Ausgangspunkt der Privilegierung nach Art. 137 Ziff. 3 ist die Rücksichtnahme auf die verwandtschaftlichen Bande,
die den Täter und den Bestohlenen als Angehörige der gleichen Familie verbinden. Die Behörde soll nicht gegen den Willen des Bestohlenen in die vermögensrechtlichen Interessen naher Verwandter eingreifen, auf die Gefahr hin, dass unter diesen Unfrieden gestiftet und ihr weiteres Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt gestört oder verunmöglicht wird. Wenn das Gesetz den Geltungsbereich des Privilegs auf weitere Personen als die Familienangehörigen ausgedehnt hat und diesen die Familiengenossen gleichstellt, so hat sich damit am Grundgedanken, auf dem das Privileg beruht, nichts geändert. Dieses will nicht die engen Beziehungen zwischen Personen, die in irgendeinem Vertrauensverhältnis zueinander stehen, begünstigen, sondern den Hausfrieden unter Personen wahren, die durch gemeinsames Haushalten eine Hausgemeinschaft bilden, die, wie schon das Wort Familiengenosse sagt, derjenigen, wie sie unter den Gliedern ein und derselben Familie besteht, nahe kommt. Dazu gehört aber nicht nur gemeinsames Essen, sondern ebensosehr das Wohnen und Schlafen unter einem gemeinsamen Dache. In diesem Sinne wird auch der Begriff des gemeinsamen Haushaltes, den Art. 110 Ziff. 3 StGB zur Umschreibung der Familiengenossen verwendet, allgemein aufgefasst. Der Angestellte, der im Hause seines Dienstherrn arbeitet und die Mahlzeiten einnimmt, aber auswärts wohnt und nächtigt, lebt nach üblicher Anschauung nicht im Haushalt seines Arbeitgebers. Das Leben in gemeinsamem Haushalte erschöpft sich nicht in gemeinsamer Arbeit und Verpflegung, sondern erfasst auch die Zeit der Musse und des Ruhens. Die Hausgemeinschaft, die sich nicht auf diesen Teil des Lebens erstreckt, ist nicht vollständig und kann durch ein sonstwie bestehendes Vertrauensverhältnis, das übrigens langjährige Dienstverhältnisse fast immer kennzeichnet, nicht ersetzt werden.