77. Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1977 i.S. A. gegen Generalprokurator des Kantons Bern
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Regeste
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Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG; schwerer Fall.
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Sachverhalt
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A.- 1. Im Frühjahr 1976 erwarb A. zusammen mit S. in einem Restaurant in Bern für ca. Fr. 30.-- fünf Gramm Haschisch, das sie in der Folge gemeinsam rauchten.
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2. Am 20. Juli 1976 flog A. mit S., nach Amsterdam. Dort kauften sie zwei Unzen Heroin, verpackten es in zwei eigens hiefür hergerichteten Büchern und schickten diese einzeln an die Heimadresse des A.
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Das eine Paket fing die Zollfahndung ab. Es enthielt 113 Portionen Heroin zu durchschnittlich 45 mg und 23,6 g eines Gemischs von Heroinchlorid und Coffein.
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Das zweite Paket mit einer Unze Heroin erreichte den Adressaten. A. und S. packten dieses in Schüsse von durchschnittlich 45 mg ab, die sie auf der Münsterplattform in Bern verkauften.
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Am 2. und 3. August 1976 stellte die Polizei 21 Schüsse sicher, die S. auf sich getragen hatte, 104 Schüsse bei einer Haussuchung in der Wohnung der Eltern des A. und 253 Schüsse in einem Versteck im Wald. A. und S. verkauften demnach bis zu ihrer Verhaftung am 2. August rund 270 Schüsse (ca. 12 g) Heroin für insgesamt ca. Fr. 7'000.--. Am 21. Juli 1976 hatten sie überdies versucht, in Solothurn 70 Schüsse zu verkaufen.
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B.- Wegen dieser Handlungen erklärte das Obergericht des Kantons Bern A. am 9. September 1977 der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 2 und Art. 19a BetmG und wegen eines weiteren Sachverhalts des Versuchs des qualifizierten Diebstahls schuldig und verurteilte ihn zu 22 Monaten Gefängnis.
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C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt A., das obergerichtliche Urteil sei in bezug auf die Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 2 BetmG aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Die Vorinstanz hat diese Voraussetzungen bejaht. Sie stellt in tatsächlicher Hinsicht verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP), dass der Beschwerdeführer ca. 270 Schüsse Heroin von durchschnittlich 45 mg verkaufte und weitere 70 Schüsse zum Verkauf anbot, zusammen ca. 15 g. Mit den in Amsterdam gekauften und teils vom Zoll abgefangenen, teils sonst noch nicht in den Verkauf gelangten Mengen, die alle für den Verkauf angeschafft und transportiert worden waren, ergibt sich ein Quantum von 56 g Heroin.
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Vom Kassationshof zu prüfen ist einzig, ob diese Menge ausreicht, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen. Daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen. Wenn das Berner Obergericht generell von einer Menge von 15 g an einen schweren Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG annimmt, hat es die Grenze bedenklich hoch angesetzt. In anderen Kantonen, z.B. Basel-Stadt, wird sie erheblich tiefer gezogen. 15 g entsprechen ca. 350 Schüssen. Bekanntlich können ca. 10 Injektionen mit Heroin ohne weiteres zu Süchtigkeit führen, mit all ihren bekannten verhängnisvollen Wirkungen für die Gesundheit und die gesamte Existenz einer Person. 15 g reichen aus, um diese Wirkung bei ca. 35 Personen herbeizuführen, ohne dass andere Bezugsquellen verfügbar sind. Zusammen mit solchen können durch den Verkauf von 350 Schüssen auch 100 und mehr Personen in ihrer Gesundheit schwer gefährdet werden. Die Beschaffung von 15 g Heroin zum Verkauf an einen unbestimmten Abnehmerkreis ist also in jedem Fall als schwerer Fall gemäss Bst. a zu betrachten. Der Beschwerdeführer, der 56 g beschaffte, selbst nicht süchtig ist, aber das Schicksal Heroinsüchtiger genau kannte, muss als skrupelloser Dealer bezeichnet werden. Auch wenn er nicht zu den grossen Drahtziehern im Drogenhandel gehört, ist er keineswegs der harmlose "kleine Fisch", als den ihn die Nichtigkeitsbeschwerde ausgeben möchte. Dass es noch schlimmere gibt, hat die Vorinstanz mit der relativ sehr milden Strafe von 22 Monaten Gefängnis ausreichend berücksichtigt.
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2. Ist der schwere Fall nach lit. a unbedenklich zu bejahen, so erübrigt sich die Prüfung der Rügen, die Vorinstanz habe zu Unrecht auch die Qualifikationsmerkmale der lit. b und c des Art. 19 Ziff. 2 BetmG bejaht. Anders wäre es nur, wenn das Zusammentreffen mehrerer Qualifikationsgründe zu einer strengeren Erfassung des Täters führen dürfte oder faktisch geführt hätte. Der Beschwerdeführer vermutet, die Vorinstanz habe ihn härter bestraft, weil sie alle drei Voraussetzungen eines schweren Falles bejahte. Der Vorwurf, wenn auch nicht positiv formuliert, ist mutwillig. Die Vorinstanz hat ausdrücklich und zutreffend festgehalten, dass die Erfüllung aller Qualifikationsmerkmale nicht zu einer Strafschärfung geführt hat. Im übrigen spricht auch die milde Strafe selbst gegen die These des Beschwerdeführers, besonders angesichts der straferhöhenden Umstände, die von der Vorinstanz richtig aufgeführt werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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