20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Februar 1969 i.S. Frau X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zug.
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Regeste
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Art. 306 StGB. Falsche Beweisaussage der Partei.
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2. Die Strafhandlung der falschen Beweisaussage ist erst dann vollendet, wenn die Aussage nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts abgeschlossen ist (Erw. 2).
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Sachverhalt
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A.- Im Oktober 1964 erhob Frau X. beim Kantonsgericht Zug Ehescheidungsklage. Der Ehemann widersetzte sich der Scheidung.
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Am 14. September 1965 wurden die Parteien vom referieren den Vorsitzenden persönlich befragt. Einleitend ermahnte er sie zur Wahrheit und verwies auf die Straffolgen bei falscher Beweisaussage gemäss Art. 306 StGB sowie auf das Zeugnis verweigerungsrecht nach § 168 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO. Frau X.
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bestritt im Verlaufe ihrer Einvernahme die vom Ehemann behaupteten Ehebrüche mit den Herren A. und B. Nachdem der Vorsitzende nochmals mit Nachdruck auf die Folgen der falschen Beweisaussage des Art. 306 StGB und das Zeugnisverweigerungsrecht verwiesen hatte, erklärte Frau X:
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"Ich bestreite nach wie vor die Ausführungen der Herren A. und B. Ich habe mit keinem der beiden Herren ehewidrige Beziehungen unterhalten."
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Diese Aussagen wurden der Klägerin unmittelbar anschliessend an ihre Einvernahme vorgelesen und von ihr als richtig bestätigt. Der Vorsitzende hörte darauf abwechslungsweise den Beklagten und die Klägerin ab, bis er schliesslich Frau X. wieder zu den behaupteten Ehebrüchen mit A. und B. befragte, nachdem er erneut auf das Aussageverweigerungsrecht und die Folgen einer falschen Beweisaussage nach Art. 306 StGB aufmerksam gemacht hatte. Die Klägerin sagte aus:
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"Ich hatte weder mit Herrn A. noch mit Herrn B. ehewidrige Beziehungen. Die Aussagen dieser beiden Herren sind falsch. Ich hatte mit keinem dieser beiden Herren Geschlechtsverkehr."
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Darauf unterbrach der Vorsitzende die Verhandlung und liess A. telefonisch zur Zeugeneinvernahme vorladen. Als Frau X. dies erfuhr, wünschte sie ihre Aussagen zu korrigieren. Sie gab u.a. folgendes zu Protokoll:
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"Ich habe zum Teil gelogen. Ein richtiger Geschlechtsverkehr mit diesen beiden Herren hat aber nicht stattgefunden. Ich habe es den beiden Herren mit der Hand gemacht..."
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Die Ehe der Klägerin wurde am 1. März 1967 auf Begehren beider Parteien gestützt auf Art. 142 ZGB geschieden.
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B.- Mit Urteil vom 22. Dezember 1967 sprach das Strafgericht Zug Frau X. hinsichtlich ihrer Aussagen, sie habe keine ehewidrigen Beziehungen zu den Zeugen A. und B. unterhalten, der fortgesetzten falschen Beweisaussage gemäss Art. 306 Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte sie zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von acht Wochen.
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Das Strafobergericht von Zug, bei dem die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatten, bestätigte am 18. Juni 1968 das erstinstanzliche Urteil.
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C.- Frau X. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Strafobergerichtes aufzuheben und die Sache zur Freisprechung, eventuell zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug beantragt in ihrer Vernehmlassung Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Käme es für die Anwendbarkeit des Art. 306 StGB nur darauf an, ob eine konkrete Aussage zugunsten oder zum Nachteil der befragten Partei wirke, so wäre immerhin mit der Vorinstanz festzustellen, dass die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe sich keines ehewidrigen Verhaltens schuldig gemacht, geeignet war, sich zu ihren Gunsten auszuwirken. Ohne Ehebruch und ehewidriges Verhalten erschien ihr eigenes Verschulden an der ehelichen Zerrüttung nämlich geringer, was sich zunächst in der Frage des Scheidungsanspruchs und später allenfalls auf die Nebenfolgen der Ehescheidung auswirken konnte.
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Die Betrachtungsweise sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Vorinstanz zu diesem Punkt geht indessen an der Sache vorbei. Richtigerweise bezieht sich die Unterscheidung zwischen einer Aussage zugunsten und einer solchen zuungunsten der Partei nicht bloss auf die konkrete Einvernahme, sondern auf die Ausgestaltung der Parteibefragung als Beweismittel durch das kantonale Prozessrecht. Denn eine Beweisaussage im Sinne von Art. 306 StGB liegt nur vor, wenn die Aussage sich grundsätzlich eignet - wenn auch unter Vorbehalt der freien Beweiswürdigung durch den Richter - Beweis zugunsten der aussagenden Partei zu bilden (BGE 76 IV 280).
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Demgegenüber stellt eine Aussage, die den Prozessausgang unmittelbar nur beeinflussen kann, wenn sie den Verhörten belastet (Geständnis), kein Beweismittel im erwähnten Sinne dar; sie schafft Recht nur, weil die zugestandene Tatsache nicht mehr streitig ist.
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Sodann kommt es - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - für die Anwendung von Art. 306 StGB nicht darauf an, ob die kantonale Prozessordnung ausdrücklich auf diese Bestimmung verweist. Ebensowenig ist dafür massgebend, ob und welche Straffolgen das kantonale Recht selbst auf die falsche Parteiaussage androht. Entscheidend ist allein, dass die Aussage ein Beweismittel darstellt. Freilich vermag der Hinweis des Richters auf die Wahrheitspflicht und auf die Straffolgen bei falscher Aussage einer Parteieinvernahme noch nicht die Eigenschaften einer Beweisaussage im Sinne von Art. 306 StGB zu verleihen. Nur wenn die kantonale Prozessordnung selbst die Parteibefragung zu einem eigentlichen Beweismittel erhebt, gelangt Art. 306 StGB zur Anwendung (BGE 72 IV 37; LOGOZ, N. 3a zu Art. 306 StGB; SCHWANDER, Das Schweiz. Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Nr. 766).
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Nach den Ausführungen im Urteil des Strafgerichtes, auf die das Obergericht verweist, entspricht es im Kanton Zug ständiger Gerichtspraxis, dass die persönliche Befragung einer Partei gemäss § 155 und 187 ff. ZPO als Beweismittel zur Feststellung bestrittener und erheblicher tatsächlicher Verhältnisse und damit, wie ausdrücklich erklärt wird, auch zugunsten der aussagenden Partei gilt. Diese Erwägungen betreffen kantonales Prozessrecht, das der Kassationshof nicht auszulegen hat (Art. 269 Abs. 1 und 273 Abs. 1 lit. b BStP). Soweit die Beschwerdeführerin darzutun versucht, dass eine Bestrafung nach Art. 306 StGB nur dann statthaft sei, wenn das kantonale Zivilprozessrecht ausdrücklich auf diese Bestimmung verweist, und soweit sie aus § 189 ZPO andere Schlüsse zieht als das Obergericht, ist deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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Im übrigen bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass das im Kanton Zug für die formelle Parteibefragung vorgeschriebene Verfahren sowie die in Art. 306 StGB aufgestellten Vorschriften hinsichtlich Ermahnung der Partei zur Wahrheit vor der Aussage und Hinweis auf die Straffolgen der falschen Aussage beachtet wurden.
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In diesem Punkte ist der Beschwerdeführerin insoweit zuzustimmen, als die für den Tatbestand des falschen Zeugnisses in BGE 85 IV 33 ff. und BGE 80 IV 123 ff. entwickelten Grundsätze auch für die falsche Beweisaussage der Partei gemäss Art. 306 StGB gelten. Nach BGE 80 IV 123 ff. ist das Verbrechen des falschen Zeugnisses erst dann vollendet, wenn die Einvernahme nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts abgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall stellt die Vorinstanz verbindlich fest, die beiden in Frage stehenden Aussagen seien protokolliert, der Klägerin vorgelesen und von ihr bestätigt worden. Nach zugerischem Prozessrecht sei die Einvernahme mit dem Verlesen des Protokolls und der anschliessenden Bestätigung beendet. Da die Beschwerdeführerin ihre Aussagen bestätigte und erst nachher berichtigte, liegt somit eine vollendete falsche Beweisaussage vor.
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Zu einem anderen Ergebnis gelangt man nicht, auch wenn man mit der Beschwerdeführerin und mit PFÄFFLI, Das falsche Zeugnis, S. 65 ff., davon ausgehen wollte, die Beantwortung der Frage, in welchem Zeitpunkt die Einvernahme abgeschlossen sei, hänge nicht so sehr von äusserlichen Anhaltspunkten wie Verlesen des Protokolls und anschliessende Bestätigung durch Unterzeichnung ab, als vielmehr von der Bedeutung, die die Beteiligten den betreffenden Formen beilegten; demnach sei die Einvernahme erst beendet, wenn der Verhörende wie die befragte Partei sie als abgeschlossen betrachteten. In der Einvernahme vom 14. September 1965 wurde die Beschwerdeführerin nach einer allgemeinen Befragung über ihre Beziehungen zu den Zeugen A. und B. verhört. Darüber wurde das Protokoll gesondert verlesen und von der Beschwerdeführerin bestätigt. Bereits in diesem Zeitpunkt musste Frau X. annehmen, ihre Einvernahme sei beendigt. Nach der Wiederholung ihrer Aussagen konnte sie erst recht nicht mehr mit der Wiedereröffnung desselben Beweisthemas rechnen. Daran ändert nichts, dass die Verhandlungen mit der Abhörung von Zeugen weitergeführt wurden.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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