BGE 83 III 138 |
37. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. November 1957 i.S. E. und A. Dubs und Konsorten gegen Gassmann und Konsorten. |
Regeste |
Bauhandwerkerpfandrecht. Geltendmachung im Konkurs des Grundeigentümers. Klage nach Art. 841 ZGB. |
2. Kommen die derart kollozierten Bauhandwerker bei der Verwertung des Pfandgrundstückes zu Verlust, so kann ihrer Klage gegen vorgehende Grundpfandgläubiger auf Deckung des Ausfalles nach Art. 841 ZGB nicht entgegengehalten werden, ihr vor dem Konkurse vorläufig eingetragenes Pfandrecht sei in der Folgezeit nicht definitiv eingetragen worden (Erw. 4). |
3. Die übrigen Einreden gegen den gültigen Bestand des Pfandrechts bleiben den Beklagten gewahrt, namentlich auch hinsichtlich der rechtzeitigen und rechtwirksamen Vormerkung der Ansprüche der Kläger (Erw. 5). |
Sachverhalt |
A.- Die Kläger und Berufungskläger waren mit der Ausführung des Umbaues des Hauses "Zum grossen Otter" in Zürich beschäftigt, der im Frühjahr 1954 beendigt wurde. Zwei von ihnen (die Kläger Nr. 7 und 8) erwirkten im Februar und März 1954 vorsorglich (superprovisorisch) die Vormerkung von Bauhandwerkerpfandrechten, und nach gerichtlicher Bestätigung dieser Vormerkungen erhoben sie binnen der ihnen dazu angesetzten Frist Klage auf Anerkennung ihrer Ansprüche gegen den Grundeigentümer. Nach dessen am 5. Mai 1954 erfolgten Tode gelangte die Verlassenschaft indessen am 2. Juni 1954 zur konkursamtlichen Liquidation. Infolgedessen wurden die beiden Prozesse gemäss Art. 207 SchKG eingestellt und die Forderungen und Pfandrechte der beiden Kläger gemäss Art. 63 Abs. 1 der Konkursverordnung in dem als Bestandteil des Kollokationsplanes aufgelegten Lastenverzeichnis pro memoria vorgemerkt. Die zweite Gläubigerversammlung beschloss, die Masse habe in diese Prozesse nicht einzutreten, und es verlangte auch kein einzelner Konkursgläubiger die Beklagtenrolle gemäss Art. 260 SchKG an Stelle der Masse zu übernehmen. Daher vermerkte das Konkursamt am 5. Oktober 1954 im Lastenverzeichnis, die Ansprüche der Kläger Nr. 7 und 8 seien nun definitiv geworden, und am 15. Oktober 1954 schrieb der Richter die beiden Prozesse infolge des Verzichtes der Masse und des Nichteintrittes einzelner Konkursgläubiger als erledigt ab.
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B.- Die andern Kläger erlangten ebenfalls superprovisorische Vormerkungen der von ihnen geltend gemachten Bauhandwerkerpfandrechte. Die gerichtliche Bestätigung der Vormerkungen erfolgte zu ihren Gunsten am 10. Juni 1954, also erst nach Eröffnung des Nachlasskonkurses. (Inbezug auf zwei Kläger, Nr. 3 und 5, hätten die superprovisorischen Vormerkungen nach den Angaben des angefochtenen Urteils erst nach Eröffnung des Nachlasskonkurses, am 3. und 19. Juni 1954, stattgefunden; das letztere Datum würde sogar demjenigen der gerichtlichen Bestätigung der Vormerkung nachfolgen, was als widerspruchsvoll erscheint). Im Lastenverzeichnis wurden die Forderungen aller dieser Kläger als durch Bauhandwerkerpfandrecht gesichert anerkannt, welche Verfügungen unangefochten blieben.
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C.- Das Pfandgrundstück gelangte am 16. November 1954 zur Versteigerung. Der Zuschlagspreis von Fr. 700'000. - deckte die Forderung des Beklagten 1, Heinrich Gassmann, mit Nachpfandrecht an einem Schuldbrief im 3. Range ganz und die Schuldbriefforderungen des Beklagten 2, David Zangwil, im 5. Rang teilweise. Sämtliche Bauhandwerkerforderungen blieben ungedeckt. Die als vorläufige Eintragungen zu ihren Gunsten vorgemerkten Pfandrechte wurden am 30. November 1954 im Grundbuche gelöscht.
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D.- Binnen der vom Konkursamt gemäss Art. 117 VZG eingeräumten Frist klagten 14 Bauhandwerker gegen die beiden Beklagten auf Deckung des Pfandausfalles im Sinne von Art. 841 ZGB. Nach Wegfall des Klägers Nr. 10 und Eintritt der Erben des Beklagten Nr. 1 in den Prozess wies das Bezirksgericht die beiden Klagen ohne materielle Prüfung ab, weil die Kläger mangels definitiver Eintragung ihrer Pfandrechte zu einer Klage nach Art. 841 ZGB nicht legitimiert seien; dazu genüge die vorläufige, nun gelöschte Eintragung nicht. Das Obergericht des Kantons Zürich, an das die verbliebenen Kläger ausser Nr. 12 appellierten, bestätigte das erstinstanzliche Urteil am 8. März 1957.
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E.- Die vor Obergericht aufgetretenen Kläger haben Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und "die Sache zur Abnahme der Beweise und zur materiellen Erledigung des Prozesses an die Vorinstanz zurückzuweisen".
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F.- Die Erben des Beklagten Nr. 1 beantragen Abweisung der Berufung. Der Antrag des Beklagten Nr. 2 geht dahin, die Berufung sei mangels Streitwertangabe von der Hand zu weisen, eventuell sei sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
1./2.- (Prozessuales).
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3. Das angefochtene Urteil spricht den Klägern die Befugnis, vorgehende Pfandgläubiger auf Deckung des Pfandausfalles nach Art. 841 ZGB zu belangen, von vornherein deshalb ab, weil sie mangels definitiver Eintragung im Grundbuch keine gültigen Bauhandwerkerpfandrechte erworben hätten. Die Vormerkung vorläufiger Eintragungen habe das Pfandrecht zwar zu sichern, nicht aber zu begründen vermocht; hiezu wäre es nach Ansicht der Vorinstanz nötig gewesen, sie durch definitive Eintragungen zu ersetzen. Die Kläger hätten es versäumt, dafür besorgt zu sein. Den Klägern Nr. 7 und 8 sei bei Bewilligung der Vormerkungen eine Monatsfrist nach Beendigung der Hauptprozesse hiefür eingeräumt worden; somit hätten sie die definitive Eintragung spätestens am 15. November 1954 (einen Monat nach der Prozessabschreibung) beim Grundbuchamte nachsuchen müssen. Auch den andern Klägern sei die Anmeldung der Pfandrechte zu definitiver Eintragung obgelegen, sobald die zu ihren Gunsten erfolgte Kollokation rechtskräftig war, also vom 10. September 1954 an.
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Diese Erwägungen gehen zunächst richtig davon aus, dass Art. 837 ZGB u.a. den Bauhandwerkern (gemäss Abs. 1 Ziff. 3 daselbst) kein von Gesetzes wegen bestehendes Pfandrecht gibt, sondern einen gesetzlichen Anspruch auf ein Pfandrecht zugesteht, das erst durch Eintragung im Grundbuch gemäss Art. 799 Abs. 1 ZGB entsteht (BGE 40 II 452, BGE 81 II 279). Das angefochtene Urteil verkennt jedoch die Wirkungen der vor der Konkurseröffnung erfolgten vorläufigen Eintragung eines solchen Pfandrechtes in Verbindung mit der auf die Vormerkung gestützten Kollokation durch Zulassung im Lastenverzeichnis (Art. 125 Abs. 2 VZG). Art. 22 Abs. 4 der Grundbuchverordnung lässt die vorläufige Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten ausdrücklich zu. Er geht dabei freilich über den Wortlaut des Gesetzes (Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB) hinaus, da man es nach dem Gesagten nicht mit dinglichen Rechten zu tun hat, die bereits ohne Eintragung bestünden. Aber die Verordnung trägt mit jener Vorschrift dem Zweck des Bauhandwerkerpfandrechtes zutreffend Rechnung und ermöglicht dessen Sicherung; die Zulässigkeit einer solchen Massnahme wurde längst auch von der Rechtsprechung bejaht (vgl. BGE 39 II 139, BGE 40 II 458/9). Mit der vorläufigen Eintragung lässt sich nun nicht nur die Eintragungsfrist des Art. 839 Abs. 2 ZGB wahren; sie sichert das Bauhandwerkerpfandrecht auch im Fall eines nachfolgenden Konkurses des Grundeigentümers. Auf dieser Grundlage kann das Pfandrecht, wiewohl es nicht durch definitive Grundbucheintragung förmlich errichtet wurde, im Konkurse zu voller Geltung kommen. Denn bei Bejahung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen ist es, so wie es vorläufig eingetragen wurde, als dinglich bestehend zu kollozieren, und gemäss der rechtskräftig in diesem Sinn erfolgten Kollokation nimmt alsdann die Forderung mit entsprechendem Pfandprivileg an der Verteilung des Pfanderlöses teil. Keineswegs darf die Gültigkeit der Kollokation an die Bedingung einer nach Eintritt ihrer Rechtskraft beim Grundbuchamte nachzusuchenden definitiven Eintragung geknüpft werden (vgl. Art. 59 Abs. 2 der Konkursverordnung). Es wäre denn auch sinnlos, eine Pfandrechtskollokation, die sich nur auf die vor dem Konkurs vorgemerkte vorläufige Eintragung zu stützen braucht, dann hinterher in ihrer Gültigkeit von einer grundbuchlichen Massnahme abhängig zu machen, die eben, weil vor der Kollokation mangels eines Rechtstitels gar nicht möglich, nicht Voraussetzung der Kollokation sein kann. Daraus folgt, dass das vor dem Konkurs vorläufig eingetragene Pfandrecht im Konkurs beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen als dingliches Recht anzuerkennen ist, ohne dass es noch der förmlichen Errichtung durch definitive Grundbucheintragung bedarf. Mit Recht hat daher das Konkursamt die rechtskräftig kollozierten Pfandrechte der Kläger als für die Konkursabwicklung endgültig anerkannt betrachtet. Als der Richter am 10. Juni 1954 die Vormerkungen zu Gunsten der Kläger (ausser Nr. 7 und 8, die bereits früher Vormerkungen erwirkt hatten) bewilligte, bemass er deren Geltungsdauer denn auch für den Fall der Konkursdurchführung einfach bis zur rechtskräftigen Kollozierung ihrer Ansprüche, in der zutreffenden Erwägung, mit der Validierung durch Zulassung der Pfandrechte im Lastenverzeichnis werden die Vormerkungen ihren Zweck erfüllt haben, ohne dass es noch einer definitiven Grundbucheintragung bedürfe.
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Ähnlich verhält es sich mit der Berücksichtigung der Bauhandwerkerpfandrechte der Kläger Nr. 7 und 8. Deren Zulassung im Lastenverzeichnis beruht nicht auf selbständiger Kollokationsverfügung, sondern auf dem Ausgang der von ihnen gegen den Grundeigentümer angehobenen Prozesse. Wären diese durch ein für die Kläger obsiegliches Urteil (gegen die Masse selbst oder gegen einzelne Konkursgläubiger, die an deren Stelle auf Grund einer Abtretung nach Art. 260 SchKG eingetreten wären) beendigt worden, so hätten die pro memoria vorgemerkten grundpfandgesicherten Forderungen gemäss dem Urteil definitiv zugelassen werden müssen. Gleich verhielt es sich beim Verzicht der Masse (und der einzelnen Konkursgläubiger), der zur Abschreibung der beiden Prozesse führte. Das Konkursamt hat denn auch dieses Urteilssurrogat im Lastenverzeichnis zutreffend durch den Vermerk berücksichtigt, die betreffenden Forderungen und Pfandrechte seien nun definitiv geworden. Hiebei wurde ebenfalls mit Recht keine definitive Eintragung im Grundbuch veranlasst. In grundbuchlicher Hinsicht genügte eben zur gerichtlichen Zusprechung des Pfandrechtes oder zur entsprechenden Anerkennung der Klage durch die Masse die vor der Konkurseröffnung vorgemerkte vorläufige Eintragung, die durch rechtzeitige Klageanhebung prosequiert worden war. Dem Obergericht kann darin nicht beigestimmt werden, die Kläger Nr. 7 und 8 hätten binnen Monatsfrist seit der Abschreibung der Prozesse, also bis zum 15. November 1954 (einen Tag vor der Steigerung), die definitive Grundbucheintragung verlangen sollen, da der Richter die vorläufige Eintragung mit Wirkung bis einen Monat nach Prozessbeendigung bewilligt hatte. Diese Befristung war zweifellos nicht für den Fall eines Konkurses gemeint; jedenfalls vermochte sie die vollgültige Validierung der vorläufigen Eintragung durch den der Konkursmasse gegenüber wie ein Urteil wirksamen Prozessausgang und durch die ihr entsprechende definitive Zulassung im Lastenverzeichnis nicht zu hindern.
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Eine definitive Eintragung im Grundbuch müsste vollends als sinnlose Förmlichkeit erscheinen, da die Forderungen der Kläger nach dem Lastenverzeichnis in ihrem ganzen Betrage fällig, also keinesfalls einem Erwerber des Pfandgrundstückes zu überbinden waren. Lägen aber Garantierückhalte vor, so hätte mit einer Anmeldung der betreffenden erst später fällig werdenden Forderungen, soweit sie durch den Zuschlagspreis gedeckt worden wären, füglich bis nach der Versteigerung zugewartet werden können. Das Konkursamt (die Konkursverwaltung) hätte alsdann diese Überbünde gleichzeitig mit dem Eigentumsübergang auf den Ersteigerer anmelden können, analog Art. 68 Abs. 2 VZG (vgl. im übrigen Art. 128 Abs. 2 VZG, wonach bei einer Verwertung während hängigen Streites über eine dingliche Last ein Hinweis auf den Prozess in den Steigerungsbedingungen nebst einer vorläufigen Eintragung im Grundbuch genügt, um das streitige Recht dem Ersteigerer wie auch spätern Erwerbern des Grundstücks gegenüber zu wahren).
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4. Die zur Validierung im Konkurs hinreichende vor dessen Eröffnung vorgemerkte vorläufige Eintragung ist nun ohne weiteres auch als genügende grundbuchliche Massnahme anzuerkennen, um den Bauhandwerker bei einem Pfandausfall als Pfandberechtigten zur Klage nach Art. 841 ZGB zu legitimieren. Dieser Prozess spielt sich zwar nicht notwendig im Rahmen des Konkurses ab. Die Klage kann innert der ordentlichen Verjährungsfrist angehoben werden, auch wenn die Bauhandwerker von der ihnen durch Art. 117 VZG gebotenen Vergünstigung keinen Gebrauch gemacht haben (BGE 53 II 471). Allein die Grundlage der Klage bildet eben der im Konkurs erlittene Pfandausfall, der ihnen unter den nähern Voraussetzungen des Art. 841 ZGB von vorgehenden Pfandgläubigern zu ersetzen ist. Dieses auf dem Ergebnis der Zwangsvollstreckung beruhende Anfechtungsrecht hat in grundbuchrechtlicher Beziehung nur zur Voraussetzung, dass eine Grundbucheinschreibung vorhanden war, die es ermöglichte, die Forderung des Bauhandwerkers samt dem dafür beanspruchten Pfandrechte im Konkurse zur Vollstreckung zuzulassen. Diese Eigenschaft kommt aber, wie dargetan, der vor dem Konkurse vorgemerkten vorläufigen Eintragung zu, ohne dass es einer nachfolgenden definitiven Eintragung bedürfte, die mangels eines Rechtstitels vor der rechtskräftigen Kollokation oder Prozessbeendigung gar nicht möglich und nachher gänzlich überflüssig, wenn nicht gar während des Konkurses und bis zur Verwertung des Grundstückes überhaupt unzulässig ist (vgl. HOMBERGER, N. 37 zu Art. 960 ZGB).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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