BGE 119 III 15 |
5. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 23. Februar 1993 i.S. H. (Rekurs) |
Regeste |
Pfändbarkeit einer Forderung (Art. 92 Ziff. 10 und Art. 93 SchKG). |
2. Stellt die angesprochene Haftpflichtversicherung ihre bisher geleisteten Zahlungen ein, so ist dieser Sachverhalt im Rahmen einer Revision der Pfändung zu berücksichtigen und kann dann erst auf einen Rekurs hin überprüft werden (E. 2). |
Sachverhalt |
A.- Das Betreibungsamt Basel-Stadt pfändete am 26. Mai 1992 für die Pfändungsgruppe Nr. 92/33268 bei H. eine Anzahl von Gegenständen und behielt sich vor, die dem Schuldner von der Haftpflichtversicherung seines Schädigers ausgerichtete Erwerbsausfallentschädigung von monatlich Fr. 25'000.-- in diese Verfügung noch einzubeziehen. Gemäss definitiver Pfändungsurkunde vom 8. Oktober 1992 wurde diese Versicherungsleistung schliesslich im Umfang von monatlich Fr. 15'000.-- gepfändet.
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B.- Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt wies die von H. dagegen erhobene Beschwerde am 5. Januar 1993 ab.
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C.- H. hat sich mit Rekurs vom 18. Januar 1993 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gewandt. Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der Pfändung der Erwerbsausfallentschädigung. Eventualiter beantragt er die Sistierung des Rekursverfahrens, bis über den Umfang der Leistungspflicht der angesprochenen Haftpflichtversicherung rechtskräftig entschieden sei.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: |
a) Gemäss Art. 92 SchKG sind bestimmte Vermögenswerte aus moralischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen oder mit Rücksicht auf deren besondere Natur gänzlich unpfändbar (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. Bern 1988, S. 174 ff.; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 3. A. Zürich 1984, S. 318 ff.; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. A. Lausanne 1988, S. 178 ff.). Dazu gehören auch Renten und Kapitalbeträge, die als Entschädigung für Körperverletzung und Gesundheitsstörung dem Betroffenen oder seiner Familie geschuldet werden oder ausbezahlt worden sind (Art. 92 Ziff. 10 SchKG). Ob sie auf Vertrag oder Gesetz beruhen, ist für die Frage der Pfändbarkeit nicht entscheidend (AMONN, a.a.O., S. 179 N 35; JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 3. A. Zürich 1911, Art. 92 N 20). So hat die Praxis nicht nur die Genugtuungsleistungen (BGE 73 III 56) und (grundsätzlich) die Heilungskosten (BGE 85 III 29 E. 2) als unpfändbar erachtet, sondern ebenso die Vermögenswerte, welche aus unpfändbaren Entschädigungen angeschafft worden sind (BGE 82 III 81 E. 4).
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b) Andere Vermögenswerte sind nur unter bestimmten, sachlich oder zeitlich einschränkenden Voraussetzungen pfändbar (Art. 93 und Art. 94 SchKG; AMONN, a.a.O., S. 179; GILLIÉRON, a.a.O., S. 180 ff.; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., S. 331 ff.). So sind Einkünfte aus Arbeit, aus Nutzniessung, aus Renten und Pensionen sowie aus Unterstützungsbeiträgen nur soweit pfändbar, als sie den Unterhaltsbedarf des Schuldners und seiner Familie übersteigen (vergleiche die Aufzählung in Art. 93 SchKG). Die Rechtsprechung hat dem Einkommenscharakter einer Leistung folgend die Taggelder der Krankenkasse, welche anstelle des Lohnes treten (BGE 78 III 121; BlSchK 49/1985, S. 69 ff.), und Stipendien, die unter anderem auch zur Deckung des Lebensunterhalts bestimmt sind (BGE 105 III 53 E. 3), als beschränkt pfändbar erachtet.
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c) Die in Art. 93 SchKG aufgeführten Einkünfte sind beschränkt pfändbar, soweit sie nicht in Art. 92 SchKG als unpfändbar erklärt werden (AMONN, a.a.O., S. 181 N 44). In Zusammenhang mit Art. 92 Ziff. 10 SchKG findet sich mitunter die allgemein gefasste Aussage, dass "nicht bloss eigentliche Schadenersatzleistungen (...), sondern alle Leistungen, die wegen Körperverletzung oder Gesundheitsstörung erfolgen, gleichgültig, unter welchem Titel sie geschuldet oder erbracht wurden" unpfändbar sind (BGE 78 III 108f.). Die Doktrin erwähnt hier vor allem die Ersatzleistung für verlorene Arbeitskraft, ohne diese von den nach Art. 93 SchKG beschränkt pfändbaren Ersatzeinkommen abzugrenzen (FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., S. 328 N 40; Jaeger, a.a.O., Art. 92 N 20; GILLIÉRON, a.a.O., S. 180; OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, 4. A. Zürich 1975, S. 226).
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Die dem Rekurrenten während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit zustehende Entschädigung für den Erwerbsausfall ist für ihn nichts anderes als ein Ersatzeinkommen. Mindestens solange diese Leistung nicht für die Folgen einer bleibenden Arbeitsunfähigkeit erfolgt, gibt es keinen Grund, sie gegenüber den in Art. 93 SchKG aufgeführten Einkünften zu bevorzugen. Der angefochtene Entscheid hat somit folgerichtig - und unter zutreffendem Hinweis auf die kantonale Praxis (BlSchK 46/1982, S. 23) - die relative Pfändbarkeit des hier in Frage stehenden Vermögenswertes bejaht.
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2. Im weitern macht der Rekurrent gegenüber dem Bundesgericht geltend, dass die angesprochene Haftpflichtversicherung ihre Zahlungen zwischenzeitlich eingestellt habe. Ein solcher Sachverhalt ist vorab im Rahmen einer Revision der Pfändung zu beurteilen (BGE 93 III 37 E. 2) und kann dann erst auf einen Rekurs hin überprüft werden.
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