18. Entscheid vom 4. September 1958 i.S. D.
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Regeste
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Betreibungsart.
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Sachverhalt
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A.- Am 15. November 1956 trat Frau D. ihren durch Erbgang erworbenen Anteil an einer Liegenschaft in Zürich 1 an ihre Miterben ab. Diese verpflichteten sich ihr gegenüber solidarisch zur Zahlung der Grundstückgewinnsteuer, für die nach § 162 des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 (StG) der Veräusserer steuerpflichtig ist. In der Folge verkauften sie die erwähnte Liegenschaft an S. und H., die sie an Z. weiterveräusserten. Am 12. September 1957 setzte die Steuerbehörde die aus diesen drei Handänderungen sich ergebenden Grundstückgewinnsteuern fest. Frau D. hatte darnach Fr. 7087.50 zu zahlen. Am 25. September 1957 brachte das Steueramt der Stadt Zürich das Ergebnis der Steuerveranlagung dem Z. zur Kenntnis, der schon durch den Notar und ein Schreiben des Steueramts vom 12. März 1957 darauf aufmerksam gemacht worden war, dass die von ihm erworbene Liegenschaft gemäss Gesetz (§ 157 StG und § 1941it. e des zürcherischen EG zum ZGB) für die fraglichen Steuern hafte. Z. antwortete am 30. Oktober 1957, die Mitteilung über die Steuer von Fr. 7087.-- berühre ihn nicht; diese könne nur die Erben D. betreffen. Hierauf erklärte ihm das Steueramt am 2. November 1957 erneut, dass die Liegenschaft auch für die Steuer der Frau D. hafte, fügte jedoch bei: "Selbstverständlich werden wir uns in erster Linie an die eigentliche Steuerschuldnerin halten."
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B.- Im März 1958 leitete das Steueramt gegen Frau D. für den Steuerbetrag von Fr. 7087.50 die ordentliche Betreibung auf Pfändung oder Konkurs ein. Zugleich liess es das gesetzliche Grundpfandrecht für diesen Betrag gemäss § 195 EG ins Grundbuch eintragen.
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Die Beschwerde, mit der Frau D. unter Berufung auf Art. 41 Abs. 1 SchKG die Aufhebung der gegen sie angehobenen Betreibung verlangte, ist von der untern Aufsichtsbehörde gutgeheissen, von der kantonalen Aufsichtsbehörde dagegen mit Entscheid vom 12. Juli 1958 abgewiesen worden.
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C - Mit dem vorliegenden Rekurs an das Bundesgericht erneuert Frau D. ihr Beschwerdebegehren. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.
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Erwägungen:
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Art. 41 Abs. 1 SchKG bestimmt, für pfandgesicherte Forderungen werde die Betreibung auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner durch Verwertung des Pfandes fortgesetzt. Dies bedeutet, dass der Schuldner einer pfandgesicherten Forderung (von den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen der Art. 177 und 41 Abs. 2 SchKG abgesehen) grundsätzlich berechtigt ist, den Gläubiger zunächst auf das Pfand zu verweisen und sich einer ordentlichen Betreibung, mit welcher dieser sogleich die Haftung seines gesamten Vermögens geltend machen will, zu widersetzen. Das beneficium excussionis realis, das dem Schuldner einer pfandgesicherten Forderung damit gewährt wird, ist jedoch nicht etwa im öffentlichen Interesse oder zur Wahrung der Interessen von am Schuld- und Pfandverhältnis nicht beteiligten Dritten geschaffen worden. Ob der Gläubiger sich in erster Linie an das Pfand halten müsse oder das Recht oder gar die Pflicht habe, vor der Pfandsicherheit die allgemeine Haftung des Schuldnervermögens in Anspruch zu nehmen, ist vielmehr eine Frage, die nur den Gläubiger, den Schuldner und einen allfälligen Dritteigentümer des Pfandes angeht. Wie die Pfandbestellung im Belieben der Beteiligten steht, können diese auch frei vereinbaren, in welchem Verhältnis die Pfandhaftung zur Haftung des Gesamtvermögens des Schuldners stehen soll. Das in Art. 41 Abs. 1 SchKG vorgesehene beneficium excussionis realis ist also nicht unabdingbar, sondern der Schuldner kann zum voraus darauf verzichten, und wenn das Pfand einem Dritten gehört, kann der Gläubiger mit diesem bei der Pfandbestellung oder auch später mit oder ohne Zustimmung des Schuldners vereinbaren, dass das Pfand bloss subsidiär (nach dem Vermögen des Schuldners) haften soll (vgl. zu alledem namentlich BGE 58 III 59, BGE 68 III 133, BGE 73 III 15/16). Die von der Vorinstanz sehr einlässlich erörterte Entstehungsgeschichte von Art. 41 SchKG vermag, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, diese von der Rechtsprechung aus den Grundprinzipien und dem Zweck der gesetzlichen Ordnung gezogenen Schlüsse nicht zu entkräften.
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Handelt es sich wie hier um ein gesetzliches Pfandrecht, das auf kantonalem Recht beruht, so wird dieses durch das Bundesrecht nicht gehindert zu bestimmen, dass der Gläubiger vor der Pfandhaftung die allgemeine Haftung des Vermögens des Schuldners geltend machen könne oder allenfalls sogar müsse, so wenig wie das Bundesrecht im Falle des vertraglichen Pfandrechts in diesem Sinne lautende Vereinbarungen verbietet. Insbesondere kann das kantonale Recht solche Bestimmungen für den Fall aufstellen, dass das Pfand im Eigentum eines Dritten steht. Sieht es für derartige Verhältnisse nicht allgemein die bloss subsidiäre Haftung des Pfandes vor, so kann es doch zulassen, dass der Gläubiger dem Dritteigentümer des Pfandes im einzelnen Fall verspricht, er werde dieses erst nach dem eigenen Vermögen des Schuldners in Anspruch nehmen.
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Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Vorinstanz aus Sinn und Zweck der zürcherischen Vorschriften über die Grundstückgewinnsteuer und das gesetzliche Pfandrecht hiefür abgeleitet, der Steuerschuldner könne nicht verlangen, dass der Steuergläubiger sich zuerst an das (der Natur der Sache nach nie dem steuerpflichtigen Veräusserer, sondern immer einem Dritten gehörende) Pfand halte; vielmehr habe das Gemeinwesen die Wahl zwischen der Grundpfandbetreibung und der ordentlichen Betreibung. Diese Auslegung des kantonalen Rechts ist für das Bundesgericht massgebend. Vom Gesichtspunkt des Bundesrechts aus, dessen Anwendung das Bundesgericht nach Art. 81 und 43 OG allein überprüfen kann, ist eine solche Regelung wie gesagt zulässig. Schon deswegen kann der Rekurs, mit dem die Rekurrentin die Aufhebung der gegen sie eingeleiteten ordentlichen Betreibung verlangt, nicht geschützt werden.
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Dazu kommt aber noch, dass das Steueramt dem Dritteigentümer des Grundpfandes mit Schreiben vom 2. November 1957 zugesichert hat, es werde sich in erster Linie an die "eigentliche Steuerschuldnerin", d.h. an die Rekurrentin halten. In dieser vom Steueramt schon in der Vernehmlassung an die untere Aufsichtsbehörde und im Rekurs an die Vorinstanz erwähnten, von der Vorinstanz indessen übergangenen Zusicherung liegt die unzweideutige Erklärung, dass das Steueramt sich mit der subsidiären Haftung des Grundpfandes begnüge. Dass der Pfandeigentümer mit dieser - ihm entgegenkommenden - Erklärung einverstanden war, versteht sich von selber. Dafür, dass das kantonale Recht dem Steuergläubiger die Abgabe solcher Zusicherungen verbiete, bestehen keine Anhaltspunkte. Indem das Steueramt dem Dritteigentümer am 21. Februar 1958 - mit einem Formular - u.a. mitteilte, es werde Betreibung auf Grundpfandbetreibung einleiten, wenn die Schuldnerin bis zum 8. März 1958 nicht zahle, konnte es das dem Dritteigentümer am 2. November 1957 abgegebene Versprechen nicht rückgängig machen. Im Hinblick auf diese rechtsgeschäftliche Zusicherung wäre also der Rekurs nach der Praxis zu Art. 41 SchKG (insbesondere nach dem von der Vorinstanz nicht erwähnten Entscheide BGE 68 III 133) selbst dann abzuweisen, wenn dem in diesem Punkte massgebenden kantonalen Recht nicht zu entnehmen wäre, dass der Schuldner der Grundstückgewinnsteuer sich in keinem Falle auf das beneficium excussionis realis berufen kann. Ausserdem hat die in Frage stehende Zusicherung zur Folge, dass es dem Steueramt entgegen der Auffassung der Vorinstanz im vorliegenden Falle nicht mehr freisteht, anstelle der angehobenen ordentlichen Betreibung jetzt schon eine Grundpfandbetreibung einzuleiten, sondern dass der Dritteigentümer des Pfandes sich diesem Vorgehen mit Erfolg widersetzen könnte.
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Die Abmachung zwischen der Rekurrentin und ihren unmittelbaren Rechtsnachfolgern, dass diese die nach Gesetz sie (die Rekurrentin) treffende Grundstückgewinnsteuer zu bezahlen haben, kann auf die Rechtsstellung des Steuergläubigers keinen Einfluss haben.
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