BGE 131 II 581 |
45. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Einwohnergemeinde Erstfeld und Kanton Uri gegen AlpTransit Gotthard AG sowie Eidgenössisches Depar- tement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommuni- kation (UVEK) (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
1E.6/2005 / 1E.7/2005 vom 25. August 2005 |
Regeste |
Art. 18 ff. EBG, Art. 7, 30 und 35 EntG; eisenbahnrechtliches Plangenehmigungsverfahren für ein Detailprojekt. |
Sachverhalt |
Das im Anschluss an die Änderung der Linienführung überarbeitete Plangenehmigungsgesuch für den Bau der NEAT-Achse Gotthard, Bauarbeiten Gotthard Nord/Erstfeld (Projekt Uri 2003), lag vom 27. Januar bis 25. Februar 2003 öffentlich auf. Gegen das Projekt wurden zahlreiche Einsprachen erhoben, so auch von der Gemeinde Erstfeld und vom Kanton Uri. Der Kanton Uri stellte in seiner Einsprache den Antrag, dass sämtliche auf der Baustelle eingesetzten dieselbetriebenen Baumaschinen, Fahrzeuge und Geräte mit Partikelfiltersystemen auszurüsten seien.
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Mit Verfügung vom 5. März 2004 erteilte das UVEK den südlich des km 98.2 liegenden Teilen des NEAT-Auflageprojektes Uri 2003 seine Genehmigung. Gewisse nördlich des km 98.2 liegende Projektteile wurden ebenfalls genehmigt, so auch der Projektteil "Installationsplätze und Baustellenzufahrten zur Erstellung dieser Anlagen". Für alle anderen Projektteile wurde das Verfahren sistiert. Als Auflage betreffend die Luftreinhaltung ordnete das UVEK an, dass alle Baumaschinen mit einem Partikelfiltersystem auszurüsten seien und die AlpTransit Gotthard AG (im Folgenden: ATG) für die Luftmessungen während der Bauphase ein Detailprojekt zu erstellen habe. - Die Plangenehmigungsverfügung ist unangefochten geblieben und in Rechtskraft erwachsen.
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Mit Eingabe vom 3. November 2004 unterbreitete die ATG dem UVEK das Detailprojekt Nr. 03 "Luftmesskonzept" (DP 03) zur Genehmigung. In diesem wird davon ausgegangen, dass während der Bauarbeiten die Massnahmen gemäss Massnahmenstufe B der Baurichtlinie Luft des BUWAL zu treffen sind. Danach sind auf der Baustelle die dieselbetriebenen Maschinen und Geräte mit einer Leistung von über 18 kW mit Partikelfiltern zu versehen, es sei denn, sie würden nur für kurze Zeit bis maximal einen Arbeitstag pro Baustelle und Jahr eingesetzt.
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Nach Anhörung des BUWAL, des Kantons Uri und der betroffenen Gemeinden erteilte das UVEK dem Detailprojekt mit Verfügung vom 10. März 2005 die Plangenehmigung und trat auf die Anträge der Gemeinwesen sowie des BUWAL nicht ein bzw. wies diese ab.
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Gegen die Plangenehmigungsverfügung des UVEK vom 10. März 2005 haben sowohl der Kanton Uri als auch die Einwohnergemeinde Erstfeld Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Der Kanton Uri stellt den Antrag, die angefochtene Verfügung sei in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufzuheben und es sei festzustellen, dass gemäss der Plangenehmigungsverfügung vom 5. März 2004 alle für die Bauarbeiten im Teilabschnitt Erstfeld/Gotthard Nord eingesetzten Geräte und Maschinen - eingeschlossen jene mit einer Leistung von weniger als 18 kW - mit Partikelfiltersystemen auszurüsten seien.
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 2 |
2.2.1 Das vereinfachte eisenbahnrechtliche Plangenehmigungsverfahren unterscheidet sich mithin vom ordentlichen dadurch, dass keine öffentliche Planauflage durchgeführt, sondern die Planvorlage den Betroffenen persönlich unterbreitet wird, sofern diese nicht schon vorher schriftlich ihre Einwilligung gegeben haben. Liegen sämtliche Einwilligungen vor, erübrigt sich das Einspracheverfahren. Trifft dies nicht zu, ist gegenüber jenen, die der Planvorlage nicht zustimmen, das Einspracheverfahren zu eröffnen, welches sich - da Art. 18i EBG diesbezüglich keine Sonderregeln enthält - nach der Vorschrift von Art. 18f EBG und den enteignungsrechtlichen Bestimmungen richtet.
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2.2.4 Wie sich aus den Akten ergibt, hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Planvorlage für das Detailprojekt Nr. 03 (DP 03) dem Kanton Uri und den betroffenen Gemeinden mit Schreiben vom 8. November 2004 zugestellt und diesen Gelegenheit eingeräumt, sich schriftlich bis zum 16. Dezember 2004 zum Projekt vernehmen zu lassen. Der Kanton Uri hat von dieser Möglichkeit mit Eingabe vom 15. Dezember 2004 (eingereicht am 17. Dezember 2004) Gebrauch gemacht. Von den Gemeinden haben sich Altdorf sowie Schattdorf und offenbar auch Erstfeld geäussert. Der Kanton und die Gemeinden haben dem Projekt wie dargelegt nur teilweise zugestimmt; Einsprachen sind jedoch nicht erhoben worden. Es fragt sich daher, ob im Lichte von Art. 18f Abs. 1 Satz 3 EBG und der enteignungsrechtlichen Bestimmungen überhaupt auf die erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerden eingetreten werden könne.
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2.2.5 Nach ständiger Rechtsprechung sind die enteignungsrechtlichen Fristen, während derer Einsprache erhoben werden kann und Entschädigungsforderungen angemeldet werden müssen, Verwirkungsfristen (BGE 104 Ib 337 E. 3a S. 341; BGE 111 Ib 280 E. 3a S. 284; BGE 113 Ib 34 E. 3 S. 38; BGE 116 Ib 386 E. 3a S. 391). Nach Ablauf der Einsprachefrist können Einsprachen und Begehren nach den Art. 7-10 EntG nur noch unter den in Art. 39 und 40 EntG umschriebenen Voraussetzungen und insbesondere nur noch dann erhoben werden, wenn die Einhaltung der Frist wegen unverschuldeter Hindernisse nicht möglich war. Andererseits kann die Verwirkungsfrist überhaupt nur zu laufen beginnen, falls die Verwirkungsfolge dem Enteigneten bzw. dem Einsprecher angedroht worden ist (vgl. Art. 30 Abs. 1 lit. c und Art. 34 Abs. 1 lit. f EntG; BGE 111 Ib 280 E. 3a S. 284; BGE 131 II 65 E. 1.1). Nun hat hier das BAV als verfahrensleitende Behörde den Kanton Uri und die betroffenen Gemeinden im Detailprojektierungsverfahren lediglich zur Stellungnahme eingeladen. Ein formelles Einspracheverfahren ist - obschon der Kanton Uri zumindest sinngemäss bereits ein Begehren nach Art. 7 Abs. 3 EntG erhoben hatte - im vorliegenden vereinfachten Plangenehmigungsverfahren nicht eröffnet worden. Dementsprechend ist auch nicht auf die Folgen einer Säumnis gemäss Enteignungsgesetz und Art. 18f Abs. 1 Satz 2 EBG hingewiesen worden. Aus der mangelhaften behördlichen Verfahrensführung darf aber den am vorinstanzlichen Verfahren Beteiligten kein Nachteil erwachsen. Diese in ein nachträglich zu eröffnendes Einspracheverfahren zu verweisen, fällt aus prozessökonomischen Gründen ausser Betracht. Von der in Art. 18f Abs. 1 Satz 2 EBG verlangten Bedingung zur Teilnahme am Beschwerdeverfahren ist unter den gegebenen Umständen abzusehen und von der formellen Beschwer der beiden Beschwerdeführer auszugehen.
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