BGE 124 III 5
 
2. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Dezember 1997 i.S. Rosa X. gegen Reto R. (Berufung)
 
Regeste
Art. 8, 9, 467, 499 ff. und 519 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB. Gültigkeit eines öffentlich beurkundeten Testamentes.
Fall einer Erblasserin, die angesichts ihres allgemeinen Gesundheitszustandes und des teilweise schwer nachvollziehbaren Testamentsinhalts im massgebenden Zeitpunkt hinsichtlich der Errichtung eines Testamentes wahrscheinlich nicht mehr verfügungsfähig war. Die Vermutung der Testierfähigkeit gilt daher nicht, doch steht der Gegenbeweis offen, dass die Erblasserin in einem luziden Intervall gehandelt hat (E. 4).
 
Sachverhalt
A.- Am 24. Dezember 1993 verstarb die am 2. Februar 1903 geborene Maria X. Als einzige gesetzliche Erbin hinterliess sie ihre ledige Schwester Rosa X. Ein von Maria X. am 5. September 1974 verfasstes eigenhändiges Testament enthält u.a. folgende Anordnung:
"Sollte ich vor meiner Schwester sterben, so verfüge ich, dass sie meinen Wohnhausanteil samt Umschwung auf Anrechnung an ihren Pflichtteil erhalten soll, auch wenn der Wert ihren Pflichtteil übersteigen sollte.
Mein Bar und Wertschriften Vermögen soll indessen zu gleichen Teilen nach Abzug der Todesfallkosten an folgende Institutionen ausgerichtet werden:
1. für die Kirchenrenovation in [...]
2. Pater W. Ostpriesterhilfe
3. Das Spital [...]
4. Das Spital [...]
..."
Im Jahr 1979 verliess Maria X. das gemeinsam mit ihrer Schwester bewohnte Haus und zog in eine Wohnung in eine andere Gemeinde. Am 14. Juli 1980 verfasste Maria X. einen Nachtrag zu ihrem Testament vom 5. September 1974. Abgesehen von der Bestätigung der Gültigkeit ihres früheren Testamentes ordnete sie was folgt an:
"...
Bei meinem Tode sollen zu meinem Seelenheil 30 hl. Messen eine
(Gregoriana)
gelesen werden.
Das Pfarramt in L. soll dafür sorgen, dass die Messen gelesen werden."
B.- Am 11. November 1985 erlitt Maria X. einen Hirnschlag. Nach einem Spital- und Erholungsaufenthalt kehrte sie in ihre Wohnung zurück. Am 12. Januar 1989 wurde Maria X. von der Pro Senectute, von der sie während des letzten halben Jahres stundenweise in der Haushaltsarbeit unterstützt worden war, in ein Altersheim verbracht. Nachdem sie am 13. Januar 1989 von dort davongelaufen war, wurde sie durch den Hausarzt wegen nächtlicher Verwirrung, Agitiertheit und daraus abgeleiteter Selbstgefährdung in eine Psychiatrische Klinik eingewiesen. Am 25. Februar 1989 wurde sie von der zuständigen Vormundschaftsbehörde auf eigenes Begehren verbeiständet; zum Beistand wurde Reto R. bestellt.
Am 23. März 1989 fand zwischen Maria X. und dem Notar P. eine Besprechung im Hinblick auf ein öffentlich zu beurkundendes Testament statt, und am 5. April 1989 wurde im Büro des Notars eine öffentliche letztwillige Verfügung mit folgendem Wortlaut errichtet:
I. Meine einzige derzeit noch lebende gesetzliche Erbin, nämlich meine Schwester Rosa X. ist gemäss geltendem Erbrecht nicht pflichtteilsgeschützt. Ich verweise auf Art. 471 ZGB. Es ist deshalb mein letzter Wille, dass meiner Schwester aus meinem Nachlass aus Erbrecht nichts zukommt.
II. Ich wünsche ausdrücklich meine Beerdigung in [...].
III. Als Alleinerben setze ich Herrn Reto R.[...] ein.
IV. Sofern ich zu einem früheren Zeitpunkt eine letztwillige Verfügung, sei diese eigenhändig oder öffentlich errichtet haben sollte, gelten diese errichteten letztwilligen Verfügungen als vollumfänglich aufgehoben.
V. Mein derzeitiges Vermögen setzt sich aus Wertschriften im Umfang von rund Fr. 110'000.-- und einem hälftigen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft mit Gebäulichkeiten in [...] zusammen.
VI. Als Testamentsvollstrecker ernenne ich Rechtsanwalt und Notar P."
C.- Nachdem die zuständige Behörde am 2. Februar 1994 die durch die Erblasserin am 5. September 1974 und am 14. Juli 1980 eigenhändig verfassten Testamente sowie das öffentliche Testament vom 5. April 1989 eröffnet hatte, erhob Rosa X. am 17. Juni 1994 gegen Reto R. Klage mit dem Begehren, dass das öffentliche Testament vom 5. April 1989 für ungültig zu erklären sei. Mit Urteil vom 5. September 1996 hiess das Bezirksgericht die Klage von Rosa X. gut und erklärte das öffentliche Testament vom 5. April 1989 für ungültig. Die gegen dieses Urteil von Reto R. erhobene Berufung hiess das Kantonsgericht mit Urteil vom 7. Januar 1997 gut; das Urteil des Bezirksgerichts wurde aufgehoben und die von Rosa X. erhobene Ungültigkeitsklage abgewiesen.
D.- Mit Berufung vom 28. August 1997 beantragt Rosa X. dem Bundesgericht, dass das Urteil des Kantonsgerichtes aufzuheben und das am 5. April 1989 verfasste öffentliche Testament für ungültig zu erklären sei. Sowohl Reto R. als auch das Kantonsgericht beantragen die Abweisung der Berufung, soweit auf sie einzutreten sei.
Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und weist die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurück
 
aus folgenden Erwägungen:
a) Der Begriff der Urteilsfähigkeit enthält zwei Elemente: einerseits eine intellektuelle Komponente, nämlich die Fähigkeit, Sinn, Zweckmässigkeit und Wirkungen einer bestimmten Handlung zu erkennen, andrerseits ein Willens- bzw. Charakterelement, nämlich die Fähigkeit, gemäss der vernünftigen Erkenntnis nach seinem freien Willen zu handeln und allfälliger fremder Willensbeeinflussung in normaler Weise Widerstand zu leisten (BGE 117 II 231 E. 2a S. 232 m.w.H.; ausführlich EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, N. 44 ff. zu Art. 16 ZGB). Die Urteilsfähigkeit ist aber auch relativ zu verstehen; sie ist nicht abstrakt festzustellen, sondern in bezug auf eine bestimmte Handlung je nach deren Schwierigkeit und Tragweite zu beurteilen. Es ist daher denkbar, dass eine Person trotz allgemeiner Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit zwar gewisse Alltagsgeschäfte noch zu besorgen vermag und diesbezüglich urteilsfähig ist, während ihr für anspruchsvollere Geschäfte die Urteilsfähigkeit abzusprechen ist (BGE 117 II 231 E. 2a S. 232 f. m.w.H.; BUCHER, a.a.O., N. 87 ff. zu Art. 16 ZGB). Im Unterschied zu alltäglichen Geschäften und Besorgungen zählt die Errichtung eines Testamentes zu den eher anspruchsvolleren Geschäften; dies trifft insbesondere dann zu, wenn komplizierte Verfügungen getroffen werden (ARNOLD ESCHER, Zürcher Kommentar, N. 6 zu Art. 467 ZGB).
b) Die Urteilsfähigkeit ist die Regel und wird aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung vermutet. Folglich hat derjenige, der deren Nichtvorhandensein behauptet, dies zu beweisen. Der Beweis ist keiner besonderen Vorschrift unterstellt; eine sehr grosse Wahrscheinlichkeit, welche jeden ernsthaften Zweifel ausschliesst, genügt insbesondere bei einer verstorbenen Person, weil in diesem Fall die Natur der Dinge selber einen absoluten Beweis unmöglich macht (BGE 117 II 231 E. 2b S. 234 m.w.H.; BUCHER, a.a.O., N. 125 ff. zu Art. 16 ZGB). An sich ist der Beweis nicht in bezug auf die Urteilsfähigkeit einer Person im allgemeinen, sondern in einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen. Dieser Beweis ist dann einfach zu führen, wenn beispielsweise wegen einer Geisteskrankheit auf eine permanent vorhandene Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten zu schliessen ist und damit auch luzide Intervalle auszuschliessen sind; ist dies aber nicht der Fall, dürfte namentlich "post mortem" der Nachweis der Urteilsunfähigkeit zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt im allgemeinen kaum zu führen sein. Wie die Vermutung der Urteilsfähigkeit und die daraus fliessende Beweislastverteilung folgen auch die Grenzen dieser Regeln aus der allgemeinen Lebenserfahrung: Führt die Lebenserfahrung - etwa bei Kindern, bei bestimmten Geisteskrankheiten oder altersschwachen Personen - zur umgekehrten Vermutung, dass die handelnde Person ihrer allgemeinen Verfassung nach im Normalfall und mit Wahrscheinlichkeit als urteilsunfähig gelten muss, ist der Beweispflicht insoweit Genüge getan und die Vermutung der Urteilsfähigkeit umgestossen; der Gegenpartei steht in diesem Fall der Gegenbeweis offen, dass die betreffende Person trotz ihrer grundsätzlichen Urteilsunfähigkeit aufgrund ihrer allgemeinen Gesundheitssituation in einem luziden Intervall gehandelt hat (BGE 117 II 231 E. 2b S. 234 f. m.w.H.; BUCHER, a.a.O., N. 127 zu Art. 16 ZGB).
c) Als öffentliche Urkunde erbringt das öffentliche Testament für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist (Art. 9 ZGB). Für den Beweis der Urteilsfähigkeit ändert dies allerdings nichts, da die Verfügungsfähigkeit wie erwähnt ohnehin aufgrund der Lebenserfahrung zu vermuten ist. Hinzu kommt, dass die öffentliche Urkunde lediglich eine Vermutung zugunsten der Richtigkeit des Urkundeninhaltes schafft, um dessentwillen die Form der öffentlichen Urkunde gefordert ist (MAX KUMMER, Berner Kommentar, N. 39 und 48 zu Art. 9 ZGB). Nicht zum Urkundeninhalt in diesem engen Sinn gehört aber beim öffentlichen Testament die Erklärung der beiden Zeugen auf der Urkunde, dass sich der Erblasser nach ihrer Wahrnehmung im Zustand der Verfügungsfähigkeit befunden hat (Art. 501 Abs. 2 ZGB); diese bildet lediglich ein Indiz zugunsten der Urteilsfähigkeit (BUCHER, a.a.O., N. 137 f. zu Art. 16 ZGB m.w.H.). Der Richter ist weder an die Bestätigung der Testierfähigkeit durch die Zeugen noch an die Erklärungen des Urkundsbeamten gebunden (BGE 117 II 231 E. 2b S. 234 und E. 3b/bb S. 238). Erkrankungen des Geistes, die sich nicht in akuten Erscheinungen, sondern in einer allgemeinen Abnahme der geistigen Kräfte äussern, bleiben dem ungeübten Beobachter leicht verborgen, so dass sie und namentlich ihre Auswirkungen vielfach nur durch eine sachverständige Untersuchung festgestellt werden können (ESCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 501 ZGB).
a) Nach der Krankengeschichte ist Maria X. am 13. Januar 1989 in eine Psychiatrische Klinik gebracht worden; anlässlich der Aufnahme hat der diensthabende Arzt festgehalten, dass es der Patientin nach längerer Überlegungszeit gelinge, die Fragen zu ihrer Person und ihrem nahen Umfeld richtig zu beantworten und dass sie durchaus wisse, wo sie sich nun befinde und was in der letzten Zeit vorgefallen sei; lediglich bei der Zeitangabe habe sie etwas Mühe, könne aber nach längerem Überlegen den richtigen Tag angeben. Eine Verwirrtheit bestehe zum Zeitpunkt der Aufnahme und auch abends um 6 Uhr auf der Station nicht. Die Assistenzärztin Dr. A. hat am 25. Januar 1989 notiert, dass sich Maria X. unterschiedlich orientiert zeige und dass sie vorgestern abend in einem Verwirrtheitszustand aus dem Fenster steigen wollte; am 7. Februar 1989 hielt die Assistenzärztin fest, dass sich Maria X. nun eingelebt habe. Am 13. März 1989 stellten Oberarzt Dr. Z. und Assistenzärztin Dr. A. folgende Diagnose: "Ausgeprägtes POS senilsklerotischer Genese ICD Nr. 290.4"; an eine Verlegung der noch recht mobilen Patientin in ein Pflegeheim sei in diesem Zeitpunkt auf längere Zeit kaum zu denken. Der nächste Eintrag in der Krankengeschichte erfolgte erst am 20. Dezember 1989, d.h. nach der Errichtung des hier zu beurteilenden öffentlichen Testamentes. Im Austrittsbericht der Psychiatrischen Klinik nach dem Tod von Maria X. am 24. Dezember 1993 wird wiederholt, dass die Patientin bei ihrem Eintritt allseits orientiert gewesen sei, dass sie aber mit der zeitlichen Orientierung Mühe gehabt habe; ohne zeitliche Angaben wird ausgeführt, dass Maria X. in zunehmendem Mass pflegebedürftig geworden sei, dass sich ihre Mobilität auf ein Minimum reduziert habe und dass sich die geistigen Fähigkeiten bei stark fortschreitendem POS gemindert hätten.
b) Der mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragte Prof. K. stützte sich in erster Linie auf die Unterlagen der Psychiatrischen Klinik. Im Gutachten wird die Diagnose der Klinikärzte bestätigt, dass ein "Psychoorganisches Syndrom senilsklerotischer Genese" vorliege. Nach Auffassung des Experten habe Maria X. in den ersten Monaten des Jahres 1989 an einer Geistesschwäche gelitten, weshalb ihre Erinnerungsfähigkeit, die Merkfähigkeit und das Denken deutlich beschränkt gewesen seien. Aufgrund des in der Krankengeschichte dokumentierten psychischen Zustandes ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erblasserin mehr von einem momentan überwiegend emotionalen Gedanken gegenüber Reto R., der sie zum Notar begleitet habe, habe leiten lassen als von ihren habituellen Einstellungen und Überzeugungen, die ihrer Grundpersönlichkeit entsprochen hätten und die in den früheren Testamenten zum Ausdruck gekommen seien. Nachdem eine spezielle Testuntersuchung der mnestischen Funktionen in der Klinik nicht durchgeführt worden sei, bleibe rückblickend unklar, in welcher geistigen Verfassung sich Maria X. anlässlich ihrer beiden Besuche beim Notar - am 23. März 1989 und am 5. April 1989 - im einzelnen befunden habe und welche Aussagen zum Testament sie bei einer neutralen psychiatrischen Exploration gemacht hätte.
c) Im Zusammenhang mit den tatsächlichen Feststellungen rapportierte das Kantonsgericht sodann eine Reihe von Zeugenaussagen: Die mit der Erblasserin entfernt verwandte Rita B. erklärte, mit Maria X. habe man schon in der Zeit vor 1989 keine vernünftigen Gespräche mehr führen können, und sie habe auch komisch gelacht; immerhin habe sie das Gefühl gehabt, Maria X. sei in verwandtschaftlichen Fragen orientiert gewesen und habe sie als Verwandte betrachtet. Der als Zeuge einvernommene Dr. F., der langjährige Hausarzt von Maria X., führte aus, dass sich das Denkvermögen der Erblasserin nach dem Hirnschlag im Herbst 1985 deutlich verschlechtert habe; sie habe sich zwar gut erholt, sei im Denken aber deutlich verlangsamt geblieben; im Dezember 1988 sei sie zeitweise etwas verwirrt gewesen. Bei seinem letzten Besuch am 20. Dezember 1988 habe sie die Örtlichkeiten noch gekannt, sei aber im Zeitbegriff ganz unsicher gewesen. Über ihre eigenen Angelegenheiten (Eintritt ins Altersheim) habe man sich mit ihr aber noch gut unterhalten können. Der Psychiatriepfleger Vitus S. sagte als Zeuge aus, dass sich Maria X. vorerst klar ausdrücken konnte, aber bereits anfänglich an Wahnideen, Halluzinationen und Angstzuständen gelitten habe. Ihre Verwirrtheit und Desorientiertheit hätten laufend zugenommen; am Schluss sei ihre Orientierung sehr schlecht gewesen, und sie habe wahrscheinlich keine Besucher mehr erkennen können, oder zumindest habe sie sich nach kurzer Zeit nicht mehr daran erinnern können. Schliesslich sagte Hans T., der zu Maria X. in der Zeit zwischen Juni 1988 und April 1989 als Sozialarbeiter Kontakt gehabt hatte, als Zeuge aus, dass der Zustand von Maria X. als "eher verwirrt" - im Sinne altersbedingter Vergesslichkeit - zu bezeichnen sei; sie sei beispielsweise mitten auf der Hauptstrasse gelaufen, wobei er nicht wisse, ob sie sich der Gefahr bewusst gewesen sei. Er habe aber den Eindruck gehabt, dass die Erblasserin im Jahr 1988/1989 gut habe unterscheiden können, wer zu ihr gestanden sei und wer nicht; sie habe seine Funktion gekannt und seine Intention, sie möglichst lange in ihrer Wohnung "halten" zu können.
d) Gestützt darauf ging das Kantonsgericht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass Maria X. in der Zeit um die Errichtung des öffentlichen Testamentes in ihren geistigen Fähigkeiten nach aussen erkennbar eingeschränkt gewesen sei - mit Defiziten vor allem im Bereich zeitlicher und örtlicher Orientierung sowie der Merkfähigkeit. Sie habe sich indessen noch gut unterhalten können, sei sich ihrer Situation bewusst gewesen und habe gewusst, wer zu ihr stehe.
3. Im Unterschied zum Bezirksgericht, welches die Verfügungsfähigkeit der Erblasserin verneinte, ist das Kantonsgericht in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen, es sei nicht erwiesen, dass Maria X. am 5. April 1989 urteilsunfähig war. Zur Begründung führt das Kantonsgericht im wesentlichen aus, dass der medizinische Gutachter bei Maria X. zum Zeitpunkt der Errichtung des angefochtenen Testamentes ein "Psychoorganisches Syndrom" diagnostiziert habe, welche Krankheit als Geistesschwäche im Rechtssinn zu qualifizieren sei; seine Ausführungen liessen aber keinen Zweifel daran, dass diese Geistesschwäche nicht derart gravierend war, dass die Fähigkeit rechtsgeschäftlichen Handelns zum vornherein hätte ausgeschlossen werden müssen. Angesichts der Vermutung der Urteilsfähigkeit hätte die Klägerin daher die Urteilsunfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes beweisen müssen. Dieser Beweis sei indessen in keiner Weise gelungen. Der Gutachter spreche zwar von der Wahrscheinlichkeit, dass Maria X. sich mehr von momentan überwiegend emotional bedingten Gedanken gegenüber dem als Alleinerben eingesetzten Beklagten habe leiten lassen; letztlich werde aber die Frage der Urteilsfähigkeit der Erblasserin offengelassen. Für die Handlungsfähigkeit der Erblasserin spreche, dass sie ein nachvollziehbares Motiv gehabt habe, den Beklagten anstelle ihrer Schwester - der Klägerin - zu begünstigen; während die Erblasserin mit ihrer Schwester zerstritten gewesen sei und aus diesem Grund aus dem gemeinsam bewohnten Haus ausgezogen sei, sei die Erblasserin vom Beklagten in den Jahren vor der Übersiedlung in die Klinik in verschiedener Hinsicht unterstützt worden. Im übrigen sprächen die Aussagen sämtlicher Zeugen sowie die Angaben in der Krankengeschichte der Psychiatrischen Klinik übereinstimmend eher für die Testierfähigkeit von Maria X. Insgesamt würden im vorliegenden Fall weder ein einzelnes Beweismittel - namentlich das Gutachten - noch die Würdigung sämtlicher Beweismittel ausreichen, um die Vermutung der Urteilsfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt der Verfügung umzustossen, weshalb es sich nicht rechtfertige, das Testament wegen fehlender Testierfähigkeit für ungültig zu erklären.
Die Klägerin hält diese Begründung für bundesrechtswidrig. Sie räumt zwar ein, dass der Experte in seinem Gutachten nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen konnte, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung der öffentlich letztwilligen Verfügung urteilsunfähig war. Da sich die Erblasserin jedoch in einem generellen Zustand von Verwirrtheit und Desorientiertheit befunden habe, sei unter Berücksichtigung aller Umstände die Vermutung der Handlungsfähigkeit im massgebenden Zeitpunkt nicht haltbar; vielmehr spreche die Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände gegen die Vermutung der Urteilsfähigkeit der Erblasserin, so dass dem Beklagten hätte der Beweis für die Urteilsfähigkeit im Verfügungszeitpunkt auferlegt werden müssen.
4. Die Beurteilung der Urteilsfähigkeit einer Person umfasst sowohl Feststellung von Tatsachen als auch Anwendung von Bundesrecht, wobei die Abgrenzung sich im Einzelfall als schwierig erweisen kann: Der Sachrichter stellt den geistigen Zustand einer Person im fraglichen Zeitraum sowie Art und Tragweite möglicher störender Einwirkungen fest; dazu gehört insbesondere, ob und inwieweit die Erblasserin zur Beurteilung der Folgen ihres Handelns und zur Leistung von Widerstand gegenüber Versuchen der Willensbeeinflussung befähigt war. Diese tatsächlichen Feststellungen können vom Bundesgericht im Berufungsverfahren unter Vorbehalt offensichtlicher Versehen nicht überprüft werden (Art. 55 Abs. 1 lit. c und d und 63 Abs. 2 OG). Hingegen prüft das Bundesgericht frei, ob der kantonale Richter zu Recht oder zu Unrecht vom festgestellten geistigen Gesundheitszustand bzw. diesbezüglichen Störungen auf die Urteilsfähigkeit geschlossen habe, soweit dies vom Begriff der Urteilsfähigkeit selbst abhängt bzw. von der allgemeinen Lebenserfahrung oder vom hohen Grad der Wahrscheinlichkeit, der für den Ausschluss dieser Fähigkeit erforderlich ist (BGE 117 II 231 E. 2c S. 235 m.w.H.).
a) Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung ergänzende Tatsachenbehauptungen vorträgt, von denen sich im angefochtenen Urteil nichts findet, ist angesichts der verbindlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz auf die Berufung nicht einzutreten. Die Berufung erweist sich daher insoweit als unzulässig, als geltend gemacht wird, der Beklagte habe knapp einen Monat nach seiner Ernennung zum Beistand mit dem Notar einen Termin zur Errichtung des Testaments arrangiert, in der Folge Maria X. zum Notar gebracht und sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dieser Besprechung über die erbrechtliche Situation aufgeklärt und ihr das vor dem Notar zu Nennende eingetrichtert. Dasselbe gilt für den Verweis auf die am 13. März 1989 in der Krankengeschichte gemachte Feststellung, wonach sich Maria X. unter einer niedrig gehaltenen Dipiperonkur auf der Abteilung ruhig halten lasse, recht angenehm und im grossen und ganzen lenkbar sei, dass sie an permanenten Verwirrtheitszuständen mit Höhepunkt jeweils am Abend, aber auch den Tag durch sowie an zeitlicher, örtlicher und teilweise autopsychischer Desorientiertheit mit mnestischen Einbussen leide. Eine unzulässige Tatsachenbehauptung liegt schliesslich auch insoweit vor, als geltend gemacht wird, der Notar sei weder durch die Erblasserin selber noch durch deren Beistand auf die Hospitalisation in der Psychiatrischen Klinik aufmerksam gemacht worden, wie überhaupt letzterer gegenüber dem Notar alle auf die Urteilsunfähigkeit von Maria X. hinweisenden Tatsachen verschwiegen habe. So habe der Notar auch den Testamentsentwurf nicht etwa an die Adresse von Maria X. in der psychiatrischen Klinik geschickt, sondern an deren frühere, mit jener des Beklagten übereinstimmenden Adresse. Da sich zu all dem wie auch zum Fragenkomplex allfälliger Beeinflussungen der Erblasserin durch Dritte keine Ausführungen im Urteil finden, kann auf die entsprechenden tatsächlichen Ausführungen in der Berufung nicht eingetreten werden.
b) Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, dass bei Maria X. für den Zeitpunkt der Errichtung des angefochtenen Testamentes ein "Psychoorganisches Syndrom" diagnostiziert wurde, so dass von einer Geistesschwäche im Rechtssinn auszugehen sei; daraus könne aber in rechtlicher Hinsicht nicht gefolgert werden, dass der Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes die Fähigkeit rechtsgeschäftlichen Handelns zum vornherein gefehlt habe. Es begründet dies damit, dass Prof. K. als Gutachter das Ausmass der Beeinträchtigung nicht mehr habe bestimmen können und namentlich keine schlüssigen Aussagen darüber gemacht habe, ob Maria X. anlässlich der Besprechung des öffentlichen Testamentes am 23. März 1989 und dessen Errichtung am 5. April 1989 urteilsfähig war oder nicht; daraus folge, dass nach der Lebenserfahrung die Vermutung der Urteilsfähigkeit gelte; es sei daher Sache der Klägerin, die Urteilsunfähigkeit der Erblasserin bei der Errichtung des Testamentes zu beweisen, weil die Ausführungen des Experten keine Zweifel daran liessen, dass die Geistesschwäche nicht derart gravierend war, dass Maria X. zum vornherein die Fähigkeit zu rechtsgeschäftlichem Handeln gefehlt habe.
Mit dieser Begründung verstösst die Vorinstanz gegen die Grundsätze, die sich zur Vermutung der Urteilsfähigkeit ergeben (E. 1b). Allein der Umstand, dass sich im nachhinein das genaue Ausmass der Störung bei Maria X. nicht mehr bestimmen liess und weder bewiesen ist, dass die Erblasserin an den fraglichen Tagen die Tragweite ihres Handelns realisierte, noch das Gegenteil, lässt nicht darauf schliessen, dass die Klägerin mit dem von ihr zu erbringenden Beweis der Urteilsunfähigkeit gescheitert ist. Nach der Rechtsprechung ist nämlich der Nachweis einer Beeinträchtigung der Urteilsfähigkeit für einen ganz bestimmten Zeitpunkt - im vorliegenden Fall für den 23. März 1989 und den 5. April 1989 - dann nicht erforderlich, wenn nachgewiesen wird, dass die verfügende Person aufgrund ihres allgemeinen Gesundheitszustandes im Normalfall und mit grosser Wahrscheinlichkeit als urteilsunfähig gelten musste. Während die Lebenserfahrung im allgemeinen für die Vermutung der Urteilsfähigkeit spricht, findet diese Vermutung dort ihre Grenzen und wird in ihr Gegenteil umgekehrt, wo aufgrund des allgemeinen Gesundheitszustandes der betroffenen Person die Lebenserfahrung dafür spricht, dass die Person im allgemeinen für urteilsunfähig zu gelten hat. Aus diesen Gründen durfte das Kantonsgericht den von der Klägerin zu erbringenden Nachweis der Urteilsunfähigkeit nicht mit dem Hinweis für gescheitert erklären, dass die fehlende Testierfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des öffentlichen Testamentes nicht bewiesen sei. Vielmehr hätte es sich zunächst dazu äussern müssen, ob die Klägerin den Nachweis dafür erbracht hat, dass Maria X. im fraglichen Zeitraum im Normalfall und mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht testierfähig war.
c) Im folgenden ist daher zu prüfen, ob gestützt auf die verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz über den geistigen Zustand von Maria X. aufgrund der Lebenserfahrung von der Vermutung auszugehen ist, dass die Erblasserin in der damaligen Zeit im Normalfall und mit grosser Wahrscheinlichkeit urteilsunfähig war, wie es die Klägerin behauptet.
aa) Die Vorinstanz geht selbst davon aus, dass Maria X. an einem ausgeprägten Psychoorganischen Syndrom und damit an einer Geistesschwäche im Rechtssinn gelitten hatte. Ihre Krankheit äusserte sich unter anderem darin, dass die damals 86jährige Erblasserin aufgrund mehrerer tatsächlicher Feststellungen allgemein unter einem Zustand der Verwirrtheit litt, wobei sie einmal versucht habe, abends aus dem Fenster zu steigen bzw. mitten auf der Hauptstrasse gelaufen sei. Diese Vorfälle decken sich mit der vom Kantonsgericht übernommenen Feststellung des ärztlichen Gutachters, dass die Erinnerungsfähigkeit, die Merkfähigkeit und das Denken bei Maria X. in der massgebenden Zeit deutlich beschränkt gewesen seien. Vor diesem Hintergrund ist nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, dass die Erblasserin hinsichtlich der intellektuellen Komponente noch als urteilsfähig gelten konnte. Doch auch in bezug auf das Willenselement ergeben sich ernsthafte Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin; immerhin hielt der medizinische Gutachter nach den verbindlichen Tatsachenfeststellungen fest, dass sich Maria X. aufgrund ihres Geisteszustandes mehr von einem momentan überwiegend emotional bedingten Gedanken gegenüber dem sie begleitenden Beklagten leiten liess als von ihren habituellen Einstellungen und Überzeugungen. Bereits aufgrund dieses allgemeinen Gesundheitszustandes und der dadurch hervorgerufenen Verhaltensweisen erscheint fraglich, ob aufgrund der Lebenserfahrung die Fähigkeit zu vernunftgemässem Handeln im allgemeinen noch gegeben war.
bb) Diese Bedenken werden durch den Umstand noch akzentuiert, dass die Urteilsfähigkeit relativ zu verstehen ist; auch wenn jemand trotz einer allgemeinen Beeinträchtigung gewisse Alltagsgeschäfte noch zu besorgen vermag und daher in bezug auf diese urteilsfähig ist, kann die gleiche Person aufgrund des Grades der Beeinträchtigung für andere, anspruchsvollere Geschäfte urteilsunfähig sein. Der für die Verurkundung des Testamentes verantwortliche Notar P. erklärte gemäss den Feststellungen der Vorinstanz, Maria X. habe ihn am 23. März 1989 unter vier Augen darüber orientiert, dass sie eine Schwester als Verwandte habe, dass der Beklagte auf ihren Wunsch zu ihrem Beistand ernannt worden sei und dass sie ein Testament errichten wolle; sie habe ihm die Weisung gemacht, ihre Beerdigung solle in [...] erfolgen, habe ihr Vermögen mit ca. Fr. 110'000.-- Wertschriften sowie einem hälftigen Hausteil angegeben und klar festgehalten, den Beklagten als Alleinerben einsetzen zu wollen. Er habe den Eindruck gehabt, dass Maria X. an diesem Tag ihren Willen klar formulieren konnte und dass sie auch verstand, worum es ging und wie die rechtliche Situation war. In der Folge sei am 5. April 1989 die Beurkundung des öffentlichen Testamentes in Anwesenheit von Maria X. vorschriftsgemäss erfolgt.
Der vom Notar über den Verlauf der Sitzung vom 23. März 1989 vermittelte Eindruck, Maria X. habe völlig autonom über ihre Verwandtschafts- und namentlich Vermögensverhältnisse berichtet und ihre Verfügungsabsichten klar kundgetan und habe sich als zweifelsfrei testierfähig erwiesen, steht unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten solcher Geschäfte in offensichtlichem Kontrast zur Tatsachenfeststellung des Kantonsgerichts, dass ihre Erinnerungsfähigkeit, die Merkfähigkeit und das Denken gemäss ärztlichem Gutachter deutlich beschränkt gewesen seien. Auffallend ist namentlich, dass Maria X. in ihrem eigenhändigen Testament vom 5. September 1974 von ihrem "Bar und Wertschriften Vermögen" sprach, ohne dessen Höhe auch nur ungefähr zu benennen, während sie - 15 Jahre später und 11 Jahre nach Erleiden des Hirnschlages - anlässlich der Errichtung der öffentlichen letztwilligen Verfügung vom 5. April 1989 ihr Vermögen auf "rund Fr. 110'000.--" zu beziffern vermochte. In Kontrast dazu steht auch der Umstand, dass sich die Erblasserin an ihre früheren testamentarischen Verfügungen offensichtlich nicht mehr erinnerte und diese gegenüber dem Notar nicht erwähnte, so dass sich dieser mit einer vagen Standardformulierung behelfen musste (siehe Ziff. IV des öffentlichen Testamentes). Obwohl aufgrund des allgemeinen Gesundheitszustandes von Maria X. ihre Urteilsfähigkeit in bezug auf das hier zu beurteilende Geschäft alles andere als evident ist, findet sich im angefochtenen Urteil keine Erklärung, weshalb sie in der Lage war, ihr Wertschriftenvermögen - wenn auch nur mit einem Zirkabetrag - anzugeben, nicht aber, sich an ihre früheren eigenhändigen Testamente zu erinnern. Aufgrund der geistigen Verfassung, in welcher sich die Erblasserin laut dem angefochtenen Urteil befand, ist es - unter Vorbehalt eines luziden Intervalls - schwer vorstellbar, dass sie die ihr Vermögen betreffenden Angaben zu machen vermochte, wie es umgekehrt plausibel ist, dass sie sich der früheren Testamente nicht mehr entsann.
cc) Dass die Fähigkeit zu vernunftgemässem Verhalten für das hier zu beurteilende Rechtsgeschäft nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei Maria X. nicht mehr gegeben war, wird auch erhärtet, wenn die umstrittene Verfügung auf ihre Vernünftigkeit geprüft und daraufhin untersucht wird, ob sie den habituellen Einstellungen und Überzeugungen der Erblasserin entsprach, wie sie namentlich in den eigenhändigen Testamenten zum Ausdruck gelangten. Unter bestimmten Umständen darf auch die Vernünftigkeit der in Frage stehenden Handlung bei der Beurteilung der Urteilsfähigkeit berücksichtigt werden. Zwar kann nicht generell vom Inhalt oder von den Folgen eines Rechtsgeschäftes auf das Vorliegen oder Fehlen der Urteilsfähigkeit der betreffenden Person geschlossen werden. Die Frage, ob eine Verfügung unter dem Gesichtspunkt des verantwortungsbewussten und vernünftigen Handelns für Aussenstehende nachvollziehbar ist, stellt sich nämlich dann nicht, wenn beim Testator weder allgemein noch speziell für die Zeit der Verfügung Zweifel an der Urteilsfähigkeit bestehen; sind hingegen wie im vorliegenden Fall solche Zweifel angebracht, kann die Vernünftigkeit einer Verfügung insoweit bedeutsam werden, als deren Inhalt als Indiz dafür gelten kann, dass sich der Testator seiner Handlung bzw. deren Folgen nicht mehr bewusst war (BGE 117 II 231 E. 2a S. 233 m.w.H.; BUCHER, a.a.O., N. 83 ff. zu Art. 16 ZGB).
In diesem Zusammenhang weist das Kantonsgericht darauf hin, dass der Beklagte Maria X. - offenbar während Jahren - geholfen, und sich namentlich um ihre finanziellen Verhältnisse gekümmert und ihr das nötige Brennholz besorgt habe, während die Erblasserin mit der Klägerin zerstritten gewesen sei. Die Begünstigung des Beklagten auf Kosten der Klägerin, d.h. dessen Einsetzung als Alleinerbe unter Ausschaltung der Schwester als gesetzliche Erbin, entspricht unter den gegebenen Umständen dem normalen Gedankenablauf eines normalverständigen Menschen, so dass diese mutmassliche Motivationslage die Verfügung insoweit durchaus als plausibel erscheinen lässt. Auch dem Kantonsgericht ist indessen nicht entgangen, dass Maria X. mit der durch die öffentliche letztwillige Verfügung erfolgten Aufhebung aller früherer Testamente nicht nur ihre Schwester vom Erbe ausschloss, sondern auch ihre Vermächtnisse gegenüber vier Institutionen - der Kirche [...], der Ostpriesterhilfe und den Spitälern [...] und [...] - aufhob, welche sie mit dem 15 Jahre zuvor verfassten eigenhändigen Testament mit dem Bar- und Wertschriftenvermögen je zu gleichen Teilen bedacht hatte. An sich ist es zwar nichts Aussergewöhnliches, dass jemand ein früheres Testament durch ein späteres ganz oder teilweise aufhebt. Nun gilt es aber auch zu bedenken, dass nach der allgemeinen Erfahrung Menschen mit zunehmendem Alter sich oft in ihren Gedanken mit dem Tod und damit zusammenhängenden Fragen beschäftigen, und nicht selten stehen Vergabungen damit in Zusammenhang; namentlich religiöse Menschen tätigen zugunsten gemeinnütziger oder kirchlicher Institutionen Vergabungen auch ganz bewusst im Sinn guter Werke im Hinblick auf ihr Ableben. Bei Maria X. hätte es sich nun aber insoweit gerade umgekehrt verhalten, als sie im sehr hohen Alter frühere, gemeinnützige Vergabungen widerrief, ohne dass eine Motivation für diese Handlungsweise sichtbar wäre. Besonders ins Auge springt in diesem Zusammenhang, dass mit der öffentlichen letztwilligen Verfügung auch der am 14. Juli 1980 erfolgte Testamentsnachtrag widerrufen wurde, mit dem die Erblasserin nicht nur die "volle Gültigkeit" des Testaments vom Jahre 1974 bestätigt, sondern auch verfügt hatte: "Bei meinem Tode sollen zu meinem Seelenheil 30 hl. Messen eine (Gregoriana) gelesen werden". Dass Maria X. im Alter von 86 Jahren ihre frühere Anweisung zum eigenen "Seelenheil" widerrief, muss als sehr ungewöhnlich gewertet werden; nach der allgemeinen Erfahrung ist ein solches Verhalten nicht nachvollziehbar und entspricht entgegen der Auffassung der Vorinstanz keineswegs "dem normalen Gedankenablauf eines normalverständigen Menschen". Der mit dem umstrittenen Testament verbundene Widerruf früherer gemeinnütziger Vergabungen sowie der zugunsten ihres Seelenheils getroffenen Auflagen sind Umstände, denen entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts bei der Beurteilung der Testierfähigkeit durchaus Gewicht zukommt.
d) Insgesamt ergibt sich, dass angesichts des allgemeinen Gesundheitszustandes von Maria X. die Lebenserfahrung für den Normalfall gegen deren Urteilsfähigkeit in bezug auf das hier zu beurteilende Rechtsgeschäft spricht. Was das Kantonsgericht als Umstände anführt, die nach der Lebenserfahrung für die Vermutung der Urteilsfähigkeit der Erblasserin hinsichtlich des hier zu beurteilenden Geschäftes sprechen sollen, vermag daran nichts zu ändern:
aa) Das Kantonsgericht hat bei der Beurteilung der Frage der Urteilsfähigkeit von Maria X. insbesondere grosses Gewicht auf die Aussagen der Zeugen gelegt, und unter Bezugnahme auf dieselben festgestellt, dass man sich mit Maria X. noch gut habe unterhalten können, dass sie sich ihrer Situation bewusst gewesen sei und dass sie gut habe unterscheiden können, wer zu ihr gestanden sei oder nicht. Die Feststellung, die Erblasserin sei sich ihrer Situation bewusst gewesen, erfolgt unter Hinweis auf Äusserungen des Hausarztes Dr. F. Abgesehen davon, dass eine so allgemein gehaltene Umschreibung kaum konkrete Schlüsse auf den Grad der Urteilsfähigkeit zuliesse, hat sich der Zeuge gerade nicht in diesem allgemeinen Sinn ausgedrückt, sondern nach den Feststellungen des Kantonsgerichts vielmehr erklärt, über ihre eigenen Angelegenheiten - d.h. den Eintritt ins Altersheim - habe man sich mit ihr noch gut unterhalten können; zudem ist nicht bekannt, auf welchem intellektuellen Niveau sich die Unterhaltung über den Eintritt ins Altersheim bewegte. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass Dr. F. nach den verbindlichen Tatsachenfeststellungen auch von einer deutlichen Verschlechterung des Denkvermögens seit dem 1985 erlittenen Hirnschlag, von einer deutlichen Verlangsamung des Denkens und von einer teilweisen Verwirrtheit im Dezember 1988 sprach. Dies deutet eher darauf hin, dass von einer im Normalfall wesentlich beeinträchtigten Urteilsfähigkeit auszugehen ist.
bb) Was sodann die sich teilweise widersprechenden Aussagen der Zeugen Vitus S. und Hans T. einerseits und der Zeugin Rita B. andrerseits betrifft, ist vorweg darauf hinzuweisen, dass Laien erfahrungsgemäss nur selten eine zutreffende Vorstellung der Urteilsfähigkeit im Rechtssinn haben; in aller Regel kann ein Zeuge hinsichtlich der Urteilsfähigkeit keine genaue Angaben machen, ausser er wisse tatsächlich genau Bescheid über das fragliche Rechtsgeschäft und die psychische Verfassung der betreffenden Person. Dieser Besonderheit hat das Kantonsgericht bei seinen Schlüssen, die es aus den Zeugenaussagen in bezug auf die Urteilsfähigkeit gezogen hat, keine Rechnung getragen. Jedenfalls kann allein aus den Einschätzungen des Zeugen Vitus S., zu Beginn des Aufenthaltes in der Klinik sei Maria X. für das Abfassen eines Testamentes urteilsfähig gewesen, nicht einfach auf die Testierfähigkeit der Erblasserin geschlossen werden; das gleiche gilt für die Aussage des Zeugen Hans T., der den Eindruck gehabt hat, Maria X. habe im Jahre 1988/1989 gut unterscheiden können, wer zu ihr gestanden sei und wer nicht. Umgekehrt kann auch aus der Aussage der Zeugin Rita B., mit Maria X. habe man schon in der Zeit vor 1989 keine vernünftigen Gespräche mehr führen können und sie habe auch komisch gelacht, nicht ohne weiteres auf die fehlende Testierfähigkeit geschlossen werden. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Umstand, dass in der Krankengeschichte festgehalten wird, dass die Patientin - wenn auch nur in bescheidenem Rahmen - noch diskussionsfähig gewesen sei. Wenn eine unbestrittenermassen in ihren intellektuellen Fähigkeiten angeschlagene Person noch in der Lage war, an einer Unterhaltung etwa über banale Alltäglichkeiten teilzunehmen, kann daraus nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit der Schluss gezogen werden, diese Person sei auch in bezug auf intellektuell anspruchsvollere Fragen - wozu letztwillige Verfügungen über das Vermögen zweifellos gehören - im Normalfall wahrscheinlich urteilsfähig gewesen.
e) Insgesamt ergibt sich das Bild einer allgemeinen Geistesverfassung von Maria X., das nur den Schluss auf eine im Normalfall stark eingeschränkte Urteilsfähigkeit zulässt; es ist daher davon auszugehen, dass die Erblasserin nach ihrer Einweisung in die Psychiatrische Klinik im Frühjahr 1989 in bezug auf den Abschluss von relativ anspruchsvollen Geschäften, wozu die Errichtung eines Testamentes zählt, im Normalfall nicht mehr urteilsfähig war. Das Kantonsgericht durfte daher nicht davon ausgehen, dass der von der Klägerin zu erbringende Nachweis für die fehlende Testierfähigkeit der Erblasserin gescheitert sei. Vielmehr ist aufgrund einer Würdigung aller Umstände davon auszugehen, dass Maria X. im fraglichen Zeitraum mit grosser Wahrscheinlichkeit im Normalfall nicht mehr testierfähig war. Dem Beklagten steht der Gegenbeweis offen, dass die Erblasserin trotz im Normalfall gegebener Urteilsunfähigkeit zum fraglichen Zeitpunkt ausnahmsweise urteilsfähig war.