BGE 132 III 71
 
10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. Beteiligungen AG gegen B. AG (Berufung)
 
4C.81/2005 vom 2. November 2005
 
Regeste
Einsichts- und Auskunftsrecht des Aktionärs (Art. 697 OR).
Die Auskunftsklage setzt voraus, dass ein Auskunftsbegehren an der Generalversammlung gestellt und die Auskunftserteilung ungerechtfertigt verweigert wurde (E. 2).
 
Sachverhalt
A. Die A. Beteiligungen AG mit Sitz in W. (Beklagte) hat die Beteiligung an Unternehmungen aller Art, insbesondere eine dauernde Beteiligung an der A. AG zum Zweck. Die A. AG, ebenfalls mit Sitz in W., ist im Präzisions-Werkzeugmaschinenbau tätig und setzt ihre Produkte fast zu 100 % im Ausland ab. Sie verfügt über eine Vertriebsgesellschaft in Yokohama (Japan) und über Verkaufsbüros in Newcastle (GB), Moskau und Peking. Weitere Beteiligungen der A. Beteiligungen AG bilden die C. AG in W., die A. GmbH in L. (Deutschland) und die A. Corp. in E. (USA). Die A. Beteiligungen AG wird von einer Aktionärsgruppe beherrscht, die über einen Aktienanteil von über 50 % verfügt. Die B. AG mit Sitz in B. (Klägerin) ist im Besitz von rund 47 % der Aktien. Deren Verwaltungsratspräsident X. ist 1989 von der Mehrheitsgruppe aus dem Verwaltungsrat der A. Beteiligungen AG abgewählt worden.
Im Vorfeld der ordentlichen Generalversammlung der A. Beteiligungen AG gelangte die B. AG mit Schreiben vom 2. Juni 2001 an deren Verwaltungsrat und ersuchte ihn, ihr bis spätestens 8. Juni 2001 die jeweils letzte vorliegende Jahresrechnung (Erfolgsrechnung und Bilanz) der A. AG, der C. AG, der A. GmbH (Deutschland), der A. Corp. (USA), der A. KK (Japan) sowie der ausländischen Vertriebsgesellschaften der A. AG, nämlich der A. AG (China), der A. AG (Russland) und der U.K. Vertretung A. AG (Grossbritannien) zukommen zu lassen. Eine Zustellung dieser Unterlagen vor der Generalversammlung unterblieb. Anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 stellte der Vertreter der B. AG erneut das Begehren um Aushändigung dieser Unterlagen und eventuell um Gewährung von Einsicht in diese. Der Verwaltungsrat der A. Beteiligungen AG gab diesem Begehren insoweit statt, als er die Generalversammlung für einige Zeit unterbrach, um den Vertretern der B. AG Einsicht in die genannten Unterlagen zu geben. Mit Schreiben vom 29. Juni 2001 ersuchte die B. AG darauf den Verwaltungsrat der A. Beteiligungen AG, ihr nochmals Einsicht in die Jahresrechnungen und Revisionsberichte der Beteiligungsgesellschaften zu gewähren, da der kurze Unterbruch anlässlich der Generalversammlung nicht ausgereicht habe. Am 21. August 2001 wies der Verwaltungsrat das Ersuchen ab, da bereits eine Einsichtnahme stattgefunden habe.
B. Am 13. Mai 2002 reichte die B. AG beim Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Bülach gegen die A. Beteiligungen AG Klage ein und verlangte die Gewährung von Einsicht in die anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 für kurze Zeit vorgelegten Jahresrechnungen (Erfolgsrechnung und Bilanz) der A. AG, C. AG, A. GmbH (Deutschland), A. Corp. (USA) und A. KK (Japan) (Ziff. 1) sowie Einsicht in die Revisionsberichte zu den genannten Jahresrechnungen (Ziff. 2) unter Androhung von Bestrafung gemäss Art. 292 StGB für den Weigerungsfall (Ziff. 3). Für die ihr zu gewährende Einsicht verlangte sie die Aushändigung der genannten Unterlagen, eventuell die Gewährung der Einsichtnahme mit der Möglichkeit, Kopien zu erstellen, subeventuell die Gewährung reiner Einsichtnahme während einer von ihr zu bestimmenden, jedoch 8 Stunden (Jahresrechnungen) bzw. 4 Stunden (Revisionsberichte) nicht übersteigenden Zeitdauer. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. In der Replik vom 22. August 2003 präzisierte die Klägerin Ziff. 2 ihres Rechtsbegehrens dahingehend, dass sie Einsicht in die nach dem Recht am Sitz der jeweiligen Gesellschaft rechtsverbindlichen Revisionsberichte verlange, und ergänzte Ziff. 1 mit dem Begehren um zusätzliche Gewährung von Einsicht in die nach dem Recht am Sitz der jeweiligen Gesellschaft rechtsverbindlichen Jahresrechnungen. Zudem stellte sie neu das Eventualbegehren auf Erteilung schriftlicher Auskunft über sämtliche Angaben in den genannten Jahresrechnungen sowie über sämtliche Kommentare der Gesellschaftsprüfer in den genannten Revisionsberichten.
Mit Verfügung vom 28. Juni 2004 wies die Einzelrichterin im summarischen Verfahren des Bezirkes Bülach die Klage ab. Gegen diese Verfügung rekurrierte die Klägerin an das Obergericht des Kantons Zürich und verlangte die Gutheissung ihres Begehrens. Mit Beschluss vom 11. Januar 2005 hob das Obergericht (II. Zivilkammer) die angefochtene Verfügung auf und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin durch Aushändigung von Kopien Einsicht in die genannten Jahresrechnungen und Revisionsberichte der Beteiligungsgesellschaften zu gewähren unter Strafandrohung für den Fall der Nicht- oder nicht vollständigen Erfüllung innert der angesetzten Frist.
Gegen den Beschluss des Obergerichts führt die Beklagte beim Bundesgericht Berufung mit dem Antrag, der Beschluss sei vollumfänglich aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt den angefochtenen Beschluss auf und weist die Klage ab.
 
Aus den Erwägungen:
1.1 Gemäss Art. 697 OR kann ein Aktionär mit ausdrücklicher Ermächtigung der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates Einsicht in die Geschäftsbücher und Korrespondenzen der Gesellschaft nehmen (Abs. 3). Wie das Recht auf Auskunft besteht dieses Einsichtsrecht soweit, als die Einsicht für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist (Abs. 2). Ausserdem sind die Geschäftsgeheimnisse zu wahren (Abs. 3). Wird die Einsicht ungerechtfertigt verweigert, hat der Aktionär die Möglichkeit, den Richter am Sitz der Gesellschaft anzurufen (Abs. 4).
Die Erteilung oder Verweigerung der Einsicht steht im freien Ermessen der Generalversammlung bzw. des Verwaltungsrates (Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 6.3; WEBER, Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 2. Aufl., N. 18 zu Art. 697 OR; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 40 N. 193; BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl. 2004, § 12 Rz. 150; BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 17 zu Art. 697 aOR). Damit hat das vom Aktionär gestützt auf Art. 697 Abs. 4 OR angerufene Gericht lediglich zu entscheiden, ob der ablehnende Entscheid sachlich vertretbar ist, was einer auf Willkür beschränkten Prüfung entspricht. War die Kognition der Vorinstanz auf eine Willkürprüfung beschränkt, prüft das Bundesgericht auch im Rahmen der Berufung mit freier Kognition, ob die Vorinstanz zu Unrecht das Vorliegen von Willkür bejaht oder verneint hat (vgl. BGE 125 I 492 E. 1a/cc S. 494; 111 la 353 E. 1b S. 355 zur staatsrechtlichen Beschwerde).
Das Obergericht erwähnt in seinem Urteil zwar, dass das angerufene Gericht lediglich zu entscheiden habe, ob der ablehnende Entscheid der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates sachlich vertretbar sei. Die weiteren Ausführungen des Obergerichts wecken indessen Zweifel, ob es sich auch tatsächlich an diese Beschränkung seiner Überprüfungsbefugnis gehalten hat. So führt es in den Erwägungen zur Erforderlichkeit der Einsichtnahme nur aus, der Auffassung der Vorinstanz könne nicht gefolgt werden, ohne darzulegen, dass und weshalb die von der Einzelrichterin geschützte Auffassung des Verwaltungsrates, der das Einsichtsbegehren abgelehnt hatte, nicht vertretbar bzw. willkürlich sei. Auch bei der Prüfung, ob schutzwürdige Interessen der Gesellschaft einer Einsichtnahme entgegenstehen, bezeichnet es das Obergericht nur als fraglich, dass fiskalische Interessen einer Gesellschaft, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegen, überhaupt schutzwürdige Interessen im Sinne von Art. 697 OR darstellen können. Die Frage, ob eine Missachtung der Beschränkung der Überprüfungsbefugnis durch die Vorinstanz vorliegt, kann indessen offen bleiben, wenn das angefochtene Urteil aus anderen Gründen vor dem Bundesrecht nicht standhält. Dies gilt auch für die Frage, ob die Einschränkung der Überprüfungsbefugnis des Richters für alle materiellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Einsicht gilt oder nur bezüglich der Verweigerung wegen entgegenstehenden Geschäftsgeheimnissen oder anderen schützenswerten Interessen der Gesellschaft.
1.2 Gegenstand des Einsichtsrechts sind gemäss Art. 697 Abs. 3 OR die "Geschäftsbücher und Korrespondenzen" der Gesellschaft. Dies ist indessen keine abschliessende Aufzählung der Schriftstücke, in die Einsicht genommen werden kann. Vielmehr sind die beiden Begriffe extensiv auszulegen und umfassen alle bei der Gesellschaft befindlichen schriftlichen Unterlagen, die für die Ausübung der Aktionärsrechte mit Einschluss der Beurteilung der Lage der Gesellschaft von Bedeutung sind (Urteil des Bundesgerichts 4C.234/ 2002 vom 4. Juni 2003, E. 6.2; WEBER, Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 697 OR; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 194; HORBER, Die Informationsrechte des Aktionärs, Zürich 1995, S. 190 ff.; FORSTMOSER, Informations- und Meinungsäusserungsrechte des Aktionärs, in: Rechtsfragen um die Generalversammlung, Zürich 1997, S. 85 ff., S. 100; KUNZ, Das Informationsrecht des Aktionärs in der Generalversammlung, AJP 2001 S. 883 ff., 891; BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 697a OR). Im Konzern bezieht sich das Einsichtsrecht des Aktionärs damit auf die schriftlichen Unterlagen, die sich bei jener Gesellschaft befinden, an welcher er selbst direkt beteiligt ist. Ist er an der Konzernobergesellschaft beteiligt, können dies auch vorhandene Unterlagen über die Untergesellschaften sein. Dass die Beklagte über die Jahresrechnungen und die Revisionsberichte der von der Klägerin genannten Beteiligungsgesellschaften verfügt, ist nie in Abrede gestellt worden. Die von der Klägerin bezeichneten Jahresrechnungen und Revisionsberichte stellen deshalb einen möglichen Gegenstand ihres Einsichtsrechts dar.
1.3 Das Einsichtsrecht dient wie das Auskunftsrecht dazu, dem Aktionär jene Informationen zu verschaffen, die zur sinnvollen Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich sind. In Betracht kommen insbesondere das Stimmrecht, das heisst die Meinungsbildung hinsichtlich der Abnahme der Jahresrechnung und der Gewinnverteilung sowie in Bezug auf Wahlen und Décharge-Erteilung, sodann das Recht auf Durchführung einer Sonderprüfung, die Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung und die Verantwortlichkeitsklage. Auch das Recht auf Veräusserung der Aktien kann zu Einsichtsbegehren Anlass bilden, wenn der Aktionär den wirklichen Wert seiner Aktien erfahren will. Ob die verlangte Einsicht zur Meinungsbildung hinsichtlich der Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist, bestimmt sich nach dem Massstab eines vernünftigen Durchschnittsaktionärs (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.2.1; Botschaft des Bundesrates über die Revision des Aktienrechts vom 23. Februar 1983, BBl 1983 II 745 ff., S. 907; WEBER, Basler Kommentar, N. 7 zu Art. 697 OR; BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz. 152; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 171; FORSTMOSER, a.a.O., S. 93 ff.; KUNZ, a.a.O., S. 888).
1.3.1 Im Streitfall hat der Aktionär zu beweisen, dass die Einsicht im Hinblick auf die Ausübung seiner Rechte erforderlich ist (Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.2.2 mit Hinweisen; HORBER, a.a.O., S. 317). Es genügt aber vorerst der Beweis, dass der entsprechende Bezug in genereller Art für einen Durchschnittsaktionär gegeben ist, ohne spezifischen Nachweis bezogen auf die individuelle Situation des die Einsicht verlangenden Aktionärs und seine konkreten Interessen. In diesem Rahmen ergibt sich eine natürliche Vermutung zugunsten des Aktionärs, die von der Gesellschaft allenfalls entkräftet werden kann. Liegt das Auskunftsbegehren dagegen ausserhalb dieses Rahmens, hat der Aktionär sein individuelles Interesse unter Nachweis entsprechender konkreter Umstände zu belegen. In beiden Fällen reicht ein blosses Glaubhaftmachen nicht aus (Urteil des Bundesgerichts 4C.234/ 2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.2.2).
In ihrer Berufungsantwort weist die Klägerin wiederholt darauf hin, es sei offensichtlich, dass die von ihr zur Einsicht verlangten Jahresrechnungen und Revisionsberichte über den Zustand der einzelnen Tochtergesellschaften zusätzliche, d.h. nicht aus der Konzernrechnung ersichtliche Auskünfte geben würden. Das genügt indessen nicht um darzutun, dass diese zusätzlichen Informationen für die Ausübung ihrer Aktionärsrechte erforderlich sind. Dass die Einsicht in schriftliche Unterlagen oder die Auskunftserteilung zusätzliche Informationen verschafft, liegt im Wesen der Sache. Dies als Begründung genügen zu lassen, würde deshalb bedeuten, dass entgegen der Anordnung des Gesetzgebers auf das Kriterium der Erforderlichkeit als Voraussetzung für einen Informationsanspruch verzichtet wird. Dass die verlangte Einsicht dem Aktionär zusätzliche Informationen verschafft, begründet auch noch keine natürliche Vermutung dafür, dass diese für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich sind.
1.3.2 Bei der Prüfung, ob die verlangte Einsicht für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich sei, ist jeweils auch zu berücksichtigen, über welche andere Angaben und Unterlagen der Aktionär - insbesondere aufgrund des ihm abgegebenen Geschäftsberichts - bereits verfügt. Mit der Aktienrechtsreform von 1992 wurden Gesellschaften, die eine oder mehrere andere Gesellschaften unter einheitlicher Leitung zusammenfassen (Konzerne), verpflichtet, eine konsolidierte Jahresrechnung (Konzernrechnung) zu erstellen (Art. 663e-g OR). Die Konzernrechnung gehört zum Geschäftsbericht (Art. 662 Abs. 1 OR), der gemäss Art. 696 OR vor der ordentlichen Generalversammlung zur Einsicht aufzulegen ist und welchen jeder Aktionär verlangen kann. Für die Prüfung dieser Konzernrechnung ist ein besonders befähigter Revisor zu bestellen (Art. 731a OR), der den Prüfungsbericht zuhanden der Generalversammlung erstattet, welche die Konzernrechnung zu genehmigen hat (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 3 OR). Dass die Beklagte zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet war, ist unbestritten. Unbeachtlich ist jedoch der in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Einwand, dass für das Rechnungsjahr 2000 eine ordnungsgemässe Konzernrechnung fehle. Weder das angefochtene Urteil des Obergerichts noch die vorangegangene Verfügung der Einzelrichterin des Bezirkes enthalten eine derartige Feststellung. Die Klägerin unterlässt auch genaue Hinweise dazu, dass sie dies bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform behauptet hätte. Damit gilt das Vorbringen als neu und unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106).
Ziel der Konzernrechnung ist, dem Aktionär und allenfalls weiteren Kreisen Transparenz über die ganze unter einheitlicher Leitung zusammengefasste Gruppe von rechtlich selbständigen Gesellschaften zu verschaffen. Sie wird aufgestellt, wie wenn die Obergesellschaft und die Untergesellschaften nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich eine Einheit, ein einziges Unternehmen bilden würden. Demgemäss werden die Einzelabschlüsse zusammengefügt und alle konzerninternen Vorgänge eliminiert (Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 817 ff.). Diese Einheit ist allerdings fiktiv, wessen sich ein Leser einer Konzernrechnung immer bewusst sein muss (vgl. BÖCKLI, a.a.O., § 9 Rz. 8). Die Rechnung ist so aufzustellen, dass die Vermögens- und Ertragslage des Gesamtunternehmens möglichst zuverlässig bewertet werden kann (Art. 663g Abs. 1 OR i.V.m. Art. 662a OR).
1.3.3 Wenn die Klägerin über die ihr zur Verfügung stehende Konzernrechnung hinaus Einsicht in die Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften und die zugehörigen Revisionsberichte verlangt, muss sie somit nachweisen, dass diese weitergehenden Informationen für sie erforderlich sind, um ihre Aktionärsrechte in der Beklagten als Konzernobergesellschaft sinnvoll ausüben zu können. Dabei ist zu beachten, dass sie nur an der Muttergesellschaft als Aktionärin beteiligt ist, ihr in den Tochtergesellschaften aber keinerlei Aktionärsrechte zustehen. Der Wert ihrer Beteiligung an der Beklagten hängt von der finanziellen Situation des Gesamtunternehmens ab. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb es für sie erforderlich sein soll, sich ein Bild über die finanzielle Situation jeder einzelnen Tochtergesellschaft machen zu können. Ein Recht auf Einblick in die Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften lässt sich auch nicht begründen mit der abstrakten Möglichkeit, dass bezüglich der verschiedenen Tochtergesellschaften "unausgeglichene Verhältnisse" vorliegen könnten, indem etwa eine überfinanzierte und eine der Insolvenz nahe stehende Untergesellschaft mit einer stark verschuldeten Obergesellschaft konsolidiert werden. Dass der Nachweis einer solchen Situation dem Aktionär vor dem Einblick in die Jahresrechnungen der Untergesellschaften schwer fällt, trifft zwar zu. Entgegen der Auffassung des Obergerichts genügt dies indessen nicht, um den Aktionär vom konkreten Nachweis zu entbinden, dass die verlangten Informationen für ihn erforderlich sind. Andernfalls müsste die Erforderlichkeit für jedwelche gewünschte Information bejaht werden, da stets alles theoretisch möglich ist. Nicht näher dargelegt ist im Übrigen, inwieweit sich die geschilderte Situation auf die Ausübung der Aktionärsrechte durch den Einsicht verlangenden Aktionär auswirken soll. Die Auswirkungen solcher "unausgeglichener Verhältnisse" auf die finanzielle Lage des Gesamtunternehmens werden in der Konzernrechnung zwar nicht im Einzelnen transparent gemacht, aber soweit nötig ebenfalls erfasst.
Dass die verlangte Einsicht für die Klägerin erforderlich sei, lässt sich auch nicht mit der Frage der Dividendenpolitik begründen. Die Generalversammlung der Beklagten kann nur über den Gewinn verfügen, welchen sie selbst erwirtschaftet und der ihr von den Tochtergesellschaften als Beteiligungsertrag zufliesst. Die Höhe des Beteiligungsertrags und des übrigen von ihr selbst erwirtschafteten Ertrags ist im Einzelabschluss der Konzernobergesellschaft ausgewiesen. Aus der konsolidierten Jahresrechnung ergibt sich anderseits der konsolidierte Gruppengewinn. Aus diesen Zahlen ist für die Klägerin somit auch ersichtlich, welcher Anteil des von den Tochtergesellschaften insgesamt erwirtschafteten Gewinns als Beteiligungsertrag an die Muttergesellschaft geflossen ist. Weshalb die Klägerin darüber hinaus für die Ausübung ihrer Aktionärsrechte auch wissen müsste, welche Anteile des Gewinns oder des abgeführten Beteiligungsertrages auf die einzelnen Tochtergesellschaften entfallen, wird von ihr nicht dargelegt.
Auch in der Literatur wird ein genereller Anspruch der Aktionäre der Konzernobergesellschaft auf Einsicht in die Jahresrechnungen der Konzernuntergesellschaften, soweit sich dazu Stellungnahmen finden, verneint (so BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz. 159). Keine gegenteilige Auffassung ergibt sich bei jenen Autoren, die einfach einen Anspruch auf Auskunft über die Konzernrechnung bejahen (so FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 198), da die Konzernrechnung keine Angaben über die Einzelabschlüsse umfasst. Vielmehr liegt es gerade im Wesen der Konzernrechnung, dass sie auf der Fiktion der Einheit des Gesamtunternehmens beruht und die Existenz rechtlich selbständiger Einheiten negiert. Zu unterscheiden ist auch zwischen dem Anspruch auf Auskunft über Geschäftsvorgänge in den Tochtergesellschaften und der Einsicht in die Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften. Die mit Dritten getätigten Geschäftsvorgänge der Tochtergesellschaften fliessen in die Konzernrechnung ein. Hat ein solcher Vorgang eine entsprechende Tragweite, ist auch ein berechtigtes Informationsinteresse des Aktionärs der Muttergesellschaft zu bejahen (so ausdrücklich Urteil des Bundesgerichts 4C.234/2002 vom 4. Juni 2003, E. 4.1). Nur auf das Auskunftsrecht im Konzern beziehen sich die Stellungnahmen von WEBER (Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 697 OR) und FORSTMOSER (a.a.O., S. 101). Anders verhält es sich mit dem Einblick in die Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften, welche diese isoliert darstellen. Was davon für den Aktionär der Konzernobergesellschaft allgemein relevant ist, ist in der Konzernrechnung enthalten. Seit mit der Aktienrechtsreform von 1992 die Pflicht zur Erstellung und Vorlage einer Konzernrechnung eingeführt worden ist, kann auch nicht mehr auf die Entscheide und Stellungnahmen in der Literatur abgestellt werden, die noch unter dem früheren Recht ergangen sind bzw. sich auf jenes bezogen. Dies gilt insbesondere für den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 28. Juni 1967 (abgedruckt in: Schweizerische Aktiengesellschaft [SAG] 1973 S. 49 ff.). Das damals geschützte Informationsinteresse des Aktionärs der Muttergesellschaft wird nun durch die Konzernrechnung befriedigt.
Der von der Klägerin zu erbringende Nachweis, dass die verlangte Einsicht in die Jahresrechnungen der Beteiligungsgesellschaften der Beklagten für sie zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte in der Beklagten erforderlich sei, fehlt somit. Wenn das Obergericht im angefochtenen Entscheid die Beklagte trotzdem zur Gewährung von Einsicht verpflichtet hat, hat es Art. 697 OR verletzt.
1.3.5 Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäss auch für das Begehren der Klägerin um Einsicht in die Revisionsberichte zu den Jahresrechnungen. Bereits die Revisionsstelle der Beklagten hat diese Revisionsberichte jeweils zu würdigen bei der Prüfung der Werthaltigkeit der Beteiligungen im Einzelabschluss der Muttergesellschaft. Zudem hat der Konzernprüfer zu überprüfen, ob die lokalen Zahlenwerke jeder wesentlichen Konzernuntergesellschaft ordnungsgemäss geprüft worden sind (BÖCKLI, a.a.O., § 15 Rz. 117). Inwieweit für die Klägerin zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte als Aktionärin der Beklagten darüber hinaus noch eine eigene Einsicht in die Revisionsberichte zu den Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften erforderlich sein soll, ist nicht ersichtlich. Auch dieses Begehren der Klägerin ist deshalb abzuweisen.
1.4 Fehlt die Erforderlichkeit der verlangten Einsicht für die Ausübung der Aktionärsrechte der Klägerin, erübrigt es sich zu prüfen, ob einer Einsicht allenfalls Geschäftsgeheimnisse oder andere schützenswerte Interessen der Beklagten entgegenstehen. Ebenso ist nicht zu prüfen, ob der Anspruch des Aktionärs gemäss Art. 697 Abs. 3 OR auf eine Einsicht im eigentlichen Wortsinn beschränkt ist oder ob der Aktionär auch Kopien der Unterlagen verlangen kann, auf welche sich der Einsichtsanspruch bezieht.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss das Recht auf Auskunftserteilung an der Generalversammlung ausgeübt werden. Dies hindert nicht, dass ein Aktionär sein Begehren vorgängig schriftlich einreicht. Eine solche Voranfrage kann sogar erwünscht sein, um dem Verwaltungsrat zu ermöglichen, die erforderlichen Abklärungen zu treffen, damit er an der Generalversammlung sachgerecht Auskunft zu erteilen vermag. Die Bindung der Auskunftserteilung an die Generalversammlung soll sicherstellen, dass alle Aktionäre, die an dieser teilnehmen, den gleichen Informationsstand haben. Die an der Generalversammlung gestellten Begehren um Auskunft und die darauf erteilten Antworten sind zu protokollieren (Art. 702 Abs. 2 Ziff. 3 OR). Auch Aktionäre, die nicht an der Generalversammlung teilgenommen haben, sind berechtigt, das Protokoll einzusehen (Art. 702 Abs. 3 OR). Sind für die Erteilung von Auskunft auf ein erst an der Generalversammlung gestelltes Begehren noch weitere Abklärungen erforderlich, muss die Beantwortung allenfalls nach der Generalversammlung erfolgen, wobei die erteilte Antwort ebenfalls mit einem entsprechenden Vermerk in das Protokoll aufzunehmen ist (zum Ganzen: Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S. 907; WEBER, Basler Kommentar, N. 4 zur 697 OR; BÖCKLI, a.a.O., § 12 Rz. 149; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., § 40 N. 166 f.; KUNZ, a.a.O., S. 893 ff.; FORSTMOSER, a.a.O., S. 97; für eine zeitlich nicht limitierte Ausübung des Auskunftsrechts HORBER, a.a.O., S. 137 f.).
Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 2. Juni 2001 sowie anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 nur ein Begehren um Einsicht gestellt. Das Eventualbegehren um Erteilung von Auskunft folgte dann erst in der Replik vom 22. August 2003. Damit fehlt es an der Klagevoraussetzung, dass ein Auskunftsbegehren an der Generalversammlung gestellt und die Auskunftserteilung ungerechtfertigt verweigert wurde. Die Erteilung von Auskunft kann auch nicht als blosses Minus betrachtet werden, das im gestellten Begehren um Gewährung von Einsicht enthalten gewesen wäre. Das Recht auf Einsicht und das Recht auf Auskunft haben einen verschiedenen Inhalt, und das für die Geltendmachung einzuhaltende Verfahren weist Unterschiede auf. Gegenstand des Einsichtsrechts sind bestehende Dokumente. Bei der Auskunftserteilung formuliert demgegenüber der Verwaltungsrat zu diesem Zweck selbst einen Informationsinhalt über den bestimmten Sachverhalt. Dieser Informationsinhalt wird grundsätzlich mündlich an der Generalversammlung bekannt gegeben und protokolliert. Damit erlangen alle an der Generalversammlung anwesenden Aktionäre und über die Möglichkeit, in das Generalversammlungsprotokoll Einsicht zu nehmen, auch die übrigen Aktionäre davon Kenntnis. Die durch die Einsicht in Geschäftsunterlagen erlangte Kenntnis bleibt demgegenüber beschränkt auf den betreffenden Aktionär. Während beim Einsichtsrecht das Dokument, auf welches sich das Begehren bezieht, zu bezeichnen ist, ist beim Auskunftsbegehren der konkrete Sachverhalt zu umschreiben. Auf das Eventualbegehren der Klägerin um Erteilung von Auskunft ist deshalb mangels eines entsprechenden Begehrens anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 bzw. im Vorfeld dieser Generalversammlung nicht einzutreten (DOMINIK VOCK, Prozessuale Fragen bei der Durchsetzung von Aktionärsrechten, Diss. Zürich 1999, S. 42 f.).
2.2 Selbst wenn die Klägerin im Übrigen ein entsprechendes Begehren anlässlich der Generalversammlung vom 20. Juni 2001 gestellt hätte, müsste ihr Eventualbegehren abgewiesen werden. Dieses bezieht sich auf Angaben in den Jahresrechnungen der Tochtergesellschaften und in den zugehörigen Revisionsberichten. Fehlt der Nachweis, dass die Einsicht in diese Unterlagen zur Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist (vgl. vorne E. 1.3), so fehlt dieser auch für die Erforderlichkeit einer Auskunft darüber. Zudem ist das Begehren viel zu unbestimmt formuliert. Der geschäftliche Sachverhalt, über welchen Auskunft verlangt wird, wird nicht angegeben, sondern es werden nur die Dokumente bezeichnet, aus welchen alle darin enthaltenen Angaben verlangt werden. Damit wird das Wesen der Auskunftserteilung verkannt. Wie die Einzelrichterin des Bezirkes zutreffend festgestellt hat, dient die Auskunftserteilung nicht der Wiedergabe von Urkunden, sondern der Beantwortung von Fragen zu bestimmten Sachverhalten. Das Eventualbegehren der Klägerin ist deshalb in Wirklichkeit ein verkapptes Einsichtsbegehren.