BGE 91 IV 144 |
39. Urteil des Kassationshofes vom 6. Oktober 1965 i.S. Tarschisch gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich |
Regeste |
1. Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB. Die Verfolgungsverjährung hört mit der Ausfällung eines vollstreckbaren kantonalen Urteils auf (Erw. 1). |
Sachverhalt |
A.- Tarschisch führte am 24. Juli 1963, gegen 07.30 Uhr, ein Personenauto in Zurich 3 durch die Schweighofstrasse stadtauswärts, um in die Ütlibergstrasse zu gelangen. Wegen des eidgenössischen Schützenfestes, das sich damals im Albisgütli abwickelte, war die Schweighofstrasse von der Stelle an, wo sie die Bachtobelstrasse kreuzt, für den Fahrzeugverkehr teilweise vorübergehend gesperrt, und dieser wurde in der Kreuzung nach links durch die Bachtobelstrasse umgeleitet. Die beiden Verkehrsanordnungen wurden zu Beginn des gesperrten Strassenstückes durch je eine grosse Tafel, die am linken und rechten Fahrbahnrand aufgestellt waren, signalisiert; auf der ersten waren das Wort Verkehrsumleitung und ein nach links gerichteter Pfeil, auf der zweiten das Zeichen für allgemeines Fahrverbot (Signal Nr. 201) und darunter der Vermerk angebracht, dass die Zufahrt für Anwohner und für Parkierer der oberen Ütlibergstrasse mit entsprechendem Kennzeichen sowie für Bus und Taxiwagen gestattet sei. Im Augenblick, als Tarschisch nach links in die Bachtobelstrasse abzubiegen begann, stiess er mit dem Motorradfahrer Hugentobler zusammen, der aus dem gesperrten Teil der Schweighofstrasse kommend geradeaus über die Kreuzung stadteinwärts fuhr.
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B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich erklärte Tarschisch am 1. Juli 1965 der Übertretung von Art. 36 Abs. 3 SVG und Art. 14 Abs. 1 VRV schuldig und bestätigte die vom Polizeirichter der Stadt Zürich gegen den Verzeigten ausgefällte Busse von Fr. 50. -.
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C.- Der Gebüsste führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Er bestreitet, dass er einem aus dem gesperrten Strassenstück entgegenkommenden Fahrzeug den Vortritt habe gewähren müssen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: |
2. Das Signal "Allgemeines Fahrverbot" (Nr. 201) verbietet den Verkehr für alle Fahrzeuge (Art. 16 Abs. 1 der Verordnung über die Strassensignalisation vom 31. Mai 1963). Die Verkehrsfläche, auf der das allgemeine Fahrverbot uneingeschränkt gilt, darf somit von Motorfahrzeugen und motorlosen Fahrzeugen nicht benützt werden. Sie fällt zwar, wenn sie dem Fussgängerverkehr dient, unter den Begriff der Strasse (Art. 1 Abs. 1 VRV), stellt aber, da sie dem Fahrverkehr nicht geöffnet ist, keine Fahrbahn dar (Art. 1 Abs. 4 VRV). Das bedeutet, dass die mit einem solchen Fahrverbot belegte Verkehrsfläche an der Stelle, wo sie mit einer dem Fahrverkehr geöffneten Strasse zusammentrifft, keine Verzweigung (Kreuzung, Gabelung, Einmündung) bildet (Art. 1 Abs. 8 VRV). Dem Fahrzeugführer, der die Fahrbahn einer öffentlichen Strasse benützt, steht daher gegenüber einem andern, der aus einer Strasse mit unbeschränktem Fahrverbot herausfährt, das absolute Vortrittsrecht zu. Es verhält sich in diesem Falle nicht anders, als wenn jemand an einem Ort, wo keine Strasse besteht, oder aus einem Privatweg in eine öffentliche Fahrbahn einbiegt, um sich in den allgemeinen Verkehr einzugliedern (vgl. BGE 84 IV 109).
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Diese Voraussetzung trifft im vorliegenden Falle nicht zu. Der vom Fahrverbot betroffene Teil der Schweighofstrasse diente nicht nur als Zufahrt zu vereinzelten angrenzenden Grundstücken, sondern war in dem beidseits der Strasse von Wohnhäusern überbauten Gebiet schon als Quartierstrasse von einiger Bedeutung. Darüber hinaus stand sie dem durchgehenden Verkehr offen und konnte als Durchgangsstrasse ausser von den Anwohnern auch von den in der oberen Ütlibergstrasse parkierenden Fahrzeugführern, die eine entsprechende Erlaubnis hatten, sowie ohne besondere Bewilligung von allen Fahrzeugen der städtischen Verkehrsbetriebe und der Taxiunternehmen benützt werden. An der Kreuzung Schweighofstrasse/Bachtobelstrasse galt daher ohne gegenteilige Anordnung das gesetzliche Vortrittsrecht, wonach dem von rechts kommenden Fahrzeug der Vortritt zusteht (Art. 36 Abs. 2 SVG) und der nach links Abbiegende einem entgegenkommenden Fahrzeug den Vortritt zu lassen hat (Art. 36 Abs. 3 SVG).
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Der Beschwerdeführer, der die deutlich signalisierten Einschränkungen des Fahrverbots gelesen hat und erkennen konnte, dass einem grossen Teil von Fahrzeugen die Durchfahrt durch die obere Schweighofstrasse gestattet war, musste mit solchen, die ihm aus dieser Strasse entgegenkommen konnten, rechnen. In Wirklichkeit hat er auch nicht angenommen, dass aus dem teilweise gesperrten Strassenstück keine Fahrzeuge in die Kreuzung einfahren werden oder dass er diesen gegenüber vortrittsberechtigt sei, sondern der Zusammenstoss mit dem Motorradfahrer ist darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer aus Unaufmerksamkeit diesen zu spät wahrgenommen hat.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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