83. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. AG gegen B. (Berufung)
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4C.198/2006 vom 7. September 2006
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Regeste
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Art. 270a Abs. 2 und 3 OR; Mietzinsherabsetzung.
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Auf die Durchführung des parteiinternen Vorverfahrens kann gemäss Art. 270a Abs. 3 OR nur verzichtet werden, wenn der Mieter gleichzeitig mit der Anfechtung einer Mietzinserhöhung auch Herabsetzungsansprüche geltend macht. Ferner kann auf das Vorverfahren verzichtet werden, wenn sich der Mieter in einem hängigen Herabsetzungsverfahren auf zusätzliche Herabsetzungsgründe beruft oder wenn der Vermieter eine Mietzinsherabsetzung von vorneherein klar ablehnt. Demgegenüber reichen allgemeine Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien des Mietverhältnisses nicht aus, auf die Durchführung des parteiinternen Vorverfahrens zu verzichten (E. 4.3).
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Sachverhalt
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A. Mit Vertrag vom 14. Mai 2002 mietete B. (Kläger) von der A. AG (Beklagte) per 1. Juli 2002 einen 5-Zimmer-Hausteil mit Garten und Gartensitzplatz in Meilen zu einem monatlichen Mietzins von Fr. 2'365.-. Am 29. September 2003 stellte die Beklagte dem Kläger eine Heizkostenabrechnung zu, worauf der Kläger mit Schreiben vom 7. Oktober 2003 an die Beklagte gelangte und um Zustellung einer korrekten Heizkostenabrechnung ersuchte.
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B. Am 27. November 2003 reichte der Kläger bei der Schlichtungsstelle des Bezirkes Meilen Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei der Mietzins angemessen herabzusetzen und es sei eine ordnungsgemässe Heizkostenabrechnung für die vorangehende Heizperiode zu erstellen. Da keine Einigung zustande kam, gelangte der Kläger am 30. Januar 2004 an das Mietgericht, welches mit Beschluss vom 18. Mai 2004 auf das Begehren um Herabsetzung nicht eintrat und dasjenige betreffend die Heizkostenabrechnung als gegenstandslos abschrieb. Ein dagegen vom Kläger erhobener Rekurs wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 16. September 2004 gutgeheissen und die Sache (zur materiellen Entscheidung) an die Vorinstanz zurückgewiesen. Mit Urteil vom 18. August 2005 trat das Mietgericht nunmehr auf die Klage ein und setzte den Mietzins von Fr. 2'365.- per 1. April 2004 um 6,5 Prozent auf Fr. 2'211.- herab. Auf Berufung der Beklagten hin wurde dieser Entscheid vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 13. April 2006 bestätigt.
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C. Mit Berufung vom 24. Mai 2006 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. April 2006 sei mit Ausnahme von Ziffer 1 des Dispositivs aufzuheben und auf die Klage betreffend Herabsetzung des Mietzinses sei nicht einzutreten. Der Kläger beantragt sinngemäss Abweisung der Berufung. Gleichzeitig stellt er den Antrag auf unentgeltliche Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes.
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Aus den Erwägungen:
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4.1 In BGE 122 III 20 wurde unter Hinweis auf eine Literaturstelle ausgeführt, bei den Anforderungen gemäss Art. 270a Abs. 2 OR handle es sich bloss um Ordnungsvorschriften. Das parteiinterne Vorverfahren bezwecke lediglich, die Parteien vor der Einleitung eines behördlichen Verfahrens zu einem Meinungsaustausch über den künftigen Mietzins zu veranlassen. Diese Feststellung erfolgte im Hinblick auf die Frage, ob die Parteien sich bereits im Vorverfahren endgültig festlegen müssten und im nachfolgenden behördlichen Verfahren an ihre Erklärungen im Vorverfahren gebunden seien, was verneint wurde (a.a.O. E. 4c S. 24). Das Bundesgericht hielt fest, Art. 270a Abs. 3 OR sei vor diesem Hintergrund zu sehen. Danach könne der Mieter gleichzeitig mit der Anfechtung einer Mietzinserhöhung ein Herabsetzungsbegehren stellen, ohne vorgängig das Vorverfahren gemäss Art. 270a Abs. 2 OR in Gang setzen zu müssen. Die Vorschrift beruhe auf der Überlegung, dass ein Vorverfahren, das eine gütliche Einigung ermöglichen soll, nicht mehr sinnvoll sei, wenn die Parteien bereits in einem Anfechtungsverfahren über den Mietzins streiten würden. Dieser Gedanke treffe aber auch dann zu, wenn neue Herabsetzungsgründe einträten, während bei den Behörden bereits ein Herabsetzungsverfahren hängig sei. Es rechtfertige sich daher, dem Mieter in analoger Anwendung von Art. 270a Abs. 3 OR auch in solchen Fällen die Möglichkeit einzuräumen, neue Herabsetzungsforderungen ohne vorgängiges Parteiverfahren im Sinne von Art. 270a Abs. 2 OR in das laufende behördliche Verfahren einzubringen, solange das kantonale Prozessrecht dies zulasse (a.a.O. E. 4c S. 24 f.).
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4.2 Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass sich das Bundesgericht zur Frage äusserte, ob zusätzliche Gründe denkbar sind, welche - über den Wortlaut von Art. 270a Abs. 3 OR hinausgehend - den Ausschluss des parteiinternen Vorverfahrens erlauben. Damit wurde aber gleichzeitig vorausgesetzt, dass ein solches Verfahren grundsätzlich notwendig ist. Wenn im erwähnten BGE 122 III 20 die Frage zu entscheiden war, ob neue Herabsetzungsgründe unter den Ausnahmetatbestand von Art. 270a Abs. 3 OR fallen, so war davon auszugehen, dass im Verneinungsfall ein vorgängiges Parteiverfahren unerlässlich ist. Der Hinweis, es handle sich um Ordnungsvorschriften, bezog sich auf die einzelnen Formerfordernisse des Art. 270a Abs. 2 OR, nämlich das an den Vermieter gerichtete schriftliche Begehren, das Abwarten der Antwort während einer bestimmten Frist und die anschliessende fristgemässe Einleitung des Schlichtungsverfahrens. Es ist einzuräumen, dass die mit Verweis auf eine Literaturstelle gewählte Formulierung zu Missverständnissen führen könnte. Es sollte damit einzig zum Ausdruck gebracht werden, dass das Einleitungsverfahren zur Mietzinsherabsetzung im Gegensatz zum Erhöhungsverfahren nur informellen Charakter hat mit dem Zweck, einen Meinungsaustausch zwischen den Parteien anzuregen (ROGER WEBER, Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2003, N. 6a zu Art. 270a OR). Die Lehre geht mehrheitlich zu Recht davon aus, dass das in Art. 270a Abs. 2 OR vorgesehene Parteiverfahren als eigentliche Prozessvoraussetzung zwingend eingehalten werden muss, sofern nicht ein Ausnahmefall gemäss Art. 270a Abs. 3 OR vorliegt (PETER HIGI, Zürcher Kommentar, Zürich 1998, N. 6 zu Art. 270a OR; SVIT-Kommentar zum Mietrecht, 2. Aufl., Zürich 1998, N. 28 zu Art. 270a OR). Das Bundesgericht hat in einem unveröffentlichten Entscheid dieses private Einleitungsverfahren ebenfalls als Prozessvoraussetzung bezeichnet (Urteil 4C.328/2005 vom 9. Dezember 2005, E. 3). Wie erwähnt soll es die Parteien vor der Einleitung eines behördlichen Verfahrens zu einem Meinungsaustausch über den künftigen Mietzins veranlassen (BGE 122 III 20 E. 4c S. 24). Es dient im Wesentlichen dazu, das Herabsetzungsverfahren zu vermeiden, indem der Vermieterschaft vor Einleitung des Schlichtungsverfahrens die Möglichkeit zur freiwilligen Reduktion des Mietzinses eröffnet werden soll (Urteil 4C.411/1994 vom 14. September 1995, E. 3b). Das Vorverfahren kann für den Vermieter von praktischer Bedeutung sein. Würde dieser nämlich ohne weiteres in ein Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren hineingezogen, könnte dies bei einer gütlichen Einigung mit dem Mieter zu einer Kündigungssperre führen (Art. 271a Abs. 1 lit. e Ziff. 4 OR). Dies kann er verhindern, indem er im parteiinternen Vorverfahren dem Anliegen des Mieters nachkommt.
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4.3 Die Vorinstanz hat somit zu Recht die Durchführung des Vorverfahrens als eigentliche Prozessvoraussetzung betrachtet. Damit stellt sich im Folgenden die Frage, ob im vorliegenden Fall im Hinblick auf Art. 270a Abs. 3 OR auf ein solches parteiinternes Einleitungsverfahren verzichtet werden konnte. Das Bundesgericht hat den Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung in dem Sinne erweitert, als neue Herabsetzungsforderungen in das laufende behördliche Verfahren eingebracht werden können (BGE 122 III 20 E. 1c S. 25). Nach dem Sinn und Zweck von Art. 270a Abs. 3 OR erübrigt sich ein Vorverfahren mit dem Ziel, eine gütliche Einigung zu erzielen, wenn die Parteien bereits in einem Anfechtungsverfahren über den Mietzins streiten. Gleich verhielte es sich, wenn der Vermieter von vorneherein klar kundgetan hätte, er sei nicht bereit, den Mietzins zu senken (HIGI, a.a.O., N. 7 zu Art. 270a OR). Als Ausnahmebestimmung und auch angesichts des klaren Wortlautes ist Art. 270a Abs. 3 OR indessen nicht unbesehen zu erweitern. Andernfalls besteht die Gefahr, die grundsätzliche Bedeutung des vorgängigen Parteiverfahrens zu relativieren und dessen Sinn in Frage zu stellen. Wenn die Vorinstanz festhält, es lägen im hier zu beurteilenden Fall besondere Umstände vor, so lässt sich daraus für eine analoge Anwendung der gesetzlichen Ausnahmebestimmung noch nichts ableiten. Dass mit Bezug auf das zwischen den Parteien abgeschlossene Mietverhältnis schon zahlreiche Verfahren hängig sind und es bereits zu Kündigungen gekommen ist, weist zwar auf bestehende Meinungsverschiedenheiten hin. Darüber hinaus kann aber nicht zwingend geschlossen werden, eine Einigung über die neu in Frage stehende Herabsetzung des Mietzinses sei von vorneherein unmöglich und ein Vorverfahren damit sinnlos. Es ging um Berechnungsgrundlagen, die sich geändert hatten und an sich zu einer Reduktion des Mietzinses führen mussten. Wenn der Mietzins trotz Hypothekarzinssenkung unverändert bleiben sollte, so lag es an der Beklagten, die Gründe dafür darzutun. Dieser Obliegenheit hätte sie ungeachtet anderer Meinungsverschiedenheiten nachkommen müssen. Es war in ihrem Interesse, gegenteilige Argumente vorzubringen, falls sie sich der Meinung des Klägers hätte widersetzen wollen. War dessen Anliegen dagegen berechtigt, so ist nicht einzusehen, weshalb die Beklagte hätte unnachgiebig bleiben und ein nachteiliges Gerichtsverfahren in Kauf nehmen sollen. Auf jeden Fall fehlten konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte trotz der neuen Berechnungsgrundlage von vorneherein gegen eine Herabsetzung des Mietzinses gewehrt hätte.
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