BGE 131 III 237 |
31. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurs-kammer i.S. X. AG und Y. (SchKG-Beschwerde) |
7B.219/2004 vom 28. Januar 2005 |
Regeste |
Freihandverkaufsverfügung; Nichtigkeit (Art. 22 SchKG) wegen inhaltlicher Mängel. |
Bei der Verwertung von registrierten Immaterialgüterrechten - im konkreten Fall Marken - ist zur Individualisierung die Erwähnung der wichtigsten Registerangaben erforderlich (E. 2.3). |
Sachverhalt |
A. Am 8. Juli 2003 wurde über die Z. AG der Konkurs eröffnet und in der Folge die Durchführung des Konkurses im summarischen Verfahren angeordnet. Das Konkursamt Zug sandte am 20. August 2003 der W. GmbH den Kaufvertrag über "alle im Anhang aufgeführten Inventarpositionen und Marken" der Gemeinschuldnerin zum Pauschalpreis von Fr. 5'000.- und unterzeichnete den Vertrag, nachdem er von der Erwerberin unterzeichnet retourniert worden war. Am 5. Dezember 2003 machte das Konkursamt die Auflage (bis 29. Dezember 2003) von Kollokationsplan und Inventar im Schweizerischen Handelsamtsblatt und im Amtsblatt des Kantons Zug bekannt.
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B. Am 6. Januar 2004 teilte die X. AG, Alleinaktionärin der Gemeinschuldnerin, dem Konkursamt mit, dass sie bereit wäre, für die vom Freihandverkauf erfassten Vermögenswerte (insbesondere die Marken) Fr. 150'000.- zu bezahlen. Gleichzeitig erhob sie sowie Y., vormalige Verwaltungsratspräsidentin der Gemeinschuldnerin, Beschwerde gegen den Freihandverkauf bei der Justizkommission des Obergerichts als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2004 trat die Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein.
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C. Die X. AG und Y. haben den Beschluss der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 1. November 2004 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragen, es sei die Nichtigkeit des Freihandverkaufs vom 20. August 2003 festzustellen; eventuell sei der Freihandverkauf aufzuheben. Weiter seien der X. AG die mit dem Freihandverkauf übertragenen Marken "V." (Schweizer Marke, Internationale Marke, US-Marke) zuzusprechen; eventuell sei der Freihandverkauf erneut durchzuführen.
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Das Bundesgericht stellt die Nichtigkeit der Freihandverkaufsverfügung fest.
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Aus den Erwägungen: |
2.2 Die Beschwerdegegnerin macht in Bezug auf die Individualisierung der verkauften Marken geltend, wegen der fehlenden Präzisierung könne davon ausgegangen werden, dass sämtliche Marken "V" übertragen worden seien, "da es keinen Sinn macht, die eine Marke zu übertragen und die andere nicht"; sodann seien die Vertragsparteien davon ausgegangen, dass sämtliche Marken (Schweizer Marke, Internationale Marke, US-Marke) gemeint seien. Diese Vorbringen zur Auslegung der Verfügung sind unbehelflich. Der Freihandverkauf wird rechtlich als Verwertungsakt und damit als Verwaltungsverfügung qualifiziert (BGE 106 III 79 E. 4 S. 82; BGE 128 III 104 E. 3a S. 107; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl. 2003, § 26 Rz. 24, § 27 Rz. 44, § 47 Rz. 26; HÄUSERMANN/STÖCKLI/FEUZ, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 5 zu Art. 143b SchKG). Wohl sind die privatrechtlichen Regeln über die Willenserklärungen im Allgemeinen und jene über den Vertragsschluss im Besonderen analog anzuwenden (Urteil des Bundesgerichts 7B.167/1999 vom 1. November 1999, E. 4; LORANDI, Freihandverkauf, a.a.O., S. 59 und S. 68). Die Notwendigkeit der Zustimmung des Erwerbers zur Freihandverkaufsverfügung ändert indessen nichts daran, dass die Behörde die zwangsvollstreckungsrechtliche Enteignung der Gemeinschuldnerin nach Massgabe des Gesetzes vornimmt bzw. vornehmen muss (vgl. HÄFELIN/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 186 Rz. 899).
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2.3.2 Bei registrierten Immaterialgüterrechten als von der Zwangsvollstreckung erfassten Vermögenswerten sind allgemein die wichtigsten Registerangaben zu erwähnen (CORNAZ, L'exécution forcée des droits de propriété intellectuelle, Diss. Lausanne 2002, S. 147 Rz. 275). Bei der vorliegenden Freihandverkaufsverfügung ist indessen nicht hinreichend bestimmt, welche Marken verwertet worden sind, denn es fehlt insbesondere die erforderliche eindeutige Bezeichnung (insbesondere der Registernummer) der - offenbar in verschiedenen Registern - eingetragenen Marken (vgl. CORNAZ, a.a.O.). Sollen mit der Verfügung alle "im Anhang aufgeführten" Marken veräussert werden, erscheint der Kaufvertrag insofern als widersprüchlich, als er einerseits die Markenrechte als Kaufgegenstand bezeichnet, auf der massgeblichen Liste andererseits auf deren Veräusserung verzichtet. Sollen hingegen "alle Marken" veräussert werden, ist die Verfügung inhaltlich mangelhaft: So wenig wie eine Pfändungsurkunde den Bestimmtheitsanforderungen genügt, wenn darin "alle Fauteuils" oder "sämtliches Mobiliar im Salon" als beschlagnahmte Gegenstände aufgeführt sind (IMBODEN, a.a.O.; LORANDI, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, a.a.O.), so wenig kann die fragliche Freihandverkaufsverfügung den erwähnten Anforderungen genügen, wenn damit ohne nähere Individualisierung "alle Marken" verwertet werden sollen. Daher muss die Nichtigkeit der Freihandverkaufsverfügung vom 20. August 2003 festgestellt werden, soweit damit "alle Marken" freihändig verkauft werden sollen.
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2.5 Der weitere Antrag der Beschwerdeführerin X. AG auf Zusprechung von Markenrechten durch die erkennende Kammer ist unzulässig. Da feststeht, dass keine wirksame Freihandverkaufsverfügung vorliegt, wird das Konkursamt erneut zur Verwertung der fraglichen Vermögenswerte schreiten, wobei die Art der Verwertung im Ermessen des Konkursamtes steht (LUSTENBERGER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 36 zu Art. 231 SchKG). Für den Fall, dass das Konkursamt sich entschliesst, die fraglichen Vermögenswerte - nach Bestimmung der zu verwertenden Marken - erneut durch Freihandverkauf zu verwerten, wird es allerdings Art. 256 Abs. 2-4 SchKG berücksichtigen und die Interessen der Gläubiger bestmöglich wahren (Art. 231 Abs. 3 Ziff. 2 SchKG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist nicht erforderlich, auf weitere im vorliegenden Verfahren erhobene Rügen vorweg Stellung zu nehmen.
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