BGE 124 III 229 |
43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Mai 1998 i.S. E.Q. und P.Q. gegen Helsana Versicherungen AG (Berufung) |
Regeste |
Art. 47 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG); Art. 102 Abs. 2 Satz 4 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG); Prämienfestsetzung im Bereich der Zusatzversicherung. |
Die Versicherungen sind berechtigt, die Prämien entsprechend dem Risiko des Versicherten festzusetzen, und sind nicht verpflichtet, eine Prämienreduktion aufgrund der unter dem früheren Recht zurückgelegten Versicherungszeiten zu gewähren. Eine solche Verpflichtung besteht nur, wenn der Prämientarif auch unter dem neuen Recht auf die zurückgelegten Versicherungszeiten Rücksicht nimmt (Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG) (E. 3). |
Sachverhalt |
Die Eheleute U.Q. und V.Q., beide geboren 1922, sind langjährige Mitglieder der Helsana Versicherungen AG (vormals Krankenkasse Helvetia). In der Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 waren U.Q. und V.Q. u.a. auch in der Krankenpflege-Zusatzversicherung "BASIS TOP" versichert; die Prämien wurden nach dem Eintrittsalter berechnet, so dass U.Q. und V.Q. in der Altersgruppe 30 eingereiht waren. Im Zusammenhang mit der Revision des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (KUVG 1911) mussten die bis dahin nach dem Krankenversicherungsrecht geführten Zusatzversicherungen dem revidierten Krankenversicherungsgesetz (KVG 1994) angepasst und gleichzeitig dem Privatversicherungsrecht unterstellt werden. Die Krankenkasse Helvetia passte die Krankenpflege-Zusatzversicherungen per 1. Januar 1996 dem neuen Recht an, wobei die bisherige Zusatzversicherung "BASIS TOP" in zwei neue Produkte aufgeteilt wurde, nämlich die "TOP" Krankenpflege-Zusatzversicherung für spezielle Leistungen und die "SANA" Krankenpflege-Zusatzversicherung für Prävention und Komplementärmedizin. Die Prämien in den beiden neu gestalteten Krankenpflegeversicherungen wurden neu nicht mehr nach dem Eintrittsalter der Versicherten, sondern nach dem aktuellen Lebensalter berechnet; U.Q. und V.Q. wurden in die höchste Altersgruppe - Lebensalter mehr als 71 Jahre - eingeteilt, was eine entsprechende Prämienerhöhung zur Folge hatte.
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Am 20. August 1996 erhoben U.Q. und V.Q. beim Appellationshof des Kantons Bern Klage gegen die Helvetia Krankenkasse und beantragten im wesentlichen, die Krankenkasse sei zu verpflichten, ihnen für die Zusatzversicherungen "TOP" und "SANA" Versicherungsverträge anzubieten, die mindestens den bisherigen Umfang des Versicherungsschutzes gewähren; zudem seien bei der Festsetzung der Prämien die unter früherem Recht zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen, indem ihnen eine vom Lebensalter unabhängige, jedoch das Eintrittsalter in die Versicherung berücksichtigende Altersgruppeneinteilung gewährt werde. Eventuell seien die Prämien auf maximal das 1,4fache jener einer höchstens 26-30 Jahre alten Person zu begrenzen. Subeventuell seien ihnen Entschädigungen für zuviel bezahlte Prämien zu bezahlen, d.h. Fr. 8'537.05 an V.Q. und Fr. 11'560.70 an U.Q. In ihrer Klageantwort beantragte die Helvetia Krankenkasse sinngemäss, auf die Klage nicht einzutreten, da das angerufene Gericht sachlich nicht zuständig sei. Eventualiter sei die Klage abzuweisen. Mit Urteil vom 17. Juni 1997 hat der Appellationshof des Kantons Bern die Klage zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil erhoben U.Q. und V.Q. beim Bundesgericht Berufung.
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Aus den Erwägungen: |
a) Zunächst stellt sich die Frage, ob überhaupt eine berufungsfähige Zivilrechtsstreitigkeit im Sinn von Art. 46 OG vorliegt. Als solche versteht die Rechtsprechung ein kontradiktorisches Verfahren zwischen zwei und mehreren natürlichen oder juristischen Personen in ihrer Eigenschaft als Trägerinnen privater Rechte oder zwischen solchen Personen und einer Behörde, die nach Bundesrecht die Stellung einer Partei einnimmt. Dieses Verfahren bezweckt die endgültige Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse. Dabei ist nicht entscheidend, welchen Rechtsweg die kantonale Behörde eingeschlagen hat; vorausgesetzt ist nur, dass die Parteien Ansprüche aus Bundeszivilrecht erhoben haben und ebensolche objektiv streitig sind (BGE 123 III 346 E. 1a S. 349 mit Hinweisen).
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b) Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG; SR 832.10) regelt die soziale Krankenversicherung, welche die obligatorische Kranken- und eine freiwillige Taggeldversicherung umfasst (Art. 1 Abs. 1 KVG); das Versicherungsverhältnis untersteht dem öffentlichen Recht. Das frühere, bis 31. Dezember 1995 gültige Krankenversicherungsrecht (KUVG vom 13. Juni 1911) umfasste die von den Krankenkassen angebotenen Zusatzversicherungen grundsätzlich ebenfalls. Nach dem neuen KVG unterstehen die neben der sozialen Krankenversicherung angebotenen Zusatzversicherungen dem Privatrecht, womit auf sie nunmehr das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) anwendbar ist (Art. 12 Abs. 3 KVG). Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen gelten daher als zivilrechtlich und sind vom Zivilrichter zu entscheiden (Art. 47 Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz [VAG; SR 961.01]). So hat das Bundesgericht kürzlich entschieden, dass es sich bei der Streitigkeit über die Frage, ob die von der Krankenkasse angebotene Zusatzversicherung den nach Art. 102 Abs. 2 Satz 3 KVG garantierten Versicherungsschutz gewähre, um eine Zivilrechtsstreitigkeit handle (BGE 124 III 44 E. 1/a/aa und 2a).
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c) Gemäss Art. 8 Abs. 1 VAG haben Versicherungseinrichtungen, die eine Bewilligung zum Geschäftsbetrieb erlangen wollen, der Aufsichtsbehörde ein Gesuch mit dem Geschäftsplan einzureichen. Dieser muss u.a. die in der Schweiz zu verwendenden genehmigungspflichtigen Tarife und ihre Versicherungsmaterialien enthalten (Art. 8 Abs. 1 lit. f VAG). Im Genehmigungsverfahren prüft die Aufsichtsbehörde aufgrund der von der Versicherung vorgelegten Tarifberechnungen, ob sich die vorgesehenen Prämien in einem Rahmen halten, der einerseits die Solvenz der einzelnen Versicherungseinrichtungen und andrerseits den Schutz der Versicherten vor Missbräuchen gewährleistet (Art. 20 VAG). Verfügungen der Aufsichtsbehörde über Tarife können mit Beschwerde bei der Rekurskommission für die Aufsicht über die Privatversicherung angefochten werden (Art. 45a Abs. 1 VAG); gegen deren Entscheid steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht zur Verfügung (Art. 45a Abs. 2 VAG). Diese Rechtslage entspricht im übrigen Art. 99 lit. b OG, welche Bestimmung - als Gegenausnahme - für privatrechtsgestaltende Verfügungen über Tarife auf dem Gebiet der Privatversicherung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ermöglicht (BGE 99 Ib 51 E. 1a S. 53 f.; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 105).
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Diese präventive Kontrolle durch die Verwaltung schliesst indessen - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - eine nachträgliche Prüfung durch den Zivilrichter nicht aus. So können Versicherungsbedingungen, auch wenn sie vom Bundesamt für Privatversicherungswesen genehmigt sind, vom Zivilrichter frei auf ihre Gesetzmässigkeit überprüft werden, ob sie zwingenden Bestimmungen des VVG widersprechen, und der Zivilrichter ist an den Genehmigungsentscheid nicht gebunden (BGE 100 II 453 E. 6 S. 461 ff.). Nicht anders ist der Zivilrichter frei, im konkreten Fall zu prüfen, ob der Prämientarif, auch wenn er vom Bundesamt für Privatversicherungen genehmigt wurde, den Anforderungen zwingender gesetzlicher Bestimmungen widerspricht; dessen Entscheid unterliegt der Berufung ans Bundesgericht (Art. 46 OG). Der erforderliche Streitwert ist offensichtlich erreicht, da bei wiederkehrenden Leistungen von unbeschränkter Dauer vom Kapitalwert auszugehen ist, der dem zwanzigfachen Betrag der einjährigen Leistung entspricht (Art. 36 Abs. 5 und 6 OG). Die Vorinstanz hat die Klage daher zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, es liege keine Zivilrechtsstreitigkeit vor, so dass die Berufung diesbezüglich gutzuheissen ist.
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d) Der Appellationshof hat sich nur zur Zuständigkeitsfrage geäussert und nicht in der Sache selbst entschieden. Dennoch rechtfertigt sich ausnahmsweise, das Verfahren nicht zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sondern sogleich in der Sache zu entscheiden. Einerseits sind die Tatsachenfeststellungen vollständig. Anderseits stand den Parteien die Möglichkeit offen, ihren Standpunkt zur hier gestellten Rechtsfrage darzulegen, von welcher Möglichkeit sie sowohl im kantonalen Verfahren als auch im Verfahren vor Bundesgericht Gebrauch gemacht haben. Zu beachten ist schliesslich auch, dass das Gesetz ein rasches Verfahren vorschreibt (Art. 47 Abs. 2 VAG).
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3. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die Beklagte berechtigt ist, bei der Prämienberechnung für die Zusatzversicherung ausschliesslich auf das aktuelle Lebensalter der Kläger abzustellen und die zurückgelegte Versicherungszeit unberücksichtigt zu lassen. Gemäss Art. 11 der seit dem 1. Januar 1996 in Kraft stehenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Helsana werden die Prämien dem Lebensalter der versicherten Personen entsprechend angepasst. Die Maximalprämien für über 65jährige Versicherte betragen das Dreifache und für über 70jährige das Vierfache der Prämien für 30jährige. Bei den Taggeldversicherungen darf die Maximalprämie ab Alter 60 das Fünffache der Prämien für über 30jährige nicht übersteigen. Gemäss dieser Regelung ist für die Prämienfestsetzung ausschliesslich das effektive Alter der Versicherten massgebend. Demgegenüber spielen Eintrittsalter bzw. zurückgelegte Versicherungszeiten bei der Prämienfestsetzung keine Rolle. Die hier umstrittenen Prämien wurden - dem Alter der Kläger entsprechend - nach Massgabe der Altersgruppe der über 70jährigen berechnet.
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a) Im Bereich der privaten Krankenversicherung können die Prämientarife unterschiedlich ausgestaltet sein. Möglich sind beispielsweise gleiche Prämien für beide Geschlechter und alle Alter, wie dies für die Grundversicherung vorgeschrieben ist (Art. 61 Abs. 1 KVG); denkbar sind aber auch nach Geschlecht und Alter abgestufte Prämien, sogenannte risikogerechte Prämien. Werden Prämien nicht entsprechend dem für Geschlecht und Altersklasse bestehenden Erkrankungsrisiko festgelegt, resultiert daraus ein mehr oder weniger grosser Solidaritätseffekt zwischen Geschlechtern und Altersklassen (EIKE STEINMANN, Finanzierungssysteme in der privaten Versicherung, in: Schweizerische Versicherungszeitschrift 1995, S. 218 f.). Bei den Zusatzversicherungen unter der Herrschaft des KUVG entsprach es weit verbreiteter Praxis, die Prämien nach dem Eintrittsalter abzustufen, d.h. bei der Bemessung der Prämien in der Regel auch die zurückgelegten Versicherungszeiten zu berücksichtigen mit der Folge, dass Versicherte aufgrund bereits zurückgelegter Versicherungszeiten im Vergleich mit neuversicherten Personen gleichen Alters in den Genuss einer entsprechend tieferen Prämie gelangten. Unter dem neuen Recht können die Versicherungen das System risikogerechter Prämien zur Anwendung bringen und damit den Prämientarif ausschliesslich nach dem effektiven Alter und dem Geschlecht des Versicherten abstufen (BBl 1992 I S. 214; PETER STREIT, Zusatzversicherungen nach Versicherungsvertragsgesetz: Erfahrungen und Entwicklungen, in: Soziale Sicherheit 4/1997, S. 223). Da die Krankheitshäufigkeit in der Regel mit dem Alter zunimmt, fallen nach Altersklassen abgestufte Risikoprämien mit zunehmendem Alter der Versicherten entsprechend höher aus. Allerdings steht es den Krankenkassen auch unter dem neuen Recht frei, beim Prämientarif zurückgelegte Versicherungszeiten zu berücksichtigen bzw. auf das Eintrittsalter Rücksicht zu nehmen (BBl 1992 I S. 214) und insoweit das System risikogerechter Prämien zu modifizieren. Diesfalls liegen die Prämien langjähriger Versicherter unter den risikogerechten Prämien, jene junger und neueintretender Mitglieder darüber.
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b) Umstritten ist, ob Krankenkassen verpflichtet sind, bei der Prämiengestaltung langjährigen Versicherten die unter altem Recht zurückgelegte Versicherungszeiten anzurechnen und ihnen entsprechend tiefere Prämien anzubieten, wenn bei der Prämienfestsetzung einzig auf das individuelle Altersrisiko abgestellt wird. Entscheidend dafür ist Art. 102 Abs. 2 KVG bzw. dessen Satz 4. Die Bestimmung lautet wie folgt:
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"Bestimmungen der Krankenkassen über Leistungen bei Krankenpflege, die über den Leistungsumfang nach Artikel 34 Absatz 1 hinausgehen (statutarische Leistungen, Zusatzversicherungen), sind innert eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes dem neuen Recht anzupassen. Bis zur Anpassung richten sich Rechte und Pflichten der Versicherten nach dem bisherigen Recht. Die Krankenkasse ist verpflichtet, ihren Versicherten Versicherungsverträge anzubieten, die mindestens den bisherigen Umfang des Versicherungsschutzes gewähren. Die unter dem früheren Recht zurückgelegten Versicherungszeiten sind bei der Festsetzung der Prämien anzurechnen."
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Nach Auffassung der Beklagten bezieht sich die Pflicht zur Anrechnung unter altem Recht zurückgelegter Versicherungszeiten nur auf solche Versicherungsprodukte, die auch unter dem neuen Recht auf das Eintrittsalter Rücksicht nehmen. Zur Begründung beruft sich die Beklagte auf die entsprechende Passage der Botschaft (BBl 1992 I S. 214), welche folgenden Wortlaut hat:
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"...Um die Fortführung des bisherigen Versicherungsschutzes zu gewährleisten, sind die Krankenkassen zu verpflichten, die bisher über das gesetzliche Minimum hinaus gewährten Leistungen auf vertraglicher Basis ungeschmälert weiterzuführen. Unter diese Garantie fällt allerdings nur der Umfang der versicherten Leistungen und nicht die Höhe der Prämien. Auch im geltenden Recht besteht keine Garantie bezüglich der Prämienhöhe. Im Gegensatz zum geltenden Recht kann die Prämie aber auch nach dem effektiven Alter abgestuft werden. Nimmt der Prämientarif nach neuem Recht auch auf das Eintrittsalter Rücksicht, was in der Regel der Fall sein dürfte, so sind die unter dem alten Recht zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen...."
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Die Kläger stellen sich demgegenüber auf den Standpunkt, Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG verpflichte die Krankenkassen vorbehaltlos, die unter altem Recht zurückgelegte Versicherungsdauer anzurechnen, und zwar dessenungeachtet, ob sie sich unter dem neuen Recht für ein System risikogerechter Prämien oder für ein System mit Berücksichtigung des Eintrittsalters entschieden haben.
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c) Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst, d.h. nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrundeliegenden Wertungen und Zielsetzungen auszulegen; dabei hat sich die Gesetzesauslegung vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz; gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis aus der ratio legis (BGE 121 III 219 E. 1d/aa S. 224 f. mit Hinweisen; ERNST A. KRAMER, Juristische Methodenlehre, Bern 1998, S. 161 ff.).
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aa) Die Äusserungen in der Literatur zur Tragweite von Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG sind nicht eindeutig. RAYMOND SPIRA (Le nouveau régime de l'assurance-maladie complémentaire, in: Schweizerische Versicherungs-Zeitschrift 1995, S. 196) illustriert die Anwendung der in Frage stehenden Bestimmung anhand des Beispiels einer beim Inkrafttreten des KVG seit 20 Jahren versicherten Person, deren 20jährigen Mitgliedschaft die Kasse Rechnung tragen müsse, woraus eine erhebliche Verminderung der Prämie resultieren sollte im Vergleich zu einer neu versicherten Person gleichen Alters; allerdings geht der Autor weder auf die Botschaft ein, noch führt er aus, ob seinem Beispiel ein Tarif zugrundeliegt, der auch unter dem neuen Recht auf die Versicherungszeiten bzw. das Eintrittsalter Rücksicht nimmt. Auch VINCENT BRULHART (Quelques remarques relatives au droit applicable aux assurances complémentaires dans le nouveau régime de la LAMal, in: LAMal-KVG, Recueil des travaux en l'honneur de la société suisse de droit des assurances, (IRAL) Lausanne 1997, S. 748 f.) und THOMAS LOCHER (Grundriss des Sozialversicherungsrechts, Bern 1997, § 28 Rz. 3) vertreten die Auffassung, Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG verpflichte die Krankenkassen, die unter dem früheren Recht zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Festsetzung der Prämien anzurechnen, so dass langjährige Versicherte von tieferen Prämien profitieren müssten; aber auch diese Autoren setzen sich mit der Botschaft nicht auseinander und legen nicht dar, ob ihrer Annahme ein Tarif zugrundeliege, der auch unter dem neuen Recht auf die Versicherungsdauer Rücksicht nimmt. Als einziger Autor weist ALFRED MAURER (Verhältnis obligatorische Krankenpflegeversicherung und Zusatzversicherung, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la société suisse de droit des assurances, Lausanne 1997, S. 730 ff.) auf einen durch Auslegung nicht überbrückbaren Widerspruch zwischen Gesetzestext und Botschaft hin und fordert, allein auf den Gesetzestext abzustellen, der auf jeden Fall eine Berücksichtigung der bisherigen Versicherungsdauer verlange, und zwar auch dann, wenn die neue Zusatzversicherung nicht auf dieses Kriterium abstelle. Die gegenteilige Meinung vertritt UELI KIESER (Die Neuordnung der Zusatzversicherungen zur Krankenversicherung, AJP 1997, S. 16, insbes. Fn. 55): Den unter früherem Recht zurückgelegten Versicherungszeiten sei nur dann Rechnung zu tragen, wenn die Prämie auch unter neuem Recht unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes ausgestaltet werde, wozu die Versicherungen allerdings nicht verpflichtet seien; Kieser hebt hervor, dass mangels entsprechender Äusserungen in der parlamentarischen Gesetzesberatungen der Feststellung in der Botschaft Bedeutung zukomme. PETER STREIT (a.a.O., S. 225 f.) weist zunächst darauf hin, dass sich angesichts der Finanzierung der Zusatzversicherung im Umlageverfahren eine Berücksichtigung bisheriger Versicherungszeiten bei der Prämienfestsetzung versicherungsmathematisch nicht rechtfertigen lasse, und fährt sodann fort, dass die im Gesetz vorgesehene Anrechnung bisheriger Versicherungszeiten als politisches Zugeständnis zu werten sei. Den Materialien ist - abgesehen von der erwähnten Passage in der Botschaft - nichts zur Tragweite von Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG zu entnehmen; weder in der Expertenkommission noch in den parlamentarischen Kommissionen (SPIRA, a.a.O., S. 195), noch in den Beratungen des Parlamentes ist die Frage der Anrechnung bisheriger Versicherungszeiten bei der Prämienfestsetzung thematisiert worden.
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bb) Art. 102 Abs. 2 KVG schliesst die Höhe und die Art der Bestimmung der Prämie nicht in den Besitzstand ein (BBl 1992 I S. 214). Schon im bisherigen Recht bestand hinsichtlich der Prämienhöhe keine Garantie und waren den Versicherten keine wohlerworbenen Rechte erwachsen. Dennoch gingen viele Versicherte von der Annahme aus, dass das System nicht geändert werden würde und sie dereinst nach Jahren oder Jahrzehnten der Mitgliedschaft den von der jüngeren Generation zugunsten der älteren Versicherten entrichteten Solidaritätszuschlag ebenfalls einfordern und ihrerseits von einer tieferen Prämie profitieren könnten.
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Nun gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass während der zurückgelegten Versicherungsdauer keine individuelle Vorfinanzierung einer künftigen - durch steigendes Erkrankungsrisiko erhöhten - Belastung stattgefunden hat, wie es einem Kapitaldeckungsverfahren entsprechen würde. Vielmehr sind die Zusatzversicherungen der Krankenkassen unter dem alten Krankenversicherungsrecht nach dem Umlageverfahren finanziert worden; dies bedeutet, dass die Prämieneinnahmen eines bestimmten Jahres in der Finanzierung der Krankheitskosten des gleichen Jahres aufgingen, weshalb die Bildung individueller Altersrückstellungen, die eingefordert werden könnten, unter dem alten System gar nicht möglich war (STREIT, a.a.O., S. 225; STEINMANN, a.a.O., S. 218 f.). Eine Anrechnung vergangener Versicherungsjahre wäre jedoch nur gerechtfertigt, wenn während dieser Zeit vom Versicherten Vorauszahlungen zur Finanzierung von individuellen Altersrückstellungen erbracht worden wären; erfolgt die Finanzierung demgegenüber im Umlageverfahren, entbehrt die Anrechnung zurückgelegter Versicherungszeiten einer versicherungsmathematischen Grundlage (STREIT, a.a.O., S. 225).
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Weiter ist zu berücksichtigen, dass es den Krankenkassen im Bereich der privaten Zusatzversicherung freigestellt ist, ob sie die Versicherten ausschliesslich nach Altersklassen einteilen und risikogerechte Prämien verlangen oder ob sie dieses System durch Berücksichtigung zurückgelegter Versicherungszeiten bzw. des Eintrittsalters modifizieren wollen; es ist den Kassen aber auch freigestellt, in welchem Umfang sie dies - gegebenenfalls - verwirklichen wollen, wie es ihnen überhaupt überlassen bleibt, in ihrem Angebot Zusatzversicherungen zu führen. In jedem Fall zurückgelegte Versicherungszeiten zu berücksichtigen und langjährigen Versicherten tiefere Prämien anzurechnen, würde aber bedeuten, dass die Krankenkassen im Rahmen der privaten Krankenversicherung in ihrer Freiheit prinzipiell eingeschränkt wären, eine Finanzierung über das System der risikogerechten Prämien zu verwirklichen, und liefe dieser übergeordneten Zielsetzung des neuen Rechts zuwider; da nach dem früheren Umlageverfahren keine Altersrückstellungen gemacht wurden, könnte die Berücksichtigung zurückgelegter Versicherungszeiten nur über die Anhebung risikogerechter Prämien für jüngere und neueintretende Versicherte finanziert werden. Ein solches Modell, das auf einem Solidaritätstransfer zwischen den Altersgruppen basiert, wäre indessen nur mit einem Paket von Zwangsmassnahmen realisierbar gewesen (STREIT, a.a.O., S. 223 f.). Darauf hat der Gesetzgeber mit der Unterstellung der Zusatzversicherung unter das Privatrecht aber bewusst verzichtet. Dies macht deutlich, dass Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG nicht die Bedeutung beigemessen werden kann, die Krankenkassen zu verpflichten, die Prämien in jedem Fall - d.h. völlig ungeachtet des von ihnen gewählten Prämiensystems - unter Berücksichtigung der unter altem Recht zurückgelegten Versicherungszeiten festzusetzen.
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Ein weiteres Indiz für die eingeschränkte Bedeutung der umstrittenen Bestimmung bildet schliesslich der Umstand, dass die Frage der Berücksichtigung zurückgelegter Versicherungszeiten bei der Prämienfestsetzung nicht justiziabel ist, wenn nicht der Prämientarif dazu die nötigen Kriterien liefert. Infolge Fehlens eines objektiven Massstabes ist es nicht möglich, die Anrechnung vergangener Versicherungszeiten mit mathematischen Methoden zu beurteilen (STREIT, a.a.O., S. 225). Die notwendigen Kriterien liegen nur dann vor, wenn die Versicherungen auch unter dem neuen Recht auf das Eintrittsalter Rücksicht nehmen, wozu sie aber nicht verpflichtet sind. Auch Alfred Maurer, der sich für eine ausnahmslose Berücksichtigung der zurückgelegten Versicherungsdauer bei der Prämienfestsetzung ausspricht, hat darauf hingewiesen, dass nach dem Gesetz unklar sei, unter welchen Voraussetzungen - ob nur bei langer oder auch bei kurzer Dauer - und namentlich auf welche Weise die Anrechnung erfolgen soll (a.a.O., S. 731, Fn. 31).
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cc) Aus diesen Gründen verschafft das Übergangsrecht keinen generellen Anspruch darauf, dass zurückgelegte Versicherungszeiten zu einer Prämienreduktion führen. Hingegen ist Art. 102 Abs. 2 Satz 4 KVG so zu verstehen - und steht insoweit auch mit der Zielsetzung des KVG in Einklang -, dass unter altem Recht zurückgelegte Versicherungszeiten von den Versicherungen dann anzurechnen sind, wenn der Prämientarif auch unter dem neuen Recht auf das Eintrittsalter Rücksicht nimmt. Zwar dürfte es auch diesfalls an der versicherungsmathematischen Rechtfertigung fehlen, unter altem Recht zurückgelegte Versicherungszeiten anzurechnen. Doch unterziehen sich Versicherungen dieser Anrechnung insoweit aus freien Stücken, als sie sich dafür entscheiden, auch unter dem neuem Recht bei der Prämienfestsetzung zurückgelegte Versicherungszeiten grundsätzlich als Faktor zu berücksichtigen und insoweit das System risikogerechter Prämien nicht konsequent zu verwirklichen. Diesfalls verfügt die Versicherung aber auch über die Anrechnungskriterien, um die Prämienreduktion zu berechnen. Im übrigen ist die so zu verstehende Übergangsbestimmung - entgegen der Auffassung der Kläger - auch keineswegs überflüssig bzw. sinnlos, bestünde doch ansonsten für Krankenkassen, die auch nach dem neuen Recht auf das Eintrittsalter Rücksicht nehmen, gerade wegen des früheren Finanzierungssystems kein Anlass, diesen Prämienvorteil auch hinsichtlich der unter altem Recht zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen und es nicht dabei bewenden zu lassen, ihn nur ab Umstellung des Systems zu gewähren. Zusammenfassend ergibt sich, dass unter altem Recht zurückgelegte Versicherungszeiten anzurechnen sind, wenn Versicherungszeiten bzw. das Eintrittsalters generell einen bei der Prämienfestsetzung zu berücksichtigenden Faktor bilden, nicht aber, wenn diese Gesichtspunkte für die Festlegung der Prämien grundsätzlich keine Rolle spielen. Da die Helsana das Kriterium der zurückgelegten Versicherungsdauer bzw. des Eintrittsalters unberücksichtigt lässt und keine Verpflichtung zur Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes besteht, ist die Prämienfestsetzung nicht zu beanstanden; die Klage ist daher sowohl im Haupt- als auch im Eventualstandpunkt unbegründet.
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d) Nach dem Gesagten erweist sich aber ohne weiteres auch das Subeventualbegehren als unbegründet, mit welchem die Rückzahlung von Fr. 8'537.05 für den Kläger und von Fr. 11'560.70 für die Klägerin verlangt wird. Die Kläger gehen fehl in der Annahme, dass für die Versicherten ein individuelles "Prämiendepot für später" eingerichtet wurde, dessen Ausbezahlung sie nun nach dem Systemwechsel beanspruchen können. Wie erläutert wurden die Zusatzversicherungen unter dem alten Recht nach dem Umlageverfahren finanziert, so dass keine individuellen Altersrückstellungen gebildet wurden (vgl. E. 3c/bb). Damit besteht aber offensichtlich kein Anspruch auf angeblich zuviel bezahlte Prämien.
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