BGE 144 III 253 |
29. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen C.C. und D.C. (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_461/2017 vom 26. März 2018 |
Regeste |
Art. 90-93 BGG, Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO; Qualifikation von Rückweisungsentscheiden im Zivilprozess. |
Aus den Erwägungen: |
1.3 Die Beschwerde ist in der Regel erst gegen Endentscheide zulässig (Art. 90 BGG). Rückweisungsentscheide kantonaler Rechtsmittelinstanzen schliessen das Verfahren nicht ab und sind somit nach der Rechtsprechung keine End-, sondern Vor- und Zwischenentscheide (BGE 143 III 290 E. 1.4; BGE 135 III 212 E. 1.2 S. 216 mit weiteren Hinweisen). Als solche können sie - sofern sie nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand im Sinne von Art. 92 BGG zum Gegenstand haben - gemäss Art. 93 BGG nur direkt mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden, wenn sie entweder einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die selbständige Anfechtbarkeit von Vor- und Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Sie ist restriktiv zu handhaben, können Vor- und Zwischenentscheide doch gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (BGE 143 III 290 E. 1.3 und 1.4; BGE 138 III 94 E. 2.2; BGE 135 I 261 E. 1.2; BGE 134 III 188 E. 2.2; BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631; BGE 133 IV 288 E. 3.2).
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Es erscheint denn auch zweifelhaft, ob im Zivilprozess überhaupt je Raum dafür bestehen kann, die Rückweisung an die erste Gerichtsinstanz mangels Entscheidungsspielraums als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG zu behandeln. Zu beachten ist insbesondere, dass Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO die Rückweisung im Berufungsverfahren lediglich für den Fall erlaubt, dass (1.) ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt wurde, oder (2.) der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist, was beides einen entsprechenden Entscheidungsspielraum der Erstinstanz mit sich bringt. Dass die Rechtsmittelinstanz die Sache mit der Instruktion zurückweist, die Erstinstanz habe die Klage abzuweisen, ist damit etwa nicht mehr möglich (siehe auch Art. 327 Abs. 3 lit. b ZPO; vgl. demgegenüber noch Urteil 5D_18/2008 vom 15. Mai 2008 E. 1.1). Im Übrigen hat das Bundesgericht in einer kürzlich publizierten Urteilserwägung die Möglichkeit bejaht, unter der Geltung des BGG einen obergerichtlichen Rückweisungsentscheid als Vor- und Zwischenentscheid im Anschluss an den erstinstanzlichen Endentscheid durch eine direkt gegen den letzteren gerichtete Beschwerde beim Bundesgericht anzufechten. Dieser Weg steht dann offen, wenn nur die Erwägungen im früheren Rückweisungsentscheid der oberen kantonalen Instanz angefochten werden und ein erneutes kantonales Rechtsmittel daher von vornherein nutzlos wäre (BGE 143 III 290 E. 1.1-1.7).
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Angesichts dessen sind Rückweisungsentscheide des Berufungsgerichts richtigerweise generell als Vor- und Zwischenentscheide zu qualifizieren, die nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 und 93 BGG direkt beim Bundesgericht angefochten werden können. Dies muss auch dann gelten, wenn dem erstinstanzlichen Zivilgericht nach der Rückweisung bloss ein vergleichsweise kleiner Entscheidungsspielraum verbleibt. Denn nur durch diesbezügliche Rechtssicherheit kann vermieden werden, dass die Parteien systematisch jeden mit Instruktionen versehenen Rückweisungsentscheid des Berufungsgerichts beim Bundesgericht anfechten müssen, um nicht Gefahr zu laufen, dass sie später wegen der Qualifikation als Endentscheid mit ihren Einwänden ausgeschlossen sein werden (siehe bereits BGE 140 V 321 E. 3.3 S. 326 und Urteil 4A_166/2015 vom 29. Juli 2015 E. 2.2; vgl. zur unbefriedigenden Situation aufgrund der bisherigen Praxis SEILER, Die Berufung nach ZPO, 2013, N. 176 S. 83 f.).
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An dieser Sachlage vermag auch das von den Beschwerdeführern zitierte Urteil 5A_358/2016 vom 1. Mai 2017 nichts zu ändern. In diesem Fall hatte die Berufungsinstanz die Scheidungssache betrefend die berufliche Vorsorge an das erstinstanzliche Gericht zurückgewiesen, damit es das Teilungssubstrat der während der Ehe erworbenen Austrittsleistungen der Parteien feststellt und die erforderlichen Anordnungen gegenüber den beteiligten Vorsorgeeinrichtungen trifft. Vor Bundesgericht war aber gerade nicht die Rückweisung in diesem Punkt angefochten, sondern der reformatorische Entscheid des Kantonsgerichts betreffend nachehelichen Unterhalt. Wenn die II. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts erwog, der angefochtene Entscheid erweise sich "insgesamt als Endentscheid" (E. 1.2.2), ist dies vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Scheidungsverfahrens zu verstehen (vgl. dazu insbesondere BGE 134 III 426 E. 1.2 sowie Urteil 5A_769/2015 vom 1. September 2016 E. 4.2). An dieser Stelle braucht nicht erörtert zu werden, unter welchen Umständen ein Entscheid der Rechtsmittelinstanz, der die Sache bloss in einzelnen Punkten an die Erstinstanz zurückweist, während er andere Punkte abschliessend beurteilt, als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG zu qualifizieren ist (siehe bloss BGE 135 III 212 E. 1.2.1).
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