BGE 140 III 16
 
4. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Versicherung X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
 
4A_225/2013 vom 14. November 2013
 
Art. 105 Abs. 1 BGG; Bindung an den vorinstanzlich festgestellten Prozesssachverhalt.
 
Art. 158 Abs. 1 lit. b 2. Satzteil ZPO; vorsorgliche Beweisführung zwecks Abklärung der Prozessaussichten.
 
Sachverhalt
A.a A. (Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin) fuhr am 13. Juni 2004 gegen 16.00 Uhr auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Zürich auf der Überholspur. Dabei bildete sich infolge eines Verkehrsunfalles auf der Höhe des Autobahnanschlusses Wangen an der Aare ein Rückstau. A. bremste ab. Die hinter ihr fahrende, bei der Versicherung X. AG (Gesuchs- und Beschwerdegegnerin) versicherte Fahrzeuglenkerin bemerkte das Abbremsen zu spät und prallte frontal in das Heck des Personenwagens von A. Diese steht seither wegen einer Halswirbelsäulen-Distorsion, einer Kontusion der linken Schulter und wegen Kopfschmerzen in fachärztlicher Behandlung.
A.b Für die Unfallfolgen richtete die Suva Zürich zunächst die gesetzlichen Versicherungsleistungen aus. Mit Verfügung vom 26. März 2009 verneinte die Suva jedoch das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 13. Juni 2004 und den aktuellen Beschwerden. Sie stellte die Versicherungsleistungen per 31. März 2009 ein.
B.
B.a Um ihre Prozesschancen gegen die Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin besser abschätzen zu können, gelangte A. am 4. Oktober 2012 mit einem Gesuch um vorsorgliche Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO an das Richteramt Solothurn-Lebern. Sie beantragte, es sei im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten zur Feststellung der bestehenden gesundheitlichen Beschwerden, zur sich daraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit und Einschränkung in der Haushaltsführung und zur Kausalität der Beschwerden zu veranlassen.
Mit Urteil vom 5. Dezember 2012 wies der Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern das Gesuch ab.
B.b Die dagegen eingelegte Berufung wies das Obergericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 28. März 2013 ab.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt A. dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts aufzuheben und das Gesuch um vorsorgliche Erstellung eines Gutachtens gutzuheissen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz trägt auf Abweisung an.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
(Zusammenfassung)
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 1
 
Erwägung 1.3
Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde liegt, als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt ("faits de la procédure"; "fatti procedurali"; vgl. zum Ganzen BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 31 zu Art. 105 BGG; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, Commentaire, 2008, N. 3672 zu Art. 97 BGG; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [...], Bd. II, 1990, N. 4.2 zu Art. 63 OG; BIRCHMEIER, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege [...], 1950, S. 89; HENRI DESCHENAUX, La distinction du fait et du droit dans les procédures de recours au Tribunal fédéral, 1948, S. 19; CHRISTOPH HURNI, Gedanken zur künftigen Anwendung der neuen Schweizerischen ZPO durch das Bundesgericht, recht 2010 S. 92 f.). Zum Prozesssachverhalt gehören namentlich die Anträge der Parteien, ihre Tatsachenbehauptungen, rechtlichen Erörterungen (BIRCHMEIER, a.a.O.; CORBOZ, a.a.O.), Prozesserklärungen und Beweisvorbringen (DONZALLAZ, a.a.O.), der Inhalt einer Zeugenaussage, einer Expertise oder die Feststellungen anlässlich eines Augenscheins (CORBOZ, a.a.O.).
Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Die Beschwerdeführerin, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 133 III 350 E. 1.3 S. 351 f., BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398, 462 E. 2.4 S. 466 f.).
(...)
2.1 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Praxis nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Willkür in der Rechtsanwendung liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dabei ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.; BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133; BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; je mit Hinweisen).
2.2.2 Zur Glaubhaftmachung eines schutzwürdigen Interesses an einer vorsorglichen Beweisführung genügt die blosse Behauptung eines Bedürfnisses, Beweis- und Prozessaussichten abzuklären, freilich nicht. Eine vorsorgliche Beweisführung kann nur mit Blick auf einen konkreten materiellrechtlichen Anspruch verlangt werden, hängt doch das Interesse an einer Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 81). Der Gesuchsteller, der sich auf Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO stützt, muss daher glaubhaft machen, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihm das materielle Recht einen Anspruch gegen die Gesuchsgegnerin gewährt und zu dessen Beweis das abzunehmende Beweismittel dienen kann (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 81 mit Hinweisen). Lediglich für Tatsachen, die mit dem vorsorglich abzunehmenden Beweismittel bewiesen werden sollen, kann keine eigentliche Glaubhaftmachung verlangt werden, denn sonst würde der Zweck von Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO, die vorprozessuale Abklärung von Beweisaussichten zu ermöglichen, vereitelt. Stellt das abzunehmende Beweismittel das einzige dar, mit dem der Gesuchsteller seinen Anspruch beweisen kann, muss es genügen, dass er das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen lediglich substanziiert und schlüssig behauptet (BGE 138 III 76 E. 2.4.2 S. 82).
Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen freilich nicht überspannt werden, geht es doch beim Verfahren der vorsorglichen Beweisabnahme noch nicht um die Prüfung der Begründetheit des Hauptanspruchs (MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 S. 8; LAURENT KILLIAS UND ANDERE, Gewährt Art. 158 ZPO eine "pre-trial discovery" nach US-amerikanischem Recht?, in: Innovatives Recht, Festschrift für Ivo Schwander, Lorandi/Staehelin [Hrsg.], 2011, S. 941). Abgesehen von der Glaubhaftmachung eines Hauptsacheanspruchs bzw. der schlüssigen und substanziierten Behauptung der anspruchsbegründenden Tatsachen, die durch das vorsorglich beantragte Beweismittel bewiesen werden sollen, sind an das Bestehen eines schutzwürdigen Interesses keine hohen Anforderungen zu stellen (WALTER FELLMANN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 19 zu Art. 158 ZPO). Ein solches wäre namentlich etwa dann zu verneinen, wenn das beantragte Beweismittel untauglich ist (SCHWEIZER, a.a.O., S. 8; LEUCH UND ANDERE, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1b zu Art. 227 ZPO/BE), muss doch das vorsorglich abgenommene Beweismittel in einem allfälligen Hauptprozess verwertet werden können. Ebenfalls kein Interesse an einer vorsorglichen Beweisführung besteht sodann, wenn es der gesuchstellenden Partei lediglich darum geht, ein bereits vorliegendes Gutachten mit einem weiteren Gutachten in Frage zu stellen.
Verlangt der Gesuchsteller die Einholung eines Gutachtens, obliegt es in erster Linie ihm, dem Gericht die Fragen zu unterbreiten, die dem Experten zu stellen sind (KILLIAS UND ANDERE, a.a.O., S. 943; FELLMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 158 ZPO; LEUCH UND ANDERE, a.a.O., N. 4 zu Art. 223 ZPO/BE). Die Gesuchsgegnerin, welche im Verfahren der vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 158 Abs. 2 i.V.m. Art. 248 lit. d und Art. 253 ZPO anzuhören ist (BGE 139 III 33 E. 4.3 S. 36), kann dabei durch eigene Fragen oder durch Zusatz- und Ergänzungsfragen ihren eigenen Standpunkt in das Verfahren einbringen (FELLMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 158 ZPO), wobei das Gericht dafür zu sorgen hat, dass der durch das Gesuch definierte Prozessgegenstand gewahrt bleibt und nicht durch Ergänzungsfragen erweitert wird. Der endgültige Entscheid über die Formulierung der Fragen liegt stets beim Gericht (BGE 139 III 33 E. 4.3 S. 36).
Die Gesuchsgegnerin kann eine Ausdehnung der Beweisführung auf weitere Tatsachen sowie die Abnahme von Gegenbeweismitteln nur insoweit beantragen, als auch diesbezüglich die Voraussetzungen von Art. 158 ZPO erfüllt sind (FELLMANN, a.a.O., N. 26 zu Art. 158 ZPO; LEUCH UND ANDERE, a.a.O., N. 1 zu Art. 224 ZPO/BE).
2.3 Die Vorinstanz hat ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an einer vorsorglichen Beweisführung verneint. Zur Begründung verwies sie auf rund 20 medizinische Stellungnahmen aus dem Zeitraum zwischen Juli 2004 und Oktober 2012, darunter diverse Arztzeugnisse, fachärztliche Berichte sowie eine biomechanische Kurzbeurteilung, deren Schlussfolgerungen sie kurz zusammenfasste. Nach Auffassung der Vorinstanz geben diese Unterlagen ein umfassendes und einheitliches Bild über den Gesundheitszustand bzw. die gesundheitlichen Beschwerden der Beschwerdeführerin ab. Zwar hätten sich nicht alle untersuchenden Ärzte (explizit) zur Kausalität der Beschwerden zum Unfallereignis sowie zur bestehenden Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin geäussert. Es lägen aber sowohl Stellungnahmen zur Kausalität zwischen Unfall und geklagten Beschwerden als auch zur Arbeitsfähigkeit vor, anhand deren sich eine Verfahrensprognose für einen Schadenersatzprozess stellen lässt. Aufgrund der umfangreichen Dokumentation ihres Gesundheitszustandes seit dem Unfall vom Juni 2004 sei es der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin möglich, ihre Chancen in einem allfälligen Haftpflichtprozess gegen die Beschwerdegegnerin abzuschätzen. Die Beschwerdeführerin sei im Verfahren um vorsorgliche Beweisführung nicht auf ein polydisziplinäres Gutachten angewiesen, weshalb ihr ein schutzwürdiges Interesse abzusprechen sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass ein polydisziplinäres Gutachten ein wichtiges Beweismittel für die Beurteilung der Kausalität in Schleudertraumata-Fällen sei und deshalb in einem allfälligen Haftpflichtprozess wohl unentbehrlich sein werde.
Auch mit der Prozessökonomie lässt sich nach Auffassung der Vorinstanz eine vorgängige Beweisabnahme mittels Gutachtens nicht rechtfertigen. Denn erst der Prozess in der Hauptsache führe zu definitiven Erkenntnissen. Es dürfte sich in der Regel nicht vermeiden lassen, im nachfolgenden Prozess über die Hauptsache die - bereits vorsorglich durchgeführte - Beweisabnahme aufgrund des erst im Hauptprozess definitiv fixierten Streitgegenstandes zu wiederholen oder zumindest zu ergänzen. Auch wenn das Vorliegen eines Gutachtens dazu führen könnte, dass von einem Hauptprozess abgesehen wird, dürfe die vorsorgliche Beweisabnahme nicht dazu führen, dass sich das Beweisverfahren ohne Not in den vorprozessualen Bereich verlagere. Schliesslich könne es nicht Zweck einer vorgängigen Beweisabnahme sein, eine Partei vor jeglichem Prozessrisiko zu schützen, d.h. ein solches mittels vorsorglicher Beweisabnahme gänzlich auszuschliessen. Der Beschwerdeführerin erwachse kein Nachteil, wenn sie ein Gutachten erst in einem allfälligen Hauptprozess beantrage. Auch aus diesem Grund müsse die Notwendigkeit eines polydisziplinären Gutachtens verneint werden.
2.4 Dagegen wendet die Beschwerdeführerin ein, dass die von der Vorinstanz angeführten medizinischen Stellungnahmen keine Antwort gäben auf Fragen, die in einem allfälligen Haftpflichtprozess gegen die Beschwerdegegnerin entscheidend wären. So etwa auf die Frage, ob die Unfallkausalität auch noch für die Zeit nach der Einstellung der Suva-Leistungen zu bejahen ist und ob es unfallkausale Beschwerden sind, die zu einer Reduktion der Arbeitsfähigkeit ab dem Jahr 2011 geführt haben. Auf genau diese Fragen verspreche sich die Beschwerdeführerin mit dem beantragten interdisziplinären Gutachten aber eine Antwort. Der angefochtene Entscheid leide an einem Widerspruch, wenn die Vorinstanz zwar festhalte, dass in einem allfälligen Haftpflichtprozess ein medizinisches Gutachten wohl unumgänglich sei, andererseits der Beschwerdeführerin das schutzwürdige Interesse an genau dieser Begutachtung im Rahmen des vorsorglichen Beweisverfahrens abspreche. Es liege auf der Hand, dass ein aufwändiger Prozess mit einem vorgängigen Gutachten verhindert werden könne: Falls die Beschwerden als unfallfremd beurteilt werden, falle der Beschwerdeführerin die Basis ihrer Klage dahin; werde die Unfallkausalität derjenigen Beschwerden, welche die Arbeitsfähigkeit heute verursachen, aber bejaht, dürfte eine gütliche Einigung möglich werden.
2.5 Die Rüge ist begründet. Mit ihren Erwägungen verkennt die Vorinstanz den Zweck und die Voraussetzungen der vorsorglichen Beweisführung nach Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hängt das Interesse an einer vorsorglichen Beweisabnahme vom Interesse an der Durchsetzung eines damit zu beweisenden Anspruchs ab (oben E. 2.2.2). Das schutzwürdige Interesse gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO bezieht sich mithin unmittelbar auf die potentielle Durchsetzung eines konkreten Anspruches (vgl. auch FRANCESCO TREZZINI, Funzioni ordinatorie e garantistiche dell'interesse degno di protezione nel processo civile, SZZP 2012 S. 374). Vor diesem Hintergrund lässt sich vorliegend ein schutzwürdiges Interesse an der vorsorglichen Beweisführung aber nicht willkürfrei verneinen, wenn - wie die Vorinstanz selber ausführt - das beantragte polydisziplinäre Gutachten "in einem allfälligen Haftpflichtprozess wohl unentbehrlich" sein wird, also der von der Beschwerdeführerin behauptete Anspruch ohne ein solches Gutachten nicht beurteilt werden kann. Es ist in der Tat widersprüchlich, wenn die Vorinstanz zwar einerseits festhält, dass in einem allfälligen Haftpflichtprozess ein medizinisches Gutachten benötigt werde, andererseits der Beschwerdeführerin das schutzwürdige Interesse an genau dieser Begutachtung im Rahmen des vorsorglichen Beweisverfahrens aber abspricht.
Die Vorinstanz übersieht denn auch, dass die vorsorgliche Beweisführung nach Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO nicht bloss eine vage Abschätzung der Prozesschancen ermöglichen soll, sondern eine eigentliche Abklärung der Prozessaussichten im Allgemeinen und der Beweisaussichten im Besonderen. Eine hinreichende Klärung der Prozessaussichten kann dabei aber nur mit der vorsorglichen Abnahme von Beweismitteln erreicht werden, welche zum Beweis der anspruchsbegründenden Tatsache tauglich sind und sich auch eignen, im Beweisverfahren eines allfälligen Hauptprozesses eine tragende Rolle zu spielen. Dies gilt ganz besonders, wenn solche Klärung eine Expertise erfordert (vgl. LEUCH UND ANDERE, a.a.O., N. 1a zu Art. 222 ZPO/BE; FELLMANN, a.a.O., N. 18 zu Art. 158 ZPO). Nur so lassen sich aussichtslose Prozesse vermeiden, sei dies durch Förderung der Bereitschaft der Gesuchstellerin, auf Klageerhebung zu verzichten, oder aber der Bereitschaft beider Parteien, sich zu vergleichen.
Dass ein polydisziplinäres Gutachten für den vorliegend in Frage kommenden Haftpflichtprozess nicht nur ein taugliches, sondern geradezu zentrales Beweismittel sein wird, hat die Vorinstanz zu Recht nicht in Abrede gestellt. Bei den vorliegend bereits vorhandenen rund 20 medizinischen Stellungnahmen (Arztzeugnisse, fachärztliche Berichte etc.) handelt es sich beweisrechtlich betrachtet denn auch um blosse Privatgutachten (BGE 125 V 351 E. 3 b/dd), welche nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung als Bestandteil der Parteivorbringen und nicht als eigentliche Beweismittel gelten (BGE 132 III 83 E. 3.4 S. 87 f.; vgl. auch BGE 127 I 73 E. 3f/bb S. 82 f.). Demgegenüber strebt die Beschwerdeführerin ein gerichtliches Gutachten i.S. von Art. 183 ff. ZPO an. Ist aber ein solches Gutachten im Hauptprozess notwendig, lässt sich ein schutzwürdiges Interesse an dessen vorsorglicher Abnahme nicht willkürfrei verneinen, sofern die Beschwerdeführerin glaubhaft gemacht hat, dass ein Sachverhalt vorliegt, gestützt auf den ihr das materielle Recht einen Anspruch gegen die Beschwerdegegnerin gewährt.