27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. April 1980 i.S. Ettlin gegen Amrein (Berufung)
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Regeste
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Art. 216 Abs. 2 OR. Öffentliche Beurkundung eines Kaufrechtsvertrages.
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2. Wann eine Planskizze, die dem Text beigeheftet wird, als beurkundet gelten darf, beurteilt sich nach dem kantonalen Recht (E. 2).
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3. Auf die Ungültigkeit des Vertrages wegen Formmangels kann sich auch der Dritte berufen, der durch Kauf des Grundstückes in den Kaufrechtsvertrag eintritt (E. 3).
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Sachverhalt
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A.- Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 8. August 1973 räumte Britschgi den Gebrüdern Ettlin zum Preise von Fr. 35.-- je m2 ein Kaufsrecht ein, das sich auf etwa 2300 m2 der Parzelle Nr. 440 in Alpnach bezog. Das Kaufsrecht wurde auf zehn Jahre beschränkt, im Grundbuch vorgemerkt und 1975 von den Berechtigten für rund 1000 m2 ausgeübt. Am 23. Juli 1977 verkaufte Britschgi ein weiteres Stück der Parzelle samt den 1300 m2, die noch unter das Kaufsrecht fielen, an Amrein.
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Im Dezember 1977 klagte Amrein gegen die Gebrüder Ettlin auf Feststellung, dass das Kaufsrecht nichtig und deshalb im Grundbuch zu löschen sei.
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Das Kantonsgericht und auf Appellation hin am 5. September 1979 auch das Obergericht des Kantons Obwalden hiessen die Klage gut. Sie fanden, dass der vom Kaufsrecht betroffene Teil des Grundstückes im Vertrag nur ungenügend bestimmt und der beigeheftete Situationsplan von der vorgeschriebenen Form nicht erfasst worden sei; es fehle daher an einer gehörigen Beurkundung des Vertrages.
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B.- Die Beklagten haben gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt mit den Anträgen, es aufzuheben und die Klage abzuweisen oder die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens und zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit darauf einzutreten ist, und bestätigt das angefochtene Urteil.
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Aus den Erwägungen:
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1. Gemäss Art. 216 Abs. 2 OR bedarf ein Vertrag, durch den ein Kaufsrecht an einem Grundstück begründet wird, zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung. Wie diese vorzunehmen ist, bestimmt das kantonale Recht (Art. 55 Abs. 1 SchlT/ZGB). Der Begriff der öffentlichen Beurkundung ist jedoch ein solcher des Bundesrechts, weshalb die kantonale Regelung nicht nur dessen Schranken beachten, sondern auch bestimmte Mindestanforderungen erfüllen muss, die sich aus dem materiellrechtlichen Zweck des Instituts ergeben (BGE 99 II 161, BGE 90 II 280, BGE 84 II 640; HUBER, Die öffentliche Beurkundung als Begriff des Bundesrechts, in ZBJV 103/1967, S. 249 ff.; HAAB und MEIER-HAYOZ, zu Art. 657 ZGB; BECK, zu Art. 55 SchlT/ZGB).
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Dazu gehört insbesondere, dass die gesetzlich vorgeschriebene Form sich auf alle Tatsachen und Willenserklärungen beziehen muss, die für den materiellrechtlichen Inhalt des Rechtsgeschäftes wesentlich sind. Das gilt vorweg für die Bezeichnung des Grundstücks, das vom Vertrag erfasst wird. Beschränkt sich das Rechtsgeschäft auf einen Teil des Grundstücks, so muss dieser genau angegeben werden oder nach dem Vertrag zumindest bestimmbar sein (BGE 103 II 113, BGE 95 II 42 und 310, BGE 90 II 24, BGE 81 II 507).
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Davon geht im vorliegenden Fall auch das Obergericht aus, was von keiner Seite beanstandet wird. Streitig ist dagegen, ob der Kaufrechtsvertrag den von ihm erfassten Teil des Grundstücks genügend bestimmt habe. Im Vertrag wird dieser Teil mit "eine Parzelle Land von ca. 2300 m2" umschrieben, seine räumliche Lage innerhalb des Grundstückes Nr. 440, das 1973 über 5000 m2 mass, aber nicht näher bestimmt. Das Obergericht stellt fest, dass sich die Streitfrage nach den örtlichen Verhältnissen selbst dann nicht beantworten lasse, wenn der vorgesehene Kaufpreis und der Zonenplan der Gemeinde mitberücksichtigt werden. Das sind tatsächliche Feststellungen, gegen die mit der Berufung nicht aufzukommen ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
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Entgegen dem Einwand der Beklagten wurde die Kaufrechtsparzelle im Vertrag auch dadurch nicht eindeutig bezeichnet, dass die Parteien die Ausübung des Kaufsrechts näher ordneten und sich verpflichteten, die vom Grundbuchgeometer zu erstellende Mutation anzuerkennen und als "einen integrierenden Bestandteil des Kaufsrechts" zu betrachten. Gewiss hatte der Geometer dabei, wie das Obergericht zutreffend und unwidersprochen bemerkt, die dem Vertrag beigeheftete Planskizze mitzuberücksichtigen. Wenn die Skizze als Teil des Vertrages nicht gehörig verurkundet worden ist, geht es indes nicht an, über diesen Mangel hinwegzusehen, nur weil beide Parteien dem Mutationsplan, den der Geometer nach der Skizze zu erstellen hatte, im voraus zustimmten.
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Das ist auch dem Einwand entgegenzuhalten, dass das Kaufsrecht auf dieser Grundlage 1975 bereits teilweise und ohne Schwierigkeiten ausgeübt worden sei. Die Beklagten verkennen, dass sich damals die ursprünglichen Vertragsparteien gegenüberstanden und sich darüber einig waren, den Kaufgegenstand gestützt auf die Planskizze zu ermitteln. Das heisst aber nicht, dass die Vertragsgrundlage ausreichte, um das Kaufsrecht ohne neue Übereinkunft auch gegen einen Dritten durchzusetzen (BGE 95 II 42 mit Hinweisen). Vom Vertragstext lässt sich dies jedenfalls nicht sagen; er genügt den bundesrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Beurkundung offensichtlich nicht, da er sich über die Grenzen und Lage der Kaufrechtsparzelle ausschweigt. Diese ist nur zu ermitteln, wenn die Planskizze beigezogen wird, auf welche der Vertrag für die Grundbuchanmeldung verweist.
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a) Nach dem kantonalen Recht hat die Urkundsperson die Beurkundung mit Unterschrift und Stempel zu bestätigen (Art. 8 Abs. 1 EG/ZGB und Art. 47 lit. d VO). Wo diese Unterschrift zu stehen habe, ist für das Obergericht eine Auslegungsfrage. Es geht dabei vom bundesrechtlichen Begriff der Urkunde aus, wonach bei formbedürftigen Rechtsgeschäften die Unterschrift so anzubringen ist, dass sie den Inhalt der Urkunde deckt (BGE 103 II 147 mit Zitaten); sie müsste hier also am Ende der Urkunde oder am Rande der Skizze stehen. Da das kantonale Recht die Unterschrift der Urkundsperson verlange, könne eine von ihr nicht unterschriebene Planskizze auch dann nicht als beurkundet gelten, wenn die Skizze dem unterschriebenen Textteil beigeheftet und darin auf sie verwiesen werde. Mangels Unterschrift des öffentlichen Schreibers dürfe die Skizze folglich nicht dazu verwendet werden, die Lage der Kaufrechtsparzelle innerhalb des Grundstücks zu bestimmen, gleichviel ob auch der Stempel notwendig gewesen wäre und die Parteien im Beisein der Urkundsperson hätten unterschreiben müssen.
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Diese Erwägungen stützen sich ausschliesslich auf kantonales Beurkundungsrecht, mag die Vorinstanz bei dessen Auslegung auch von allgemeinen Grundsätzen ausgehen, die in Lehre und Rechtsprechung zu bundesrechtlichen Bestimmungen entwickelt worden sind. Die analoge oder ersatzweise Anwendung solcher Grundsätze macht kantonales Recht nicht zu Bundesrecht. Was die Beklagten gegen die Auslegung des Obergerichts in der Berufung vorbringen, ist daher gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht zu hören (vgl. BGE 89 I 488 /489, 89 II 271, BGE 81 II 303 /4).
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b) Da das Bundesrecht für die öffentliche Beurkundung nur Mindestanforderungen stellt, können die Beklagten nichts daraus ableiten, dass das kantonale Recht sich nicht damit begnügt. Richtig ist bloss, dass die Kantone mit ihren Verfahrens- oder Formvorschriften die Wirksamkeit des Bundeszivilrechts nicht beeinträchtigen oder gar verunmöglichen dürfen (BGE 99 II 162 mit Zitaten; HAAB, N. 31 und MEIER-HAYOZ, N. 107 zu Art. 657 ZGB). Von solchen Folgen kann aber nicht schon deshalb die Rede sein, weil das kantonale Recht bei Verweisung einer Vertragsurkunde auf einen von den Parteien erstellten Plan verlangt, dass diesfalls die Beurkundungsformel den Plan miterfassen oder die Urkundsperson ihn zumindest mitunterzeichnen müsse. Ein Bericht des Eidg. Grundbuchamtes, an das sich das Kantonsgericht gewandt hat, hält es bezeichnenderweise denn auch für genügend, dass der Plan zum Bestandteil der Urkunde erklärt "und je nach dem kantonalen Beurkundungsrecht von den Parteien und/oder der Urkundsperson mitunterzeichnet wird".
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Daran scheitert auch der Einwand, das von den Vorinstanzen beanstandete Vorgehen des öffentlichen Schreibers entspreche konstanter kantonaler Beurkundungspraxis, die als Gewohnheitsrecht zu berücksichtigen sei. Damit kann ebenfalls nur kantonales Recht gemeint sein, dessen Anwendung das Bundesgericht auf Berufung hin nicht überprüfen darf (Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG). Bundesrecht ist folglich auch nicht dadurch verletzt worden, dass die Vorinstanzen über das angebliche Gewohnheitsrecht keine Beweise abgenommen haben. Es bleibt daher bei der Feststellung des Obergerichts, dass Formvorschriften des kantonalen Beurkundungsrechts im vorliegenden Fall missachtet worden sind (BGE 84 II 641; HAAB, N. 33 und MEIER-HAYOZ, N. 129 zu Art. 657 ZGB; KUMMER, N. 29 zu Art. 9 ZGB).
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Die Beklagten wollen die Nichtigkeit als Folge eines Formmangels jedenfalls nur in ihrem Verhältnis zu Britschgi, ihrem Vertragspartner und seinerzeitigen Eigentümer der Parzelle gelten lassen, weil der Kläger zu ihnen in keinem Vertragsverhältnis stehe und nur von den dinglichen Wirkungen des Kaufsrechts betroffen werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist unter Formungültigkeit eines Vertrages jedoch dessen absolute Nichtigkeit zu verstehen, die zudem von Amtes wegen zu beachten ist (BGE 104 II 103, BGE 98 II 316, BGE 92 II 324, BGE 86 II 402 mit Hinweisen; ebenso OSER/SCHÖNENBERGER, N. 13 zu Art. 216 OR; VON TUHR/PETER, S. 226; BECK, N. 49 zu Art. 55 SchlT/ZGB). Eine neuere Lehre wendet sich gegen diese Auffassung und verficht eine differenziertere Betrachtungsweise (HAAB, N. 34/5 und MEIER-HAYOZ, N. 130 ff. zu Art. 657 ZGB; LIVER, in Schweiz. Privatrecht Bd. V/1, S. 137/138; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 73 ff. zu Art. 11 OR; CAVIN, in Schweiz. Privatrecht, Bd. V/1, S. 133 ff.). Von praktischer Bedeutung ist die Kontroverse insbesondere für die Frage, ob auch Dritte, die am Vertrag nicht beteiligt sind, aber vom Mangel betroffen werden, sich auf die Nichtigkeit berufen dürfen. Dies wird von der Rechtsprechung bejaht (vgl. BGE 92 II 324, BGE 86 II 401, BGE 85 II 567; ebenso VON TUHR/PETER, S. 266), in der neueren Doktrin dagegen jedenfalls von MEIER-HAYOZ (N. 130 zu Art. 657 ZGB) und HAAB (N. 34 zu Art. 657 ZGB) verneint.
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Zu einer neuen Überprüfung der Rechtsprechung, die in BGE 104 II 103 bestätigt worden ist, besteht im vorliegenden Fall indes kein Anlass. Soweit das kantonale Recht die Einzelheiten der öffentlichen Beurkundung regelt, bestimmt es auch darüber, ob es sich um Gültigkeits- oder blosse Ordnungsvorschriften handelt. OSER/SCHÖNENBERGER (N. 13 zu Art. 216 OR) wollen die Ungültigkeit infolge Formmangels freilich nach Bundesrecht beurteilt wissen. Die herrschende Lehre vertritt jedoch wie das Bundesgericht die Auffassung, das kantonale Recht sei massgebend nicht nur für den Entscheid darüber, ob der Verstoss gegen eine Formvorschrift den Vertrag ungültig mache, sondern auch für die Frage, ob es sich um absolute oder relative Wirkungen der Ungültigkeit handle (BGE 84 II 641, BGE 39 II 613; HAAB, N. 33 und MEIER-HAYOZ, N. 129 zu Art. 657 ZGB; BECK, N. 15 und 48 zu Art. 55 SchlT/ZGB; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 76 und 102 zu Art. 11 OR; KUMMER, N. 29 zu Art. 9 ZGB). Das Obergericht stellt in Auslegung kantonalen Rechts fest, dass der vorliegende Mangel die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts betreffe und zur Nichtigkeit führe. Es hat dabei den Begriff der öffentlichen Beurkundung nicht verkannt; mit der Berufung kann daher nicht geltend gemacht werden, der streitige Vertrag sei höchstens zwischen den daran Beteiligten als nichtig anzusehen.
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Der Kläger kann zudem nicht als unbeteiligter Dritter bezeichnet werden, ist er doch als Rechtsnachfolger Britschgis in den Kaufrechtsvertrag mit den Beklagten eingetreten (HOMBERGER, N. 22 zu Art. 959 ZGB). Er durfte ihnen daher selbst nach Lehrmeinungen, die von der Rechtsprechung abweichen, entgegenhalten, das zulasten seines Grundstückes vorgemerkte Kaufsrecht sei wegen Formmangels als nichtig zu betrachten. In diesem Sinne darf der Grundeigentümer gemäss Art. 975 Abs. 1 ZGB denn auch darauf klagen, dass vorgemerkte persönliche Rechte im Grundbuch gelöscht oder geändert werden (HOMBERGER, N. 12 zu Art. 975 ZGB; vgl. auch BGE 98 II 22). Dagegen ist auch mit dem Einwand nicht aufzukommen, ein Grundbuchbeleg wie der hier streitige Situationsplan nehme an den Grundbuchwirkungen teil. Das gilt zwar für den gutgläubigen Dritten, heisst aber nicht, dass der Beleg oder die Vormerkung im Grundbuch an der Nichtigkeit des formwidrigen Vertrages etwas ändere (Art. 974 Abs. 2 und 975 Abs. 1 ZGB; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 14 zu Art. 216 OR; HOMBERGER, N. 5 zu Art. 975 ZGB; HAAB, N. 36 zu Art. 657 ZGB).
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