BGE 41 III 140 - Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung |
Urteil der II. Zivilabteilung |
vom 25. Februar 1915 |
i.S. Iselin, Beklagter, gegen Leih- & Sparkasse Steckborn in Liquidation, Klägerin. |
Klage der von den Gläubigern einer Aktiengesellschaft bestellten Liquidationskommission auf nachträgliche Einzahlung der gezeichneten Aktienbeträge. Einrede des Betrugs; inwieweit zulässig? Analoge Anwendung der Art. 213 und 214 SchKG auf einen gerichtlich bestätigten "Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung". |
Sachverhalt |
A. |
Am 8. April 1911 erliess die Leih- und Sparkasse Steckborn einen Prospekt über die Emission von 2000 neuen Aktien à nom. 500 Fr., die den alten Aktionären zum Preise von 550 Fr., dem Publikum zum Preise von 620 Fr. angeboten wurden. Von jenen 550 Fr. sollten einbezahlt werden:
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a) 150 Fr. bis 15. Juli 1911,
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b) 150 Fr. bis 15. Oktober 1911,
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c) 250 Fr. bis 30. Juni 1912.
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Für verspätete Einzahlungen war ein Verzugszins von 5%, für eine Verspätung von mehr als einem Monat ausserdem eine "Säumnisbusse" von 5 Fr. per Aktie vorgesehen.
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Es steht heute fest, dass die im Prospekt abgedruckte günstige Schlussbilanz pro 31. Dezember 1910 vom Verwalter der Leihkasse, Ad. Füllemann, gefälscht worden war, und dass in Wirklichkeit damals bereits eine Unterbilanz bestand.
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Auf Grund jenes Prospektes zeichnete der Beklagte am 30. Mai 1911 als Inhaber von 17 alten Aktien 17 neue Aktien.
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Am 31. Mai 1911 zeichnete der Verwalter Füllemann zum Zwecke der Kompletierung der Subskription, die sonst nur 1172 Stück ergeben hätte, seinerseits 859 neue Aktien. Infolgedessen konstatierte am 10. Juni der Verwaltungsrat, dass die Emission nicht nur zustande gekommen, sondern sogar überzeichnet worden sei.
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Am 3. Juli 1911 "gewährte" die Leihkasse dem Beklagten "gegen Hinterlage von 17 Stück neue Aktien der Leih- und Sparkasse Steckborn" ein "Darlehen" von 2550 Fr. und "verwendete" diesen Betrag als erste Einzahlung auf die von ihm gezeichneten neuen Aktien. In gleicherweise "gewährte" sie ihm am 16. Oktober 1911 gegen "Hinterlage" derselben "Aktien" ein weiteres "Darlehen" von ebenfalls 2550 Fr. und "verwendete" diesen Betrag als zweite Einzahlung auf die vom Beklagten gezeichneten 17 Aktien. Gleichzeitig stellte sie für diese 17 Aktien einen auf den Namen des Beklagten lautenden Interimschein aus, den sie als Faustpfand behielt.
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Die vom Verwalter Füllemann geschuldeten beiden ersten Einzahlungen wurden ebenfalls mittels Lombardierung der zu liberierenden Aktien "geleistet".
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Am 9. November 1911 wurde die Erhöhung des Aktienkapitals im Handelsregister eingetragen.
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Am 15. November 1911 "beurkundete" das Notariat Müllheim als Stellvertreter des Notariats Steckborn, dass "nach dem Zustandekommen der Emission" "bis 15. Oktober 1911" von sämtlichen 2000 neuen Aktien je 250 Fr. Kapital plus Agio, also 50% des neuen Aktienkapitals, einbezahlt" worden seien.
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Am 28. März 1912 konstatierte auch die Generalversammlung, dass die Einzahlung von 50% des neuen Aktienkapitals erfolgt sei.
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Erst jetzt wurde die schlechte Finanzlage der Leihkasse aufgedeckt.
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Am 24. April 1912 beschloss eine ausserordentliche Generalversammlung die Liquidation der Gesellschaft. Eine weitere ausserordentliche Generalversammlung beschloss am 7. Mai, es sei beim Bezirksgerichtspräsidium Steckborn eine Nachlasstundung zu erwirken. Ferner wurde von dieser Versammlung eine Liquidationskommission ernannt, mit dem Auftrag, "einen Nachlassvertrag zu proponieren, wonach die Aktiven der Leihkasse ....in erster Linie zu Gunsten der Gläubiger zu liquidieren sind".
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I.
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"Die Leih- und Sparkasse Steckborn in Liquidation überlässt ihren unversicherten Gläubigern das Liquidationsergebnis sämtlicher Aktiven, einschliesslich das Ergebnis allfälliger Schadenersatzforderungen gegen fehlbare Organe der Gesellschaft, per Saldo ihrer Forderungen, Valuta 1. Mai 1912.
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II.
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Die Liquidation der Aktiven erfolgt durch eine dreigliedrige Liquidationskommission unter Aufsicht des gerichtlich bestellten Sachwalters und der erweiterten Kommission.
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III.
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Die Liquidationskommission, sowie die erweiterte Kommission werden in der Gläubigerversammlung vom 10. Juli 1912 gewählt. Massgebend ist das absolute Mehr der an der Gläubigerversammlung anwesenden resp. vertretenen Gläubiger."
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Das Einladungszirkular zu dieser Gläubigerversammlung hatte eine Berechnung enthalten, worin als mutmassliche Gläubigerdividende 68,20% in Aussicht gestellt wurden.
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Am 4. Oktober 1912 wurde der "Nachlassvertrag" vom Bezirksgericht Weinfelden bestätigt.
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Im Juli 1912 hatte unterdessen der Beklagte zum Zwecke der Kompensation mit seinen Schulden, worunter auch eine "Kontokorrentschuld" von ca. 10,000 Fr., eine auf die Leihkasse lautende fällige Inhaberobligation von 1000 Fr., sowie eine ebenfalls auf die Leihkasse lautende, fällige Namenobligation von 15,000 Mk. erworben. Am 5. August notifizierte er der Liquidationskommission diesen Erwerb und erklärte, die beiden Obligationen, soweit nötig, mit seiner Kontokorrentschuld zu verrechnen, die dritte Einzahlung auf seine 17 neuen Aktien dagegen nicht leisten zu wollen, da er durch die gefälschte Bilanz betrogen worden sei; eventuell mache er auch gegenüber seiner Subskriptionsschuld "die Verrechnung geltend".
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Gegenüber der vorliegenden Klage auf Liberierung seiner Aktien und Bezahlung seiner Kontokorrentschuld hat der Beklagte, ausser den in der vorstehenden Zuschrift enthaltenen, noch folgende Einwendungen erhoben:
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a) Es fehle der durch die Liquidationskommission vertretenen "Aktiengesellschaft in Liquidation" die Aktivlegitimation zur Eintreibung der Ausstände, speziell zur Einforderung der rückständigen Einzahlungen auf die neuen Aktien. Betreffend die Begründung dieser Einrede vergl. Erw. 1 hienach.
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b) Die Aktienemission sei überhaupt nicht zustande gekommen. Vergl. Erw. 2 hienach.
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c) Falls nicht schon die Einrede des Betrugs gutgeheissen werde, stehe dem Beklagten ein Schadenersatzanspruch in der Höhe der gezeichneten Beträge zu, den er gegenüber seiner Subskriptionsschuld, eventuell gegenüber seiner Kontokorrentschuld, kompensationsweise geltend mache.
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d) Die beiden ersten Einzahlungen seien übrigens geleistet; an deren Stelle schulde der Beklagte dieselben Beträge auf Grund der beiden ihm am 3. Juli und am 16. Oktober 1911 von der Leihkasse gewährten "Darlehen".
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Es besteht heute kein Streit mehr darüber, dass die "Kontokorrentschuld" des Beklagten (excl. der beiden "Darlehen" vom 3. Juli und vom 16. Oktober 1911) 10,544 Fr. 40 Cts. Val. 31. Juli 1912 beträgt. Ebenso sind die Parteien darüber einig, dass das Aktienkapital gänzlich verloren ist und das Liquidationsergebnis nur zu einer teilweisen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger genügen wird.
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B. |
Durch Urteil vom 25. November 1914 hat das Obergericht des Kantons Zürich (I. Appellationskammer) über die Streitfrage:
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"Ist der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin zu bezahlen 19,894 Fr. 40 Cts. nebst Zins zu 5%
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von 2550 Fr. seit 15. Juli 1911,
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von 2550 Fr. seit 15. Oktober 1911,
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von 4250 Fr. seit 30. Juni 1912 und
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von 10,544 Fr. 40 Cts. seit 31. Juli 1912?"
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erkannt:
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"1. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin 19,894 Franken 40 Cts. nebst je 5% Zins von 2550 Fr. seit 16. Juli 1911, von 2550 Fr. seit 16. Oktober 1911, von 4250 Fr. seit 30. Juni 1912 und von 10,544 Fr. 40 Cts. seit 31. Juli 1912 zu bezahlen.
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Die Klägerin wird bei ihrer Anerkennung, dem Beklagten gegen Bezahlung des in dieser Forderung von 19,894 Fr. 40 Cts. inbegriffenen Betrages von 10,544 Fr. 40 Cts. nebst 5% Zins seit 31. Juli 1912, die ihr am 3. Januar 1911 zu Pfand gegebenen Aktien der Leih- und Sparkasse Steckborn Nr. 1586-1601 und 1057-1060 herauszugeben, behaftet."
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C. |
Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung, mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
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Die Klagpartei hat Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt.
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Auszug aus den Erwägungen: |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 |
1. Als unbegründet erscheint zunächst die vom Beklagten erhobene Einrede der mangelnden Aktivlegitimation. Der Beklagte hat selber ausgeführt (erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 1913 vor Bezirksgericht), dass "von einer Abtretung (sc. der Gesellschaftsaktiven) an die Gläubiger keine Rede" sei, dass "geklagt" werde "namens des Rechtssubjektes, dem von Anfang an die fraglichen Rechte zugestanden haben", dass "kein Übergang stattgefunden" habe, "eine Änderung" vielmehr "nur insofern eingetreten" sei, "als die Mandatare gewechselt haben," usw. Ist aber darnach die vorliegende Klage namens und mit Vollmacht desjenigen Rechtssubjektes eingereicht worden, dem "die fraglichen Rechte von Anfang an zugestanden haben," so wäre es Sache des Beklagten gewesen, darzutun, dass jene Rechte seither auf ein anderes Rechtssubjekt übergegangen seien. Einen solchen Übergang stellt jedoch nach dem Gesagten gerade er des entschiedensten in Abrede, und es ergibt sich denn auch aus den Akten, dass zwar die Aktiengesellschaft erklärt hat, ihren Gläubigern "das Liquidationsergebnis sämtlicher Aktiven" zu "überlassen", dass dagegen keine Übertragung der Aktiven als solcher auf ein neues Rechtssubjekt stattgefunden hat. Wollte aber die "Einrede der mangelnden Aktivlegitimation" trotz Fehlens bezüglicher Ausführungen des Beklagten etwa dahin interpretiert werden, dass der Beklagte habe behaupten wollen, infolge des "Nachlassvertrages" seien die streitigen Ansprüche von Rechtswegen auf die Gläubiger übergegangen, und aus diesem Grunde sei die Aktiengesellschaft als solche nicht mehr zu ihrer Geltendmachung legitimiert, so wäre demgegenüber wiederum auf die eigenen Ausführungen des Beklagten zu verweisen, wonach die "Mandatare" (d.h. die Liquidatoren, die in diesem Prozesse klagend auftreten) "von den Gläubigern und nicht mehr von den Aktionären ernannt wurden". Hiemit stimmt denn auch überein, dass tatsächlich alle Ausstände zum Zwecke der verhältnismässigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger und nicht etwa der Aktionäre eingetrieben werden. Durch welch anderes Organ aber die Gläubiger hätten klagend auftreten sollen, als eben durch das Organ der von ihnen ernannten Liquidationskommission, ist vom Beklagten nicht dargetan worden und auch sonst nicht ersichtlich.
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Erwägung 2 |
2. Unbegründet ist sodann die Berufung des Beklagten auf Art. 617 Abs. 2 OR. Insoweit nämlich das angebliche Nichtzustandekommen der Emission daraus abgeleitet wird, dass der Verwalter Füllemann seine Aktien erst nach Ablauf der im Prospekt festgesetzten Subskriptionsfrist gezeichnet habe, erledigt sich diese Einrede schon durch die, nicht aktenwidrige, tatsächliche Feststellung der Vorinstanz, dass "auf Schluss des Zeichnungstermins die Zeichnungen formell vollständig vorlagen", und es braucht deshalb hier nicht ausgeführt zu werden, warum auch Zeichnungen, die erst einige Tage nach Ablauf der Subskriptionsfrist stattgefunden hätten und von der Gesellschaft entgegengenommen worden wären, kein Hindernis im Sinne des Art. 617 gebildet haben würden. Insoweit aber der Beklagte die Anwendbarkeit dieses Artikels daraus ableiten will, dass Füllemann nur als "Strohmann" der Aktiengesellschaft gehandelt habe, genügt es, auf die bezüglichen Ausführungen des bundesgerichtlichen Urteils vom 5. Juli 1913 i.S. Bach gegen die heutige Klägerin (AS 39 II S. 533 Erw. 2) zu verweisen. Und wenn endlich der Beklagte in diesem Zusammenhang noch behauptet hat, die Zeichnung des Füllemann sei überhaupt nicht ernst gemeint gewesen und sei auch von der Aktiengesellschaft nur zum Schein entgegengenommen worden, so ist demgegenüber daran festzuhalten, dass die Aktienzeichnung, als rechtsverbindliche Willensäusserung, speziell als Kundgebung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, weder durch eine allfällige Mentalreservation des Zeichners, noch auch durch eine Abmachung mit den Organen der Gesellschaft entkräftet wird. Sind Mentalreservationen des Zeichners schon nach Art. 1 OR bedeutungslos, so kann aus privaten Abmachungen zwischen dem Zeichner und den Gesellschaftsorganen jedenfalls gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (für die im vorliegenden Falle geklagt wird: vergl. Erw. 1 hievor) die Unverbindlichkeit der Zeichnung nicht abgeleitet werden. Die Aktienzeichnung des Verwalters Füllemann besteht somit zu recht, und die Einrede aus Art. 617 Abs. 1 OR erscheint daher in jeder Beziehung als unbegründet.
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Erwägung 3 |
3. Was die erste Haupteinrede des Beklagten, nämlich diejenige des Betruges betrifft, so bedarf es hier keiner Stellungnahme zu der bekannten Streitfrage, ob und in wieweit die Einrede des Betrugs dann zulässig sei, wenn die gezeichneten Beträge ganz oder teilweise behufs Rückzahlung des Aktienkapitals, also im Interesse der Aktionäre, eingefordert werden. Es genügt, dass im vorliegenden Falle feststehendermassen das gesamte Aktienkapital verloren ist und die Einforderung der gezeichneten Beträge ausschliesslich im Interesse der Gesellschaftsgläubiger stattfindet. Dass aber der durch Betrug zur Zeichnung verleitete Aktionär die Liberierung seiner Aktien jedenfalls dann nicht verweigern, bezw. die bereits geleisteten Einzahlungen jedenfalls solange nicht zurückfordern kann, als noch unbefriedigte Gesellschaftsgläubiger vorhanden sind, wird sogar von denjenigen anerkannt, die (wie Wieland in Goldschmidts Zeitschrift 64 S. 124 und in Schweiz. Juristenzeitung 10 S. 217 ff., Breit in Goldschm. Zsch. 76 S. 452) dem betrogenen Aktionär einen Schadenersatz-, bezw. Rückforderungsanspruch gegenüber der Aktiengesellschaft als solcher zuerkennen. Sollte es auch nicht richtig sein, dass die Zeichnung von Aktien eine Erklärung gegenüber den Mitaktionären enthalte (vergl. BGE 32 II S. 103 und 39 II S. 534), so enthält sie doch jedenfalls eine solche gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, nämlich die Erklärung, mit dem gezeichneten Betrag, der einen Teil des für jede Aktiengesellschaft unentbehrlichen Grundkapitals bildet, solange für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften zu wollen, als solche Verbindlichkeiten überhaupt vorhanden sein werden (vergl. Art. 629 Abs. 3, 667 Abs. 1, 669 Ziff. 1 und 670 Abs. 2 OR). Sobald aber in der Aktienzeichnung eine Erklärung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern erblickt wird, folgt daraus ohne weiteres die Unmöglichkeit einer Anfechtung der Zeichnung wegen eines durch die Organe der Gesellschaft verübten Betruges. Denn alsdann handelt es sich um den Betrug seitens eines Dritten; nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen aber (übrigens auch nach Art. 28 neu = 24 alt OR, als der hier analog anwendbaren positiven Gesetzesbestimmung) kann eine Willenserklärung nicht deswegen angefochten werden, weil derjenige, der sie abgab, dazu durch Täuschung seitens eines Dritten verleitet worden war.
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Mit Unrecht hat der Beklagte demgegenüber vor den kantonalen Instanzen eventuell den Standpunkt eingenommen, dass bei blossen Kapitalerhöhungen (im Gegensatz zu Neugründungen) ein unbedingtes Anrecht auf die neuen Einzahlungen nur denjenigen Gesellschaftsgläubigern zustehe, die ihre Forderungen erst nach der Veröffentlichung der Kapitalerhöhung erworben haben. Abgesehen davon, dass das Gesetz für eine verschiedene Behandlung der alten und der neuen Gläubiger keine Handhabe bietet, würde sich eine Schlechterstellung der alten Gläubiger in dieser Beziehung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil Kapitalerhöhungen oft u.a. gerade den Zweck verfolgen und erreichen, die alten Gläubiger zu weiterm Stehenlassen ihrer Guthaben zu bewegen. Dies scheint denn auch, nach den bei den Akten liegenden Protokollen des Verwaltungsrates, speziell im vorliegenden Falle der Zweck und die Wirkung der Erhöhung des Aktienkapitals gewesen zu sein.
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Erwägung 4 |
4. Ebenso wie mit der Einrede des Betruges verhält es sich mit dem Schadenersatzanspruch von 9350 Fr., den der Beklagte mit seiner Subskriptionsschuld von ebenfalls 9350 Fr., eventuell mit seiner Kontokorrentschuld von 10,544 Fr. 40 Cts. verrechnen möchte. Denn, da mit jener Schadenersatzforderung eben derjenige Schaden geltend gemacht werden will, der dem Beklagten aus seiner Aktienzeichnung erwachsen ist und in dem Verlust der gezeichneten Beträge besteht, so käme die Zulassung der Verrechnung in ihren Wirkungen einer Rückzahlung der vom Beklagten übernommenen Aktien gleich; auf eine solche Rückzahlung hat aber der Beklagte nach den Ausführungen in Erwägung 3 hievor jedenfalls solange kein Recht, als noch unbefriedigte Gesellschaftsgläubiger vorhanden sind.
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Aus demselben Grunde wäre auch die Verrechnung jenes Schadenersatzanspruchs mit der "Darlehensschuld" von zweimal 2550 Fr., die nach der Auffassung des Beklagten an die Stelle eines Teils seiner Subskriptionsschuld getreten sein soll, ausgeschlossen. Es bedarf deshalb hier keiner Untersuchung, ob wirklich s.Z. eine Novation im Sinne der Darstellung des Beklagten stattgefunden habe, bezw. ob eine solche Novation vom Richter anzuerkennen sei, und ob daher der Beklagte jene zweimal 2550 Fr. noch auf Grund seiner Aktienzeichnung, oder aber als Darlehen schulde. Einen, übrigens unbedeutenden Unterschied hätte dies höchstens in Bezug auf die Art der Verzinsung ausmachen können; in dieser Hinsicht liegen aber keine Parteianträge vor.
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Erwägung 5 |
5. Endlich macht der Beklagte gegenüber sämtlichen Klagposten kompensationsweise zwei Forderungen von zusammen ca. 20,000 Fr. geltend, die er zugegebenermassen erst im Stadium des Nachlassverfahrens erworben hat, und deren eine zudem auf einem Inhaberpapier beruht. Es fragt sich daher, ob im vorliegenden Fall Art. 213 und 214 SchKG, die allerdings ihrem Wortlaute nach nur für den Fall des Konkurses gelten, analog anwendbar seien. Diese Frage ist auf Grund des bundesgerichtlichen Urteils vom 2. Juli 1914 i.S. Leih- und Sparkasse Aadorf gegen Saurer (AS 40 III S. 302 ff.) zu bejahen. Auch im vorliegenden Falle unterscheidet sich der zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Gläubigern zustande gekommene "Nachlassvertrag" von einem gewöhnlichen Nachlassvertrag durch die in dem angeführten Urteil aufgeführten drei Merkmale: Heute wie damals fehlt es an einer im voraus festgesetzten Nachlassquote; heute wie damals ist der Kridarin die Verfügung über ihre Aktiven gänzlich entzogen, und heute wie damals sind diese Aktiven zur ausschlieslichen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger bestimmt (ob infolge "Abtretung" der Gesellschaftsaktiven als solcher, oder infolge "Überlassung" des "Liquidationsergebnisses", ist dabei unerheblich). Heute wie damals handelte es sich somit um eine Gesamtliquidation, die sich vom Konkurse im wesentlichen nur durch den Namen und das Verfahren, sowie die Nachwirkungen, dagegen nicht durch die materiellen Verteilungsgrundsätze unterscheidet. Für eine analoge Anwendung des Art. 213 SchKG sprechen deshalb hier genau die nämlichen Erwägungen, die in dem angeführten Urteil enthalten sind und hier nicht wiederholt zu werden brauchen.
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Eventuell wäre Art. 214 analog anwendbar. Denn es steht ausser Frage, dass der Beklagte die beiden bereits minderwertigen Obligationen gerade zu dem Zwecke erworben hat, um seine Verpflichtungen gegenüber der ihm als zahlungsunfähig bekannten "Leihkasse" nicht voll erfüllen zu müssen. Es kann deshalb unerörtert bleiben, welcher Zeitpunkt im vorliegenden Falle demjenigen der "Konkurseröffnung" gleichzustellen wäre.
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Endlich bedarf es auch in diesem Zusammenhange keiner Entscheidung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob an Stelle eines Teils der Subskriptionsschuld des Beklagten (nämlich für die Beträge der beiden ersten Einzahlungen) eine Darlehnsschuld getreten sei, oder ob die Subskriptionsschuld noch als solche fortbestehe; ferner ob im letztern Fall, ausser Art. 213 Abs. 2 (bezw. Art. 214), auch noch Art. 213 Abs. 3 analog anwendbar wäre. Denn, ob für einen Teil des streitigen Betrages die Abweisung der Kompensationseinrede speziell mit Rücksicht auf Art. 213 Abs. 3, oder aber wegen Art. 213 Abs. 2 (Ziffer 1 oder 3) erfolgt, macht für das Endresultat keinen Unterschied.
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Demnach hat das Bundesgericht erkannt: |