BGE 122 II 97 |
13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. April 1996 i.S. Verkehrsclub der Schweiz (VCS) gegen Kanton Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Einsprache gegen Nationalstrassen-Ausführungsprojekt. |
Verkehrslenkende Massnahmen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen, sind nicht im nationalstrassenrechtlichen Einsprache- und Plangenehmigungsverfahren anzuordnen (E. 6a, b). Verfahren für die Änderung der Höchstgeschwindigkeit (E. 6c). |
Sachverhalt |
Mit Beschluss vom 16. November 1994 stimmte der Regierungsrat des Kantons Zürich dem Ausführungsprojekt für den Nationalstrassenabschnitt N 4.2.8, das heisst für den Ausbau der 3,55 km langen Umfahrungsstrasse Andelfingen zur kreuzungsfreien Autostrasse, zu. Gleichzeitig wies er die Einsprache des Verkehrsclub der Schweiz (VCS) im wesentlichen ab. Gegen diesen Entscheid hat der VCS Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und mehrere Anträge, vor allem auf Anordnung verkehrslenkender und -beschränkender Massnahmen, gestellt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Aus den Erwägungen: |
6. Der Beschwerdeführer verlangt, dass bereits heute für die ganze N 4 Winterthur-Schaffhausen und insbesondere für den Abschnitt N 4.2.8 verkehrslenkende Massnahmen in den Massnahmenplan aufgenommen würden. Vor allem sei bereits im Rahmen der Plangenehmigung die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h festzusetzen.
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Der Regierungsrat hält dem entgegen, dass nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung verkehrslenkende und -beschränkende Massnahmen nicht schon bei der Ausführungsprojektierung vorgesehen werden müssten, sondern im Rahmen der Massnahmenplanung geprüft und angeordnet werden könnten. Der zürcherische Massnahmenplan werde zur Zeit überarbeitet. Die Massnahmen sollten so weit konkretisiert und ergänzt werden, dass unter Berücksichtigung der Massnahmen des Bundes die Ziele der Luftreinhalte-Verordnung bis zum Jahr 2000 erreicht würden. Ein spezieller Massnahmenplan Lufthygiene für das Projekt N 4.2.8 erübrige sich somit, weil die gegebenenfalls erforderlichen Vorkehren im Rahmen des revidierten generellen Massnahmenplans Lufthygiene getroffen werden könnten. Diese Auffassung lasse sich um so mehr vertreten, als es sich beim Projekt der N 4.2.8 um den Umbau eines bestehenden Strassenteilstücks von nur 3,55 km Länge handle, dessen Auswirkungen auf die Lufthygiene relativ gering seien.
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a) Der Regierungsrat weist zu Recht darauf hin, dass nach der gesetzlichen Ordnung, deren Tragweite in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schon verschiedentlich aufgezeigt worden ist (vgl. BGE 117 Ib 425 E. 5a-c, BGE 118 Ib 206 E. 11a-c), beim Bau und der Erweiterung von Strassen zunächst alle technisch und betrieblich möglichen und wirtschaftlich tragbaren Massnahmen vorzusehen sind, mit denen die vom Verkehr verursachten Emissionen begrenzt werden können (vgl. Art. 11 Abs. 2 USG und Art. 18 LRV). Reichen die vorsorglichen Emissionsbegrenzungen bei Fahrzeugen und Verkehrsanlagen nicht aus, um die durch den Verkehr allein oder zusammen mit anderen Anlagen verursachten übermässigen Immissionen zu verhindern oder zu beseitigen, so hat die Behörde nach Art. 19 LRV dafür zu sorgen, dass die Strassenanlage in eine Massnahmenplanung im Sinne von Art. 31 und 33 LRV einbezogen wird. In dieser sind die zusätzlich erforderlichen baulichen, betrieblichen, verkehrslenkenden oder -beschränkenden Massnahmen anzuordnen, wobei sich die Zuständigkeit und das Verfahren nach den einschlägigen eidgenössischen und kantonalen Vorschriften richten (Art. 33 Abs. 1 und 2 LRV).
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Im Baubewilligungs- und Plangenehmigungsverfahren ist daher in erster Linie zu prüfen, ob alle zur Verfügung stehenden, für den Bauherrn zumutbaren baulichen und technischen Mittel ausgeschöpft worden sind, um die Emissionen zu reduzieren. Soweit auch die Anordnung betrieblicher Massnahmen in die Zuständigkeit des Bauherrn oder der Plangenehmigungsbehörde fällt und diese die Ausgestaltung des Werks beeinflussen, sind sie ebenfalls schon im Rahmen des Nationalstrassen-Ausführungsprojekts vorzusehen. Steht trotz dieser Massnahmen fest oder ist zu erwarten, dass vom Verkehr allein oder von ihm zusammen mit anderen Anlagen übermässige Immissionen verursacht werden, so hat die Behörde dafür zu sorgen, dass die Strassenanlage in eine Massnahmenplanung im Sinne von Art. 31 und 33 LRV einbezogen wird, in deren Rahmen über die Vorkehren zur Einschränkung der Luftverunreinigung zu beschliessen ist.
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Im nationalstrassenrechtlichen Einspracheverfahren kann demnach gefordert werden, dass die dem Gebot von Art. 18 LRV entsprechenden baulichen und sich auf die bauliche Ausgestaltung auswirkenden technischen und betrieblichen Massnahmen an der Anlage selbst ergriffen werden und gewährleistet bleibt, dass mögliche weitere bauliche Vorkehren, die allenfalls im Massnahmenplan vorbehalten werden, noch getroffen werden können. Dagegen verlangen die gesetzlichen Bestimmungen nicht, dass schon im Rahmen der Genehmigung des Strassenprojektes angeordnet werde, welche zusätzlichen, die Fahrzeuge und den Verkehr betreffenden - insbesondere verkehrslenkenden und -beschränkenden - Massnahmen zu erlassen seien, um übermässige Immissionen zu verhindern oder zu beseitigen (BGE 117 Ib 425 E. 5d, BGE 118 Ib 206 E. 11d; nicht publizierte Erwägung 8b von BGE 119 Ib 458).
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b) Wie dargelegt verlangen der Beschwerdeführer und auch das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), dass im vorliegenden Fall entgegen der Praxis die im Interesse der Luftreinhaltung liegenden verkehrslenkenden und -beschränkenden Massnahmen bereits bei der Beurteilung des Nationalstrassen-Ausführungsprojektes verfügt würden. Es besteht jedoch kein Grund, hier anders als gesetzlich vorgesehen zu verfahren; insbesondere ist nicht einzusehen, weshalb schon im Plangenehmigungsverfahren, also lange vor Inbetriebnahme der ausgebauten Strasse, Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden müssten. Im weiteren steht der Genehmigung des Projektes auch nicht entgegen, dass der Massnahmenplan Lufthygiene des Kantons Zürich vom 25. April 1990 noch keine projektbezogenen Vorkehren enthält. Wie der Regierungsrat ausgeführt hat, steht der Massnahmenplan in Überarbeitung und wird den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Hierbei werden allerdings, wie in der Beschwerdeantwort zu Recht festgehalten wird, wohl keine besonderen, auf das vorliegende Ausführungsprojekt für einen derart kurzen Nationalstrassenabschnitt zugeschnittenen Massnahmen getroffen werden müssen, sondern sind weiträumigere Vorkehren für grössere Teilstrecken oder die ganze N 4 ins Auge zu fassen. Ob übrigens die projektbezogenen Vorkehren allein im Rahmen des kantonalen Massnahmenplanes Lufthygiene oder ergänzend in einer separaten Planung festgelegt werden, spielt unter dem Gesichtswinkel von Art. 31 ff. LRV keine Rolle.
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c) Was im speziellen die Änderung der Höchstgeschwindigkeit anbelangt, so kann diese entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht einfach gestützt auf das Umweltschutzgesetz und die Luftreinhalte-Verordnung vorgenommen werden, sondern richtet sich das Verfahren wie erwähnt nach den einschlägigen eidgenössischen Vorschriften (Art. 33 Abs. 2 LRV).
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Gemäss Art. 32 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01) kann die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen kantonalen Behörde hinab- oder hinaufgesetzt werden, wobei Änderungen auf Nationalstrassen der Bewilligung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) bedürfen. Eine solche Änderung der Höchstgeschwindigkeit darf weiter nach Art. 32 Abs. 4 SVG nur aufgrund eines Gutachtens angeordnet werden, soweit der Bundesrat keine Ausnahme vorsieht. Letztinstanzliche kantonale Entscheide über derartige Massnahmen unterliegen der Beschwerde an den Bundesrat.
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Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge beträgt auf Autostrassen 100 km/h (Art. 4a Abs. 1 lit. c der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Nach Art. 108 Abs. 1 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) kann die Behörde zur Vermeidung oder Verminderung besonderer Gefahren im Strassenverkehr, zur Reduktion einer übermässigen Umweltbelastung oder zur Verbesserung des Verkehrsablaufs für bestimmte Strassenstrecken Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten (Art. 4a VRV) anordnen. Auf Nationalstrassen 1. und 2. Klasse muss die Behörde vor dem Erlass der Verfügung die Bewilligung des EJPD einholen, ausgenommen für abweichende Höchstgeschwindigkeiten im Zusammenhang mit dem Bau oder Unterhalt, die nicht länger als ein Jahr dauern. Verweigert das EJPD die Bewilligung, so unterliegt dieser Entscheid der Beschwerde an den Bundesrat. Die allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten können nach Abs. 2 lit. d der genannten Vorschrift u.a. herabgesetzt werden, wenn eine übermässige, durch andere Massnahmen nicht vermeidbare Umweltbelastung (Lärm, Schadstoffe) erheblich vermindert werden kann. Vor der Festlegung von abweichenden Höchstgeschwindigkeiten ist - wie schon in Art. 32 Abs. 4 SVG vorgesehen - durch ein Gutachten abzuklären, ob die Massnahme im Sinne von Art. 108 Abs. 2 SSV nötig sei, ob sie zweck- und verhältnismässig sei oder ob andere Massnahmen angezeigt seien (Art. 108 Abs. 4 SSV).
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Wie diese gesetzliche Regelung zeigt, könnte die vom Beschwerdeführer geforderte Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit im vorliegenden Plangenehmigungs- und Einspracheverfahren gar nicht angeordnet werden. Ebenso ist es dem Bundesgericht nicht nur im vorliegenden Verfahren, sondern generell verwehrt, die kantonalen Behörden zu Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuhalten. Soweit der Beschwerdeführer offenbar befürchtet, die zuständigen Instanzen könnten bei Inbetriebnahme der Autobahn eine Geschwindigkeitsbeschränkung ablehnen, ist seine Sorge zwar verständlich, doch hat das Bundesgericht bei der Beurteilung von Ausführungsprojekten davon auszugehen, dass die für den Betrieb der Nationalstrassen zuständigen Behörden das von ihnen zu vollziehende Recht korrekt anwenden. In jedem Fall kann sich das Gericht nicht über die klare Kompetenzordnung hinwegsetzen und an Stelle des letztinstanzlich zuständigen Bundesrates über Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten entscheiden.
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