BGE 83 IV 148
 
39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. September 1957 i.S. Zeller gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
 
Regeste
Art.144 Abs. 1StGB.
 
Sachverhalt
A.- Karl Frei nahm in den Jahren 1951 bis 1954 wiederholt bei Banken und Darlehensinstituten unter unwahren Angaben Geld auf. Anna Zeller, die von 1950 bis 1956 mit Frei verheiratet war, wusste um die zunehmende Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse ihres Mannes und dessen betrügerische Darlehensaufnahmen. Dennoch nahm sie von ihm ertrogenes Geld entgegen und verbrauchte es im Haushalt. Auch schaffte sie sich aus einem bei der Bank Courvoisier & Cie, Neuenburg, aufgenommenen Darlehen gemeinsam mit ihrem Ehemann Kleider an.
B.- Am 1. Juni 1956 sprach das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt Frau Zeller, deren Ehemann wegen gewerbsmässigen Betruges verurteilt wurde, von der Anklage der Hehlerei frei.
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte sie dagegen am 2. November 1956 wegen Hehlerei zu einer bedingt aufgeschobenen Freiheitsstrafe von zehn Tagen Gefängnis.
C.- Frau Zeller führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichtes sei aufzuheben und die Sache zu ihrer Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Aus den Erwägungen:
Die Vorinstanz wirft der Beschwerdeführerin vor, sie habe ihrem Mann geholfen, das ertrogene Geld abzusetzen. Dem ist insoweit beizupflichten, als es sich um den Kauf von Kleidern aus dem von der Bank Courvoisier & Cie erlangten Darlehen handelt. Zwar ist das Ausgeben von Geld nach dem gewöhnlichen Sprachsinn nicht gleichbedeutend mit absetzen. Darunter wird im allgemeinen das Versilbern von Waren verstanden. Das steht jedoch der Unterstellung der der Beschwerdeführerin zur Last fallenden Handlungen unter Art. 144 Abs. 1 StGB nicht entgegen. Wie der Kassationshof in BGE 69 IV 71 entschieden hat, hilft auch absetzen, wer sich vom Vortäter aus strafbar erlangtem Geld freihalten lässt. Davon abzugehen besteht kein Anlass. Art. 1 StGB verbietet nicht, das Strafgesetz ausdehnend auszulegen, d.h. ihm einen durch den Buchstaben scheinbar nicht gedeckten Sinn zu entnehmen (BGE 71 IV 148, BGE 72 IV 103, BGE 77 IV 167, BGE 81 IV 50). Die Auffassung WAIBLINGERS (ZStR 1946, Festgabe für Hafter, S. 272), wonach der Begriff des Absetzenhelfens strikte im Sinne des Wortlautes als Beihilfe bei der wirtschaftlichen Verwertung, insbesondere Veräusserung, aufzufassen sei, während das Erwerben, Sichschenkenlassen und Verheimlichen eher ausdehnend ausgelegt werden müssten, findet im Gesetz keine Stütze. Für die Entscheidung der Frage, ob die genannten Begriffe extensiv oder restriktiv auszulegen seien, ist es ohne Belang, in wessen Interesse der Täter handelt. Auch kommt der Reihenfolge, in der Art. 144 Abs. 1 StGB die einzelnen Hehlereihandlungen aufführt, in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Sie ist eine rein zufällige (vgl. auch § 259 deutsches StGB). Entscheidend fällt in Betracht der wahre Sinn der gesamten Strafnorm. Art. 144 StGB bedroht den Täter mit Strafe, weil er die Wiederherstellung des durch die strafbare Vortat gestörten rechtmässigen Zustandes erschwert, die durch jene geschaffene rechtswidrige Lage perpetuiert, insbesondere den Berechtigten an der Wiedererlangung seiner Sache hindert. Es entspricht daher der ratio legis, wegen Absetzenhelfens auch zu bestrafen, wer am Verbrauch strafbar erlangten Geldes, dessen Herkunft er kennt oder vermutet, mitwirkt. Eine engere Auslegung in dem Sinne, dass nur die Beihilfe beim Umwandeln von Sachen in Geld als Absetzenhelfen strafbar wäre, hätte eine Aufspaltung des Begriffes der "Sache" in Sache als Ware einerseits und Geld anderseits zur Folge. Eine solche Teilung des Sachbegriffes ist Art. 144 StGB völlig fremd und liesse sich - auch beschränkt auf den Tatbestand des Absetzenhelfens - umso weniger rechtfertigen, als Geld erfahrungsgemäss die bevorzugte Beute der Diebe, Betrüger udgl. darstellt.
Ist aber an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, wonach ein Absetzenhelfen auch durch Mitwirkung am Verbrauch strafbar erlangten Geldes möglich ist (BGE 69 IV 71, BGE 81 IV 160 i.f.), wurde die Beschwerdeführerin hinsichtlich der gemeinsam mit ihrem Ehemann aus ertrogenem Geld getätigten Kleiderkäufe zu Recht nach Art. 144 Abs. 1 StGB bestraft. Dass das Geld angeblich nicht durch ihre Hände ging, ist belanglos. In jedem Fall trug sie bewusst dazu bei, dass ihr Mann das strafbar erlangte Gut rascher los wurde.