41. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Oktober 1963 i.S. Kalisch gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
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Regeste
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1. Art. 303 StGB. Die Behörde, bei der die Falschbeschuldigung erfolgt, kann auch eine ausländische sein.
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Sachverhalt
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A.- Kalisch, der in Westberlin für den ostdeutschen Nachrichtendienst tätig gewesen war, übersiedelte anfangs 1961 nach Zürich. Zwei Monate später richtete er von dort aus einen Brief an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Halle (DDR), worin er den in Leipzig wohnhaften Fritz Müller fälschlicherweise als Agenten des amerikanischen Nachrichtendienstes bezeichnete, dessen angebliche militärische Spionagetätigkeit im einzelnen schilderte und weitere Personen nannte, die mit Müller zusammengearbeitet haben sollen. Ähnliche unwahre Beschuldigungen enthielt ein zweiter in Zürich aufgegebener Brief, den Kalisch in der Erwartung, er werde in die Hände der ostdeutschen Strafbehörden gelangen, im Mai 1961 an Müller persönlich sandte. In der Folge knüpfte Kalisch mit verschiedenen in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Personen, die westlichen Streitkräften nahe standen, enge Beziehungen an, um sie dem ostdeutschen Nachrichtendienst dienstbar zu machen.
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B.- Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte Kalisch wegen dieses Sachverhalts am 27. November 1962 des wiederholten vollendeten Versuchs der falschen Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB) und des wiederholten Nachrichtendienstes gegen fremde Staaten (Art. 301 Ziff. 1 StGB) schuldig und verurteilte ihn auf Grund dieser und eines weiteren Straftatbestandes zu drei Jahren Zuchthaus, zu fünf Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit und zu zehn Jahren Landesverweisung.
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C.- Kalisch bestreitet mit der Nichtigkeitsbeschwerde, dass er sich durch die beiden Briefe der falschen Anschuldigung im Sinne des Art. 303 StGB und des Nachrichtendienstes nach Art. 301 StGB schuldig gemacht habe.
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Aus den Erwägungen:
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Die Bestimmung schreibt nicht vor, dass die Behörde, bei der die Falschbeschuldigung erfolgt, nur eine inländische, nicht auch eine solche des Auslandes sein könne. Insbesondere schliesst die Einreihung des Tatbestandes der falschen Anschuldigung unter die im 17. Titel zusammengefassten Verbrechen und Vergehen gegen die Rechtspflege nicht aus, dass Art. 303 auch die Anzeige bei einer ausländischen Behörde erfasst. Das Interesse am zuverlässigen Gang der Strafrechtspflege beschränkt sich nicht nur auf die innerstaatliche, sondern gilt auch der Rechtspflege des ausländischen Staates. Das schweizerische Recht lässt denn auch die Auslieferung für Delikte gegen die Rechtspflege, insbesondere wegen falscher Anschuldigung, ausdrücklich zu (Art. 3 Ziff. VII des Auslieferungsgesetzes). Es kann deshalb schon unter diesem Gesichtspunkt nicht gesagt werden, Art. 303 schütze bloss die Rechtspflege des Bundes und der Kantone, und es fehle ein Angriff gegen die Rechtspflege, wenn die Strafanzeige bei einer ausländischen Strafbehörde erstattet wird. Dazu kommt, dass Art. 303 auch dem Schutze des einzelnen dient, der durch die falsche Anschuldigung und ungerechtfertigte Strafverfolgung in seiner Ehre (vgl. die französische Bezeichnung "dénonciation calomnieuse") und in seiner Freiheit gefährdet wird. Dieser weitere Zweck ergibt sich daraus, dass das Strafgesetz es nicht beim allgemeinen Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege durch eine falsche Strafanzeige (Art. 304 StGB) bewenden lässt, sondern den Fall, in dem der Täter eine bestimmte Drittperson falsch beschuldigt, in einer selbständigen Strafbestimmung mit schwererer Strafdrohung besonders regelt. Dem fälschlich Beschuldigten diesen Schutz immer dann zu versagen und den in der Schweiz handelnden Täter straflos zu lassen, wenn die Anzeige bei einer ausländischen Behörde eingereicht wird, kann nicht der Sinn des Gesetzes sein.
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Das Obergericht hat daher auf den Versuch des Beschwerdeführers, bestimmte Personen Ostdeutschlands vermittelst zweier in Zürich abgefasster und aufgegebener Briefe bei den Strafbehörden der DDR wider besseres Wissen der Spionage zugunsten westlicher Staaten zu beschuldigen, zu Recht Art. 303 StGB angewendet.
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b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er könne wegen der beiden Briefe, auf die sich seine Verurteilung wegen falscher Anschuldigung (Art. 303 StGB) stütze, nicht zugleich des Nachrichtendienstes gegen fremde Staaten im Sinne von Art. 301 StGB schuldig erklärt werden. Der erste Vorsatz schliesse den zweiten aus. Denn es sei unmöglich, dass er mit den falschen Anzeigen, die gegen Ostdeutschland gerichtet gewesen seien, gleichzeitig für die DDR und gegen den Westen habe Nachrichtendienst treiben wollen, wie Art. 301 voraussetze.
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Art. 301 StGB dient dem Schutze der Beziehungen der Schweiz zum Ausland. Unter diesem Gesichtspunkt kommt es nicht darauf an, ob die militärische Nachricht, die vom Gebiet der Schweiz aus dem fremden Staat übermittelt wird, richtig oder falsch ist und wie sie sich für den anderen fremden Staat, gegen den sie gerichtet ist, ausgewirkt hat. Auch eine Falschmeldung, die für den betroffenen fremden Staat ohne Nachteil geblieben ist, kann die Beziehungen der Schweiz zu diesem Staate beeinträchtigen. "Zum Nachteil eines andern fremden Staates" im Sinne des Art. 301 heisst denn auch bloss, dass sich der Nachrichtendienst gegen einen fremden Staat gerichtet haben müsse (Urteil des Bundesstrafgerichtes vom 2. November 1953 i.S. Roessler und Schnieper). Ebenso legt die Rechtsprechung Art. 274 StGB aus. Der Ausdruck "zum Nachteile der Schweiz" deutet lediglich den Gegensatz zu der vorausgegangenen Wendung "für einen fremden Staat" an. Wie der Nachrichtendienst für einen fremden Staat betrieben wird, so muss er sich auch bloss gegen die Schweiz richten, d.h. sich auf schweizerische Verhältnisse beziehen; dass daraus der Eidgenossenschaft ein Schaden erwachse oder drohe, ist nicht nötig (Urteile des Bundesstrafgerichtes vom 20. Dezember 1947 i.S.
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Riedweg und des Kassationshofes vom 2. Juli 1954 i.S. Kupferschmid). Diese Rechtsprechung führt, folgerichtig angewendet, zu einem weiteren Schluss. Genügt nach Art. 274 StGB, dass der Nachrichtendienst gegen die Schweiz gerichtet ist, ohne dass er ihr nachteilig sein muss, so ist auch nicht notwendig, dass er dem fremden Staat, für den er betrieben wird, von Nutzen sei. Das Wort "für" sagt so wenig wie das Wort "gegen" über die Auswirkungen der nachrichtendienstlichen Tätigkeit etwas aus; auch könnte der Nutzen, den der fremde Staat daraus ziehen kann, nicht festgestellt werden. so wenig es möglich wäre, den nach Art. 301 StGB betroffenen fremden Staat nach einem Schaden zu fragen. "Für einen fremden Staat" bedeutet demnach nur, dass der Empfänger der Nachrichten ein fremder Staat sein müsse, nicht auch, dass ihm der Nachrichtendienst nützlich zu sein brauche. In gleicher Weise ist auch Art. 301 StGB, der in Anlehnung an Art. 274 dieselbe Wendung gebraucht, auszulegen.
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Der Einwand des Beschwerdeführers, seine Angaben über die militärische Spionagetätigkeit westlicher Agenten hätten, weil sie falsch gewesen seien, der DDR nichts genützt, ist daher unerheblich. Es genügt, dass er über Tatsachen berichtet hat, die andere Staaten als die DDR und die Schweiz betroffen haben. Der auf falsche Anschuldigung gerichtete Vorsatz des Beschwerdeführers schloss übrigens nicht aus, dass er mit den Anzeigen zugleich der DDR nützen wollte. Er konnte die Anzeigen in der Meinung erstatten, dass sich die Angeschuldigten unter dem Drucke der falschen Anschuldigung dem ostdeutschen Nachrichtendienst zur Verfügung stellen würden, also den Willen gehabt haben, einer solchen Tätigkeit zum Nachteil anderer fremder Staaten Vorschub zu leisten (Art. 301 Ziff. 1 Abs. 2).
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