BGE 135 II 338 |
35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen Swisslos und Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_62/2009 vom 10. August 2009 |
Regeste |
Art. 48 Abs. 1, Art. 106 Abs. 1 und Art. 191b Abs. 2 BV; Art. 89 Abs. 2 lit. a und Art. 111 BGG; Art. 1, 5, 10, 15 Abs. 2 und Art. 16 LG; Art. 1 Abs. 2 SBG; interkantonale Vereinbarung vom 7. Januar 2005 über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten (IVLW); Bundesrechtsmässigkeit einer "Generellen Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose". |
Sachverhalt |
A. Die Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (im Weiteren auch: Comlot) erteilte am 10. September 2007 der SWISSLOS Interkantonale Landeslotterie (Swisslos) eine "Generelle Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose". Sie umschrieb darin die Voraussetzungen, denen die entsprechenden Lotterieprodukte zu genügen haben, damit die Swisslos eine "unbestimmte Anzahl von Lotterieprodukten und Lotterien" dieser Produktefamilie in der Deutschschweiz und im Tessin vertreiben darf.
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B. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) gelangte hiergegen an die Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten (im Weiteren auch: Rekurskommission). Mit Entscheid vom 10. Oktober 2008 bejahte diese die von der Swisslos bestrittene Legitimation des Departements. Am 10. Dezember 2008 wies sie die Beschwerde in der Sache ab und sprach der Swisslos eine Parteientschädigung von Fr. 5'000.- zu: Die vom EJPD verlangte Zulassungsbewilligung für jedes einzelne Spiel, dessen grundlegenden Elemente jeweils gleich seien, würde - so die Rekurskommission - "zu unnötiger Mehrarbeit führen und könnte zudem einen überspitzten Formalismus darstellen"; es sei nicht ersichtlich, "wie die Verfügung betreffend die Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie" das EJPD "behindern" würde, zu prüfen, ob die infrage stehende Lotterie mit dem Gesetz vereinbar sei oder nicht.
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C. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragt mit Eingabe vom 30. Januar 2009, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben; dieser verletze Bundesrecht, da er nicht mehr am Grundsatz einer Bewilligung für jede einzelne Lotterie festhalte. (...) Das Bundesgericht heisst seine Beschwerde dahin gut, dass es den angefochtenen Entscheid der Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten aufhebt und die Sache zur Ergänzung der Verfügung vom 10. September 2007 im Sinne der Erwägungen an die Comlot zurückweist.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 1 |
Erwägung 1.2 |
1.2.1 Die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen sind befugt, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu führen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann (Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG). Dieses (abstrakte) Beschwerderecht dient dazu, den Vollzug des Bundesverwaltungsrechts in den Kantonen und in der Bundesverwaltung zu überwachen; es soll dadurch dessen richtige und einheitliche Anwendung - wenn nötig letztinstanzlich durch das Bundesgericht - sichergestellt werden (BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], 2008, N. 47 zu Art. 89 BGG; WURZBURGER, a.a.O., N. 43 ff. zu Art. 89 BGG). Das Beschwerderecht der Bundesbehörden setzt kein hierüber hinausgehendes spezifisches schutzwürdiges (öffentliches) Interesse voraus. Immerhin muss ein mit Blick auf die einheitliche Anwendung des Bundesrechts in vergleichbaren Fällen zureichendes Interesse an der Beurteilung der aufgeworfenen Probleme bestehen. Dies ist praxisgemäss (insbesondere) dann der Fall, wenn dem Gericht eine neue Rechtsfrage unterbreitet oder eine konkret drohende und nicht anders abwendbare bundesrechtswidrige Rechtsentwicklung verhindert werden soll (BGE 134 II 201 E. 1.1 mit Hinweisen). Die Behördenbeschwerde darf nicht der Behandlung einer vom konkreten Fall losgelösten abstrakten Frage des objektiven Rechts dienen. Sie hat sich vielmehr auf konkrete Probleme eines tatsächlich bestehenden Einzelfalls mit Auswirkungen über diesen hinaus zu beziehen; zudem muss sie für diesen von einer gewissen Aktualität und (wenigstens potentiellen) Relevanz sein (vgl. Urteil 2C_49/2009 vom 27. April 2009 E. 1).
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1.2.2 Auf die Eingabe des EJPD ist demnach - entgegen den Einwänden der Swisslos - einzutreten: Nach Art. 106 Abs. 1 BV ist die Gesetzgebung über Glücksspiele und Lotterien Sache des Bundes. Nach Art. 1 Abs. 1 LG sind Lotterien - vorbehältlich derjenigen zu gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken (Art. 3 und Art. 5 ff. LG) sowie Tombolas (Art. 2 LG; vgl. hierzu BGE 135 IV 102 ff.) - verboten. Zwar bewilligen und beaufsichtigen die Kantone die zulässigen Lotterien, doch müssen sie dies im Rahmen der Bundesgesetzgebung tun. Die Begriffe der Lotterie, der Tombola, der gemeinnützigen Lotterie und der lotterieähnlichen Unternehmung sind bundesrechtlicher Natur (BGE 127 II 264 E. 1a). Das Lotterierecht bildet einen spezialgesetzlich geregelten Teil des Glücksspielrechts, das vollumfänglich unter der Aufsicht des Bundes steht (vgl. Art. 48 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken [Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52]). Lotterien sind eine Unterart des Glücksspiels (vgl. Art. 1 Abs. 2 SBG; Urteil 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 E. 3.1.1 mit Hinweisen; LÉONOR PERRÉARD, Monopole des loteries et paris en Suisse: état des lieux et perspectives, 2008, S. 11). Eine falsche Handhabung der Vorgaben des Lotteriegesetzes durch die Kantone verletzt Bundesrecht, weshalb das zuständige Departement gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG befugt ist, zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung an das Bundesgericht zu gelangen.
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1.2.4 Was die Swisslos hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Zwar ging der "Erläuternde Bericht zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Lotterien und Wetten vom 25. Oktober 2002" (S. 43) implizit noch davon aus, dass gemäss Lotteriegesetz dem Bund gegenüber den Entscheiden der ersten Instanz kein Beschwerderecht zustehe, weshalb ein solches über eine Gesetzesänderung eingeführt werden sollte. Seither ist jedoch die Justizreform im Bund umgesetzt worden. Das Beschwerderecht der Bundesbehörde ergibt sich heute aus Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG und nicht (direkt) aus dem Lotterierecht; es besteht in diesem Bereich somit kein "qualifiziertes Schweigen", auch wenn die geplante Revision des Lotteriegesetzes am 18. Mai 2004 vorläufig sistiert und den Kantonen die Möglichkeit eingeräumt worden ist, die festgestellten Mängel im Lotterie- und Wettbereich selber zu beheben. Da die Lotteriegesetzgebung Teil des Glücksspielrechts bildet, stehen den Bundesbehörden nicht nur Informations- (Art. 5 LV), sondern eigentliche Abklärungs- und Beschwerderechte zu: So hat das Bundesgericht bereits entschieden, dass die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) gestützt auf ihre zur einheitlichen Durchsetzung des Bundesrechts im Glücksspielbereich weit gefasste Zuständigkeit befugt ist, die Unterstellung von Aktivitäten unter das Gesetz losgelöst von bestehenden kantonalen Lotteriebewilligungen zu prüfen. Da sie allgemein über die Einhaltung der "gesetzlichen Vorschriften" zu wachen habe, sei die ihr übertragene Aufsicht nicht auf die Spielbanken beschränkt; zu ihrem Aufgabenbereich gehöre auch die Abklärung der spielbankenrechtlichen Relevanz anderer Glücksspiele, falls deren Qualifikation umstritten sei (Urteil 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 E. 3.1.1 ["Tactilo"]). Soweit die Swisslos geltend macht, das Lotteriegesetz gehe als spezielles Gesetz ("lex specialis") dem Bundesgerichtsgesetz als allgemeinem Erlass ("lex generalis") vor, verkennt sie, dass vielmehr diesem - als jüngere Regelung, welche den heutigen Stand des Rechtsschutzes im Bund wiedergibt ("lex posterior") - dem in verschiedenen Punkten veralteten Lotteriegesetz von 1923 ("lex prior") gegenüber Vorrang zukommt.
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Erwägung 2 |
2.1 Wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 Abs. 1 BGG). Bundesbehörden, die zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt sind, sind auch befugt, die Rechtsmittel des kantonalen Rechts zu ergreifen und sich vor jeder kantonalen Instanz am Verfahren zu beteiligen, wenn sie dies wünschen (Art. 111 Abs. 2 BGG; WURZBURGER, a.a.O., N. 14 ff. zu Art. 111 BGG; SEILER, a.a.O., N. 11 ff. zu Art. 111 BGG). Dasselbe gilt, falls die Kantone - wie hier - ihre Kompetenz in einem bestimmten Sachbereich an eine interkantonale Instanz übertragen haben, würden doch sonst die verfahrensrechtlichen Befugnisse der Bundesbehörden umgangen, was den Rechten und Interessen des Bundes widerspräche (vgl. Art. 48 Abs. 3 BV; URSULA ABDERHALDEN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, a.a.O., N. 33 ff. zu Art. 48 BV; GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 12 ff. zu Art. 48 BV). Den beschwerdeberechtigten Bundesbehörden stehen vor den kantonalen Behörden sämtliche Verfahrensgarantien (vgl. Art. 29 BV) sowie alle anderen Rechte zu, welche die kantonale bzw. interkantonale Gesetzgebung den Parteien einräumt (BERNHARD EHRENZELLER, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 15 zu Art. 111 BGG).
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Erwägung 3 |
3.1 Die Gesetzgebung über Glücksspiele und Lotterien ist - wie bereits dargelegt - Sache des Bundes (Art. 106 Abs. 1 BV; VEIT/LEHNE, in: Die schweizerische Bundesverfassung, a.a.O., N. 2 ff. zu Art. 106 BV). Die Materie wird heute im Bundesgesetz vom 8. Juni 1923 über die Lotterien und gewerbsmässigen Wetten einerseits und im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken andererseits geregelt. Aufgrund des gesellschaftlichen, juristischen und technologischen Wandels im In- und Ausland beschloss der Bundesrat am 4. April 2001, im Interesse der Transparenz der angebotenen Spiele (Geldwäscherei etc.) und des Schutzes des Publikums vor deren sozialschädlichen Auswirkungen (Spielsucht) nach der Spielbanken- auch die Lotteriegesetzgebung total zu revidieren. Der Ende 2002 in die Vernehmlassung gegebene Entwurf der Expertenkommission stiess indessen mehrheitlich auf Kritik (vgl. EJPD/BJ, Zusammenstellung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Lotterien und Wetten vom Juni 2003). Der Bundesrat sistierte in der Folge am 18. Mai 2004 die geplante Revision, nachdem die Kantone ihm vorgeschlagen hatten, die festgestellten Mängel im Rahmen einer interkantonalen Vereinbarung zu beheben. Das entsprechende Lotteriekonkordat ist auf den 1. Juli 2006 in Kraft getreten; sämtliche Kantone haben sich ihm angeschlossen (vgl. VEIT/LEHNE, a.a.O., N. 11 ff. zu Art. 106 BV; EJPD, Bericht vom 15. Mai 2008 über die Situation im Lotterie- und Wettbereich, S. 1 ff.).
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Erwägung 3.2 |
3.2.1 Nach Art. 1 Abs. 1 LG sind Lotterien grundsätzlich verboten; als Lotterie gilt jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerb, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird (Art. 1 Abs. 2 LG; zum Begriff der Lotterie: BGE 133 II 68 E. 7 S. 74 ff.; BGE 132 II 240 E. 3; CLAUDE ROUILLER, Jeux de loteries et paris sportifs professionnels, in: RDAF 2004 I S. 429 ff., dort S. 434). Lotterien, die einem gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck dienen, "können" für das Gebiet des Ausgabekantons von der zuständigen kantonalen Behörde im Rahmen gewisser bundesrechtlicher Schranken "bewilligt" werden (vgl. Art. 5 Abs. 1 LG). Die Bewilligungsbehörde hat dabei die Ausgabe und Durchführung der Lotterie, insbesondere das Ziehungsverfahren, die Ausrichtung der Gewinne und die Verwendung des Ertrags zu überwachen oder überwachen zu lassen (Art. 10 LG). Soll die Lotterie auch in einem Kanton durchgeführt werden, in dem sie nicht ausgegeben wurde, muss die Bewilligung der dort zuständigen Behörde eingeholt und dem Ausgabekanton mitgeteilt werden (Art. 14 LG). Das kantonale Recht kann das "Lotterieverfahren" näher regeln (Art. 15 Abs. 2 LG). Die Kantone sind berechtigt, die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterien in weitergehendem Masse einzuschränken oder ganz auszuschliessen (Art. 16 LG). Das Lotteriegesetz regelt den Bereich des Lotteriewesens damit nicht abschliessend. Es belässt den Kantonen insbesondere in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Möglichkeit, ergänzende oder einschränkende Bestimmungen für Lotterien zu gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken zu erlassen.
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3.2.3 Die Kantone verlieren im interkantonalen oder gesamtschweizerischen Lotterie- und Wettbereich damit nicht sämtliche Kompetenzen: Ihnen verbleibt im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben (Gemeinnützigkeit bzw. Wohltätigkeit usw.) die autonome Befugnis, die Zuständigkeiten und Verfahren für die Mittelverteilung nach transparenten und einheitlichen Kriterien festzulegen (IVLW-Bericht, S. 6 f.). Die Vereinbarung trägt kantonalen Unterschieden im Geldspielbereich zudem insofern Rechnung, als die Kantone im Rahmen der Durchführungsbewilligung erklären können, ob die geplante konkrete Lotterie oder Wette auf ihrem Gebiet gespielt werden darf oder nicht (vgl. Art. 15 IVLW). Das Verfahren, in dem über die Durchführbarkeit der Lotterie entschieden wird, richtet sich nach dem kantonalen Recht. Der einzelne Kanton kann der Lotterie, welche die Comlot zugelassen hat, zustimmen oder sie ablehnen. Er darf jedoch keine von der Zulassung abweichenden Auflagen machen, die den (technischen) Spielablauf verändern würden (etwa eine Erhöhung oder Senkung der Auszahlungsquote). Es steht ihm indessen frei, auf seinem Kantonsgebiet für das Anbieten von Lotterieprodukten im Interesse der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes Einschränkungen in örtlicher oder umfangmässiger Hinsicht vorzusehen (vgl. PERRÉARD, a.a.O., S. 31 ff.; IVLW-Bericht, S. 13).
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Erwägung 5 |
5.1 Das EJPD beanstandet indessen die "Generelle Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose", welche die Comlot der Swisslos am 10. September 2007 erteilt hat. Das Departement macht geltend, dass weder das Bundesrecht noch das interkantonale Recht eine Rahmenbewilligung für eine bestimmte Kategorie von Lotterien kenne. Ausnahmebewilligungen nach Art. 5 LG könnten nur für einzelne Lotterien erteilt werden. Dass das Einholen einer Bewilligung für jedes einzelne Spiel Mehrarbeit verursache, sei kein hinreichender Grund, vom gesetzlichen Erfordernis der Einzelfallbewilligung abzusehen. Die Vorinstanz lasse mit ihrem Entscheid zu, dass zugunsten einer faktischen Monopolanbieterin die gesetzliche Bewilligungspflicht für Ausnahmen vom Lotterieverbot - in den Grenzen der generellen Zulassungsbewilligung der Comlot - in eine blosse Meldepflicht umgewandelt und die Behördenbeschwerde des Bundes in unzulässiger Weise vereitelt werde.
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Erwägung 5.2 |
5.2.2 Die Familie der vorgezogenen physischen Lose umfasst "diejenigen Lotterien, an denen mit einem physisch vorhandenen Teilnahmeschein (Los) teilgenommen wird, wobei das Spielergebnis von einer vorgängigen Ziehung (vorgezogene Lotterie) abhängig ist oder zumindest der eine Teil des Spielergebnisses von einer vorgängigen Ziehung, der andere Teil von einer nachgängigen Ziehung (gemischte Lotterien)" abhängt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die mit den Losen verbundenen Spielergebnisse vor dem Verkauf durch eine vorgängige Ziehung ermittelt werden. Die Informationen, die das Spielergebnis eines Loses bestimmen (Gewinnanzeiger), sind in den Losen verborgen eingedruckt und können von den Teilnehmern erst nach deren Kauf gemäss den Regeln des entsprechenden Spiels (Rubbeln, Aufreissen des Loses, etc.) aufgedeckt werden. Das Spielergebnis muss sofort bekannt sein, sobald die Gewinnanzeiger aufgedeckt sind. Die gemischten Lotterien unterscheiden sich hiervon dadurch, dass die Ziehung erst nach dem Beginn des Losverkaufs stattfindet. Die daraus hervorgehenden Spielergebnisse sind ab deren Veröffentlichung bekannt und die Gewinne ab dem Zeitpunkt auszuzahlen, der im Reglement vorgesehen ist, das auf das Spiel Anwendung findet (vgl. I. Ziff. 3 der Verfügung vom 10. September 2007).
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Erwägung 6 |
6.1 Diese Verfügung verletzt - vorbehältlich gewisser verfahrensrechtlicher Aspekte (vgl. hierzu unten E. 7) - entgegen den Einwänden des EJPD kein Bundesrecht: Nach Art. 15 Abs. 2 LG kann das kantonale Recht das Lotterieverfahren näher regeln. Dies haben die Kantone im Lotteriekonkordat auf interkantonaler Ebene getan. Nach Art. 5 LG können "Lotterien, die einem gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecke dienen, [...] für das Gebiet des Ausgabekantons von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt werden". Der Wortlaut dieser Bestimmung schliesst nicht aus, unter dem Begriff der "Lotterie" auch jenen der Lotteriefamilie und nicht nur jeder einzelnen Lotterie im engeren Sinn zu verstehen. Das Glücksspielverhalten hat sich seit dem Erlass des Lotteriegesetzes gewandelt (vgl. EJPD, Bericht vom 15. Mai 2008 über die Situation im Lotterie- und Wettbereich, S. 4 ff.; dasselbe, Erläuternder Bericht vom 25. Oktober 2002 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Lotterien und Wetten [Expertenbericht], S. 8 ff.; PERRÉARD, a.a.O., S. 37 ff.). Dessen Vorgaben bleiben materiell verbindlich; doch steht dies einer zeitgemässen Optimierung des Bewilligungs- und Überwachungsverfahrens durch die Kantone nicht entgegen, zumal eine solche im Resultat bereits bisher praktiziert wurde: Das Lotteriegesetz sieht vor, dass eine Lotterie, die in mehreren Kantonen durchgeführt werden soll, der Bewilligung aller betroffener Kantone bedarf; dieses Erfordernis wurde vor dem interkantonalen Abkommen dadurch erfüllt, dass ein Kanton jeweils die "Federführung" übernahm und die Lotteriegesuche stellvertretend für die anderen Kantone prüfte und bewilligte. Die restlichen Kantone gestatteten gestützt hierauf lediglich noch die Durchführung und formulierten deren Konditionen auf ihrem Gebiet (vgl. IVLW-Bericht, S. 6). Die Comlot übernimmt neu zentralisiert die technische Prüfung und Beaufsichtigung der Lotterien, wodurch sichergestellt wird, dass interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführte Lotterien und Wetten nach gemeinsamen Kriterien beurteilt und bewilligt werden. Dies führt zu einer einheitlicheren Handhabung des Bundesrechts, was einem der Ziele der geplanten Revision des Lotteriegesetzes entspricht (EJPD, Expertenbericht, a.a.O., S. 17-24).
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6.2 Die angefochtene generelle Zulassungsbewilligung beschränkt sich auf eine abgrenzbare Lotterieproduktefamilie, deren Lotteriecharakter das EJPD als solchen nicht in Frage stellt. Es macht auch nicht geltend, dass die dort genannten Kriterien nicht geeignet wären, die entsprechende Lotterieproduktefamilie zu umschreiben. Die Comlot hat zu allen wesentlichen lotterierechtlichen Elementen Minimalvorgaben gemacht, deren Einhaltung sie überwachen kann, ohne dass für jede einzelne Lotterie im weiteren oder engeren Sinn ein eigenes Bewilligungsverfahren nötig wäre. Bei der Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose handelt es sich um ein standardisiertes Produkt, für das aus rein spielerischen bzw. marketingtechnischen Gründen unterschiedliche Verkaufsformen angeboten werden. Die Comlot hat sich über die Meldepflicht die Kontrolle im Einzelfall vorbehalten und in ihrer Verfügung dargelegt, welche Vorgaben einzuhalten sind, damit ein Spiel als standardisiert gelten kann.
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Erwägung 6.3 |
6.3.2 Die Comlot überwacht die Einhaltung ihrer Vorgaben und greift ein, wenn die Swisslos den zulässigen gesetzlichen bzw. den von ihr für die Lotterie-Produktefamilie festgelegten Rahmen der vorgezogenen physischen Lose überschreitet. Nach Art. 7 LG setzt die Erteilung der Bewilligung zwar voraus, dass der Gesamtwert der Gewinne in einem angemessenen Verhältnis zur Verlosungssumme steht: Entgegen den Ausführungen des EJPD kontrolliert die Comlot aber auch diese Bedingung im Rahmen der ihr gemeldeten einzelnen Lotterien (vgl. zum Prüfungsprogramm der Comlot: PERRÉARD, a.a.O., S. 33). Die Swisslos hat jedes Interesse daran, sich an die von der Bewilligungsbehörde vorgegebenen Parameter zu halten, um in den Genuss des vereinfachten Verfahrens nach der angefochtenen "Generellen Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose" zu kommen. Sie muss die Comlot rechtzeitig über neue Produkte und die verschiedenen Lotterien der Produktefamilie orientieren sowie mit den entsprechenden Reglementen und Plänen dokumentieren, was eine Kontrolle auch der Angemessenheit der einzelnen Lotterieserien erlaubt. Zwar hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Kantone bei der Bedürfnisprüfung über ein weites Ermessen verfügen (BGE 127 II 264 E. 2g); nichts steht indessen einem interkantonalen Verfahren entgegen, das den entsprechenden Entscheid zum Teil auf ein gemeinsames Organ überträgt und bei standardisierten Produkten die Beurteilung (in einem gewissen Umfang) vorwegnimmt bzw. einem begleitenden Aufsichtsverfahren vorbehält. Den Kantonen steht es nach der Lotteriekonvention und der angefochtenen Verfügung nach wie vor frei, ihre Durchführungsbewilligung weiterhin nur einzelfallweise zu erteilen oder ihrerseits ebenfalls eine generelle Bewilligung für die entsprechende Lotterie-Produktefamilie vorzusehen, falls das kantonale Recht dies zulässt.
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Erwägung 7 |
7.1 Hinsichtlich des Verfahrens und des Rechtsschutzes ist den Ausführungen des EJPD indessen eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen; die angefochtene Verfügung erweist sich diesbezüglich als lückenhaft und bundesrechtswidrig: Sie regelt die einzelnen Verfahrensabläufe nicht klar genug; so wird aus der Zulassungsbewilligung nicht ersichtlich, ab wann die Swisslos die entsprechenden Los-Serien ausgeben darf; auch wird nicht näher dargelegt, in welchem Zeitpunkt die Comlot über neue Produkte und die verschiedenen Lotterien der Produkte der Familie der vorgezogenen physischen Lose als "rechtzeitig" informiert bzw. mit den entsprechenden Reglementen und Plänen dokumentiert gilt. Die Beschreitung des Rechtsmittelwegs - insbesondere der beschwerdeberechtigten Bundesbehörde - wird durch das vorgesehene System, das dank der Bewilligungsvermutung auf eine eigentliche Verfügung verzichtet, praktisch verunmöglicht. Das Verfahren muss deshalb so ergänzt werden, dass das EJPD jeweils Gelegenheit hat, nicht nur die generelle Zulassungsverfügung anzufechten, sondern nötigenfalls auch die Bundesrechtsmässigkeit der einzelnen (implizit vorweg) bewilligten Lotterieprodukte der Produktefamilie in Frage zu stellen.
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7.2 Die zuständigen Bundesbehörden sind nach Art. 111 Abs. 2 BGG befugt, bereits am erstinstanzlichen Verfahren teilzunehmen; sie können aufgrund dieser Bestimmung auch verlangen, dass eine kantonale bzw. interkantonale Behörde ein Verfahren eröffnet, um einen bundesrechtswidrigen Zustand zu beheben (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202 ff., dort S. 4350; SEILER, a.a.O., N. 12 zu Art. 111 BGG). Unter diesen Umständen ist es zwar nicht erforderlich, dass jedes Lotterieprodukt der Familie der vorgezogenen physischen Lose Gegenstand eines einzelnen Verfügungsverfahrens bildet, doch muss anderweitig die Befugnis des EJPD sichergestellt bleiben, den Erlass einer Verfügung seitens der Comlot erwirken zu können, falls ihm ein einzelnes Produkt als solches bundesrechtswidrig erscheint. Dies setzt seine Information über die einzelnen Lotterien der Familie voraus, was etwa in der Weise geschehen kann, dass die Comlot die ihr eingereichten Unterlagen mit einer ersten Einschätzung dem EJPD zustellen würde, welchem dreissig Tage zustünden, um im Hinblick auf ein allfälliges Beschwerdeverfahren - trotz genereller Zulassungsbewilligung - gestützt auf Art. 111 Abs. 2 BGG die Eröffnung eines Verfahrens im Einzelfall zu verlangen oder bereits früher ausdrücklich hierauf zu verzichten (vgl. für ein ähnliches System im Wettbewerbsrecht: BGE 135 II 60 ff.). Eine solche Regelung deckte sich mit Art. 15 des Lotteriekonkordats, wonach die Kantone "innert 30 Tagen" nach Zustellung der Zulassungsverfügung über die Durchführung auf ihrem Gebiet entscheiden und ihre Durchführungsbewilligung der Kommission mitteilen. Wird vom Bund innert dieser Frist (unter Berücksichtigung eines allfälligen Friststillstands) kein Einzelfallverfahren verlangt, dürfte die Swisslos innerhalb der Grenzen der "Generellen Zulassungsbewilligung für die Lotterie-Produktefamilie der vorgezogenen physischen Lose" in der Deutschschweiz und im Tessin die zur entsprechenden Familie gehörenden Produkte vermarkten, soweit die notwendigen kantonalen Durchführungsbewilligungen vorliegen. Zur Sicherung der verfahrensrechtlichen Transparenz könnte die Comlot zudem prüfen, ob und wieweit die eingereichten Unterlagen nicht generell - etwa auf ihrer Website - auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden sollten.
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Erwägung 8 |
8.1 Da die Ausgestaltung des lotterierechtlichen Verfahrens weitgehend den Kantonen überlassen ist, rechtfertigt es sich nicht, im vorliegenden Verfahren bereits an Stelle der zuständigen interkantonalen Organe die erforderlichen Ergänzungen definitiv festzulegen; es genügt, diesbezüglich die bundesrechtlichen Mindestanforderungen zu umreissen. Es wird an der Comlot (allenfalls in Zusammenarbeit mit dem EJPD) sein, neu darüber zu befinden, wie sie künftig das Melde- und Kontrollverfahren bei Vorliegen einer generellen Zulassungsbewilligung ausgestalten will, damit es den lotterie- und verfahrensrechtlichen Anforderungen des Bundesrechts genügt. Die Beschwerde ist deshalb dahin gutzuheissen, dass der angefochtene Entscheid der Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten vom 10. Dezember 2008 aufgehoben und die Sache zur Ergänzung der Verfügung vom 10. September 2007 im Sinne der Erwägungen an die Comlot zurückgewiesen wird. Die Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten wird über die Kosten ihres Verfahrens neu zu befinden haben.
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