise auszufüllen, dass die Klage auch nach Ablauf der Jahresfrist zuzulassen ist, sofern nach Kenntnisnahme des ausländischen Urteils ohne Verzug zur Bestellung eines Beistandes geschritten und die Klage angehoben wurde. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der angefochtene Entscheid ist daher - wenn auch mit anderer Begründung - zu bestätigen.
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