BGE 107 II 306 |
47. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. November 1981 i.S. L. gegen H. (Berufung) |
Regeste |
Eheliches Güterrecht. |
2. Kann nicht positiv festgestellt werden, wofür vom Mann eingebrachtes Geld verwendet worden ist, so muss angenommen werden, die Errungenschaft sei durch den eingebrachten Betrag vergrössert worden. Diese Vergrösserung ist durch Anerkennung einer Ersatzforderung zugunsten des eingebrachten Mannesgutes auszugleichen (E. 5). |
Aus den Erwägungen: |
2. Es steht unbestrittenermassen fest, dass die Parteien unter dem Güterstand der Güterverbindung lebten und dass dem Beklagten im Verlauf der Ehe durch unentgeltliche Zuwendungen und durch Erbschaft Barbeträge von insgesamt Fr. 37'861.95 zugeflossen sind, die eingebrachtes Mannesgut darstellen. Im angefochtenen Urteil wird festgestellt, der Beklagte habe hievon vielleicht etwa Fr. 19'000.-- für eine offensichtliche Liebhaberei, der er in grossem Umfang gefrönt habe und die über dem Rahmen des Üblichen hinausgegangen sei, verwendet, nämlich die Entwicklung und Herstellung von Felgen für Rennmotorräder; dabei habe es sich nicht um einen Nebenerwerb zur besseren Ernährung der Familie, sondern um eine verlustreiche und teilweise spekulative Freizeitbeschäftigung gehandelt, deren Ausübung angesichts der bescheidenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten an Verschwendung gegrenzt habe. Soweit aus diesem Geld Werkstatteinrichtungen und Vorräte angeschafft worden seien, behalte der Beklagte daran das Eigentum; soweit das Geld jedoch verloren gegangen sei, stehe ihm hiefür keine Ersatzforderung gegenüber der Errungenschaft zu. Eine solche Ersatzforderung sei nur insoweit anzuerkennen, als das Eigengut des Mannes für den Ausbau der ehelichen Liegenschaft verwendet worden sei, wofür die Beweislast den Beklagten treffe; nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens sei dies im Umfang von insgesamt Fr. 11'500.-- der Fall gewesen...
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a) In einem solchen Fall kann es sich in der Regel nicht darum handeln, dem Ehemann eine Ersatzforderung gegenüber der Frau zuzugestehen, es wäre denn, das eingebrachte Mannesgut sei im Sinne von Art. 209 Abs. 1 ZGB zur Bezahlung von Schulden verwendet worden, für die das eingebrachte Frauengut haftet. Hingegen besteht eine Ersatzforderung gegenüber der Errungenschaftsmasse, soweit Schulden, die zulasten der Errungenschaft gehen, wie insbesondere solche aus dem Unterhalt der Familie, aus eingebrachtem Mannesgut bezahlt worden sind. Ist das eingebrachte Mannesgut jedoch durch Zufall untergegangen oder durch Verschulden des Mannes verschleudert, vernichtet oder in seinem Wert vermindert worden, stellt sich die Frage, ob dem Ehemann auch in diesem Umfang eine Ersatzforderung gegenüber der Errungenschaftsmasse zustehe. Dies hätte bejahendenfalls zur Folge, dass der Wert des nicht mehr vorhandenen eingebrachten Mannesgutes bei der Vorschlagsberechnung generell als Passivum zu berücksichtigen wäre. Eine solche Lösung bezeichnet LEMP als unbillig, weil das Eingebrachte des Mannes in dieser Hinsicht anders behandelt würde als jenes der Ehefrau (N. 51 zu Art. 214 ZGB). Eine andere Meinung wird von EUGEN HUBER vertreten, der in den Erläuterungen davon ausging, das Mannesvermögen müsse, auch wenn es durch Zufall oder Schuld des Mannes untergegangen sei, voll gedeckt sein, bevor von einem Vorschlag gesprochen werden könne (Erläuterungen zum Vorentwurf des ZGB, 2. Ausgabe, S. 206; vgl. auch die Zitate aus dem französischen Text der Erläuterungen und deren Kommentierung in der 1946 erschienenen Lausanner Diss. von PH. DÉNÉRÉAZ, Le calcul du bénéfice de l'union conjugale dans le régime matrimonial légal, S. 104 ff.).
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b) Wird vom Gesetzestext ausgegangen, so lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten. In Art. 214 Abs. 1 ZGB, der nach Art. 154 Abs. 2 ZGB auch im Falle der Auflösung der Ehe durch Scheidung Anwendung findet, heisst es einfach: "Ergibt sich nach der Ausscheidung des Mannes- und Frauengutes ein Vorschlag, so gehört er zu einem Drittel der Ehefrau oder ihren Nachkommen und im übrigen dem Ehemann oder seinen Erben." Der französische Text spricht vom "bénéfice restant après le prélèvement des apports", und die italienische Fassung entspricht ungefähr der deutschen ("Se, fatta la separazione dei beni apportati da ciascuno dei coniugi, risulta un aumento, ..."). Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich jedoch nicht, was unter Ausscheidung des Mannesgutes verstanden werden soll, insbesondere ob auch das durch Zufall oder Verschulden des Mannes untergegangene eingebrachte Gut dazu gerechnet werden muss. In diesem Sinn haben sich ausser EUGEN HUBER noch folgende Autoren ausgesprochen: ROSSEL/MENTHA, Manuel du droit civil suisse, 2. Aufl., Bd. I, S. 373; J. ROBOZ, De la liquidation du régime de l'union des biens, Genfer Diss. 1915, S. 122 f.; O. MÜLLER, Zur Berechnung des ehegüterrechtlichen Vorschlages, ZBJV 88/1952, S. 13 ff. Die gleiche Auffassung wie LEMP, der eine Ersatzforderung für das durch Verschulden des Ehemannes oder durch Zufall untergegangene eingebrachte Mannesgut wie erwähnt ablehnt, vertritt auch C. DROIN, Les effets généraux du mariage et le régime matrimonial. S. 585.
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c) Das Bundesgericht hat sich zu dieser Frage, soweit ersichtlich, noch nie aussprechen müssen. Hingegen hat es entschieden, dass im Falle der Veräusserung eingebrachten Mannesgutes der Ehemann keinen Anspruch darauf habe, bei der Vorschlagsberechnung einen Mindererlös im Vergleich zum Wert des betreffenden Gegenstandes zur Zeit des Einbringens in Anschlag zu bringen. Es führte aus, eine solche Besserstellung des Mannes im Vergleich zur Frau sei nicht gerechtfertigt (BGE 62 II 338ff. E. 2). Der Gedanke einer möglichsten Gleichbehandlung der von Mann und Frau eingebrachten Güter spricht auch dafür, bei der Berechnung des ehelichen Vorschlags jenes eingebrachte Mannesgut nicht zu berücksichtigen, das im Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung infolge Zufalls oder Schuld des Mannes nicht mehr vorhanden ist. Der Haupteinwand der Vertreter der gegenteiligen Auffassung gegenüber einer solchen Art der Vorschlagsermittlung besteht darin, dass von einem Vorschlag schon rein begrifflich nur gesprochen werden könne, wenn bei Auflösung der Güterverbindung ein Überschuss über das in die Ehe eingebrachte Vermögen vorhanden sei. Diese Überlegung würde aber in gleicher Weise für das eingebrachtes Frauengut gelten. Auch die Vertreter der erwähnten Auffassung gehen indessen davon aus, dass eingebrachtes Frauengut, das durch Zufall oder aus Verschulden der Frau verloren ging, bei der Berechnung des Vorschlages nicht zu berücksichtigen ist (so EUGEN HUBER, a.a.O., S. 175). Aus dem Wesen des Vorschlags ergibt sich deshalb nicht zwingend, dass bei Auflösung der Güterverbindung dem Ehemann für nicht mehr vorhandenes eingebrachtes Gut in jedem Fall eine Ersatzforderung gegenüber der Errungenschaft zugestanden werden muss. Ein weiterer Einwand könnte allenfalls daraus abgeleitet werden, dass der Ehemann grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Errungenschaft zu erhalten und einen Vorschlag zu erzielen. Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, dass der Mann über die Errungenschaft frei verfügen und sie vermindern kann, ohne ersatzpflichtig zu werden, ist dies kein Grund dafür, ihm zulasten der Errungenschaftsmasse auch noch eine Ersatzforderung für jenes von ihm eingebrachte Gut zuzubilligen, das durch Zufall oder durch sein eigenes Verschulden untergegangen ist. Seine bevorzugte Stellung hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeit über die Errungenschaft verlangt nicht zwangsläufig, dass er auch in bezug auf das untergegangene eingebrachte Gut besser behandelt werde als die Frau. Der Auffassung vom LEMP ist daher beizupflichten.
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d) Die Vorinstanz hat festgestellt, der Beklagte habe ungefähr Fr. 19'000.-- seines eingebrachten Gutes für seine Liebhaberei im Zusammenhang mit dem Motorradrennsport verbraucht. Darin ist eine Feststellung tatsächlicher Art zu erblicken, an die das Bundesgericht gebunden ist. Ist aber davon auszugehen, dass das eingebrachte Bargeld vom Beklagten im erwähnten Umfang für eine ausgesprochene Liebhaberei verbraucht worden ist, die an Verschwendung grenzte, verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn dem Beklagten hiefür keine Ersatzforderung gegenüber der Errungenschaftsmasse zuerkannt wurde. Dagegen vermag auch die in der Berufungsschrift enthaltene Behauptung nicht aufzukommen, die dem Beklagten aus Erbschaft oder von seinem Vater zugeflossenen Barbeträge seien laufend für die Wohnliegenschaft, für Familienaufwendungen und für die Freizeitbeschäftigung gebraucht worden, ohne dass hierüber Buch geführt worden sei. Dieser Einwand richtet sich gegen die erwähnte tatsächliche Feststellung der Vorinstanz und ist daher unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
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5. Von den insgesamt Fr. 37'861.95, die der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanz in bar in die Ehe eingebracht hatte, wurde im angefochtenen Urteil nur ein Betrag von Fr. 11'500.-- als Ersatzforderung des Mannesgutes gegen die Errungenschaft anerkannt und bei der Vorschlagsberechnung als Passivum berücksichtigt. Diesen Betrag hatte der Beklagte, wie die Vorinstanz aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens festhielt, für den Ausbau der ehelichen Liegenschaft verwendet. Zieht man vom eingebrachten Mannesgut in der Höhe von Fr. 37'861.95 die zugelassene Ersatzforderung von Fr. 11'500.-- und die vom Beklagten für eine Liebhaberei verbrauchten Fr. 19'000.-- ab, so verbleibt ein Restbetrag von Fr. 7'361.95 oder aufgerundet Fr. 7'362.--, von dem nicht bekannt ist, wofür er verwendet worden ist. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, eine höhere Ersatzforderung als die von ihr zugelassene hätte nur im Falle des Nachweises durch den Beklagten anerkannt werden können, dass er noch weitere Mittel in die Liegenschaft investiert habe. Diesen Beweis hat der Beklagte nicht erbringen können. Fest steht einzig, dass auch der Rest des eingebrachten Bargeldes aufgebraucht worden ist, dass dies jedoch nicht für die Liebhaberei des Beklagten geschah. Letzteres ergibt sich aus der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, der Beklagte habe für seine aufwendige Freizeitbeschäftigung Mannesgut im Umfang von ungefähr Fr. 19'000.-- verbraucht. Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die restlichen Bareinbringen für Bedürfnisse verwendet worden sind, die sonst aus Mitteln der Errungenschaft befriedigt worden wären. Insoweit stünde dem Beklagten eine Ersatzforderung gegen die Errungenschaftsmasse zu. Es fragt sich nun, ob die Unsicherheit über die Verwendung dieses Geldes zu Ungunsten des Beklagten ausschlägt, weil diesem grundsätzlich der Beweis für das Vorhandensein einer Ersatzforderung obliegt. Davon ist offensichtlich die Vorinstanz ausgegangen.
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Diese Auffassung wird jedoch den Verhältnissen nicht gerecht. Die dem Beklagten aus den unentgeltlichen Zuwendungen zugeflossenen Gelder, die als eingebrachtes Mannesgut zu betrachten sind, haben sich im Verlauf der Ehe unweigerlich mit den Mitteln der Errungenschaft, insbesondere den Einkünften des Beklagten auf dem Arbeitserwerb, vermischt. Kann in einem solchen Fall nicht positiv festgehalten werden, dass die aus dem eingebrachten Mannesgut stammenden Mittel aus Verschulden des Mannes verloren gegangen sind, wie dies hier nach den Feststellungen der Vorinstanz für den Betrag von Fr. 19'000.-- zutrifft, so muss davon ausgegangen werden, die Errungenschaftsmasse sei um die eingebrachten Barbeträge vermehrt worden. Diese Vergrösserung der Errungenschaftsmasse ist daher durch Anerkennung einer Ersatzforderung zugunsten des eingebrachten Mannesgutes auszugleichen (vgl. LEMP, N. 47 zu Art. 214 ZGB). So wenig im übrigen der Ehemann für die Verwendung der Errungenschaft verantwortlich gemacht und dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, so wenig ist dies grundsätzlich für die Verwendung der mit der Errungenschaft vermischten Mittel des eingebrachten Gutes möglich. Aus diesen Gründen ist dem Beklagten nicht nur für die von ihm in die eheliche Liegenschaft gesteckten Mittel, sondern auch für die weiteren in die Ehe eingebrachten Barmittel eine Ersatzforderung zuzugestehen, soweit diese nicht festgestelltermassen für den Motorradrennsport verbraucht worden sind.
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Die bei der Vorschlagsberechnung als Passivum zu berücksichtigende Ersatzforderung des Beklagten ist daher um Fr. 7'362.-- zu erhöhen, während der eheliche Vorschlag gegenüber der vorinstanzlichen Berechnung um diesen Betrag herabzusetzen ist. Daraus ergibt sich eine Verminderung des Vorschlagsdrittels der Klägerin um Fr. 2'454.-- auf Fr. 41'765.30. Insoweit ist die Berufung gutzuheissen.
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