Eine Gesetzeslücke aber, die auf dem Wege der Rechtsprechung auszufüllen wäre, besteht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht. Der Kassationshof hat schon in BGE 74 IV 91 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ausgeführt, dass die Bestimmung die Angehörigen abschliessend aufzählt und nicht ausdehnend auszulegen ist. Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung wird durch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gesichtspunkte nicht widerlegt, auch nicht bloss für den Fall der Stiefeltern. Dass Adoptiveltern Angehörige sind, spricht nicht für die Gleichbehandlung der Stiefeltern. Die Kindesannahme kommt nur mit Zustimmung des Annehmenden und der anzunehmenden Person, ihrer Eltern oder der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde zustande (Art. 265 ZGB). Sie setzt ein Verhältnis voraus, das dem Verhältnis zwischen Eltern und dem ehelichen Kinde gleicht (Art. 264, 266 ZGB). Der Annehmende muss dem Kinde Fürsorge und Pflege erwiesen haben, wenn nicht andere wichtige Gründe für die Annahme sprechen (Art. 267 Abs. 2 ZGB). Das angenommene Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden und erlangt diesem gegenüber die Rechte und Pflichten eines ehelichen Kindes, insbesondere, soweit nicht vor der Annahme mit öffentlicher Urkunde Abweichungen vereinbart werden, auch die Vermögensrechte und die Erbberechtigung (Art. 268 ZGB). Das Adoptivverhältnis ist rechtlich dem ehelichen Kindesverhältnis weitgehend angeglichen und schafft auch engste persönliche Beziehungen zwischen Annehmenden und Angenommenem. Die Schwägerschaft zwischen Stiefeltern und Stiefkindern dagegen kommt von Gesetzes wegen und unbekümmert darum zustande, ob die persönlichen Beziehungen eng oder locker oder überhaupt vorhanden sind. Unmittelbare Rechte gegenüber dem Stiefelternteil, insbesondere
einen Unterhaltsanspruch, hat das Stiefkind nicht. Lediglich die Ehegatten schulden einander Unterhalt und Beistand auch insoweit, als es nötig ist, damit der andere Ehegatte seine Elternpflichten gegenüber seinem Kinde erfüllen kann (BGE 46 III 56). Wenn das Kind selber über die nötigen Mittel verfügt oder von seinen natürlichen Eltern, insbesondere von seiner Mutter oder seinem (geschiedenen oder ausserehelichen) Vater, unterhalten werden kann, hat der Stiefelternteil, insbesondere der Stiefvater, an seinen Unterhalt nichts beizutragen. Anderseits besitzt er auch kein Nutzungsrecht an seinem Vermögen (BGE 72 II 168 f.). Erbberechtigt ist weder das Stiefkind gegenüber dem Stiefelternteil noch umgekehrt. Das Stiefkind behält seinen Familiennamen. Oft wird es auch nicht in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen. Häufig ist es schon erwachsen, wenn sein Vater oder seine Mutter die Ehe eingeht, die das Stiefverhältnis begründet. Dieses Verhältnis zeichnet sich auch nicht notwendigerweise aus durch einen erheblichen Altersunterschied zwischen dem Kinde und seinem Stiefelternteil. Stiefeltern und Stiefkinder bleiben einander sehr oft auch nach Begründung ihrer Schwägerschaft fremd. Rücksichtnahme in dem Sinne, dass die Behörden sie nicht von Amtes wegen zu verfolgen hätten, wenn sie einander bestehlen, betrügen usw., drängt sich nicht auf. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber in Art. 110 Ziff. 2 StGB die Adoptiveltern zu den Angehörigen zählt, nicht aber die Stiefeltern, zeigt, dass er diese nicht wie jene behandelt wissen wollte. Die ungleiche Behandlung widerspricht natürlichem Rechtsempfinden nicht, insbesondere auch dann nicht, wenn das Stiefkind die strafbare Handlung begangen hat, da es, wie dargetan, auch in anderer Beziehung weit davon entfernt ist, gegenüber einem Stiefvater oder einer Stiefmutter gleiche Rechte zu haben wie ein blutsverwandtes oder ein angenommenes Kind. Von einer Unbilligkeit kann auch deshalb nicht die Rede sein, weil die Frage, ob der Täter von Amtes wegen oder als Angehöriger nur auf Antrag zu
verfolgen sei, vom Gesetz überhaupt nicht nach Grundsätzen der Billigkeit beantwortet wird, sondern einzig unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der Verfolgung des Rechtsbrechers gegenüber dem privaten Interesse, dass die Behörde nicht von Amtes wegen in die Angelegenheiten nahe verbundener Personen sich einmische. Wenn die Beschwerdeführerin die Behauptung der Unbilligkeit mit dem Hinweis zu erhärten versucht, es könnten in einer Familie sowohl Stief- als auch Adoptivkinder vorhanden sein, die gemeinsam die Stief- bzw. Adoptivmutter bestehlen könnten, so verkennt sie übrigens, dass auch das Stiefkind, wenn es im gemeinsamen Haushalt lebt, als Familiengenosse nur auf Antrag verfolgt wird (Art. 110 Ziff. 3, 137 Ziff. 3, 140 Ziff. 3, 148 Abs. 3 StGB usw.), insofern also den im gleichen Haushalt lebenden Adoptivkindern, ja sogar den blutsverwandten Kindern gleichsteht. Aus dem gleichen Grunde hat auch die Überlegung, die eheliche Gemeinschaft zwischen dem natürlichen und dem Stiefelternteil könnte unter der von Amtes wegen eingeleiteten Verfolgung des Stiefkindes leiden (BIZüR 45 Nr. 98 a), zu wenig Gewicht, als dass sie dem Richter Anlass geben dürfte, über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinwegzugehen. In Fällen wie dem vorliegenden stellt sich die Frage, ob die Strafverfolgung der ehelichen Gemeinschaft schade, ohnehin nicht, und wenn diese Gemeinschaft in Fällen, in denen der Stiefelternteil der Täter ist, leiden kann, so liegt die Ursache in dem gegenüber dem Stiefkind begangenen Verbrechen, nicht in der von Amtes wegen eingeleiteten Strafverfolgung.