17. Entscheid vom 4. September 1959 i.S. Gebert & Co.
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Regeste
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Pfändungs- und Verwertungsbegehren können nicht unter einer Bedingung gestellt oder zurückgezogen werden.
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Sachverhalt
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In der Betreibung Nr. 33155 der Firma Gebert & Co. gegen Fritz Müller stellte die Gläubigerin am 14. Mai 1959 das Fortsetzungsbegehren. Nachdem das Betreibungsamt Luzern dem Schuldner die Pfändung angekündigt und einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, diese zu vollziehen, schrieb ihm die Gläubigerin am 1. Juni 1959:
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"Das Fortsetzungsbegehren ... wird hiermit einstweilen zurückgezogen, sofern sich der Schuldner über eine Teilzahlung von Fr. 50. - ausweist. Ihre Kosten zu Lasten des Schuldners."
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Am folgenden Tage sandte das Betreibungsamt der Gläubigerin eine "Rückzugs-Bestätigung", die besagte, das Fortsetzungsbegehren werde als zurückgezogen vorgemerkt. Gleichzeitig bezog es von der Gläubigerin durch Nachnahme die Kosten der Pfändungsankündigung und des versuchten Pfändungsvollzugs im Betrage von Fr. 9.-. Es betrachtete die in der Rückzugserklärung enthaltene Bedingung als unbeachtlich.
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Hierauf führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Antrag, "das Betreibungsamt habe einen an folgende Bedingungen geknüpften Rückzug des Pfändungsbegehrens anzunehmen und ordnungsgemäss zu behandeln: a) Leistung einer Teilzahlung, b) Übernahme der aufgelaufenen Pfändungskosten durch den Betriebenen." Sie machte geltend, die Auffassung des Betreibungsamtes, dass ein solcher Rückzug unzulässig sei, verstosse gegen die "elementarsten Gläubigerrechte" und widerspreche der Praxis "führender Betreibungsämter"; die im ganzen Kanton Zürich befolgte Anweisung des zürcherischen Obergerichtes zum SchKG vom 11. Februar 1952 bestimme in Ziff. 104 Abs. 3, einstweilige Rückzüge von Fortsetzungs- und Verwertungsbegehren, "die an die Bedingung einer vom Gläubiger bestimmten Zahlung an das Betreibungsamt geknüpft sind", seien zulässig.
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Die untere und die kantonale Aufsichtsbehörde haben die Beschwerde abgewiesen.
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Mit dem vorliegenden Rekurs gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 15. Juli 1959 erneuert die Gläubigerin ihren Beschwerdeantrag.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Das Betreibungsamt hat zwar jederzeit Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen (Art. 12 SchKG), ist aber keineswegs verpflichtet, zur Einbringung der in Betreibung gesetzten Forderung alle Vorkehren zu treffen, die der Gläubiger für dazu geeignet hält, sondern hat zu diesem Zwecke nur die im Gesetz vorgesehenen Massnahmen durchzuführen, die der Gläubiger in gehöriger Form beantragt. Der Inhalt der Begehren, mit denen der Gläubiger die Einleitung und die Weiterführung der Betreibung erwirken kann, ist im wesentlichen durch das Gesetz festgelegt. Der Gläubiger hat diese Begehren in bestimmter, unbedingter Form zu stellen. Vom Eintritt oder Nichteintritt eines künftigen Ereignisses darf die Durchführung der verlangten Massnahmen schon deshalb nicht abhängig gemacht werden, weil die in Frage stehenden Begehren nach Gesetz innert bestimmter, von ihrem Eingang an laufender Frist zu vollziehen sind (Art. 71 Abs. 1, Art. 89, 122 und 133 SchKG). Dazu kommt, dass es nicht zu den gesetzlichen Obliegenheiten des Betreibungsamtes gehört, den Eintritt oder Ausfall einer vom Gläubiger gesetzten Bedingung festzustellen. Vollends ist dem Betreibungsamt nicht zuzumuten, Massnahmen zu ergreifen, um die Entscheidung einer solchen Bedingung herbeizuführen.
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Aus diesen Gründen ist ein Pfändungs- oder Verwertungsbegehren, das an die Bedingung geknüpft ist, dass der Schuldner eine vom Gläubiger verlangte Teilzahlung nicht leiste, als unzulässig zurückzuweisen, und zwar gilt dies sowohl dann, wenn der Gläubiger für diese Zahlung eine Frist festgesetzt hat, als auch dann, wenn er dies nicht getan hat. Es geht schon wegen der nach Gesetz für die Vollziehung geltenden Fristen nicht an, ein Pfändungs- oder Verwertungsbegehren zwar als gestellt zu betrachten, aber einstweilen doch nicht als solches zu behandeln. Die Zulassung von Begehren, mit denen die Pfändung oder Verwertung nur unter der Bedingung der Nichtleistung einer bestimmten Teilzahlung verlangt wird, hätte im Falle der Befristung dieser Zahlung durch den Gläubiger ausserdem zur Folge, dass das Betreibungsamt eine zusätzliche Fristenkontrolle führen müsste, wodurch seine ohnehin nicht leichte Aufgabe in ungehöriger Weise erschwert würde. Anderseits wäre bei fehlender Befristung völlig ungewiss, wie lange mit dem Vollzug der Pfändung oder Verwertung zuzuwarten sei. Ein solcher Schwebezustand ist mit einem geordneten Betreibungsverfahren nicht vereinbar. Beim Schuldner einen Inkassoversuch zu machen, um diesen Zustand zu beenden, ist dem Betreibungsamt um so weniger zuzumuten, als dem Gesetz nicht entnommen werden kann, was zu einem solchen Versuch gehören würde und unter welchen Voraussetzungen er als endgültig gescheitert zu betrachten wäre. Pfändungs- und Verwertungsbegehren, die nur für den Fall der Nichtleistung einer Teilzahlung gestellt werden, sind daher vom Betreibungsamt in keinem Falle entgegenzunehmen. An der Zulassung solcher Begehren besteht im übrigen auf Seiten des Gläubigers auch gar kein schutzwürdiges Interesse. Ein Gläubiger, der den Schuldner durch die Androhung der Pfändung oder Verwertung zu einer von ihm festgesetzten Teilzahlung bestimmen will, kann sein Ziel ohne Mitwirkung des Betreibungsamtes erreichen, indem er den Schuldner zur Leistung der von ihm gewünschten Zahlung auffordert und ihm mitteilt, dass er im Falle des Ausbleibens dieser Zahlung die Pfändung oder Verwertung verlangen werde.
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Ist aus diesen Gründen ein bedingtes Pfändungs- oder Verwertungsbegehren unzulässig, so kann aber auch ein bedingter Rückzug eines solchen Begehrens nicht statthaft sein (vgl. BGE 41 III 429ff., wo erklärt wurde, dass ein Verwertungsbegehren nicht bedingt zurückgezogen werden könne, und Ziff. 4 der Erläuterungen auf den obligatorischen Formularen Nr. 4 und 27 für das Pfändungs- bezw.
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Verwertungsbegehren). Indem der Gläubiger sein Begehren unter einer Bedingung zurückzieht, verwandelt er nachträglich das betreffende Begehren selber in ein bedingtes. Zieht er das Pfändungs- oder Verwertungsbegehren unter der Bedingung zurück, dass der Schuldner eine bestimmte Teilzahlung leistet, so heisst dies nichts anderes, als dass er das Pfändungs- oder Verwertungsbegehren nur für den Fall aufrecht erhält, dass diese Zahlung ausbleibt. Ein solches Begehren ist aber nach dem Gesagten unwirksam. Der bedingte Rückzug des Pfändungs- oder Verwertungsbegehrens hat daher die gleichen Folgen wie ein unbedingter Rückzug. Ob der Rückzug bedingt oder unbedingt erklärt worden sei, bedarf es für die Weiterführung der Betreibung eines neuen Begehrens. Nachdem die Rekurrentin das Pfändungsbegehren gestellt hatte, hätte sie ihr Ziel, statt der sofortigen Pfändung womöglich eine Teilzahlung zu erwirken, der Betreibung aber beim Ausbleiben dieser Zahlung den Lauf zu lassen, nur in der Weise erreichen können, dass sie dem Schuldner für den Fall der Leistung dieser Zahlung den Rückzug des Pfändungsbegehrens in Aussicht gestellt, diesen aber erst nach Eingang der Zahlung erklärt hätte. Es ist allerdings möglich, dass ihr zu einem solchen Vorgehen angesichts der unmittelbar bevorstehenden Pfändung die Zeit nicht mehr gereicht hätte. Dies könnte aber eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass die beim Betreibungsamt zu stellenden Begehren und deren Rückzug bedingungsfeindlich sind, nicht rechtfertigen. Wer vom Schuldner durch Androhung der Pfändung oder Verwertung eine Teilzahlung erwirken will, soll an den Schuldner herantreten, bevor er das Pfändungs- oder Verwertungsbegehren stellt.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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Der Rekurs wird abgewiesen.
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