6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Februar 1955 i.S. Leutwyler gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
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Regeste
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1. Art. 252 Ziff. 2 StGB. Begriff des Handeltreibens (Erw. 2).
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Sachverhalt
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A.- Jean Leutwyler verkaufte Mitte Dezember 1952 dem Schweizer Max Brodmann für Fr. 200.-- einen auf Walter Businger von Stans lautenden Reisepass, den ihm Businger als Sicherheit für eine Forderung übergeben hatte. Leutwyler wusste, dass Brodmann den Pass kaufte, um ihn widerrechtlich als Ausweis zur Ausreise aus der Schweiz zu benützen. Am Abend des gleichen Tages führte er Brodmann auf seinem Motorroller an die schweizerisch-französische Grenze bei Flüh. Brodmann überschritt sie.
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B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt erhob gegen Leutwyler Anklage wegen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al. 3 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931/8. Oktober 1948 (ANAG).
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Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt lehnte mit Urteil vom 2. März 1954 die Anwendung dieser Bestimmung ab, da nicht ein fremdenpolizeilicher Tatbestand vorliege, verurteilte den Angeklagten dagegen gemäss Art. 252 Ziff. 2 StGB wegen Handels mit Ausweisschriften zu sechzig Tagen Gefängnis und erklärte die Fr. 200.-- Verkaufserlös gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB als dem Staate verfallen.
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, an das Leutwyler appellierte, hielt mit Urteil vom 19. Mai 1954 Art. 252 Ziff. 2 StGB nicht für erfüllt, da unter Handeltreiben im Sinne dieser Bestimmung nur der Erwerb eines Gegenstandes zur Weiterveräusserung verstanden werden könne, jedoch nicht feststehe, dass Leutwyler den Pass mit dieser Absicht erworben habe. Das Appellationsgericht verurteilte Leutwyler dagegen wegen Gehilfenschaft zum Missbrauch eines Ausweispapiers im Sinne von Art. 252 Ziff. 1 Abs. 4 und Art. 25 StGB zu einem Monat Gefängnis und bestätigte den Verfall des gelösten Betrages.
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C.- Leutwyler führt gegen das Urteil des Appellationsgerichts Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers zurückzuweisen. Er macht geltend, aus den Akten ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Brodmann den Pass schweizerischen Grenzstellen vorgewiesen habe; die Aussagen Brodmanns sprächen vielmehr für das Gegenteil. Habe Brodmann die Ausweisschrift nur im Ausland gegenüber ausländischen Behörden gebraucht, so könnte er gemäss Art. 6 StGB in der Schweiz nur bestraft werden, wenn die Tat auch in Frankreich strafbar und ausserdem Auslieferungsdelikt wäre. Das treffe nicht zu. Folglich könne auch gegen den Gehilfen nicht vorgegangen werden.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt stellt keinen Antrag.
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Das Appellationsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Gewerbsmässig vergeht sich nur, wer - in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln - die Tat wiederholt (BGE 79 IV 11, 118). Da somit die einmalige Fälschung einer Ausweisschrift nicht als gewerbsmässige Tat zu würdigen und deshalb nur nach Art. 252 Ziff. 1 StGB strafbar ist, wo als Strafe wahlweise Gefängnis ohne bestimmte Mindestdauer und Busse angedroht sind, kann auch ein einmaliges Geschäft mit einer Ausweisschrift, das doch grundsätzlich weniger schwer wiegt als eine Fälschung, jedenfalls dann nicht mit der in Ziffer 2 vorgesehenen Mindeststrafe von einem Monat Gefängnis bedroht sein, wenn der Täter nicht die Absicht hat, die Tat zu wiederholen. Der gewöhnliche Sprachgebrauch stimmt mit dieser Auslegung überein. Wer nur ein vereinzeltes Geschäft abschliesst und weitere auch nicht beabsichtigt, gilt nicht als Händler. Dass bei diesem Sinne der Bestimmung ein einmaliger Geschäftsabschluss nur als Gehilfenschaft zum Missbrauch eines Ausweises strafbar ist, also nur unter der Voraussetzung des widerrechtlichen Gebrauches der Schrift durch den Erwerber oder einen späteren Besitzer erfasst wird, während schon die erste Fälschung als solche unter Strafandrohung steht, spricht nicht gegen diese Auslegung; denn die Unterscheidung lässt sich sachlich rechtfertigen. Auch den Gesetzesmaterialien lässt sich nichts entnehmen, was auf einen anderen Sinn hinweisen würde.
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Da dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen wird, er habe Geschäfte der vorliegenden Art wiederholt oder zu wiederholen beabsichtigt, ist er mit Recht nicht nach Art. 252 Ziff. 2 StGB bestraft worden.
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Letztere Voraussetzung trifft nicht zu, wenn Brodmann den Pass lediglich gegenüber der französischen Grenzwacht, also in Frankreich gebraucht hat. Denn gemäss Art. 6 StGB ist der Schweizer, der die Tat im Auslande verübt, in der Schweiz nur strafbar, wenn sie ein Verbrechen oder Vergehen ist, für das das schweizerische Recht die Auslieferung zulässt. Eine solche Tat ist die in Art. 252 Ziff. 1 Abs. 4 StGB umschriebene nicht. Der Missbrauch echter Ausweisschriften ist weder im Vertrag vom 9. Juli 1869 zwischen der Schweiz und Frankreich über gegenseitige Auslieferung von Verbrechern, noch im Bundesgesetz vom 22. Januar 1892 betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande unter den Delikten aufgezählt, die zur Auslieferung des Täters führen müssten oder könnten. Insbesondere fällt dieses Vergehen nicht unter den Begriff des "Missbrauchs echter Siegel, Stempel, Marken, Klischees" im Sinne von Art. 3 Ziff. 24 des Auslieferungsgesetzes. Darunter ist nur der Missbrauch des technischen Hilfsmittels (Siegels, Stempels, Klischees) oder des amtlichen Zeichens (Marken) zu verstehen, mit dem Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens eine Schrift zu beglaubigen oder eine bestimmte Tatsache, z.B. das Ergebnis einer Prüfung, festzustellen oder eine Rechtshandlung, z.B. eine Genehmigung, zum Ausdruck zu bringen haben. Widerrechtliche Verwendung der Schrift oder des Gegenstandes, auf dem der Abdruck des Siegels, Stempels, Klischees oder das amtliche Zeichen befugterweise angebracht ist, steht dem Missbrauch des Siegels usw. nicht gleich.
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Ob Brodmann den Pass auch der schweizerischen Grenzwacht vorgewiesen, also ihn auf schweizerischem Gebiet zur Täuschung missbraucht hat, haben die kantonalen Gerichte nicht festgestellt. Von selbst versteht sich das nicht, zumal sich weder aus dem Urteil des Strafgerichts noch aus dem des Appellationsgerichts ergibt, dass der Beschwerdeführer den Brodmann mit dem Motorroller bis jenseits der Grenze begleitet habe und beide der gegenüber Benützern von Motorfahrzeugen üblichen Kontrolle unterworfen worden seien. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie feststelle, ob Brodmann den Pass der schweizerischen Grenzwacht vorgewiesen hat. Wenn nein, ist der Beschwerdeführer freizusprechen.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Ausschusses des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 19. Mai 1954 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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