27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Mai 1969 i.S. Bundesanwaltschaft gegen Rey.
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Regeste
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Art. 74 Ziff. 11 und 100 Abs. 1 ZG.
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Sachverhalt
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A.- Für Mineralöl (Heizöl, Dieselöl) sieht der Zolltarif je nach der Verwendung verschiedene Ansätze vor:
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- zu motorischen Zwecken Fr. 16.- je q.
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(nebst Zuschlägen von Fr. 7.35 bzw.
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Fr. 12.65)
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- zu Feuerungszwecken Fr. -.30 je q.
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Gemäss Art. 18 ZG und Art. 40 ZV können Waren, die je nach Verwendungszweck verschiedenen Zollansätzen unterliegen, auf Ansuchen und gegen Verwendungsnachweis oder Verwendungsverpflichtung (sog. Revers) zum niedrigern Ansatz verzollt werden. Sie dürfen nachträglich aber nicht ohne Bewilligung und Nachentrichtung der Zoll- bzw. Warenumsatzsteuerdifferenz für den andern, zum höheren Ansatz zu verzollenden Zweck verwendet werden.
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Vinzenz Rey, Prokurist der Firma Voegtlin-Meyer AG, Brennmaterialien, Brugg, lieferte in der Zeit vom 12. Juni 1964 bis 27. Januar 1966 im Einverständnis mit der Geschäftsleitung, die für die Verwendung des Heizöls einen Revers unterzeichnet hatte, an verschiedene Kunden insgesamt 249'586 kg Öl für motorische Zwecke, das zum vergünstigten Zollansatz eingeführt worden war. Die dadurch entstandene Zoll- bzw. Warenumsatzsteuerdifferenz betrug Fr. 29'228.70 bzw. Fr. 4'320.21. Umgekehrt setzte Rey in derselben Zeit gleiche Mengen Öles, das als Dieselöl verzollt worden war, zu Feuerungszwecken ab.
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B.- Durch Strafverfügung vom 4. Oktober 1966 fällte das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement gegen Rey gestützt auf Art. 74 Ziff. 11, 75, 82 Ziff. 2 und 91 ZG sowie Art. 52/53 WUB eine Busse von Fr. 5'281.90 (was 1/15 des umgangenen Zolles entspricht) aus und überband ihm die Verfahrenskosten. Für beide Beträge wurde die Firma Voegtlin-Meyer AG solidarisch haftbar erklärt.
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Nachdem Rey gerichtliche Beurteilung verlangt hatte, wurde er am 12. Januar 1968 vom Bezirksgericht Brugg von der Anschuldigung der Zollübertretung bzw. Steuerhinterziehung freigesprochen.
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Das Obergericht des Kantons Aargau wies am 11. Juli 1968 die von der Bundesanwaltschaft eingereichte Berufung ab. Es ging mit dem Bezirksgericht davon aus, dass nach Art. 74 Ziff. 11 ZG nur bestraft werden könne, wer Waren, für die eine Zollermässigung zugestanden worden sei, nachträglich ohne Bewilligung und ohne Nachentrichtung des Zollbetreffnisses zu einem der Zollermässigung nicht entsprechenden Zwecke verwende. Die beiden Voraussetzungen müssten kumulativ gegeben sein. Der Angeklagte habe die Bewilligung nicht eingeholt. Die geschuldeten Zolldifferenzen aber habe er dadurch, dass er zum höheren Ansatz von Dieselöl verzolltes Öl zu Feuerungszwecken verkaufte, jeweils laufend und kurzfristig ausgeglichen. Von einer Hinterziehung oder auch nur Gefährdung eines Zollbetreffnisses könne infolgedessen nicht die Rede sein. Wohl habe der Angeklagte durch seine Machenschaften den von der Oberzolldirektion am 1. April 1961 erlassenen Vorschriften für den Handel mit Heizöl und Dieselöl zuwidergehandelt. Der in Art. 74 Ziff. 11 ZG umschriebene Tatbestand könne jedoch nicht durch Verfahrensvorschriften der Oberzolldirektion dahin verschärft werden, dass die im Gesetz vorgesehene Befreiung von einer Kriminalstrafe einfach gestrichen werde. Über die Ahndung der begangenen Ordnungsverletzung sei im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
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C.- Gegen dieses Urteil führt die Bundesanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, die Sache sei an das Obergericht zurückzuweisen, damit es den Angeklagten der Widerhandlung gegen das Zollgesetz und den Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer schuldig erkläre, angemessen bestrafe und die Firma Voegtlin-Meyer AG für Busse und Verfahrenskosten haftbar erkläre.
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D.- Der Angeklagte beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Es ist unbestritten, dass bei Zollbehandlung von Waren nach ihrem Verwendungszweck die in Art. 18 ZG und Art. 40 ZV vorgesehene Abfertigung zu den niedrigeren Ansätzen eine Zollermässigung im Sinne von Art. 74 Ziff. 11 ZG darstellt. Der Beschwerdegegner hat 249'586 kg Mineralöl, für das die Zollermässigung erlangt worden war, zweckwidrig und entgegen der durch Revers eingegangenen Verpflichtung als Dieselöl verkauft. Er hat sich daher nach Art. 74 Ziff. 11 ZG strafbar gemacht, wenn er es ohne Bewilligung und ohne Nachentrichtung der Zolldifferenz tat.
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Der Beschwerdegegner bestreitet nicht, eine Bewilligung weder eingeholt noch erhalten zu haben. Nach Art. 2 Abs. 4 der Zollvorschriften für den Handel mit Heizöl und Dieselöl vom 1. April 1961 kann eine Nachverzollung von Heizöl als Dieselöl ohnehin grundsätzlich nicht bewilligt werden. Ausnahmen davon sollen nur in unverschuldeten Fällen gemacht werden. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben.
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Werden Waren, die gemäss dem angegebenen Verwendungszweck zu einem höhern Ansatz verzollt worden sind, nachträglich zu einem Zweck verwendet, für den im Zolltarif eine niedrigere Position vorgesehen ist, so kann der Zollpflichtige innert 60 Tagen oder einer von der Oberzolldirektion festgesetzten längern Frist die Rückerstattung der Zolldifferenz verlangen (Art. 18 Abs. 3 ZG, Art. 40 Abs. 3 ZV). Wird umgekehrt eine nach dem angegebenen Verwendungszweck niedriger verzollte Ware nachträglich ohne Bewilligung einem Zwecke zugeführt, der eine höhere Verzollung erfordert, hat sich der Zollpflichtige in gleicher Weise der ZOIlübertretung nach Art. 74 Ziff. 11 ZG schuldig gemacht wie derjenige, der den Straftatbestand des Art. 74 Ziff. 3 ZG erfüllt, indem er zollpflichtige Waren beim Grenzübertritt zur Zollbehandlung anzumelden unterlässt. Dass er aus einem andern Rechtsgrunde umgekehrt eine Forderung an die Zollverwaltung geltend zu machen hat, hilft weder im einen noch im andern Fall über die Straffälligkeit hinweg. Untauglich ist auch der Einwand des Beschwerdegegners, er habe die Zolldifferenz laufend und vollumfänglich durch den Verkauf von Dieselöl zu Feuerungszwecken intern "kompensiert". Wie die Vorinstanz unter Hinweis auf IMBODEN (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 124, S. 32 ff., insbesondere S. 34) zu Recht ausführt, steht dem Pflichtigen im öffentlichen Recht - und damit auch im Zollrecht - keine Verrechnung einer Forderung mit derjenigen des Gemeinwesens zu; nur die das Gemeinwesen vertretende Behörde kann verrechnen. Abgesehen davon, dass der Beschwerdegegner die Verrechnung jeweils gar nicht erklärte, sondern nur intern "kompensierte", hebt der auf einer Ware entstandene Zollrückerstattungsanspruch die mit einer andern Ware begangene Zollhinterziehung nicht auf. Durch "Kompensationen", wie sie Rey vornahm, würde zudem die Kontrolle über die Sicherungen, welche die Oberzolldirektion mit ihren Vorschriften vom 1. April 1961 für die bestimmungsgemässe Verwendung des zollbegünstigten Heizöls aufgestellt hat, insbesondere über die getrennte Lagerung von Heizöl und Dieselöl, weitgehend gefährdet, wenn nicht verunmöglicht.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Juli 1968 aufgehoben und die Sache zur Bestrafung des Beschwerdegegners an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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