23. Entscheid vom 29. Oktober 1954 i.S. Kündig.
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Regeste
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Unpfändbarkeit von Berufswerkzeugen, Art. 92 Ziff. 3 SchKG.
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Sachverhalt
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A.- Im Konkurs des Rekurrenten hat die Vorinstanz, im Gegensatz zur untern Aufsichtsbehörde, dessen Personenauto "Standard-Vanguard" die Kompetenzqualität gemäss Art. 92 Ziff. 3 SchKG abgesprochen und dieses in die Konkursmasse gezogen. Sie führt aus, der Beruf eines Möbelreisenden könne hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit eines Automobils nicht ohne weiteres demjenigen eines Provisionsreisenden einer andern Branche gleichgestellt werden, denn nach der heutigen Branchenübung gehöre es zum Aufgabenkreis des Möbelreisenden, die Kaufsinteressenten von ihrer Wohnung in die Ausstellungslokale seiner Firma oder der mit dieser zusammen arbeitenden Möbelfabriken zu führen, was mit Rücksicht auf die Konkurrenz nur mit Hilfe eines Autos, nicht aber der Eisenbahn möglich sei. Nach Erkundigung beim Verband schweiz. Möbeldetaillisten verlange nun die Mehrzahl der Möbelhandelsfirmen von ihren Reisenden den Besitz eines eigenen Wagens und zahle ihnen eine entsprechende Entschädigung; daneben gebe es aber viele Firmen, die ihren Reisenden den Wagen zur Verfügung stellen. Dieser Beruf könne daher auch heute noch ohne eigenes Auto ausgeübt werden, wenn auch einem Reisenden ohne Auto weniger Möglichkeiten offen ständen als seinem Konkurrenten mit einem solchen. Solche Erschwerungen der Berufsausübung müsse aber der Schuldner in Kauf nehmen.
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Der Rekurrent könne sich auch nicht darauf berufen, dass er seine heutige Stellung verlieren werde, wenn er nicht mehr über sein Auto verfüge; denn er habe diese Stelle erst am 1. Juli 1954 angetreten, also nachdem ihm bereits bekannt gewesen sei, dass die Konkursmasse auf das Auto Anspruch erhebe. Er hätte daher eine Anstellung suchen müssen, die kein eigenes Auto voraussetzte, was ihm wohl möglich gewesen wäre, da tüchtige Möbelreisende sehr gesucht seien. Die Frage, ob dem Schuldner u.U. auch ein Stellenwechsel zuzumuten sei, könne somit hier offen bleiben.
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B.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält der Schuldner an seinem Kompetenzanspruch fest. Er führt aus, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass er zur Zeit der Admassierung des Autos bei seiner damaligen Arbeitgeberin, der Firma Möbel-Pfister, nicht als Handelsreisender, sondern bloss als Agent tätig gewesen sei; als solcher hätte er aber niemals von der Firma ein Auto zur Verfügung gestellt erhalten. Da er als Agent nicht einmal auf sein Existenzminimum gekommen sei, habe er eine andere Anstellung suchen müssen. Schon damals wie heute habe er sich im Konkurse befunden und habe es daher schwer gehabt, eine andere Anstellung zu finden, namentlich eine solche als Handelsreisender. Als blosser Agent aber finde er nur mit eigenem Auto eine Stelle und hätte ohne ein solches auch bei Pfister nicht mehr konkurrenzfähig arbeiten können. Ein Stellenwechsel sei ihm nicht, jedenfalls aber nicht unter Wegnahme des Autos zuzumuten. "Es ist daher dem Beschwerdeführer niemals zuzumuten, ohne Automobil als Konkursit mit Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der geschiedenen Ehefrau und den Kindern auf die Stellensuche zu gehen" ..... "und bei jenen Arbeit zu suchen, die den Vertretern ein Automobil zur Verfügung stellen, d.h. die bereit sind, es diesem Manne zur Verfügung zu stellen". Die Frage sei von weittragender Bedeutung. Man könne wohl auch nicht einem Anwaltssubstituten seine Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichts wegnehmen und ihn einladen, bei einem Anwalt zu arbeiten, der sie besitze.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, entspricht ihr Entscheid durchaus der in letzter Zeit mehrfach bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichts, von der abzuweichen der vorliegende Fall keinen Anlass bietet. Dass der Rekurrent sowohl zur Zeit der Admassierung des Autos als auch jetzt zu der von ihm vertretenen Möbelfirma nicht in einem Dienstvertragsverhältnis, sondern im Verhältnis eines blossen Agenten im Sinne von Art. 418 a ff. OR stand bzw. steht, vermag keine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen. Massgebend ist nicht die Rechtsform, in welcher der Beruf des Reisevertreters ausgeübt wird, sondern die Frage, welcher Hilfsmittel es hiezu bedarf. Die Vorinstanz stellt auf Grund sachverständiger Information fest, dass es in der Möbelhandelsbranche auch heute noch zahlreiche Reisevertreter gibt, von denen nicht der Besitz eines eigenen Autos verlangt wird, welchen vielmehr der Arbeitgeber ein solches zur Verfügung stellt. Solange demnach noch die Möglichkeit besteht, derartige Vertreterstellen zu finden, ist dem Schuldner zuzumuten, sich um solche zu bewerben, zumal in einer Branche, in welcher - ebenfalls nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz - gute Reisende sehr gesucht sind. Dass letzteres nur für Reisende mit eigenem Auto der Fall sei, ist nicht festgestellt und auch nicht einzusehen. Dass der Rekurrent es als Konkursit schwerer habe als ein anderer, eine Anstellung in festem Dienstverhältnis zu finden, und deshalb auf die Agentenstellung angewiesen sei, für welche ein eigenes Auto Voraussetzung sei, kann auch nicht zu einer abweichenden Beurteilung der Kompetenzfrage führen, die zur Folge hätte, dass der im Konkurs befindliche Agent vor dem bloss auf Pfändung betriebenen bezüglich der Kompetenzqualität des Autos bevorzugt wäre.
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Bei der Beurteilung der Frage der Unpfändbarkeit der als Berufswerkzeuge angesprochenen Automobile hat sich das Bundesgericht in letzter Zeit veranlasst gesehen, das Moment der Wirtschaftlichkeit der Verwendung dieses Hilfsmittels für die Berufsausübung stärker zu betonen. So wurde in dem von der Vorinstanz zitierten Entscheide vom 6. Mai 1954 i.S. Degenhardt ausgeführt, Art. 92 Ziff. 3 SchKG wolle dem Schuldner die Existenz sichern; dieser Zweck werde nicht erreicht durch die Unterlassung der Pfändung von Hilfsmitteln, deren Verwendungskosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag stehen. Und im Entscheide vom 16. September 1954 i.S. Eigensatz wurde gesagt, es erscheine nicht normal, dass das als unentbehrliches Berufswerkzeug beanspruchte Auto nicht einmal seine eigenen Unkosten (Garagemiete) zu decken vermochte. "Die Kompetenzqualität gemäss Art. 92 Ziff. 3 SchKG setzt auch voraus, dass die Verwendung des Werkzeugs wirtschaftlich sei, d.h. die von ihm verursachten Unkosten zu dem mit ihm erzielten Erwerb in einem vernünftigen Verhältnis stehen". Nach seiner eigenen Darstellung (S. 2 der Beschwerde an die untere Aufsichtsbehörde) ist der Rekurrent nach anfänglichem Bestehen eines Dienstverhältnisses bei Möbel-Pfister im Herbst 1953 in das Agenturverhältnis versetzt worden, weil sein Umsatz ungenügend war. In einer Eingabe vom 23. September 1954 an das Konkursamt schreibt er selbst, er sei nicht einmal in der Lage, seine Alimentenverpflichtungen zu erfüllen. Er lebt zur Zeit aus Reisespesen, Autospesen und Salär; von verdienten Provisionen ist nicht die Rede. Unter diesen Umständen kann von einem vernünftigen Verhältnis zwischen Autounkosten und damit erzieltem Einkommen nicht gesprochen und daher dem Rekurrenten nicht gestattet werden, sich auf Kosten der Gläubiger ein "Berufswerkzeug" zu halten, von dem sich eben gerade im wesentlichen Punkte der laufenden Betriebs- und Abnützungskosten die im Rekurs als Beispiel angerufene Entscheidsammlung des Anwaltssubstituten vorteilhaft unterscheidet.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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Der Rekurs wird abgewiesen.
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