BGE 98 IV 313
 
60. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Dezember 1972 i.S. Bräm gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
 
Regeste
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, bedingter Strafvollzug.
 
Aus den Erwägungen:
Nach der früheren Fassung des Art. 41 StGB konnte der bedingte Vollzug nicht gewährt werden, wenn der Täter in den letzten fünf Jahren vor Verübung der Tat wegen eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens eine Freiheitsstrafe verbüsst hatte. Nach der Novelle vom 18. März 1971, die im vorliegenden Falle Anwendung findet, ist der Aufschub nur ausgeschlossen, wenn der Täter unter sonst gleichen Voraussetzungen eine Strafe von mehr als drei Monaten verbüsst hat. Der Gesetzgeber wollte damit bewusst den Anwendungsbereich des bedingten Strafvollzugs erweitern.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass es jedenfalls nicht zulässig wäre, die von der Revision angestrebte Neuerung dadurch zu vereiteln, dass die Straftaten, für welche der Täter zusammen weniger als drei Monate Freiheitsstrafe erlitten hat, einfach als Begründung einer negativen Prognose für sein künftiges Wohlverhalten herangezogen würden. Das Obergericht hat sich jedoch nicht mit dem Hinweis auf die Freiheitsstrafen von über zwei Monaten begnügt. Es legt ebenso viel Gewicht auf den Umstand, dass der Angeklagte innert der letzten fünf Jahre dreimal bestraft werden musste und führt ergänzend aus, seine Bedenken gründeten "namentlich auf die zahlreichen bisherigen Verurteilungen". In der Tat wurde Bräm von 1950 bis 1969 häufig gerichtlich verurteilt, und zwar jeweils mehrmals wegen Diebstahl, Zechprellerei, Urkundenfälschung,Veruntreuung, Betrug, Betrugsversuch und Fahren in angetrunkenem Zustand. Bräm ist also immer wieder in die Kriminalität zurückgefallen, hat trotz erlittener Freiheitsstrafen wieder gleichartige Delikte begangen und musste auch in den letzten fünf Jahren vor der neuen Tat wieder dreimal gerichtlich verurteilt werden. Das rechtfertigt durchaus eine schlechte Prognose. Von einer Überschreitung des der Vorinstanz insoweit zustehenden Ermessens, was ein Einschreiten des Kassationshofes erlauben würde, ist keine Rede (BGE 96 IV 103, BGE 91 IV 114).