38. Urteil des Kassationshofes vom 3. September 1977 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
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Regeste
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Art. 41 Ziff. 2 Abs. 1 StGB. Weisung zur Schadensdeckung.
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Sachverhalt
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Die Ehe von S. wurde durch Urteil des Obergerichtes des Kantons Aargau vom 13. Juni 1975 geschieden. Er wurde darin verpflichtet, an den Unterhalt seiner beiden Kinder abgestuft je Fr. 250.-- und 300.-- bzw. Fr. 350.-- zu bezahlen. Überdies hatte er an seine geschiedene Ehefrau eine monatliche Übergangsrente von Fr. 200.-- zu entrichten, die inzwischen infolge Wiederverheiratung weggefallen ist. Während des Ehescheidungsverfahrens hatte S. an Ehefrau und Kinder monatlich Fr. 900.-- zu bezahlen.
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Auf Klage der Staatsanwaltschaft wurde S. durch das Bezirksgericht Muri der Vernachlässigung der Unterstützungspflichten im Sinne von Art. 217 Ziff. 1 StGB schuldig befunden und zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Es wurde ihm der bedingte Strafvollzug gewährt mit einer Probezeit von drei Jahren. Damit wurde die Weisung verbunden, neben den laufenden Unterhaltsbeiträgen monatlich Fr. 200.-- an die Rückstände zu zahlen.
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Vor Obergericht war nur diese Weisung streitig. Sie wurde mit Urteil vom 29. April 1977 bestätigt.
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Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt S., die streitige Weisung sei aufzuheben.
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Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass eine solche Weisung an sich erteilt werden kann. Er macht aber geltend, gestützt auf seine Insolvenzerklärung sei am 16. September 1976 über ihn der Konkurs eröffnet worden. Die Alimentenrückstände seien in Verlustscheinforderungen umgewandelt worden. Für solche könne der Gemeinschuldner nur belangt werden, wenn dieser zu neuem Vermögen bzw. zu einem Einkommen gekommen sei, das Rücklagen erlaubt hätte (Art. 265 Abs. 2 SchKG). Bestreite der Gemeinschuldner, dass er zu neuem Vermögen gekommen sei, so entscheide das Gericht darüber. Diese Bestimmung wolle dem Gemeinschuldner eine gewisse Ruhe zur wirtschaftlichen Erholung gewähren. Die strittige Weisung verhindere dies. Wegen des drohenden Widerrufs des bedingten Strafvollzugs könne er den Zahlungsbefehl nicht abwarten und die ihm gesetzlich zustehende Einrede des fehlenden Vermögens nicht erheben. Die kantonalen Gerichte hätten sich nicht mit der konkreten finanziellen Lage des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und auch nicht vorfrageweise geprüft, ob er im Sinne von Art. 265 SchKG zu neuem Vermögen gelangt sei. Die Weisungen gemäss Art. 41 Ziff. 2 StGB und Art. 265 Abs. 2 SchKG ergänzten sich, denn der wirtschaftliche Neubeginn diene ebenfalls der Resozialisierung.
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Diese leitenden Grundsätze gelten auch für die Weisungen, welche das Gesetz ausdrücklich erwähnt, somit auch für die Weisung, den durch die strafbare Handlung verschuldeten Schaden zu decken. Ob diese Weisung im Einzelfall zulässig ist und dem Zweck der Massnahme dient, hängt von den Umständen ab. Sie darf selbstverständlich auch nicht gegen die Rechtsordnung verstossen.
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Die Einrede des mangelnden neuen Vermögens gemäss Art. 265 Abs. 3 SchKG will dem Gemeinschuldner nach dem Konkurs den Wiederaufbau einer wirtschaftlichen Existenz ermöglichen (FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2.
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Band, 2. Aufl., S. 185). Sie kann ihn also zu einem wirtschaftlichen Neubeginn ermutigen und ist damit auch geeignet, ihn davor zu bewahren, sich gehen zu lassen und erneut straffällig zu werden. Art. 265 Abs. 3 SchKG kann daher auch dem mit den strafrechtlichen Weisungen verfolgten Zweck, den Verurteilten zu bessern, dienlich sein und ihn fördern. Der Strafrichter hat deshalb dem in Art. 265 Abs. 3 SchKG ausgesprochenen Schutzgedanken Rechnung zu tragen und muss sich mit der Frage auseinandersetzen, ob von einer Weisung, den deliktischen Schaden zu decken, eine erzieherisch günstige oder nachteilige Wirkung zu erwarten ist. Von den finanziellen und persönlichen Verhältnissen des Einzelfalles hängt es ab, wie die Leistung des Ersatzes zeitlich und der Höhe nach festzusetzen ist oder ob es angezeigt ist, von einer solchen Weisung überhaupt abzusehen. Ein Verzicht kann auch gerechtfertigt sein, wenn die Weisung der Schadensdeckung die übrigen Konkursverlustscheingläubiger ungebührlich benachteiligen würde.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts - 1. Strafkammer - des Kantons Aargau vom 29. April 1977 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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