5. Entscheid vom 13. Januar 1959 i.S. Köhli und Jeger.
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Regeste
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Unpfändbare Berufswerkzeuge gemäss Art. 92 Ziff. 3 SchKG.
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Diese fallen bei blosser Nebene erbstätigkeit stärker ins Gewicht.
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Gelegentliche Fuhrungen für Dritte durch einen Landwirt mittels eines Lastwagens von beträchtlichem Wert ist Unternehmung.
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Möglichkeit andern Nebenverdienstes.
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Sachverhalt
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A.- Im Konkurs über Hans Köhli in Grenchen, der als Pächter ein kleines Landgut von etwa 4 1/2 Jucharten bewirtschaftet, beliess das Konkursamt dem Gemeinschuldner zwei Kühe, ein Rind und Schweine sowie landwirtschaftliche Geräte als Kompetenzstücke. Da der Schuldner für den Unterhalt seiner betagten Eltern aufkommt und monatlich Fr. 340.-- an seine getrennt von ihm lebende Familie, Ehefrau und vier minderjährige Kinder, zu leisten hat, ist er auf einen Nebenverdienst angewiesen. Er verschaffte sich diesen bisher durch Ausführung von Transporten mit dem vor einigen Jahren angeschafften Mehrzweckfahrzeug "Unimoc". Es handelt sich namentlich um Brennholztransporte für die Bürgergemeinde Grenchen und um Schneeräumungsarbeiten für die Bauverwaltung der Stadt Grenchen. Mit Rücksicht hierauf beliess ihm das Konkursamt den "Unimoc", den es auf Fr. 4000.-- schätzte, ebenfalls als Kompetenzstück.
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B.- An der ersten Gläubigerversammlung vom 4. November 1958 erhielten die Gläubiger Kenntnis von dieser Verfügung. Zwei Gläubiger, die heutigen Rekurrenten, führten am 13. gleichen Monats Beschwerde mit dem Begehren, das Mehrzweckfahrzeug "Unimoc" sei zu admassieren und nicht als Kompetenzstück zu bezeichnen. Sie machten geltend, den kleinen Landwirtschaftsbetrieb könne der Schuldner auch ohne ein solches Fahrzeug führen; für ein blosses Nebengewerbe könne er aber keine Kompetenzstücke beanspruchen. Übrigens wäre die Ausführung solcher Transporte nicht als Beruf, sondern als Unternehmung zu betrachten und der Kompetenzanspruch auch aus diesem Grunde zu verneinen. Der "Unimoc" sei vor wenigen Jahren für Fr. 16'000.-- angekauft worden, und die konkursamtliche Schätzung des Wertes auf Fr. 4000.-- sei als sehr vorsichtig zu bezeichnen. Man habe es also mit einem beträchtlichen Kapitalwert zu tun, so dass der gewerbliche Gebrauch dieses Fahrzeuges den Rahmen einer beruflichen Betätigung überschreite.
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Der Vernehmlassung des Konkursamtes ist zu entnehmen, bei der Schätzung des Fahrzeuges sei vom Anschaffungswert ausgegangen worden; man habe diesen Wert, wie es im Handel mit Motorfahrzeugen üblich sei, um die Abschreibungsziffern nach den Gebrauchsjahren herabgesetzt. Das Fahrzeug sei bereits fünf Jahre alt und stark strapaziert worden. Der angenommene Liquidationswert von Fr. 4000.-- liege an der obern Grenze des vermutlich bei einer Verwertung zu erzielenden Preises.
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C.- Mit Entscheid vom 13. Dezember 1958 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde abgewiesen.
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D.- Die beschwerdeführenden Gläubiger haben diesen Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen. Sie halten am Begehren der Beschwerde fest.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Die Vorinstanz verneint die Kompetenzqualität des zur Gattung der Lastwagen zu zählenden "Mehrzweckfahrzeugs" für den vom Gemeinschuldner hauptsächlich ausgeübten Beruf eines Landwirtes, weil er ein derartiges Fahrzeug für seinen Betrieb nicht nötig habe. Dagegen lässt der angefochtene Entscheid dieses Fahrzeug als Kompetenzstück gelten für die vom Gemeinschuldner damit nebenbei, zur Erzielung eines zusätzlichen Verdienstes, für Dritte ausgeführten Transporte. Im ersten Punkte muss es beim angefochtenen Entscheid bleiben, da die Entbehrlichkeit des "Unimoc" für den Kleinbetrieb des Schuldners im wesentlichen auf der Feststellung tatsächlicher Verhältnisse beruht und im übrigen ein solches Hilfsmittel erfahrungsgemäss nicht zur üblichen Ausrüstung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe gehört. Was aber die Bedeutung des "Unimoc" für die Nebenerwerbstätigkeit des Schuldners betrifft, kann der rechtlichen Betrachtungsweise der Vorinstanz nicht beigetreten werden. Allerdings hat nicht bloss die hauptsächliche Erwerbstätigkeit als "eigentlicher Beruf" im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG zu gelten (wovon noch BGE 24 I 728 ausging). Vielmehr kommt der Schutz dieser Vorschrift auch einem Nebenberuf zu, sofern der Schuldner auf den damit erzielbaren Verdienst angewiesen ist und die allgemeinen Voraussetzungen des Kompetenzanspruchs für die in Frage stehende Sache zutreffen (vgl. BGE 73 III 60/61, BGE 75 III 95, BGE 78 III 159, BGE 81 III 139, BGE 84 III 97). Sodann ist in neuerer Zeit entschieden worden, dass das mit einem Lastwagen ausgeübte Transportgewerbe nicht, wie früher angenommen, wegen des im Lastwagen steckenden kapitalistischen Erwerbsfaktors stets als Unternehmung zu betrachten ist, sondern je nach den konkreten Verhältnissen Unternehmung oder dem Art. 92 Ziff. 3 SchKG unterstehender Beruf sein kann (BGE 82 III 108). Im Unterschied zum Fall des soeben erwähnten Entscheides, wo es sich um die einzige Erwerbstätigkeit des Schuldners mit einem auf Fr. 1000.-- geschätzten Wagen handelte, hat man es jedoch hier mit einem auf den Gantwert von Fr. 4000.-- geschätzten Wagen zu tun, der dem Schuldner bloss zur Ausübung eines offenbar wenig einträglichen Nebengewerbes dient. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Schuldner einen Beruf ausübe oder eine Unternehmung betreibe, kann von Bedeutung sein, ob er hauptsächlich oder nur nebenbei auf solche Art tätig ist. Je nachdem ist das Wertverhältnis zwischen der persönlichen Betätigung und der Nutzung eines Kapitals verschieden. Es ist daher nicht nur auf die Art, sondern auch auf die Menge der geleisteten Arbeit Bedacht zu nehmen. Die Verwendung eines so erheblichen mechanischen Hilfsmittels, wie es der "Unimoc" im vorliegenden Falle darstellt, für bloss nebenbei ausgeführte Transporte kann nicht mehr als Beruf gelten, bei dessen Ausübung die persönliche Arbeit des Schuldners vorherrschend sein muss (BGE 63 III 82, BGE 77 III 73/74, BGE 81 III 139). Der Unternehmungscharakter des vom Gemeinschuldner betriebenen Nebengewerbes tritt um so deutlicher in Erscheinung, wenn man bedenkt, dass für Art und Erfolg eines Betriebes nicht der Gantwert, sondern der Gebrauchswert der dabei verwendeten Hilfsmittel entscheidend ist. Um ihn zu bestimmen, ist auf den vom Schuldner ausgelegten Anschaffungspreis zurückzugehen, der hier nach der vom Konkursamt nicht bestrittenen Angabe der Beschwerdeschrift Fr. 16'000.-- betrug. Die im Lauf der Jahre eingetretene Wertverminderung infolge "starker Strapazierung" des Fahrzeuges hat den Charakter des Betriebes nicht verändert - sonst müssten kleine Unternehmungen, wenn sie ihre Einrichtungen, solange es einigermassen geht, im alten Bestande belassen, lediglich wegen Entwertung derselben zu Berufen werden. Übrigens ist auch der vom Konkursamt auf Fr. 4000.-- geschätzte Gantwert noch so beträchtlich, dass das Fahrzeug bei der Verwendung für einen Nebenerwerb keineswegs als blosses Berufsgerät bezeichnet zu werden verdient.
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Im übrigen wäre dem Schuldner, selbst wenn man seine Nebenbetätigung mit dem "Unimoc" nicht als Unternehmung betrachten müsste, nicht zu gestatten, dieses beträchtliche Vermögensstück (nach den Beschwerdevorbringen "das wichtigste Aktivum des Konkursiten") den Gläubigern vorzuenthalten. Gewiss ist er nach vorinstanzlicher Feststellung im Hinblick auf seine Unterhaltspflichten auf Nebenverdienst angewiesen. Allein es ist nicht einzusehen, wieso er, um zu solchem Verdienste zu kommen, sich gerade mit Fuhrungen, zudem mit einem eigenen teuren Fahrzeug, sollte betätigen müssen. Es dürfte nicht schwer sein, in Grenchen einen andern Nebenerwerb zu finden.
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Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
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Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und festgestellt, dass das Mehrzweckfahrzeug "Unimoc" nicht Kompetenzstück ist, sondern zum Konkursvermögen gehört.
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