BGE 134 II 172 |
19. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen unique zurich airport Flughafen Zürich AG und Kanton Zürich sowie Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
1E.17/2007 vom 5. Mai 2008 |
Regeste |
Enteignung nachbarrechtlicher Abwehransprüche infolge Fluglärms sowie von Abwehrrechten gegen den direkten Überflug; Bemessung der Entschädigung für ein teils gewerblich genutztes Miethaus. |
Sachverhalt |
Aus den Erwägungen: |
5. Zu untersuchen bleibt, ob dem Beschwerdeführer ein Entschädigungsanspruch für die Unterdrückung seiner nachbarlichen Abwehrrechte gegenüber Lärmeinwirkungen zustehe. Ein solcher setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass - kumulativ - die drei Bedingungen der Unvorhersehbarkeit der Lärmimmissionen, der sog. Spezialität der Immissionen sowie der Schwere des immissionsbedingten Schadens gegeben sind (vgl. etwa BGE 123 II 481 E. 7 S. 490 ff.; BGE 130 II 394 E. 7.1 S. 402, E. 9.2 S. 410, E. 12 S. 414, je mit Hinweisen).
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Die Schätzungskommission hält die Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit und der Spezialität der Lärmimmissionen für erfüllt, nicht dagegen die Voraussetzung des Eintritts eines schweren Schadens. Im angefochtenen Entscheid wird hierzu ausgeführt, vom Fluglärm betroffen sei eine Ertragsliegenschaft, nämlich ein Wohn- und Geschäftshaus an sehr zentraler Lage. Das Gebäude sei vom Beschwerdeführer seinen eigenen Bedürfnissen entsprechend mit Verkaufsladen, Büro und Werkstatt ausgestattet worden. Die vier Wohnungen würden vom Eigentümer teils selbst benutzt und teils vermietet. Seit der Eigentümer nicht mehr berufstätig sei, seien auch die gewerblichen Teile des Gebäudes vermietet. Aus der Vermietung der gut unterhaltenen Liegenschaften ergäben sich seit dem Stichtag durchwegs Bruttorenditen zwischen minimal 6,21 % und maximal 8,56 %. Ertragseinbussen seien nicht nachgewiesen. Auch das künftige Ertragspotenzial der Liegenschaft sei gut. Bei der neusten Bau- und Zonenplanrevision sei die Liegenschaft aufgezont und von der Gestaltungsplanempfehlung befreit worden. Der Einbezug des Grundstücks in ein Projekt für die Neugestaltung des Zentrums längs der Schaffhauserstrasse laufe ebenfalls auf eine Aufwertung hinaus. Ein fluglärmbedingter Minderwert im Sinne eines schweren Schadens sei aufgrund der Wirtschaftlichkeit des Objekts nicht festzustellen. Die Entschädigungsforderung sei demnach abzuweisen.
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Der Beschwerdeführer wendet gegen diese Erwägungen ein, die Schätzungskommission hätte sich bei der Minderwertsermittlung auf den Wohnteil der Liegenschaft beschränken und den gewerblichen Teil ausser Acht lassen müssen. Ferner seien die Zukunftsaussichten bei weitem nicht so günstig wie von der Schätzungskommission geschildert. Eine Neuüberbauung des Grundstücks sei jedenfalls nicht geplant und wäre wohl auch nicht wirtschaftlich.
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Erwägung 6 |
6.1 Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass gewerbliche Tätigkeiten in der Regel als unempfindlich gegenüber Aussenlärm gelten und solchen Zwecken dienende Bauten durch übermässige Lärmimmissionen kaum je in ihrem Wert beeinträchtigt werden (vgl. sinngemäss BGE 122 II 337 E. 3 S. 340 f.; BGE 123 II 481 E. 10 S. 497). Das heisst jedoch nicht, dass bei der Verkehrs- und Minderwertsermittlung einer Liegenschaft die lärmunempfindlichen gewerblich genutzten Bauteile von vornherein ausser Acht zu bleiben hätten. Vielmehr ist das Ausmass des Schadens gestützt darauf zu beurteilen, wie die fragliche (Gesamt-)Liegenschaft im Schätzungszeitpunkt konkret genutzt worden ist oder hätte genutzt werden können (vgl. BGE 134 II 152 E. 11.2, BGE 134 II 145 E. 6). Liegen unterschiedliche Nutzungen vor, sind alle in die Betrachtung miteinzubeziehen und ist über die Schwere der Lärmbeeinträchtigung für das Grundstück als Ganzes zu befinden. Bei der Ermittlung des Verkehrs- sowie des Minderwertes einer Ertragsliegenschaft, die aus gewerblichen Räumen und Wohnungen besteht, sind mithin sämtliche Erträge zu berücksichtigen und ist der Minderwert gesamthaft zu bestimmen. Wird der Ertrag einer Liegenschaft im Wesentlichen aus gewerblicher Tätigkeit oder der Vermietung gewerblicher Räume erzielt, kann deshalb der lärmbedingte Wertverlust des Grundstücks, auch wenn die Beeinträchtigung der Wohnräume für sich selbst betrachtet als erheblich erscheint, unter der Schwelle der Schwere bleiben.
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6.3 Angesichts der auch nach Eintritt der übermässigen Lärmbelastung erzielten Gesamterträge der Liegenschaft und der neu geschaffenen Nutzungsmöglichkeiten ist wie im angefochtenen Entscheid festzustellen, dass das Grundstück des Beschwerdeführers jedenfalls keinen fluglärmbedingten Schaden erlitten hat, der im Sinne der Rechtsprechung als schwer zu bezeichnen wäre. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist im Hauptpunkt abzuweisen.
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