A. verursachte am 11. September 1992 in einer scharfen Linkskurve mit dem von ihm gelenkten Audi 100 einen Unfall. Der Lenker erlitt dabei erhebliche Verletzungen und wurde arbeitsunfähig. Seit dem 1. September 1993 bezahlt ihm die Eidgenössische Invalidenversicherung (Klägerin) eine volle IV-Rente, eine Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten. Halter des Fahrzeugs ist der Cousin des verunfallten Lenkers, B., der bei der Versicherung X. (Beklagte) obligatorisch haftpflichtversichert ist. Die Klägerin nahm für ihre Leistungen Regress auf die Beklagte und belangte diese am 27. Januar 1999 auf Zahlung von Fr. 712'381.80 nebst 5 % Zins ab 1. November 1998 vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich, welches die Klage am 5. Dezember 2000 abwies. Mit eidgenössischer Berufung beantragt die Klägerin im Wesentlichen die Aufhebung des Urteils des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Dezember 2000, die Rückweisung der Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und die Gutheissung der Klage.
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aa) Soweit sie sich dabei auf einen gegenüber dem von der Vorinstanz festgestellten erweiterten Sachverhalt stützt und daraus auf die Selbstverständlichkeit der Fahrzeugüberlassung schliesst, ist auf ihr Vorbringen nicht einzutreten. Sodann verkennt die Klägerin die Argumentation der Vorinstanz zum (fehlenden) Eigeninteresse des Halters, wenn sie meint, es sei abzuklären, ob ein Warentransport stattgefunden habe. Nach Auffassung der Vorinstanz wurde dies als gegeben unterstellt, jedoch nicht als geeignet befunden, die grosszügige Geste des Halters herabzuwürdigen. Eine Verletzung von Art. 8 ZGB ist daher nicht auszumachen.
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Die Anerkennung der Gefälligkeit als Grund für eine Reduktion der Haftung stellt einen der Billigkeit entsprechenden Leitgedanken des Obligationenrechts dar, welcher in Art. 99 Abs. 2 OR und in Art. 248 OR ausdrücklich kodifiziert wurde (BREHM, Berner Kommentar, N. 55a zu Art. 43 OR; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, 5. Aufl., S. 411 Rz. 69). Nichts steht daher entgegen, die Gefälligkeit des Halters gegenüber Fahrzeugentlehnern auch nach Aufhebung der entsprechenden Sonderbestimmung als einen die Schadenersatzpflicht herabsetzenden "Umstand" im Sinne von Art. 43 Abs. 1 OR zu qualifizieren. Diese Auffassung herrscht auch in der Lehre vor (GUHL/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., S. 88 Rz. 92; BREHM, Berner Kommentar, N. 56 zu Art. 43 OR; DÄHLER/SCHAFFHAUSER, Verkehrsunfall, in: Münch/Geiser [Hrsg.], Schaden - Haftung - Versicherung, S. 511 Rz. 10.39; BUSSY/RUSCONI, Code Suisse de la circulation routière, 3. Aufl., N. 4.6 zu Art. 59; OFTINGER/STARK, a.a.O, S. 411 Rz. 69; vgl. auch Rey, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, S. 286 Rz. 1304; a.A. ALFRED KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, Bd. I, 5. Aufl., S. 282). Für die von der Klägerin vertretene Ansicht, wonach es bei der Abschaffung von Art. 59 Abs. 3 SVG dem gesetzgeberischen Willen entsprochen habe, Kürzungen wegen Gefälligkeitshandlungen zu unterbinden, lassen sich in den Materialien jedenfalls für die hier einzig interessierende unentgeltliche Überlassung des Fahrzeugs keine Belege finden (GEISSELER, Haftpflicht und Versicherung im revidierten SVG, Diss. Freiburg 1980, S. 19 und S. 41). Art. 62 Abs. 1 SVG, welcher auf die Regeln zur Bemessung des Schadenersatzes auf das OR und damit namentlich auf Art. 43 Abs. 1 OR verweist (BUSSY/RUSCONI, a.a.O., N. 1.5 zu Art. 62 SVG), wurde in der Revision von 1975 denn auch nicht verändert. Die Berufung ist insoweit unbegründet.
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