BGE 140 III 571 |
84. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft E. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_527/2014 vom 21. Oktober 2014 |
Regeste |
Art. 51 Abs. 2 BGG; Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung. |
Sachverhalt |
Die Liegenschaft Nr. x ist in Stockwerkeigentum aufgeteilt. Die 5-Zimmerwohnung im Erdgeschoss mit einer Wertquote von 244/1000 steht im Miteigentum von A.A. und B.A. (Beschwerdeführer). Die Ehegatten C. sind Eigentümer der restlichen Stockwerkeinheiten mit einer Wertquote von 756/1000. Die Beschwerdeführer und die Ehegatten C. bilden die Stockwerkeigentümergemeinschaft E. (Beschwerdegegnerin). Der gemeinschaftlichen Benützung durch alle Stockwerkeigentümer dient unter anderem ein Raum im Untergeschoss, der zwischen den Kellern 2 und 3 liegt und mit einer kleinen Trennwand unterteilt ist. Im vorderen Bereich befindet sich die Heizung (Brenner und Steuerung), während der hintere Teil als Waschküche eingerichtet ist.
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Im Sommer 2011 liessen die Ehegatten C. verschiedene Umbauarbeiten durchführen. Sie entfernten die Warmwasserboiler in ihren Wohnungen und bauten im Heizungs-/Waschküchenraum einen Zentralboiler ein, ohne dass vorgängig die Zustimmung der Beschwerdeführer oder ein Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft eingeholt worden wäre.
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An der ordentlichen Versammlung der Stockwerkeigentümer vom 1. September 2011 wurde der Einbau des Zentralboilers erörtert, da der Heizungs-/Waschküchenraum zu den gemeinschaftlichen Teilen gehört. Eine Lösung konnte nicht gefunden werden. Die Beschwerdeführer verlangten, dass der Zentralboiler entfernt werde. Zwecks Bereinigung der Situation lud die Verwaltung zu einer ausserordentlichen Versammlung der Stockwerkeigentümer auf den 8. Mai 2012 ein. Zur Beschlussfassung traktandiert waren folgende Anträge:
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1. Bewilligung/Genehmigung des Einbaus eines zentralen Warmwasserboilers im mittleren Keller (Heizungsraum) der Liegenschaft E.
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2. Bewilligung/Genehmigung des Anschlusses des zentralen Warmwasserboilers im mittleren Keller (Heizungsraum) an die Oelheizungszentrale der Liegenschaft E. mit separater Erfassung des Energiebezuges.
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3. Beschluss: Der Warmwasserboiler und der Anschluss an die Heizzentrale sind im gemeinschaftlichen Eigentum.
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Beim Anschluss weiterer Stockwerkeinheiten an die bestehende zentrale Warmwasseraufbereitungsanlage in der Liegenschaft E. hat sich der betreffende Stockwerkeigentümer einzukaufen (Anlageinvestition) und an den Unterhalts- und Erneuerungskosten einen Beitrag gemäss Eigentumsquote zu leisten.
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Alle drei Anträge wurden mit den Stimmen der Ehegatten C. gegen die Stimme der Beschwerdeführer angenommen.
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Mit Schlichtungsgesuch vom 21. Mai 2012 begehrten die Beschwerdeführer, die unter Traktandum 1-3 gefällten Beschlüsse seien für ungültig zu erklären, eventualiter sei deren Nichtigkeit festzustellen. Das Bezirksgericht und auf Berufung der Beschwerdeführer hin das Obergericht wiesen die Klage ab. Das Obergericht verwies in seiner Rechtsmittelbelehrung auf die innert dreissig Tagen zu erhebende Beschwerde an das Bundesgericht, deren Zulässigkeit und Form sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) i.V.m. Art. 42 BGG richten. Es hielt weiter fest, dass es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt und der Streitwert Fr. 30'000.- beträgt.
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Die Beschwerdeführer erneuern ihre Klagebegehren vor Bundesgericht, das auf ihre Beschwerde nicht eintritt.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: |
1.2 Der Streitwert bestimmt sich hier nach den Klagebegehren, die bis vor Obergericht unverändert streitig geblieben sind (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Lautet das Begehren auf Aufhebung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung und damit nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert - wie bis anhin von Amtes wegen (Art. 36 Abs. 2 OG [BS 3 531]) - nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). Allerdings ist es nicht die Aufgabe des Bundesgerichts, eigene Abklärungen anzustellen, wenn der Streitwert nicht ohne Weiteres aus den Feststellungen im angefochtenen Entscheid oder aus den Verfahrensakten hervorgeht. Die Beschwerdeführer haben nähere Angaben zu machen, die den Streitwert einfach zu schätzen gestatten. Das Bundesgericht ist dabei weder an die Schätzung der Beschwerdeführer noch an übereinstimmende Angaben der Parteien noch an eine offensichtlich unrichtige Schätzung des Obergerichts gebunden (BGE 136 III 60 E. 1.1.1 S. 62; Urteil 5A_729/2009 vom 26. März 2010 E. 1.1.1, nicht publ. in: BGE 136 III 174, wohl aber in: SZZP 2010 S. 297 f., betreffend Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung).
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1.3.3 In ihrer Stellungnahme haben die Beschwerdeführer erklärt, der den angefochtenen Beschlüssen zugrunde liegende Streitwert habe nichts mit den in der Versammlung vom 8. Mai 2012 zwischen der Partei C. und ihnen geführten Diskussionen über eine Lösung zu tun. Sie hätten diese mehrmals aufgefordert, den Boiler aus dem Heiz-/Waschraum zu entfernen. Stattdessen hätten die Ehegatten C. durch die Verwaltung eine ausserordentliche Versammlung einberufen und den Einbau genehmigen lassen. Enttäuscht über dieses Verhalten hätten sie auf Anfrage der Ehegatten C. nach der Höhe einer Entschädigungssumme den Betrag zwischen Fr. 30'000.- und Fr. 40'000.-genannt. Es habe sich dabei um eine Vergleichslösung gehandelt, die mit den effektiven Umständen gar nichts zu tun habe. Die Ehegatten C. hätten diesen Betrag denn auch als massiv zu hoch erklärt und für die in Anspruch genommenen 2 m2 Fr. 10'000.-offeriert. Als sie selber den Betrag von Fr. 30'000.-bis Fr. 40'000.-geäussert hätten, sei es ihnen weniger um den Wert der Streitsache gegangen, sondern vielmehr auch um eine Entschädigung für die erlittene Unbill, weil die Ehegatten C. einmal mehr ohne Rücksicht auf sie, namentlich ohne Einberufung einer Stockwerkeigentümerversammlung sich Rechte angeeignet hätten, die ihnen nicht zustünden. Da dies wiederkehrend der Fall sei, seien sie nicht bereit gewesen, sich bloss mit der effektiven, im Verhältnis stehenden Entschädigung zufriedenzugeben. Mit dem Betrag von Fr. 30'000.- bis Fr. 40'000.- hätten sie keineswegs zum Ausdruck gegeben, dass der Streitwert im Verhältnis zu den hier zur Diskussion stehenden Beschlüssen stehe.
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1.4 Die Darlegungen der Beschwerdeführer zum Streitwert überzeugen. Auch in dessen Schätzung ist der objektive Wert zu ermitteln (vgl. BGE 94 II 51 E. 2 S. 54). Auf persönliche Befindlichkeiten bei der Suche nach einer gütlichen Beilegung des Streits vor Anhebung eines Gerichtsverfahrens kann deshalb nicht abgestellt werden. Auszugehen ist nicht von Äusserungen, die in einer spannungsgeladenen Versammlung der Stockwerkeigentümer gefallen sind, sondern zunächst von der Angabe des Streitwertes in der (vereinfachten) Klage (Art. 244 Abs. 1 lit. d ZPO), wonach der Streitwert "unter Fr. 30'000.-" liegt. Diese Angabe, die die Beschwerdeführer in ihrem späteren Schreiben an das Gericht bekräftigt haben, ist zwar nicht schlechtweg bindend, wenn das Begehren auf etwas anderes als Geld geht, erscheint aber als plausibel. Denn zum einen geht es in der Sache um ein Versetzen des Boilers aus dem gemeinschaftlichen Heizungs-/Waschküchenraum in einen benachbarten, im Sonderrecht der Ehegatten C. stehenden Kellerraum und damit um Kosten, die gemäss Sanitär unwidersprochen rund Fr. 3'500.- betragen dürften. Zum anderen darf auf die Streitwertangabe in der Klage umso eher abgestellt werden, als sie in der Regel noch unbeeinflusst von Überlegungen zur Zulässigkeit allfälliger Bundesrechtsmittel erfolgt. Die stets anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer waren sich des Umfangs der auf dem Spiele stehenden geldwerten Interessen von Beginn an bewusst und können sich im Nachhinein nicht auf die höhere, für sie heute günstige Streitwertangabe im angefochtenen Urteil (Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG) berufen (vgl. BGE 137 III 424 E. 2.4 S. 428 f.). Der gesetzliche Mindeststreitwert wird somit nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Da auch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) nicht geltend gemacht wird (Art. 42 Abs. 2 BGG), erweist sich die Beschwerde in Zivilsachen als unzulässig.
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1.5 Ist die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig, kann die Eingabe als Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden, soweit deren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 113 ff. BGG; BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399). Zu Recht hat das Obergericht in seiner Rechtsmittelbelehrung auch auf die Verfassungsbeschwerde hingewiesen. Das angefochtene Urteil ist kantonal letztinstanzlich (Art. 114 BGG), lautet zum Nachteil der Beschwerdeführer (Art. 115 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 90 i.V.m. Art. 117 BGG). Gerügt werden kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht wendet dabei das Recht nicht von Amtes wegen an, sondern prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; BGE 136 I 332 E. 2.1 S. 334; BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310/311).
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