1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1967 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Müller.
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Regeste
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Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2, 217 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
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Das ist auch bei der Frage zu beachten, ob ein Angeklagter, der wegen böswilliger Vernachlässigung der Unterstützungspflicht verurteilt wird, den bedingten Strafaufschub verdiene.
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Sachverhalt
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A.- Müller wurde durch Vaterschaftsurteil des Amtsgerichtes Bern vom 14. November 1963 verpflichtet, an den Unterhalt der am 26. März 1959 ausserehelich geborenen Zwillingskinder Barbara und Doris X. monatlich je Fr. 75.- zu bezahlen. Das Urteil ist am 29. Juli 1964 in Rechtskraft erwachsen.
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Da Müller seiner Unterhaltspflicht nur zu einem kleinen Teil nachkam, stellte der Vormund der beiden Kinder am 15. Februar und am 26. Oktober 1965 gegen ihn Strafantrag. Bis zu diesem Zeitpunkt standen Unterhaltsbeiträge von Fr. 11-12'000.-- aus.
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B.- Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte Müller am 10. März 1966 wegen fortgesetzter Vernachlässigung von Unterstützungspflichten zu drei Monaten Gefängnis.
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Es gewährte dem Verurteilten den bedingten Strafvollzug, weil er die feste Überzeugung gewonnen habe, dass er nicht der Vater der beiden Kinder sei, und weil er die Revision des Vaterschaftsurteils verlangen wolle.
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C.- Der Generalprokurator des Kantons Bern führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts insoweit aufzuheben, als es dem Verurteilten den bedingten Strafvollzug gewähre, und die Sache zur Verweigerung dieser Massnahme an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Müller schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Aus den Erwägungen:
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Müller konnte sich der Strafe wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten nicht mit dem Einwand entziehen, dass er nicht der Vater der beiden Kinder sei. Das rechtskräftige Vaterschaftsurteil ist für den Strafrichter verbindlich; dieser hat nicht zu prüfen, ob der Zivilrichter den Angeklagten zu Recht zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet habe (BGE 73 IV 178). Das ist auch bei der Frage, ob der Verurteilte den bedingten Strafvollzug verdiene, zu beachten. Der Aufschub der Strafe lässt sich daher entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht damit begründen, Müller sei von der Unrichtigkeit des Vaterschaftsurteils überzeugt und wolle dessen Revision verlangen. Wieso dieser Umstand Gewähr für künftiges Wohlverhalten bieten sollte, ist nicht zu ersehen. Die Auffassung des Obergerichts ist, wie der Beschwerdeführer mit Recht einwendet, im Gegenteil geeignet, den Verurteilten im Glauben zu bestärken, er könne sich weiterhin nach Belieben über die gerichtlich festgestellte Unterhaltspflicht hinwegsetzen. Müller hat die Unterhaltsbeiträge zu erbringen, solange das Vaterschaftsurteil zu Recht besteht. Der bedingte Strafvollzug wäre ihm daher nur zu gewähren, wenn sein Vorleben und Charakter erwarten liessen, er werde durch eine blosse Warnstrafe insbesondere von einer weitern Vernachlässigung seiner Unterstützungspflicht abgehalten (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB).
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Diese Voraussetzung ist offensichtlich nicht erfüllt. Müller, der heute 41 Jahre alt ist und als Vertreter sehr gut verdient, versuchte von Anfang an, die Vollstreckung des Vaterschaftsurteils zu vereiteln. Auf Betreibung hin erhob er Rechtsvorschlag und als der Richter Rechtsöffnung erteilte, entzog er sich der Pfändung, indem er keiner geregelten Arbeit mehr nachging. Unter dem Druck des Strafverfahrens versprach er am 26. März 1965, fortan monatlich Fr. 200.-- zu bezahlen, kam seinem Versprechen aber nur einmal im vollen Umfange nach. An der Gerichtsverhandlung vom 26. Oktober 1965 gab er erneut vor, von nun an seine Unterhaltspflicht gegenüber den beiden Kindern erfüllen zu wollen, liess es jedoch bei einer Zahlung von Fr. 150.-- bewenden. Solche Haltlosigkeit lässt schlechterdings nicht darauf schliessen, dass Müller sich durch einen bloss drohenden Vollzug der Strafe genügend beeindrucken lassen werde.
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Das gilt umsomehr, als Müller bereits in den Jahren 1950 und 1954 wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten zu bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafen von zehn und dreissig Tagen bestraft wurde. Er erlitt ferner zwölf Pohzeibussen, vor allem wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften. Dass die Vorstrafen teils weit zurückliegen und teils wegen geringfügigen Verfehlungen ausgesprochen wurden, ist hier nicht entscheidend, sondern allein, dass sie Müller nicht davon abgehalten haben, neuerdings straffällig zu werden...
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen und die Sache zur Verweigerung des bedingten Strafvollzuges an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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