BGE 138 II 217
 
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bundesamt für Migration (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
1C_555/2011 vom 18. Juni 2012
 
Regeste
Art. 8 Abs. 3 BV, Art. 58a BüG; Verwirklichung der Geschlechtergleichheit bei der Anwendung einer Übergangsbestimmung zur erleichterten Einbürgerung.
Prozessuale Behandlung eines verspätet nachgereichten Rechtsgutachtens (E. 2).
Seit Einführung der Geschlechtergleichheit im Jahre 1981 bzw. deren daran anschliessenden Umsetzung im Bürgerrechtsgesetz wird das Bürgerrecht von beiden Geschlechtern gleichermassen weitergegeben. Auch bei der Anwendung der Übergangsregelung, die den früheren Verlust des Bürgerrechts auf Seiten der Frauen kompensiert, ist die Gleichbehandlung der Geschlechter zu verwirklichen. Dem 1982 geborenen Urenkel einer Schweizerin, die 1920 wegen Heirat das Schweizer Bürgerrecht verloren und dieses gleich wie in der Folge ihre Tochter und deren Sohn (Grossmutter und Vater des Gesuchstellers) Jahre später nach jeweils entsprechenden Gesetzesanpassungen wieder angenommen hatte, steht daher die erleichterte Einbürgerung offen (E. 3 und 4).
 
Sachverhalt
A.
A.a X. wurde am 7. Februar 1982 in Finnland geboren. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit seines Vaters und die finnische seiner Mutter. Vorwiegend lebte er in Finnland, in jüngerer Zeit teilweise auch in Deutschland.
A.b X.s Urgrossmutter war Schweizer Bürgerin. Sie verlor diese Staatsangehörigkeit nach damaligem Recht durch ihre Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen im Jahre 1920. Am 13. April 1954 erhielt sie das Schweizer Bürgerrecht in einem Verfahren der damals so genannten Wiederannahme (heute: Wiedereinbürgerung). Ihre Tochter, X.s Grossmutter, wurde am 9. November 2005 im Alter von 83 Jahren gestützt auf die Übergangsbestimmung von Art. 58a des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) in der Schweiz erleichtert eingebürgert. Der Vater von X. wurde am 29. Dezember 2006 ebenfalls in Anwendung von Art. 58a BüG (nunmehr in einer neuen Fassung der Bestimmung) erleichtert eingebürgert. Mit Entscheid vom 9. März 2007 bezog das Bundesamt für Migration den im Jahre 1988 geborenen, im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch unmündigen Bruder von X. in die Einbürgerung des Vaters ein.
B.
B.a Am 4. Juni 2007 ersuchte X. das Bundesamt für Migration ebenfalls um erleichterte Einbürgerung nach Art. 58a BüG. Nachdem das Bundesamt das Gesuch zunächst als gegenstandslos abgeschrieben hatte, wies es dieses schliesslich mit Verfügung vom 20. November 2008 ab. (...)
B.b Mit Urteil vom 4. November 2011 wies das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen gerichtete Beschwerde von X. ab. (...)
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. Dezember 2011 an das Bundesgericht beantragt X., das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und sein Gesuch um erleichterte Einbürgerung gutzuheissen. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, Art. 58a BüG sei so auszulegen, dass sämtliche geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Einbürgerung von Nachkommen beseitigt würden. In der Beschwerdeschrift wird die Nachreichung eines Rechtsgutachtens angekündigt.
D. Das Bundesamt für Migration schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
E. Mit Eingabe vom 18. Januar 2012 reichte X. das angekündigte Rechtsgutachten nach.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zurück an das Bundesamt für Migration zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen.
(Auszug)
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 2
2.3 Gutachten sind Beweismittel, die grundsätzlich dem Novenverbot von Art. 99 BGG unterstehen. Das ist offensichtlich bei Expertisen über tatsächliche Zusammenhänge. Rechtsgutachten sind freilich davon zu unterscheiden. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Einreichung eines Rechtsgutachtens zulässig, solange dies während der Beschwerdefrist geschieht (Urteil 5A_261/2009 vom 1. September 2009 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 135 III 608; Urteil 4A_190/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 5.1; zum alten Verfahrensrecht gemäss dem Bundesrechtspflegegesetz vgl. BGE 126 I 95 sowie das Urteil 4P.137/2002 vom 4. Juli 2003 E. 5.2). Diese Rechtsprechung erging allerdings in Fällen, in denen ausländisches Recht anzuwenden war und sich die eingereichten Rechtsgutachten auf das ausländische Recht bezogen. Unter der Geltung des Bundesgerichtsgesetzes ist das Recht von Amtes wegen anzuwenden (Art. 106 Abs. 1 BGG). Obwohl dies grundsätzlich auch für das einschlägige ausländische Recht gilt, kann das Gericht für die Feststellung des Inhalts des ausländischen Rechts die Mitwirkung der Parteien verlangen und ihnen bei vermögensrechtlichen Ansprüchen den entsprechenden Nachweis sogar ganz überbinden (Art. 16 Abs. 1 IPRG [SR 291]; MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 9 zu Art. 106 BGG; MARKUS SCHOTT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 12 zu Art. 96 BGG). Unterliegen die Parteien insoweit einer gewissen Beweisführungspflicht, kommt Rechtsgutachten über ausländisches Recht jedenfalls teilweise der Charakter von Beweismitteln zu.
2.4 Bei Rechtsgutachten zum anwendbaren schweizerischen Recht trifft ein solcher Zusammenhang nicht zu. Beim schweizerischen Recht gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nach Art. 106 Abs. 1 BGG uneingeschränkt. Dem Rechtsgutachten einer Verfahrenspartei kommt in diesem Sinne kein eigentlicher Beweiswert zu. Es handelt sich mithin nicht um ein Beweismittel gemäss Art. 99 BGG, sondern einzig um die Untermauerung der Rechtsauffassung der entsprechenden Partei. Damit untersteht ein solches Rechtsgutachten von vornherein nicht dem Novenverbot, und es ist unmassgeblich, ob der angefochtene Entscheid Anlass zur Einholung eines Gutachtens gegeben hat oder nicht.
2.5 Die Verfahrensbeteiligten haben für die Unterbreitung ihrer Rechtsauffassung freilich die gesetzlichen oder richterlichen Fristen zu wahren. Für die Einreichung der Beschwerde zusammen mit einer gemäss Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG rechtsgenüglichen Begründung galt dabei im vorliegenden Fall eine Frist von 30 Tagen (Art. 100 BGG). Diese lief hier unbestrittenermassen am 12. Dezember 2011 ab. Der Beschwerdeführer erhob seine Beschwerde fristgerecht und mit einer genügenden Begründung und legte dabei seine Rechtsauffassung dar. Das Rechtsgutachten wurde am 10. Januar 2012 erstellt und am 18. Januar 2012 und damit verspätet an das Bundesgericht versandt. Daran vermag nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer die Nachreichung in der Beschwerdefrist angekündigt hatte. Dadurch lässt sich keine Fristverlängerung bewirken. Die Nachreichung des Rechtsgutachtens erweist sich damit genauso als unzulässig wie die verspätete Einreichung einer weiteren Rechtsschrift, in welcher der Beschwerdeführer selbst seinen rechtlichen Standpunkt zusätzlich erläutert hätte. Dem eingereichten Gutachten kommt im vorliegenden Fall auch nicht der Charakter einer Replik (im Sinne von Art. 102 Abs. 3 BGG) zu, haben die Behörden doch in ihren Vernehmlassungen an das Bundesgericht auf sachverhaltsmässige oder rechtliche Ausführungen verzichtet, zu denen sich der Beschwerdeführer allenfalls noch hätte äussern dürfen.
 
Erwägung 3
3.1 Nach Art. 57 BüG richten sich Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts unter Vorbehalt besonderer Übergangsbestimmungen nach dem Recht, das bei Eintritt des massgeblichen Sachverhalts in Kraft steht (HARTMANN/MERZ, § 12 Einbürgerung: Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, in: Ausländerrecht, Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], 2. Aufl. 2009, Rz. 12.67). Zu solchen Sonderbestimmungen zählt Art. 58a Abs. 1 BüG, wonach das ausländische Kind, das vor dem 1. Juli 1985 geboren wurde und dessen Mutter vor oder bei der Geburt des Kindes das Schweizer Bürgerrecht besass, ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen kann, wenn es mit der Schweiz eng verbunden ist. Gemäss Abs. 3 derselben Bestimmung können die eigenen Kinder dieses Kindes ebenfalls ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn sie eng mit der Schweiz verbunden sind.
3.2 Das Bundesverwaltungsgericht zeichnet im angefochtenen Entscheid die Geschichte des Gesetzes und der Einbürgerungen der Familienangehörigen des Beschwerdeführers ausführlich nach. Massgeblich ist dabei, dass die Urgrossmutter des Beschwerdeführers, die ihr Schweizer Bürgerrecht durch Heirat eines Ausländers im Jahre 1920 verloren hatte (dazu ROLAND SCHÄRER, Das Bürgerrecht der mit einem Ausländer verheirateten Schweizerin und ihrer Kinder [Übersicht über die Rechtsentwicklung; nachfolgend: 1986], ZZW 54/1986 S. 34 f.), erst mit Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952 (AS 1952 1087) am 1. Januar 1953 die Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung (durch so genannte Wiederaufnahme in das Schweizer Bürgerrecht; vgl. SCHÄRER, 1986, a.a.O., S. 36) erhielt. Am 13. April 1954 wurde sie denn auch eingebürgert. Der Grossmutter des Beschwerdeführers stand damals hingegen die Einbürgerung nicht offen. In der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 wurde die verfassungsrechtliche Gleichstellung von Mann und Frau angenommen (Art. 4 Abs. 2 aBV; AS 1981 1243). Gestützt darauf regelte der Gesetzgeber mit der am 1. Juli 1985 in Kraft getretenen Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1984 (AS 1985 420; BBl 1984 II 211) das Bürgerrecht der Kinder eines schweizerischen Elternteils mit dem Ziel der Gleichbehandlung der Geschlechter ein erstes Mal neu und führte eine entsprechende Übergangsordnung ein. Die Regelung wurde in der Folge mehrmals revidiert. Für die Grossmutter des Beschwerdeführers entstand die Möglichkeit zur Einbürgerung erst mit den Gesetzesrevisionen vom 23. März 1990 (AS 1991 1034; BBl 1987 III 293), als Art. 58a BüG erlassen wurde, bzw. vom 20. Juni 1997 (in Kraft seit dem 1. Dezember 1997; AS 1997 2370; BBl 1993 III 1388 und 1995 II 493; vgl. zu dieser Fassung der Bestimmung MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, S. 735 f.). Das erklärt, weshalb sich die Grossmutter erst relativ spät zur Einbürgerung in der Schweiz entschloss, die am 9. November 2005 erfolgte. Am 1. Januar 2006 trat eine weitere Gesetzesnovelle vom 3. Oktober 2003 in Kraft (AS 2005 5233; BBl 2002 1911), welche die heute noch gültige Fassung von Art. 58a BüG einführte. Kurz darauf, nämlich am 29. Dezember 2006, wurde auch der Vater des Beschwerdeführers eingebürgert. Nach Auffassung des Bundesamtes geschah dies gestützt auf eine entsprechende Praxis der Bundesbehörden zum insofern angeblich nicht eindeutigen Gesetzestext. Gemäss dem angefochtenen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist unklar, ob die Einbürgerung des Vaters des Beschwerdeführers auf Art. 58a BüG in der Fassung vom 20. Juni 1997 oder in derjenigen vom 3. Oktober 2003 beruhte, was aber offenbleiben könne. Mit Verfügung des Bundesamtes vom 9. März 2007 konnte der im Jahre 1988 geborene, im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung noch unmündige, jüngere Bruder des damals bereits volljährigen Beschwerdeführers im Unterschied zu diesem gemäss Art. 33 BüG in die Einbürgerung des Vaters einbezogen werden.
3.4 Nach der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts im angefochtenen Entscheid stützte sich die Einbürgerung der Grossmutter des Beschwerdeführers auf Art. 58a Abs. 1 BüG. Der Vater habe gemäss dem damaligen Gesetzestext eigentlich gar nicht erleichtert eingebürgert werden können, die Schweizer Staatsangehörigkeit aber im Sinne einer Lückenfüllung gemäss der damaligen Praxis erhalten. Es komme nicht darauf an, ob eine Generation übersprungen worden sei. Art. 58a Abs. 3 BüG besage lediglich, dass die betroffenen Nachkommen (eigene Kinder des ausländischen Kindes gemäss Abs. 1 der Bestimmung) einen selbständigen Anspruch auf erleichterte Einbürgerung hätten, und zwar unabhängig davon, ob der Elternteil vorher selbst aufgrund von Art. 58a Abs. 1 BüG eingebürgert worden sei. Unter Auslegung von Art. 58a BüG kommt das Gericht zum Schluss, der Beschwerdeführer könne sich nicht auf diese Bestimmung berufen. Der Wortlaut spreche nur von der Mutter und nicht vom Vater und erfasse nur eigene Kinder, schliesse mithin weitere Generationen aus. Der Gesetzgeber habe zwar Mann und Frau im Bürgerrecht gleich behandeln wollen, aber nicht beabsichtigt, dass es im Sinne eines Automatismus für die Erlangung des Schweizer Bürgerrechts für alle weiteren Generationen keine Rolle mehr spielen solle, ob der betreffende Schweizer Vorfahre ein Mann oder eine Frau gewesen sei. Eine Gesetzeslücke liege nicht vor. Das Gesetz sei weder unvollständig noch ergänzungsbedürftig und daher einer verfassungskonformen Auslegung gemäss dem Anliegen des Beschwerdeführers nicht zugänglich.
3.5 Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, es könne nicht Sinn von Art. 58a BüG sein, die Weitergabe des Bürgerrechts nach zwei Generationen wieder zu unterbrechen. Dies widerspreche dem Zweck der Bestimmung, durch verfassungsmässiges Unrecht entstandene Unterschiede zwischen Mann und Frau bei der Einbürgerung von deren Nachkommen zu beseitigen. Art. 58a BüG habe nur einen Sinn, wenn sich alle künftigen Generationen darauf berufen könnten. Eine Beschränkung lasse sich allenfalls einzig dann aus dem Gesetzeswortlaut und den Materialien ableiten, wenn nacheinander zwei Generationen auf die Einbürgerung verzichteten. Hingegen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die erleichterte Einbürgerung allgemein nur zwei Generationen und den minderjährigen Kindern der zweiten Generation, deren volljährigen Kindern hingegen nicht mehr offenstehen sollte. Eine verfassungskonforme Auslegung führe daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer erleichtert einzubürgern sei.
 
Erwägung 4
4.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte, auf den Zweck der Norm, die ihr zugrunde liegenden Wertungen und ihre Bedeutung im Kontext mit anderen Bestimmungen. Die Materialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab (BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; BGE 135 II 78 E. 2.2 S. 81; je mit Hinweisen). Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten entspricht. Eine verfassungskonforme Auslegung findet dabei im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ihre Schranken (BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; BGE 136 II 149 E. 3 S. 154; je mit Hinweisen).
4.2 Gemäss dem Wortlaut von Art. 58a Abs. 1 BüG steht dem ausländischen Kind, das vor dem 1. Juli 1985 geboren wurde und dessen Mutter vor oder bei der Geburt des Kindes das Schweizer Bürgerrecht besass, die erleichterte Einbürgerung offen. Im vorliegenden Fall betrifft dies einzig die Grossmutter des Beschwerdeführers, denn nur seine Urgrossmutter besass vor der Geburt ihres Kindes das Schweizer Bürgerrecht. Art. 58 Abs. 1 BüG spricht sodann nur von der Mutter und nicht vom Vater, weshalb der Beschwerdeführer sich nicht wegen der späteren Einbürgerung seines Vaters auf den Wortlaut der Bestimmung berufen kann. Nach Art. 58 Abs. 3 BüG können die eigenen Kinder des Kindes ebenfalls ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen. Der Wortlaut legt nahe, dass damit das Kind des ausländischen Kindes gemäss Art. 58 Abs. 1 BüG bzw. das Enkelkind der darin genannten Mutter gemeint ist. Die Bestimmung sagt direkt nichts aus zu den weiteren Generationen. Sie scheint eine Einbürgerung nicht unmittelbar vorzusehen, schliesst sie entgegen der Auffassung des Bundesamtes aber auch nicht ausdrücklich aus. Der Wortlaut ist damit nicht klar, und es sind verschiedene Interpretationen desselben möglich. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Nichterwähnung der weiteren Generationen eindeutig sei, würde sich insofern die Frage einer Lücke stellen, nämlich die Frage danach, ob der Gesetzgeber absichtlich auf die Nennung der weiteren Generationen verzichtet hat oder ihm gar nicht bewusst war, dass sich eine solche Problematik ergeben könnte.
4.3 Auf diese Umstände bei der Entstehung der Norm zielt das historische Auslegungselement. Die Idee des Gesetzgebers war es, die diskriminierende Wirkung zu beseitigen, die sich unter dem vorbestandenen Recht ergeben hatte. Diese bestand darin, dass früher Kinder aus der Ehe eines Ausländers mit einer Schweizerin im Unterschied zur umgekehrten Ausgangslage das Schweizer Bürgerrecht nicht automatisch mit der Geburt erwarben. Die bundesrätliche Botschaft hielt dazu fest, dass es "in der Regel für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts keine Rolle spielen soll, ob der Vater oder die Mutter das Schweizer Bürgerrecht besitzt, wenn die Eltern miteinander verheiratet sind. Beide Eltern können es in gleicher Weise ihren Kindern vermitteln" (BBl 1984 II 219). Bis und mit dem Erlass der heutigen Fassung von Art. 58a BüG scheint der Gesetzgeber, abgesehen von den in Abs. 3 der Bestimmung geregelten Grosskindern, an die weiteren Generationen nicht gedacht zu haben. Jedenfalls werden sie in den Materialien genauso wenig wie im Gesetzestext ausdrücklich erwähnt. Daraus lässt sich entgegen den Vorinstanzen nicht zwingend schliessen, von einer weiteren Wirkung über die ersten zwei Generationen hinaus sei explizit abgesehen worden. Die Vorinstanzen vermögen denn auch ihre entsprechenden Standpunkte mit keinerlei überzeugenden Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien zu belegen. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz noch weitere Bedingungen für die Einbürgerung vorsah, die mit der Zeit zunehmend gelockert wurden und sich heute auf das Erfordernis der engen Verbundenheit mit der Schweiz beschränken. Diese Regelungen sind jedoch im Gesamtkontext zu sehen, dass auch eine erleichterte Einbürgerung nicht einfach automatisch erfolgen soll bzw. sollte, sondern an bestimmte Voraussetzungen gebunden war und ist (vgl. BRIGITTE STUDER, Von einer exklusiven zu einer integrativen Bürgerrechtspolitik? 1934-2004, in: Das Schweizer Bürgerrecht, 2008, S. 141 f.). Dass damit von der Geschlechterneutralität hätte abgewichen werden sollen, ist nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil wurde es bereits 1984 als undenkbar erachtet, Gesetzestexte vorzuschlagen, die nicht mit der Geschlechtergleichheit vereinbar gewesen wären (ROLAND SCHÄRER, La révision de la loi sur la nationalité, ZZW 52/1984 S. 333), bzw. war schon damals nachgerade bezweckt, "die völlige Gleichheit zwischen Mann und Frau im Bereich des Bürgerrechts herzustellen" (SCHÄRER, 1986, a.a.O., S. 39). Bei Art. 58a BüG kann das daher im Hinblick auf weitere Generationen einzig bedeuten, dass für diese allenfalls dieselben Voraussetzungen der Einbürgerung gelten sollten wie für die ersten zwei Generationen; es kann hingegen nicht daraus abgeleitet werden, ihre Einbürgerung sei vom Gesetzgeber von vornherein und absolut ausgeschlossen worden. Selbst wenn Art. 58a Abs. 3 BüG so verstanden würde, dass die Bestimmung einen solchen Ausschluss vorsieht, so legt das diesbezügliche Schweigen der Materialien gegebenenfalls das Vorliegen einer entsprechenden Lücke nahe.
4.4 Was den Gesetzeszweck betrifft, so ist die heutige Ordnung des Bürgerrechtsgesetzes unter anderem gekennzeichnet vom Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau (RHINOW/SCHEFER, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 300). Dieses inzwischen in Art. 8 Abs. 3 BV als weitgehende Spezialbestimmung zu Art. 8 Abs. 2 BV geregelte Grundrecht (vgl. RHINOW/SCHEFER, a.a.O., Rz. 1933; RAINER J. SCHWEIZER, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 63 zu Art. 8 BV) wurde mit der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 in die damals gültige Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (AS I 1) eingeführt (Art. 4 Abs. 2 aBV; AS 1981 1243). Die Revisionen des Bürgerrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1984 und vom 23. März 1990 waren die direkte Folge dieser Verfassungsrevision und bezweckten deren Umsetzung im Bürgerrechtsgesetz und insbesondere beim Erwerb des Bürgerrechts. Der Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter führte namentlich zur heutigen Regelung des Erwerbs des Bürgerrechts durch Abstammung in Art. 1 BüG (zur unwesentlich anders lautenden ursprünglichen Fassung vom 14. Dezember 1984 vgl. BBl 1984 II 218 f. und 228). Mit der Übergangsordnung sollte die Ungerechtigkeit beseitigt werden, die sich beim Erwerb des Schweizer Bürgerrechts für die Kinder von Müttern ergab, die vor Inkrafttreten der Gleichstellung von Mann und Frau im Bürgerrechtsgesetz bestanden hatte. Zweck von Art. 58a BüG ist in diesem Sinne die Korrektur von Unterschieden, die wegen der vorbestandenen Ungleichbehandlung der Geschlechter bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts ohne intertemporalrechtliche Auffangbestimmung weiterbestanden hätten bzw. weiterhin gelten würden. Da die Übergangsordnung demnach gerade die Verwirklichung des Verfassungsrechts bezweckt, drängt sich eine verfassungskonforme Auslegung erst recht auf bzw. rechtfertigt es sich, eine gegebenenfalls als Lücke erkannte unvollständige Gesetzesregelung im Sinne des Verfassungsrechts zu füllen. Im Übrigen ergibt sich auch unter teleologischen Gesichtspunkten keine Rechtfertigung für eine Privilegierung von lediglich zwei und den Ausschluss der weiteren Generationen von der erleichterten Einbürgerung.
4.5 In systematischer Hinsicht fällt auf, dass das Bürgerrechtsgesetz in verschiedenen Bestimmungen Auswirkungen von Einbürgerungen auf nachfolgende Generationen vorsieht (vgl. etwa Art. 1 Abs. 3 oder Art. 31a BüG). Der Gesetzgeber war also bemüht, entsprechende Lücken möglichst weitgehend zu schliessen. Auch insofern spricht nichts dafür, dass er solche Wirkungen in Art. 58a BüG bewusst ausschliessen wollte oder den entsprechenden Bedarf im Übergangsrecht einfach übersah. Auffällig ist im vorliegenden Fall sodann, dass der Bruder des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 33 BüG aufgrund des Umstandes, dass er im Zeitpunkt der Einbürgerung des Vaters noch minderjährig war, darin einbezogen werden konnte, was dem Beschwerdeführer selbst aufgrund der bereits eingetretenen Volljährigkeit vorenthalten blieb. Gewiss mögen sich analoge Konstellationen auch in anderen Fällen der ordentlichen oder erleichterten Einbürgerung ergeben, weshalb insofern nicht zwingend ein Verstoss gegen das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV vorliegt. Dennoch spricht auch dies im Rahmen des bestehenden Interpretationsspielraumes für eine Gesetzesauslegung, die solche unterschiedlichen Folgen möglichst reduziert.
4.6 Unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente ergibt sich mithin, dass sich Art. 58a BüG auf verschiedene Weise auslegen lässt. Damit rechtfertigt sich eine verfassungskonforme Anwendung des Gesetzes. Das bedingt eine unmittelbar durch verfassungsgemässe und damit beide Geschlechter bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts gleich behandelnde Auslegung bei der Weitergabe des Schweizer Bürgerrechts bzw. spezifischer bei der Zulassung zur erleichterten Einbürgerung für weitere Generationen im Anwendungsbereich von Art. 58a BüG. Hätte im Jahre 1920 der Urgrossvater des Beschwerdeführers eine Ausländerin und nicht die Urgrossmutter einen Ausländer geheiratet, hätte der Urgrossvater das Schweizer Bürgerrecht behalten und die männlichen Nachkommen der nachfolgenden Generationen hätten diese Staatsangehörigkeit an ihre Nachkommen weitergegeben. Dem Beschwerdeführer blieb die gleiche Rechtsfolge verwehrt, weil seine Urgrossmutter das Schweizer Bürgerrecht durch Heirat verloren hatte. Es handelt sich mithin um eine durch das Geschlecht der Vorfahren bedingte Benachteiligung, die durch eine entsprechende Gesetzesinterpretation verfassungskonform zu beheben ist. Selbst wenn Art. 58a BüG der Sinn beigemessen würde, dass die Bestimmung nur zwei Nachkommensgenerationen die erleichterte Einbürgerung ermöglichen und weitere Generationen davon ausschliessen würde, wäre jedenfalls von einer entsprechenden Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl. BGE 129 II 438 E. 4.1.2 S. 446) auszugehen, denn es ist nicht ersichtlich, dass dies die gesetzgeberische Absicht war. Da eine solche Lücke verfassungskonform zu füllen wäre, würde das zu demselben Ergebnis führen wie die verfassungsgemässe Gesetzesauslegung.
4.7 Zu prüfen bleibt, wieweit die Gleichstellung der Geschlechter zurückreichen soll. Denkbar wäre eine unbegrenzte Wirkung, wofür spricht, dass mit der Verfassungsrevision von 1981 die Gleichstellung der Geschlechter definitiv beseitigt werden sollte, womit es sich nicht rechtfertigt, alte Unterschiede mit rechtlichen Auswirkungen über 1981 hinaus bestehen zu lassen. Fraglich wäre bei dieser Lösung, ob die Folgen überschaubar bleiben würden und es sich tatsächlich lediglich um Einzelfälle handeln würde, wie der Beschwerdeführer behauptet, oder ob nicht unzählige neue Fallkonstellationen möglich wären, was im vorliegenden Verfahren von keiner Seite abgeklärt wurde. Mit Blick auf eine überschaubare und der Verfassungsentwicklung auch in zeitlicher Hinsicht angepasste Rechtslage könnte es sich allenfalls auch rechtfertigen, für die Wirkung einer verfassungskonformen Gesetzesinterpretation an den Zeitpunkt der verfassungsrechtlichen Einführung der Geschlechtergleichheit am 14. Juni 1981 anzuknüpfen und diese nur auf später eingetretene Sachverhalte anzuwenden (vgl. BERNHARD WALDMANN, Das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV als besonderer Gleichheitssatz, 2003, S. 555 ff.). Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden Fall jedoch offenbleiben. Der Beschwerdeführer ist am 7. Februar 1982 und damit nach Inkrafttreten des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung der Geschlechter geboren. Damit ist in seinem Fall die verfassungskonforme Anwendung von Art. 58a BüG so oder so geboten.