BGE 89 IV 160 |
32. Urteil des Kassationshofes vom 24. Mai 1963 i.S. Schweiz. Bundesanwaltschaft gegen Schwegler, Eberle und Denis. |
Regeste |
Art. 284 BStP, 76 Ziff. 2. und 110 Abs. 2 ZG, 124 Abs. 1 VV zum ZG. |
2. Zur Wirkung der Beschwerde "für" alle andern zur Beschwerde befugten Personen gemäss Art. 110 Abs. 2 ZG gehört auch die Hemmung der Verfolgungsverjährung (Erw. 6). |
3. Den Zollorganen mögliche Erkennbarkeit falscher Deklaration (Erw. 7). |
Sachverhalt |
A.- P. G. Schwegler, Inhaber der Handelsfirma gleichen Namens, und sein Prokurist Eberle führten unter Mithilfe von Denis, dem Geschäftsführer einer belgischen Handelsfirma, in der Zeit vom 4. Juli bis zum 29. August 1956 wiederholt in Blechbehälter abgefüllten, für die Impexmetal in Warschau bestimmten Kobalt von Belgien in die Schweiz ein und von da nach Österreich aus. Schwegler und Eberle deklarierten die Ware bei der schweizerischen Zollabfertigung als "Desoxydations-Kobaltstahlfilter aus cadmiertem Eisenblech", weshalb sie nach Zolltarif Nummer 788 b verzollt wurde. Bei einer am 31. August 1956 zur Ausfuhr nach Österreich gemeldeten neuen Teillieferung stellte das Zollamt Buchs SG fest, dass es sich nicht um gebrauchsfähige Filter, sondern um eine getarnte Kobaltsendung handelte. Mit Verfügung vom 5. November 1956 wurde diese nach den niedrigeren Ansätzen der Tarifnummer 878 neu veranlagt und Schwegler der zuviel bezahlte Zollbetrag zurückerstattet.
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Am 18./20. Dezember 1956 verhörte der Strafsachendienst Zürich der Zollbehörde Schwegler, Eberle und Denis zu Protokoll über die Anschuldigung, insgesamt 17'973,6 kg Kobalt unrichtigerweise nach Nummer 788 b statt nach Nummer 878 des Tarifs zur Ausfuhr deklariert zu haben.
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Mit Eingabe vom 5. Januar 1957 erhob Schwegler Beschwerde gegen die Rückerstattungsverfügung mit dem Antrag, die Verzollung nach Tarif Nummer 788 b zu bestätigen. Gegen den abweisenden Entscheid der Oberzolldirektion vom 12. Juni 1957 rekurrierte er an die eidgenössische Zollrekurskommission. Diese wies den Rekurs am 29. Mai 1959 ab.
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B.- Da Zollgut, das unter Nummer 878 des (bis zum 31. Dezember 1959 gültig gewesenen) Tarifs fällt, einer besondern Ausfuhrbewilligung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes bedarf, und die vorliegenden, unter Tarif Nummer 878 fallenden Sendungen unrichtigerweise nach Tarif Nummer 788 b deklariert worden waren, büsste das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement am 7. April 1960 Schwegler mit Fr. 250'000.--, Eberle mit Fr. 44'839.50 wegen Bannbruchs im Sinne des Art. 76 Ziffer 2 das Zollgesetzes (ZG) und Denis mit Fr. 56'049.35 wegen Gehilfenschaft hiezu.
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Auf Begehren um gerichtliche Beurteilung sprachen das Bezirksgericht Zürich und mit Urteil vom 10. Mai 1962 das Obergericht des Kantons Zürich die Angeklagten von Schuld und Strafe frei, das Obergericht mit der Begründung, die Strafverfolgung sei verjährt. Überdies legte es dar, weshalb es auch bei Verwerfung der Verjährungseinrede zum Freispruch gelangt wäre.
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C.- Mit der Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Bundesanwaltschaft, die Vorinstanz sei zur Schuldigsprechung und Bestrafung der Beschwerdegegner im Sinne der Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 7. April 1960 anzuweisen.
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D.- Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: |
1. Nach Art. 284 BStP, der gemäss Art. 279 BStP den inhaltlich übereinstimmenden Art. 83 ZG ersetzt (BGE 74 IV 26), verjähren Übertretungen fiskalischer Bundesgesetze, wozu die Zollvergehen im Sinne des Art. 73 ZG gehören, in zwei Jahren (Absatz 1), gerechnet vom Tage der Tatbegehung bzw. -beendigung an (Absatz 2). Die Verjährung wird unterbrochen durch jede gegen den Täter gerichtete Verfolgungshandlung (Absatz 3). Die Unterbrechung ist ohne jede zeitliche Begrenzung möglich; für die Verfolgung von Übertretungen fiskalischer Bundesgesetze besteht nur eine relative, keine absolute Verjährungsfrist (BGE 74 IV 26).
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Die letzte Handlung der Beschwerdegegner im Rahmen des Bannbruches fand am 29. August 1956 statt. Die Untersuchung war abgeschlossen, als Schwegler und Eberle am 4. Januar 1957, Denis am 24. Januar 1957 von den Strafprotokollen Kenntnis genommen hatten und der Untersuchungsbericht des chemischen Laboratoriums der Oberzolldirektion vom 29. März 1957 eingegangen war. Nach den unangefochtenen Feststellungen der Vorinstanz fanden bis zum Erlass der Strafverfügungen vom 7. April 1960, also während über drei Jahren, keine weitern Untersuchungshandlungen mehr statt.
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Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob das Verfahren zur Festsetzung des Zollbetrages eine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 284 Abs. 3 BStP darstellt und damit die Frist für die Verjährung eines Zollvergehens unterbricht oder sie wenigstens hemmt. Dagegen schreibt Art. 101 Abs. 3 ZG vor, dass vor der administrativen Strafverfügung über ein Zollvergehen durch die zuständige Zollbehörde der geschuldete Betrag festzusetzen ist und dann als Grundlage für die Strafzumessung zu dienen hat. Nach Art. 299 Abs. 2 und Art. 305 BStP ist der Erlass der Strafverfügung aufzuschieben, bzw. ist das Strafverfahren einzustellen, wenn der Beschuldigte die Leistungspflicht durch Beschwerde beim Verwaltungsgericht bestreitet. Daraus hat der Kassationshof in einem Fall der Einfuhr von Goldmünzen ohne Anmeldung zur Verzollung in sinngemässer Auslegung geschlossen, die Verfolgungsverjährung ruhe während des Beschwerdeverfahrens über die Feststellung der Abgabepflicht; die Frage nach der Unterbrechung der Verjährung brauche deshalb nicht mehr gestellt zu werden (BGE 88 IV 91 Erw. 2). Diese Überlegungen gelten auch hier.
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4. Anders als bei der im Bundesgerichtsentscheid 88 IV 87 beurteilten Zollübertretung wird allerdings beim Bannbruch die Strafe gemäss Art. 77 ZG grundsätzlich nicht nach der Höhe des hinterzogenen oder gefährdeten Zolls berechnet. Indessen bedurfte die Ausfuhr von unter Tarifnummer 878 fallendem Kobalt gemäss Verfügung Nr. 7 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 5. April 1955 über die Überwachung der Ausfuhr lebenswichtiger Güter (AS 1955, 411; ersetzt ab 1. Januar 1959 durch Bundesratsbeschluss Nr. 1 vom 23. Dezember 1958 über die Warenausfuhr, AS 1958, 1353, und Verfügung Nr. 1 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes über die Warenausfuhr vom 24. Dezember 1958, AS 1958, 1363) einer besondern Bewilligung. Ob eine solche im vorliegenden Fall erforderlich war, ein Bannbruch also überhaupt vorlag, hing somit wiederum von der Unterstellung unter die Zolltarifnummer ab. Über diese Unterstellung hatte in letzter Instanz und für den Strafrichter verbindlich (BGE 88 IV 87) die Zollrekurskommission zu befinden (Archiv für Schweizerisches Abgaberecht, 5. Band 1936/37 S. 316 Nr. 135). Dass der Entscheid über eine solche Vorfrage nicht von der Strafverfolgungsbehörde selbst getroffen wurde, ist für die Beurteilung der Verjährung bedeutungslos.
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Aus diesen Gründen konnte die Strafverfolgung Schweglers während des von ihm angehobenen Rechtsmittelverfahrens nicht verjähren.
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6. Nach Art. 110 Abs. 2 ZG wirkt die von einem Berechtigten erhobene Beschwerde auch für alle andern zur Beschwerde befugten Personen. Das Obergericht legt diese Bestimmung dahin aus, ein Obsiegen des Beschwerdeführers wirke nur für und nicht gegen die beteiligten Personen. Nach Art. 299 Abs. 3 BStP fällt in der Tat die Strafverfügung über eine Übertretung fiskalischer Bundesgesetze für alle Beteiligten dahin, wenn der Beschwerdeentscheid den Abgabeanspruch als unbegründet erklärt. Bei der engen Abhängigkeit des Straftatbestandes von der Abgabepflicht drängt es sich aber auf, auch die verjährungshemmende Wirkung des Beschwerdeverfahrens gegen alle am Strafverfahren Beteiligten eintreten zu lassen (vgl. BGE 88 IV 95). Die gegenteilige Lösung liefe auf ein Verbot der reformatio in peius zum Nachteil der am Beschwerdeverfahren nicht Beteiligten hinaus, wozu jede gesetzliche Grundlage fehlt. Die Verjährung ist somit auch für die übrigen Beschwerdegegner nicht eingetreten.
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Wenn die Vorinstanz im übrigen eine Täuschungsabsicht der Beschwerdegegner mit der Feststellung verneint, diese hätten sich um eine korrekte Behandlung der Angelegenheit bemüht (S. 17), so steht dem die Tatsache entgegen, dass sie die Behälter auch vor den schweizerischen Zollbeamten bewusst unwahr als Filter bezeichnet, das Bestimmungsland falsch deklariert und weitere unwahre Einzelheiten angegeben haben.
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Es kann der Vorinstanz auch insofern nicht gefolgt werden, als sie das Verschulden der Beschwerdegegner im Ergebnis damit verneint, die Zollbeamten hätten Anlass zu Zweifeln behabt und die Unrichtigkeit der von den Beschwerdegegnern 1 und 2 gemachten Angaben ohne weiteres erkennen können. Die Zollorgane müssen sich auf die Richtigkeit der Deklaration verlassen können. Revisionen lassen sich nur bei einem Bruchteil der Sendungen durchführen. Die Rechtsprechung stellt deshalb an die Zuverlässigkeit der Deklaration hohe Anforderungen (vgl. BGE 87 IV 28). Unwahre Angaben, wie sie von den Beschwerdegegnern 1 und 2 gemacht worden sind, entsprechen ihnen nicht und schliessen im allgemeinen eine Schuldlosigkeit im Sinne des Art. 77 Abs. 4 ZG aus.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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