2. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 3. März 1982 i.S. X. (Rekurs)
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Regeste
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Zustellung einer Arresturkunde an einen Schuldner, der sich in Untersuchungshaft befindet.
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2. Wird der Schuldner erst nachträglich, d.h. nach Zustellung der Arresturkunde, zur Bestellung eines Vertreters eingeladen, so beginnt die Beschwerdefrist erst mit dem ersten Tag nach Ablauf der im Sinne von Art. 60 SchKG angesetzten Frist (E. 2).
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Sachverhalt
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Durch Vermittlung der Untersuchungsbehörde wurde X., der sich nach seinen eigenen Angaben seit dem 24. Dezember 1981 in Untersuchungshaft befindet, am 30. oder 31. Dezember 1981 im kantonalen Gefängnis eine Arresturkunde zugestellt, nachdem das Betreibungsamt den Arrestbefehl am 23. Dezember 1981 vollzogen hatte.
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Mit Verfügung vom 5. Januar 1982 teilte das Betreibungsamt X. mit, dass der Gläubiger gegen ihn ein Betreibungsbegehren eingereicht habe. Gleichzeitig setzte es ihm gemäss Art. 60 SchKG eine fünftägige Frist an, um einen Vertreter zu bestellen.
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Nachdem der Rechtsvertreter von X. dem Betreibungsamt mit Zuschrift vom 8. Januar 1982 mitgeteilt hatte, dass er von diesem mit der Wahrung seiner Interessen im Zusammenhang mit dem fraglichen Arrestbefehl betraut worden sei, erhob er - mit der Post am 12. Januar 1982 übergebener Eingabe - im Namen seines Mandanten bei der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen Beschwerde gegen den Arrestvollzug.
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In ihrem Entscheid vom 29. Januar 1982 gelangte die kantonale Aufsichtsbehörde zum Schluss, die Beschwerde sei verspätet, weshalb darauf nicht einzutreten sei.
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Hiegegen hat X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert.
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Aus den Erwägungen:
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Das Bundesgericht hat die Frage in BGE 38 I 237 ff. mit der Begründung bejaht, Sinn und Zweck der erwähnten Gesetzesbestimmung hätten auch bei der Zustellung einer Arresturkunde ihre Gültigkeit, stünden doch für den Schuldner schwerwiegende Interessen auf dem Spiel, die gefährdet seien, wenn er nicht in den Stand gesetzt werde, nach Zustellung der Arresturkunde die zu ihrem Schutze nötigen Schritte zu tun (BGE 38 I 239 E. 2). Die Vorinstanz, die Art. 60 SchKG für nicht anwendbar hält, setzt sich mit diesem Entscheid nicht auseinander. Ihr Hinweis auf Amonn (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, S. 89/90) ist nicht geeignet, eine Abweichung von der erwähnten Rechtsprechung zu rechtfertigen. An der fraglichen Stelle hält der Autor fest, dass trotz des (ungenauen) Wortlautes des Gesetzes die mit Rücksicht auf ihre Dringlichkeit in Art. 56 SchKG vom zeitlichen Betreibungsverbot ausdrücklich ausgenommenen amtlichen Massnahmen keine Betreibungshandlungen darstellten. Er weist sodann wohl darauf hin, dass die Handlungen im Arrestverfahren (Arrestbefehl und Arrestvollzug) unter die erwähnten Massnahmen fielen, doch ist nicht ersichtlich, ob er die Zustellung der Arresturkunde noch zum Vollzug des Arrestes zählt.
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Es ist nach dem Gesagten daran festzuhalten, dass das Betreibungsamt dem inhaftierten Schuldner auch dann im Sinne von Art. 60 SchKG Frist zur Bestellung eines Vertreters ansetzen muss, wenn es jenem eine Arresturkunde zuzustellen hat. Die Missachtung von Art. 60 SchKG hat nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich die Ungültigkeit der betreibungsamtlichen Vorkehr zur Folge (vgl. BGE 77 III 147 E. 1; BGE 38 I 237 ff., insbesondere S. 241 oben). Diese Konsequenz mag im Falle der Zustellung eines Zahlungsbefehls gerechtfertigt sein, doch liegen die Verhältnisse bei der Zustellung einer Arresturkunde insofern anders, als auch bei deren Ungültigerklärung die arrestierten Gegenstände mit Beschlag belegt bleiben. Die Zustellung wiederholen lassen, hiesse somit einen allenfalls gesetzwidrigen Arrest unnötig verlängern, woran auch der Arrestgläubiger nicht interessiert ist. Soweit in BGE 38 I 237 ff. die Zustellung der Arresturkunde, die im damaligen Fall unter ähnlichen Verhältnissen wie hier vorgenommen worden war, ungültig erklärt wurde, ist deshalb daran nicht festzuhalten.
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Aus dem Gesagten erhellt, dass der Rekurrent seine Beschwerde an die Vorinstanz rechtzeitig eingereicht hat: Die ihm durch das Betreibungsamt mit Verfügung vom 5. Januar 1982 gestützt auf Art. 60 SchKG angesetzte fünftägige Frist begann frühestens am 6. Januar 1982 zu laufen und endigte, da der fünfte Tag (10. Januar) auf einen Sonntag fiel, in diesem Fall am 11. Januar 1982. Am 12. Januar 1982 begann alsdann die zehntägige Beschwerdefrist von Art. 17 Abs. 2 SchKG, und am gleichen Tag übergab der Rekurrent die Beschwerdeschrift der Post. Der angefochtene Entscheid ist demnach aufzuheben, und die Vorinstanz ist anzuweisen, die Beschwerde des Rekurrenten materiell zu beurteilen.
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