12. Entscheid vom 22. März 1960 i.S. St. Gallische Kantonalbank.
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Regeste
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Konkurs; Beschwerde gegen die Verteilungsliste (Art. 263 SchKG).
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Sachverhalt
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A.- Im Konkurs über die Firma Albert Köberle Maschinen AG stellte das Konkursamt Oberrheintal den Gläubigern am 6. November 1959 den Verteilungsplan zu mit dem Bemerken:
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"Sofern ein Gläubiger damit (d.h. mit dem Verteilungsplan) nicht einverstanden ist, steht ihm das Recht der Prozessführung innert Frist von 30 Tagen zu (betr. materiellen Rechtsanspruches)."
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Hierauf stellte die St. Gallische Kantonalbank vorsorglich ein Vermittlungsbegehren und führte am 14. November 1959 unter Berufung auf BGE 85 III 93 Beschwerde mit dem Begehren, der Kollokationsplan sei zu ergänzen und neu aufzulegen, weil er in einem Punkte (hinsichtlich eines von ihr beanspruchten Grundpfandrechts) keine klare Verfügung enthalte. Die kantonale Aufsichtsbehörde trat auf diese Beschwerde nicht ein, weil der Kollokationsplan klar sei und daher nicht nachträglich durch Beschwerde angefochten werden könne. Am 1. Februar 1960 hat das Bundesgericht diesen Entscheid bestätigt.
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B.- Im Anschluss hieran reichte die St. Gallische Kantonalbank am 6. Februar 1960 eine neue Beschwerde ein, mit der sie beantragte, das Konkursamt sei anzuweisen, den Verteilungsplan nochmals aufzulegen und den Gläubigern eine Beschwerdefrist von zehn Tagen anzusetzen. Sie machte geltend, der den Gläubigern am 6. November 1959 zugestellte Verteilungsplan enthalte eine falsche Rechtsmittelbelehrung, weil die Verteilungsliste nur durch Beschwerde, nicht durch gerichtliche Klage angefochten werden könne.
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Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 27. Februar 1960 auch diese zweite Beschwerde durch Nichteintreten erledigt mit der Begründung, es sei zwar richtig, dass die Verteilungsliste nicht durch gerichtliche Klage, sondern durch Beschwerde anzufechten sei; dies sei jedoch der Beschwerdeführerin längst bekannt gewesen, da sie am 14. November 1959, also innert der gesetzlichen Frist, Beschwerde geführt habe. Sie habe es aber damals unterlassen, eine Abänderung der Verteilungsliste zu verlangen. Heute, nach Ablauf von mehr als drei Monaten, könne diese Liste nicht mehr angefochten werden. Die Beschwerdeführerin verlange im übrigen auch heute keine Abänderung der Verteilungsliste, sondern beschränke sich darauf, deren Neuauflegung unter Ansetzung einer Beschwerdefrist zu verlangen. Wer jedoch wisse, dass eine Rechtsmittelbelehrung falsch sei, und das richtige Rechtsmittel kenne, von dem dürfe verlangt werden, dass er dieses ergreife und damit sogleich die von ihm erstrebte Abänderung der angefochtenen Verfügung verlange. Durch den beanstandeten Vermerk am Ende der Verteilungsliste sei die Beschwerdeführerin keineswegs in einen Irrtum versetzt worden. Es sei ihr "sowohl im Zeitpunkt der ersten Beschwerde vom 14. November 1959 wie aber namentlich im Zeitpunkt der neuen, am 6. Februar 1960 angehobenen Beschwerde" bekannt gewesen, dass die Verteilungsliste nicht durch Klage, sondern durch Beschwerde, und zwar innert zehn Tagen, angefochten werden müsse, ansonst sie in Rechtskraft erwachse. Dass der Beschwerdeführerin anstelle des Formulars Nr. 10 die vollständige Verteilungsliste zugestellt worden sei, habe ihr keinen Nachteil verursacht.
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C.- Diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, das Konkursamt sei anzuweisen, die Verteilungsliste nochmals aufzulegen und den Gläubigern eine Beschwerdefrist von zehn Tagen anzusetzen; eventuell sei die Verteilungsliste in dem Sinne abzuändern, dass den fünf Ortsgemeinden von Oberriet vom Gesamterlös nicht Fr. 30'000.-- sondern nur Fr. 13'000.-- zuzuteilen seien.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Die Verteilungsliste ist, wie die Vorinstanz und die Rekurrentin zutreffend angenommen haben, nicht durch gerichtliche Klage, sondern durch Beschwerde anzufechten. Diese ist binnen zehn Tagen von der Zustellung der in Art. 263 Abs. 2 SchKG vorgesehenen Anzeige an einzureichen (Art. 17 Abs. 2 SchKG und Formular Nr. 10). Wird den Gläubigern statt einer solchen Anzeige eine vollständige Abschrift der Verteilungsliste zugestellt, was an sich nicht zu beanstanden ist, so läuft die Beschwerdefrist von deren Zustellung an. Da das Konkursamt Oberrheintal die Abschriften der Verteilungsliste am 6. November 1959 an die Gläubiger verschickte, ist diese Frist im vorliegenden Falle längst abgelaufen.
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Die Mitteilung, welche das Konkursamt am 6. November 1959 an die Gläubiger richtete, war freilich insofern mangelhaft, als darin in Abweichung vom Formular Nr. 10 nicht auf das Beschwerderecht und die für die Beschwerde geltende Frist hingewiesen, sondern fälschlicherweise angegeben wurde, ein Gläubiger, der mit der Verteilungsliste nicht einverstanden sei, sei berechtigt, binnen dreissig Tagen bezüglich des materiellen Rechtanspruchs einen Prozess einzuleiten. Deswegen kann jedoch nicht angenommen werden, die zehntägige Frist zur Anfechtung der Verteilungsliste durch Beschwerde sei überhaupt noch nicht in Gang gekommen und müsse den Gläubigern erst noch angesetzt werden. Diese Frist begann vielmehr mit der Zustellung der Verteilungsliste ungeachtet der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung von Gesetzes wegen zu laufen.
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Wenn das Formular Nr. 10 auf die Beschwerdefrist hinweist, so beruht dies nicht auf einer zwingenden Gesetzesvorschrift, sondern nur auf Erwägungen der Zweckmässigkeit; Art. 263 Abs. 2 SchKG sieht einen solchen Hinweis nicht vor. Stellt das Konkursamt den Gläubigern anstelle des Formulars Nr. 10 eine vollständige Abschrift des Verteilungsplanes zu und erteilt es ihnen dabei eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung, so ist dieser Mangel folglich nicht geeignet, die Zustellung als schlechthin unwirksam erscheinen zu lassen. Vielmehr kann dieser Mangel nur bewirken, dass Gläubiger, die sich nach den gegebenen Umständen auf jene Belehrung verlassen durften und auch tatsächlich verlassen haben, auf Grund von Art. 35 OG, der nach BGE 81 III 81 auch für die Beschwerdefrist des Art. 17 Abs. 2 SchKG gilt, die Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung dieser Frist verlangen können. Zu diesem Zwecke müssen sie nach Art. 35 OG binnen zehn Tagen von der Entdeckung ihres Irrtums an unter Angabe des Grundes der Versäumung das Wiederherstellungsgesuch stellen und die versäumte Rechtshandlung (d.h. die Einreichung der Beschwerde gegen den Verteilungsplan) nachholen (vgl. BGE 85 II 147 /48). Dies ist das einzige Mittel, um den Folgen der auf eine falsche Rechtsmittelbelehrung zurückzuführenden Versäumung der Beschwerdefrist zu entgehen.
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Die Rekurrentin kann demnach nicht verlangen, dass die Verteilungsliste unter Ansetzung einer zehntägigen Beschwerdefrist (bezw. unter Hinweis auf diese Frist) neu aufgelegt werde, damit sie Gelegenheit erhalte, die ihr schon am 6. November 1959 in Abschrift zugestellte Verteilungsliste nachträglich durch Beschwerde als unrichtig anzufechten und ihre Abänderung zu verlangen. Aber auch durch Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung der Frist zur Einreichung einer solchen Beschwerde kann ihr nicht geholfen werden. Die Vorinstanz nimmt an, sie sei durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung in der Mitteilung vom 6. November 1959 überhaupt nicht irregeführt worden, sondern habe von Anfang an gewusst, dass der Verteilungsplan nur durch eine innert zehn Tagen einzureichende Beschwerde angefochten werden könne. Diese Feststellung betrifft eine ("innere") Tatsache und ist daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Sie schliesst die Annahme aus, dass die Rekurrentin durch einen unverschuldeten Irrtum von der rechtzeitigen Beschwerdeführung abgehalten worden sei. Wollte man aber noch annehmen, die Rekurrentin sei anfänglich in einem solchen Irrtum befangen gewesen, so hätte sie ihn doch allerspätestens am 6. Februar 1960 erkannt, als sie die vorliegende Beschwerde erhob. Sie hätte daher spätestens bis zum 16. Februar 1960 nicht nur in gehöriger Form die Wiederherstellung verlangen, sondern auch gegen die Verteilungsliste Beschwerde führen und damit die von ihr gewünschte Abänderung der Verteilungsliste beantragen müssen, was sie bis dahin versäumt hatte. Dies hat sie nicht getan. Erst vor Bundesgericht hat sie im Sinne eines Eventualantrags, der schon gemäss Art. 79 OG wegen Verspätung unbeachtlich ist, die Abänderung jener Liste verlangt. Der Vorinstanz ist also darin beizupflichten, dass die Rekurrentin das Recht zur Beschwerde gegen die Verteilungsliste endgültig verwirkt hat.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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Der Rekurs wird abgewiesen.
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