Entscheid
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vom 27. Februar 1931
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i.S. Ed. Vielle & Co.
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Auf Art. 93 SchKG (relative Unpfändbarkeit des Lohnes u. dergl.) kann sich auch der im Ausland wohnende Schuldner berufen, sofern er die Voraussetzungen nachweist (Änderung der Rechtssprechung).
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Sachverhalt
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Die Rekurrentin liess das pfändbare Lohnguthaben des Rekursgegners, eines in Burgfelden, französischem Grenzort bei Basel, stationierten schweizerischen Monteurs der Maschinenfabrik Schindler & Cie in Luzern, mit Arrest belegen, das dann vom Betreibungsamt Luzern auf 37 Fr. für je zwei Wochen bestimmt wurde. Hiegegen führte der Rekursgegner Beschwerde mit der Begründung, sein Stundenlohn betrage laut vorgelegtem Zahltagscouvert (über 92 Stunden) nur 1 Fr. 50 Cts., seine Frau sei kränklich und stehe laut vorgelegter Bescheinigung "seit Mai 1930 wegen Unterleibsentzündung und Blutarmut" in Behandlung eines Allschwiler Arztes, und ausserdem habe er laut vorgelegtem Familienschein zwei Kinder im Alter von 10 und 6 Jahren.
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Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 9. Januar 1931 die Beschwerde begründet erklärt und den Arrestvollzug aufgehoben.
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Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht weitergezogen.
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Auszug aus den Erwägungen:
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Erwägung
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Die Rekurrentin will unter Berufung auf BGE 40 III S. 83 die durch Art. 93 SchKG angeordnete Beschränkung der Pfändung des Lohnes auf den Überschus über das Existenzminimum dem Rekursgegner nicht zubilligen, weil er nicht in der Schweiz wohnt. Die Vorinstanz hat jedoch geglaubt, sich nicht an jenes Präjudiz halten zu sollen. Es bezeichnet als Grund der Lohn- (u. dergl. ) pfändungsbeschränkung das Interesse, welches der Staat daran hat, dem Schuldner die Fortsetzung seiner Existenz aus eigenen Kräften zu ermöglichen und zu verhüten, dass er der öffentlichen Unterstützung zur Last falle; es erachtet diesen Grund nur in Bezug auf die eigenen Gebietsangehörigen als zutreffend und verneint jedes Interesse des schweizerischen Gesetzgebers an dem Schutze des im Auslande, ausserhalb der schweizerischen Rechtsgemeinschaft wohnhaften Schuldners und an der Verminderung der einem ausländischen Gemeinwesen erwachsenden Unterstützungslasten. Hiegegen wendet die Vorinstanz ein, wenn es dem Rekursgegner nicht gelinge, seine Existenz und die seiner Familie aus eigenem Mitteln zu bestreiten, so werde er zweifellos vom ausländischen Wohnort in die Schweiz abgeschoben und würde dann doch hier der Öffentlichkeit zur Last fallen. In der Tat besteht ein öffentliches Interesse daran, Schweizer im Auslande nicht unbeschränkter Lohnpfändung (von der Schweiz aus) auszusetzen, die deren Heimschaffung aus armenpolizeilichen Gründen auf Kosten der schweizerischen Heimatgemeinde zur Folge haben müsste.
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Indessen erscheint es überhaupt nicht als gerechtfertigt, bei der Anwendung des Art. 93 SchKG einen Unterschied zu machen, je nachdem der Schuldner schweizerischer Nationalität ist oder nicht. Das Verbot der Pfändung der unentbehrlichen Gebrauchs- und Haushaltungsgegenstände, Nahrungs- und Feuerungsmittel, Tiere und Futtermittel, Berufswerkzeuge (Art. 92 Ziff. 1, 2, 3, 4, 5, 10), sowie des Lohnes u. dergl. im Umfange des Existenzminimums (Art. 93) ist in erster Linie aus Rücksichten der Menschlichkeit, zum Schutze des Schuldners gegen die sog. Kahlpfändung aufgestellt worden. Den Gläubigern soll versagt sein, durch derartige Pfändungen ihre Schuldner der zum Lebensunterhalt notwendigen Mittel zu berauben und dem Elend preiszugeben, so dass sie sich auf knapp bemessene, ja meist ungenügende Armenunterstützung angewiesen sehen und ihre Familien nicht beisammen zu behalten vermögen. Diese Rücksichtnahme aber rechtfertigt sich allen Schuldnern gegenüber, gleichgültig ob sie in der Schweiz wohnen oder nicht, und ob sie der Schweiz als Bürger angehören oder nicht, m.a.W. gleichgültig ob der Fiskus einen Vorteil daraus ziehe oder nicht. Insoweit bei der Aufstellung von Vorschriften über Pfändungsbeschränkungen fiskalischen Interessen Rechnung getragen worden sein mag, stunden sie jedenfalls erst in zweiter Linie. Nachdem die neuere Rechtssprechung auch zugunsten von im Auslande wohnenden Schuldnern die Unpfändbarkeit von Gebrauchsgegenständen (Entscheid vom 19. Januar 1931 i.S. Sprechert), Haushaltungsgegenständen (Entscheid vom 4. November 1930 i.S. Hauger) und Entschädigungen für Körperverletzung (BGE 55 III S. 29) anerkannt hat, muss es folgerichtig auch bezüglich des Lohnes u. dergl. im Umfange des Existenzminimums geschehen und wird es auch bezüglich der Berufswerkzeuge geschehen müssen (entgegen BGE 37 I S. 348 = Sep.-Ausg. 14 S. 177).
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Das frühere Präjudiz leitet die Unanwendbarkeit des Art. 93 SchKG auf Schuldner im Ausland im weiteren auch noch daraus her, dass die von Amtes wegen vorzunehmende Untersuchung über die Erwerbs- und Familienverhältnisse des Schuldners nur dann möglich sei, wenn er unter der Jurisdiktionsgewalt der inländischen Vollstreckungsbehörden steht, weil den Betreibungsämtern sowohl die Kompetenz als die Mittel zur Einholung amtlicher Berichte bei den Behörden eines anderen Staates fehlen. Hiezu bemerkt die Vorinstanz, in concreto seien die Verhältnisse doch insoweit abgeklärt, dass die Unpfändbarkeit des Lohnguthabens als gegeben erscheine. In der Tat ist es nicht gerechtfertigt, die Anwendung des Art. 93 SchKG auf Schuldner im Auslande grundsätzlich auszuschliessen, weil es Fälle gibt, in denen sich das Betreibungsamt die für dessen Anwendung unerlässliche Kenntnis der Verhältnisse des Schuldners nicht verschaffen kann. Vielmehr genügt es auch hier, die Anwendung des Art. 93 SchKG von der bereits im erwähnten Entscheide vom 19. Januar 1931 i.S. Sprechert aufgestellten Voraussetzung abhängig zu machen: Wer vom Ausland her die Unpfändbarkeit geltend macht und sie aus Tatsachen herleitet, die nur dort, nicht aber in der Schweiz festgestellt werden können, der ist der Behauptungs- und Beweislast nicht überhoben, ja es kann von ihm geradezu verlangt werden, dass er nicht nur Beweisanträge stelle, sondern sofort Beweismittel vorlege. Dies hat der Rekursgegner vorliegend mindestens auf die bezügliche befristete Aufforderung der unteren Aufsichtsbehörde hin getan, die zu erlassen die untere Aufsichtsbehörde freilich nicht von Bundesrechts wegen verpflichtet, aber ohne Bundesrechtsverletzung berechtigt war. Wieso die Rekurrentin unter diesen Umständen behaupten kann, die Vorinstanzen seien "ganz und gar" auf die Angaben des Rekursgegners angewiesen gewesen, ist unerfindlich.
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Dass ein Haushalt von vier Personen, darunter einer kränklichen, auch bei den geringeren Lebenskosten im Elsass, immerhin in unmittelbarer Nähe der Schweizergrenze, nicht mit weniger als 10 Fr. 30 Cts. im Tag auskommen kann welcher Betrag dem Arbeitserwerb des Rekursgegners bei wöchentlich 48stündiger Arbeitszeit gleichkommt , durfte die Vorinstanz annehmen, ohne dass dafür ein besonderer Beweis geleistet zu werden brauchte.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
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Der Rekurs wird abgewiesen.
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