32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. September 1954 i.S. Brügger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
|
Regeste
|
1. Art. 148 StGB. Auch ein Urteilsunfähiger kann betrogen werden.
|
Aus den Erwägungen:
|
|
Jemanden irreführen heisst, in ihm Vorstellungen wachrufen, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Solche Vorstellungen können auch in einer Person erzeugt werden, die infolge ihres von der Norm abweichenden Geisteszustandes nicht fähig ist, vernünftig zu handeln. Solche Personen sind oft sogar in besonderem Masse der Gefahr ausgesetzt, sich zu irren. Gerade die Vergesslichkeit, Kritiklosigkeit und leichte Beeinflussbarkeit, unter denen Jäger wegen seines Altersschwachsinnes litt, haben die Irreführung erleichtert. Art. 148 StGB setzt bloss den Irrtum voraus, nicht auch die Fähigkeit des Opfers, sich durch vernünftige Überlegungen vor Schaden zu schützen, insbesondere mit normaler Geisteskraft einem Irrtum vorzubeugen oder einen solchen zu überwinden. Es wäre eine sonderbare Rechtsordnung, wenn sie gerade den, der infolge verminderter Geistesgaben in vermehrtem Masse der Gefahr ausgesetzt ist, sich zu irren, nicht strafrechtlich gegen die betrügerische Hervorrufung und Ausnützung von Irrtümern schützen würde.
|
Eine andere Frage ist, ob der Täter wisse, dass das Opfer unter dem Einfluss eines Irrtums handelt, oder ob er der Meinung sei, es sei der Lüge mit der Geisteskraft eines Normalen auf die Spur gekommen und fasse seinen Entschluss in Kenntnis des wahren Sachverhaltes. Davon aber hangen nur Vorsatz und Arglist ab, die der Beschwerdeführer mit Recht nicht bestreitet.
|
Urteilsunfähigkeit des Opfers und daherige Unverbindlichkeit seiner Handlungen schliessen auch nicht die Vermögensschädigung aus, die Tatbestandsmerkmal des Betruges ist. Der Schaden tritt unabhängig vom Recht des Geprellten, den früheren Zustand wiederherstellen zu lassen, dadurch ein, dass er tatsächlich über sein Vermögen verfügt, d.h. sich einer Sache entäussert, einen Wechsel unterschreibt und dgl.
|
Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkte abzuweisen.
|
|
Soweit der Beschwerdeführer sodann zur Stützung seiner Rüge, das Obergericht habe ihn zu streng bestraft, auf die vom Kriminalgericht ausgefällte Strafe verweist und daraus ableitet, das Obergericht hätte sie wegen Verneinung des leichtsinnigen Konkurses und wegen Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit stärker herabsetzen sollen, geht er schon deshalb fehl, weil keine bundesrechtliche Norm der oberen kantonalen Instanz vorschreibt, die von der ersten Instanz ausgefällte Strafe als Ausgangspunkt für die Zumessung der Strafe zu nehmen. Vielmehr hat die obere Instanz, soweit nicht kantonale Prozessvorschriften sie daran hindern, die Strafe unabhängig vom erstinstanzlichen Urteil nach den bundesrechtlichen Strafzumessungsnormen, insbesondere nach Art. 63 StGB, zu bestimmen. Bundesrecht wäre daher selbst dann nicht verletzt, wenn das Obergericht eine strengere Strafe ausgefällt hätte als das Kriminalgericht. Die obere kantonale Instanz verletzt im Gegenteil eidgenössisches Recht, wenn sie ohne prozessuale Notwendigkeit das erstinstanzliche Urteil als verbindlichen Massstab oder Ausgangspunkt für die Bestimmung der Art und des Masses der Strafe nimmt, statt frei die bundesrechtlichen Strafzumessungsnormen anzuwenden.
|