BGE 104 IV 140 |
34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. April 1978 i.S. Liwo GmbH gegen Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Wallis |
Regeste |
1. Art. 333 Abs. 1 StGB, Art. 1 und 7 VStrR, Art. 56 Abs. 1 LMG. |
2. Art. 8, 15 Abs. 1, 409 Abs. 3 LMV. |
Das Anbringen einer wahren Herkunftsbezeichnung "du Valais" auf der Etikette einer Williamsbranntwein-Flasche allein verletzt diese Bestimmungen nicht, sofern die Herkunftsbezeichnung nicht durch falsche Verwendung des Herkunftslabels oder sonstwie vortäuscht, der Branntwein habe die Echtheits- und Qualitätskontrolle gemäss Walliser Staatsratsbeschluss vom 30. April 1969 betreffend Branntwein aus Williamsbirnen bestanden (Erw. 3). |
Sachverhalt |
B.- Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Wallis verurteilte die Liwo Distillerie GmbH Worb (im folgenden "Liwo" genannt) zu einer Busse von Fr. 200.- wegen Übertretung des Staatsratsbeschlusses vom 30. April 1969 betreffend Branntwein aus Walliser Williamsbirnen und Art. 8 und 15 der Lebensmittelverordnung, weil sie "Fine eau-de-vie de poires Williams du Valais" in Verkehr gebracht habe, welcher nicht mit dem im Staatsratsbeschluss vorgeschriebenen Qualitäts-Label versehen war.
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C.- Auf Beschwerde der Liwo hat der Staatsrat des Kantons Wallis am 9. Dezember 1977 einerseits Art. 3 Abs. 2 des Staatsratsbeschlusses vom 30. April 1969 als bundesverfassungswidrig aufgehoben und die Veröffentlichung der Aufhebung angeordnet anderseits aber die Bussenverfügung bestätigt. Der Entscheid des Staatsrates beruft sich für die Busse besonders auf Art. 41 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes (LMG), Art. (8 und) 15 Abs. 1 und 487 der Lebensmittelverordnung (LMV) und Art. 47 lit. a der Vollziehungsbestimmungen des Kantons Wallis zum eidg. Lebensmittelgesetz und zur eidg. Lebensmittelverordnung gemäss grossrätlichem Dekret vom 13. Mai 1966.
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D.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Liwo, der Staatsratsentscheid vom 9. Dezember 1977 sei aufzuheben, soweit sie gebüsst und mit Kosten belastet wurde.
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Der Staatsrat beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
Das Justiz- und Polizeidepartement hat die "Liwo-Distillerie, Worb" gebüsst. Namens dieser Firma hat die Rechtsabteilung der Coop Schweiz Beschwerde erhoben. Im angefochtenen Staatsratsentscheid wird die "Liwo-Distillerie, Worb", eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, als Partei aufgeführt. Auch im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht erscheint sie unbestritten als Gebüsste und Partei. Dass in den Akten neben der Liwo mitunter auch deren Direktor als Partei genannt ist, Ist unerheblich.
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Die Lebensmittelgesetzgebung des Bundes enthält keine Vorschrift, wonach die juristische Person, in deren Bereich die strafbare Handlung begangen wurde, strafbar ist, so dass gemäss Art. 333 Abs. 1 StGB die allgemeine Ordnung gilt und die juristische Person nicht straffähig ist. Insbesondere findet Art. 7 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974, der unter gewissen Voraussetzungen die Strafbarkeit der juristischen Person anstelle der handelnden natürlichen Personen zulässt, hier nicht Anwendung. Denn die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen der eidgenössischen Lebensmittelgesetzgebung obliegt den Kantonen, sodass das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht nicht anwendbar ist (Art. 56 Abs. 1 LMG, Art. 1 VStrR).
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Ist aber die Liwo als juristische Person nicht strafbar, muss ihre Verurteilung wegen Verletzung von Bundesrecht aufgehoben werden.
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Zwar hat sich die Beschwerdeführerin nicht auf den Grundsatz "societas delinquere non potest" berufen. Das schadet ihr indessen nicht. Denn sie hat Aufhebung der Bestrafung beantragt, und aus der Begründung ergibt sich, dass sie damit auch Rückweisung zum Freispruch erreichen will. Die Aufhebung und die Rückweisung zum Freispruch gehen daher nicht über den Antrag der Beschwerdeführerin hinaus. Der Kassationshof ist an die Beschwerdebegründung nicht gebunden (Art. 277bis BStP).
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3. Die Vorinstanz ist allerdings der Ansicht, auch Art. 15 Abs. 1 und eventuell Art. 8 LMV seien verletzt. Wenn eine Williamsbranntwein-Flasche auf der Etikette den Herkunftsvermerk "du Valais" trage, ohne dass ihr Inhalt eine Echtheits- und Qualitätskontrolle gemäss den Vorschriften des Staatsratsbeschlusses vom 30. April 1969 betreffend Branntwein aus Walliser Williamsbirnen bestanden habe, bestehe keine Gewähr für die Herkunft und die Natur des Branntweins; die Liwo könne denn auch keinen Beleg über die Qualitätskontrolle vor dem Einmischen vom Zentralamt des Walliser Früchte- und Gemüseverbandes bzw. einem kantonalen Lebensmittelinspektor vorweisen. Diese Begründung geht fehl.
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a) Gemäss Art. 8 LMV dürfen Lebensmittel nicht verfälscht sein. Werden sie als vollwertig ausgegeben, dürfen sie nicht verunreinigt, ganz oder teilweise verdorben oder sonst im Wert verringert sein.
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Der angefochtene Entscheid stellt weder das eine noch das andere fest. Eine solche Feststellung liegt auch nicht in dem Hinweis, der Beschwerdeführer habe sich nicht der Kontrolle unterzogen, der gemäss Staatsratsbeschluss vom 30. April 1969 diejenigen unterstehen, die für ihr Produkt die Qualitätsmarke verwenden. Denn die Liwo hat die Qualitätsmarke gerade nicht verwendet und war daher dieser zusätzlichen Kontrolle nicht unterworfen. Auch Art. 409 Abs. 3 LMV verpflichtet die Liwo nicht, die Qualitätsmarke gemäss Staatsratsbeschluss zu verwenden. Schon gar nicht geht es an, dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, sich dieser Marke nicht bedient zu haben, nachdem bis zum 9. Dezember 1977 (Fällung des angefochtenen Entscheides) gemäss Art. 3 Abs. 2 des Staatsratsbeschlusses vom 30. April 1969 und der Praxis auswärtigen Distilleuren die Verwendung der Qualitätslabel versagt blieb. Mit der blossen Feststellung, die Liwo habe sich den für die Qualitätsmarke erforderlichen Kontrollen nicht unterzogen, ist deshalb keineswegs positiv festgestellt, dass der Williams-Branntwein der Liwo verfälscht oder wertvermindert ist. Diese Feststellung wäre aber für eine Verurteilung gemäss Art. 8 LMV nötig gewesen.
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b) Nicht anders steht es mit Art. 15 Abs. 1 LMV. Darnach dürfen für Lebensmittel verwendete Bezeichnungen, Angaben, Abbildungen, Packungen und Packungsaufschriften sowie Arten der Aufmachung nicht zur Täuschung über Natur, Herkunft, Menge, Gewicht usw. der betreffenden Lebensmittel geeignet sein. Inwiefern die beanstandete Etikette der Liwo zur Täuschung Anlass geben könnte, wird nicht gesagt. Das wäre nur der Fall, wenn die Etikette vortäuschen könnte, die Williamsbirnen, die von der Liwo zur Herstellung des Branntweins verwendet wurden, stammten aus dem Wallis, während dies in Wirklichkeit nicht zuträfe. Dass aber die Williamsbirnen nicht im Wallis erzeugt wurden, ist nicht festgestellt worden.
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Zwar wurde ausserhalb des Kantons Wallis distilliert. Das steht aber gut sichtbar und klar unten auf der Etikette geschrieben: "Distillé par Liwo Distillerie Worb". Die Etikette gibt auch nicht in anderer Weise Anlass zur Täuschung. Die Qualitätslabel gemäss Staatsratsbeschluss vom 30. April 1969 wurden nicht verwendet und damit auch nicht mittelbar vorgetäuscht, die in diesem Beschluss vorgeschriebenen Kontrollen (Art. 4 und 9) hätten stattgefunden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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