BGE 101 III 78 |
18. Entscheid vom 26. Mai 1975 i.S. Bank of America N.T. & S.A. und Mitbeteiligte |
Regeste |
Art. 110 SchKG; Anwendung auf die Arrestbetreibung. |
Sachverhalt |
A.- Die First National Bank of Chicago liess die bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich liegenden Vermögenswerte des Bankhauses I.D. Herstatt mit Arrest belegen. Daraufhin strengte sie gegen das Bankhaus beim Betreibungsamt Zürich 1 die Betreibung Nr. 3029 an, mit der sie den Arrest prosequierte. Am 26. August 1974 stellte sie das Pfändungsbegehren. Das Betreibungsamt pfändete die arrestierten Vermögenswerte am 29. August 1974.
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Noch vor dem Vollzug der Pfändung hatten weitere Gläubigerinnen des Bankhauses I.D. Herstatt, nämlich die Bank of America N.T. & S.A., die Seattle First National Bank (Switzerland) und die ASEAM, Asien-Euro and American Merchant Bank Ltd., über die gleichen bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich liegenden Vermögenswerte Arrestbefehle erlangt. Diese Gläubigerinnen nahmen daher gestützt auf Art. 281 Abs. 1 SchKG provisorisch an der Pfändung teil.
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Hundert weitere Gläubiger des Bankhauses Herstatt erlangten für die nämlichen Werte ebenfalls Arrestbefehle, die aber erst nach der Pfändung ausgestellt wurden. Doch konnten diese Gläubiger ihre Pfändungsbegehren vor dem 30. September 1974 und damit vor Ablauf der in Art. 110 Abs. 1 SchKG vorgesehenen 30tägigen Teilnahmefrist einreichen. Das zuständige Betreibungsamt liess sie daher an der Pfändung vom 29. August 1974 teilnehmen.
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B.- Gegen die Pfändungsurkunde vom 27. November 1974 reichten die Bank of America N.T. & S.A., die First National Bank of Chicago, die Seattle First National Bank (Switzerland) und die ASEAM, Asien-Euro and American Merchant Bank Ltd., sowie eine weitere Bank, die ebenfalls den Arrestbefehl vor dem 29. August 1974 erlangt hatte, beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde ein. Sinngemäss verlangten sie, der Anschluss der im Anhang B der angefochtenen Pfändungsurkunde aufgeführten Betreibungen der 100 weiteren Gläubiger an die am 29. August 1974 bei der Schweizerischen Kreditanstalt vollzogene Pfändung sei aufzuheben. Das Bezirksgericht vereinigte die Beschwerden und wies sie am 31. Januar 1975 ab.
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Dieser Entscheid wurde von den vier erstgenannten Gläubigerinnen an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs weitergezogen. Das Obergericht vereinigte die Rekurse und wies sie mit Entscheid vom 11. April 1975 ab.
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C.- Die Bank of America N.T. & S.A., die First National Bank of Chicago, die Seattle First National Bank (Switzerland) und die ASEAM, Asien-Euro and American Merchant Bank Ltd. führen Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie beantragen, den Entscheid des Obergerichts vom 11. April 1975 aufzuheben und die im Anhang B der Pfändungsurkunde vom 27. November 1974 aufgeführten Arrestgläubiger von der Teilnahme an der Pfändung der bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich liegenden Aktiven des Bankhauses I.D. Herstatt auszuschliessen.
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Da die vier Rekurse gegen dieselben Gläubiger des Bankhauses I.D. Herstatt gerichtet und die Anträge identisch sind, aber auch die Begründungen weitgehend übereinstimmen, hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer die Verfahren zusammengelegt.
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Die Schuldbetr.- und Konkurskammer zieht in Erwägung: |
Dass die Arrestierung eines bereits gepfändeten Gegenstandes unmöglich sein soll, ergibt sich nirgends aus dem Gesetz. Art. 110 Abs. 3 SchKG kann auf den Arrest nicht analog angewendet werden, weil dieser keine Vollstreckungsmassnahme darstellt, sondern lediglich der vorläufigen Sicherung des Arrestgläubigers dient. Zudem übersehen die Rekurrentinnen, dass Art. 110 Abs. 3 SchKG sich ausdrücklich nur auf solche nachfolgende Pfändungsgläubiger bezieht, die nicht innert der 30tägigen Frist von Absatz 1 das Fortsetzungsbegehren gestellt haben. Da aber im vorliegenden Fall die nachfolgenden Arrestgläubiger das Pfändungsbegehren rechtzeitig gestellt haben, kann auch aus diesem Grunde die fragliche Bestimmung auf sie nicht zur Anwendung kommen. Die analoge Anwendung von Art. 110 Abs. 3 SchKG hätte überdies zur Folge, dass die Sondervorschrift von Art. 281 Abs. 1 SchKG entgegen der ausdrücklichen Einschränkung in Absatz 3 dieser Bestimmung in unzulässiger Weise ausdehnend interpretiert würde.
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2. Im weitern machen die Rekurrentinnen geltend, der Einbezug der Rekursgegner in die Pfändungsgruppe der Rekurrentinnen hätte auch deshalb nicht erfolgen dürfen, weil die direkte Anwendung von Art. 110 Abs. 1 und 2 SchKG im Zusammenhang mit Ausländerarresten nicht zulässig sei. Zur Begründung berufen sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts in BGE 47 III 8, BGE 48 III 156, BGE 51 III 122 /123, BGE 55 III 92 und 56 III 169 ff. Sie behaupten, das Bundesgericht habe sich in seinen Entscheidungen eindeutig in dem Sinne geäussert, dass die nachträgliche Arrestierung eines bereits vorher gepfändeten Gegenstandes unter keinen Umständen zur Teilnahme des Arrestgläubigers an der Pfändung solle Anlass geben können.
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Dieser Auffassung der Rekurrentinnen kann indessen nicht gefolgt werden. Bei näherer Betrachtung der angeführten Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass das Bundesgericht stets nur entschieden hat, die Arrestierung als solche verleihe dem Arrestgläubiger keinen Anspruch auf Teilnahme an einer bereits vor der Arrestnahme erfolgten Pfändung (BGE 55 III 91, BGE 48 III 156 und BGE 47 III 8), es bedürfe dafür eines Pfändungsbegehrens (oder eines Teilnahmebegehrens der gemäss Art. 111 SchKG zu privilegierter Anschlusspfändung berechtigten Personen). Im vorliegenden Fall wurde die Pfändung in der nach der Arrestnahme angestrengten Betreibung innert 30 Tagen seit einer vorausgehenden Pfändung verlangt. Dass hier nicht die normale Regelung von Art. 110 Abs. 1 und 2 SchKG Platz greife, ergibt sich aus der von den Rekurrentinnen angeführten Rechtsprechung keineswegs. Demgegenüber hat die Vorinstanz richtig angenommen, die Rechtsprechung stelle nicht in Frage, dass ein Arrestgläubiger, der einen bereits gepfändeten Gegenstand arrestieren lasse, zur Teilnahme an der Pfändung berechtigt sei, sofern er innert der 30tägigen Frist gemäss Art. 110 Abs. 1 SchKG das Fortsetzungsbegehren stelle.
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a) Die Rekurrentinnen berufen sich zunächst auf BGE 51 III 122 /123, wo das Bundesgericht ausgeführt hat, das Betreibungsverfahren in einer Arrestbetreibung könne sich notwendigerweise nur auf die Liquidation der arrestierten Objekte beziehen und es erscheine daher sowohl eine Nachpfändung als auch eine Ergänzungspfändung ausgeschlossen mit Bezug auf Objekte, die nicht ebenfalls mit Arrest belegt worden seien. Aus diesen Äusserungen folgern die Rekurrentinnen, dass der Arrestgläubiger, der nur auf Grund des Arrestes an dem dadurch gegebenen Arrestort die Betreibung habe einleiten können, nicht die gleichen Rechte habe wie der Gläubiger in der gewöhnlichen Betreibung am ordentlichen Betreibungsort; der Gläubiger in der Arrestbetreibung könne nur in den Grenzen der Wirksamkeit seines spezifischen Arrestes weitere Vollstreckungshandlungen verlangen.
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Wie die beiden Vorinstanzen mit Recht festgestellt haben, lag dem angeführten Entscheid des Bundesgerichts jedoch ein ganz anderer Sachverhalt zugrunde als der hier zu beurteilende. Es ging dabei um die Frage, ob in einer Arrestbetreibung Gegenstände gepfändet werden können, die nicht vom betreibenden, sondern von einem anderen Gläubiger arrestiert worden waren. Im vorliegenden Fall haben hingegen sowohl die Rekurrentinnen wie auch die Rekursgegner die gleichen bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich liegenden Vermögenswerte mit Arrest belegen lassen. Die von den Rekurrentinnen aus diesem Entscheid des Bundesgerichts gezogenen Schlüsse gehen daher an der Sache vorbei.
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b) Dass eine direkte Anwendung von Art. 110 Abs. 1 und 2 SchKG im Rahmen einer Arrestbetreibung nicht zulässig sei, wollen die Rekurrentinnen auch aus BGE 55 III 92 ableiten. Sie stützen sich dabei vor allem auf folgenden Satz:
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"Dem Wesen des Arrestes als Spezialexekution entspricht es denn auch allein, dass die nachträgliche Arrestierung eines bereits vorher gepfändeten Gegenstandes unter keinen Umständen zur Teilnahme des Arrestgläubigers an der Pfändung soll Anlass geben können."
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Dieser Satz ist in der Tat zu einseitig formuliert. Betrachtet man ihn aber im Zusammenhang mit den übrigen Erwägungen dieses Entscheides, so kann er nur bedeuten, dass die Arrestnahme als solche nicht zur Teilnahme an der Pfändung führen kann. Wird jedoch vom Arrestgläubiger das Pfändungsbegehren innert 30 Tagen seit der früheren Pfändung gestellt, so kann und muss er zur Teilnahme an der vorangehenden Pfändung gemäss Art. 110 SchKG zugelassen werden. In diesem Sinne sind die Ausführungen des Bundesgerichts in BGE 55 III 91 /92 zu präzisieren. Dadurch wird der Grundsatz nicht geändert, dass sich das dem Arrest folgende Betreibungsverfahren am Spezialbetreibungsort des Art. 52 SchKG stets nur auf die arrestierten Gegenstände beziehen kann und dass eine Ausdehnung der Pfändung auf dem Wege einer Nach- oder Ergänzungspfändung auf andere Gegenstände ausgeschlossen ist. Auch im vorliegenden Fall ist im übrigen für keinen Gläubiger ein Vermögenswert gepfändet worden, der nicht arrestiert worden wäre.
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c) Zur Stützung ihrer Auffassung, dass die nachträgliche Arrestierung eines bereits gepfändeten Gegenstandes unter keinen Umständen die Teilnahme des Arrestgläubigers an der Pfändung bewirken kann, führen die Rekurrentinnen noch BGE 47 III 8, BGE 48 III 156 und BGE 56 III 170 /171 an. Auch damit gehen sie indessen fehl. In BGE 47 III 8 und BGE 48 III 156 hatte der die Teilnahme verlangende Arrestgläubiger kein Fortsetzungsbegehren gestellt. Das Bundesgericht erklärte daher, dass die Arrestnahme allein den Gläubiger nicht zur Anschlusspfändung berechtige. BGE 56 III 169 ff. und der in diesem Zusammenhang von den Rekurrentinnen erwähnte BGE 53 III 34 ff. befassen sich mit der Frage der Teilnahme an der Pfändung gemäss Art. 111 SchKG zur Prosequierung eines Ausländer-Arrestes. Dabei handelt es sich um den privilegierten Pfändungsanschluss ohne vorherige Betreibung. Das Bundesgericht hat die Teilnahme im Sinne von Art. 111 SchKG an einer solchen Pfändung abgelehnt aus Gründen, die hier nicht in Betracht fallen. Erwirkt hingegen ein nach Art. 111 SchKG privilegierter Gläubiger seinerseits einen Arrest für die gleichen Objekte wie ein vorausgehender Arrestgläubiger, so muss ihm selbstverständlich der Pfändungsanschluss im Rahmen von Art. 110 bzw. 111 SchKG gewährt werden. Ausgeschlossen wird durch die in BGE 56 III 169 ff. bestätigte Praxis nur, dass ein nach Art. 111 SchKG privilegierter Gläubiger ungerechtfertigterweise an der Verwertung eines Vermögensobjektes partizipiert, dessen Entdeckung allein der Findigkeit eines andern Gläubigers zu verdanken ist.
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Die angeführten Entscheide sagen somit nichts anderes aus, als was in den bereits besprochenen Urteilen festgehalten worden ist. Zu Unrecht berufen sich die Rekurrentinnen auch auf den Entscheid der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Schaffhausen vom 18. Oktober 1963 (SJZ 62 (1966) S. 205 f.). Entgegen der Meinung der Rekurrentinnen gelangte die fragliche Aufsichtsbehörde in diesem Entscheid nämlich zum Schluss, ein Verbot der Gruppenbildung im Sinne von Art. 110 SchKG bei der Arrestprosequierung am Arrestort sei nur insoweit sachlich gerechtfertigt, als eine solche Gruppenbildung einem Arrestprosequierungsgläubiger Ansprüche verschaffen würde, die über die Liquidation des arrestierten Gegenstandes hinausgingen. Das treffe aber immer dann nicht zu, wenn mehrere Arrestgläubiger Befriedigung aus demselben Gegenstand suchten. Damit steht dieser Entscheid in Übereinstimmung mit der hier vorgenommenen Auslegung der angeführten bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
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Es trifft zu, dass der Schuldner durch Erhebung des Rechtsvorschlages unter Umständen die Möglichkeit des Gläubigers, innert der 30tägigen Frist des Art. 110 SchKG die Pfändung zu verlangen, beeinflussen und damit einzelne Gläubiger gegenüber andern benachteiligen kann. Die Lage des Gläubigers kann auch verschlechtert werden, wenn die Zustellung des Zahlungsbefehls auf Schwierigkeiten stösst. Das ist aber nicht nur in der Arrest-, sondern auch in der ordentlichen Betreibung der Fall. Der Hinweis der Rekurrentinnen, dass zwischen der ordentlichen und der Arrestbetreibung ein wesentlicher Unterschied bestehe, indem der Schuldner am ordentlichen Betreibungsort immer wieder belangt werden könne, während der Arrestschuldner beim Ausländerarrest nur im Zusammenhang mit dem erwirkten Arrest ins Recht gefasst werden könne, genügt nicht, um die Anwendung von Art. 110 SchKG auszuschalten. Die 30tägige Teilnahmefrist des Art. 110 SchKG hat gerade den Sinn, die allzu unbilligen Folgen einer reinen Durchführung des Spezialexekutions-Prinzips zu mildern. Mit dieser Bestimmung wurde eine Mittellösung getroffen zwischen der ausschliesslichen Privilegierung des findigeren und rascheren Gläubigers einerseits und einer gleichmässigen Befriedigung aller Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners anderseits (vgl. FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. I S. 252 f.). Dieselbe differenzierte Lösung ist aber auch für die auf den Arrest folgende Betreibung angezeigt. Damit wird dem Gedanken, dass ein langsamerer und weniger findiger Arrestgläubiger nicht die Früchte der Tätigkeit der andern in Anspruch nehmen soll, weitgehend Rechnung getragen (BGE 51 III 123). Doch wäre es unbillig, einen nachfolgenden Arrestgläubiger, dem aus irgendwelchen Gründen ein Konkurrent nur einige Tage mit der Entdeckung des Arrestgegenstandes zuvorgekommen ist, leer ausgehen zu lassen. Die Anwendung von Art. 110 SchKG auf die Arrestbetreibung erscheint daher auch unter diesem Gesichtspunkt als richtig.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
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