BGE 111 IV 170
 
42. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. September 1985 i.S. B. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
Regeste
Art. 55 Abs. 2, 91 Abs. 1 SVG; Art. 138 Abs. 3 VZV.
 
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer meint, dass ihm namentlich die Kosten der Blutentnahme und der beiden Gutachten des Gerichtlich - medizinischen Instituts der Universität Bern vom 29. Juli 1983 und vom 22. Januar 1985, jedenfalls aber die Kosten des letzten Gutachtens nicht auferlegt werden durften. Soweit er zur Begründung andeutet, dass das zweite Gutachten vom 22. Januar 1985 unnötig gewesen sei, und behauptet, dass der durch sein Verhalten begründete Verdacht des Fahrens in angetrunkenem Zustand eine diesbezügliche Kostenauflage nicht gerechtfertigt habe, wirft er wiederum Fragen des kantonalen Prozessrechts und allenfalls des Verfassungsrechts auf, über die im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht entschieden werden kann. Soweit er auf Art. 138 Abs. 3 VZV verweist, wonach von weiteren Untersuchungen abgesehen wird, wenn die mit dem Atemprüfgerät durchgeführte Atemprobe einen Alkoholgehalt von weniger als 0,6 Gew. %o ergibt, ist sein Einwand unbegründet. Wohl ergab der Atemlufttest vorliegend lediglich eine Blutalkoholkonzentration von 0,55 Gew. %o. Art. 138 Abs. 3 VZV verbietet den kantonalen Behörden indessen nicht, auch bei einem Atemlufttestergebnis von weniger als 0,6 Gew. %o eine Blutprobe anzuordnen. Diese Bestimmung kann trotz ihres Wortlauts ("wird abgesehen") vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, dass bei einem Atemlufttestergebnis von weniger als 0,6 Gew. %o von weiteren Untersuchungen (Blutprobe) abgesehen werden kann; sie schreibt aber nicht vor, dass in diesem Fall auf weitere Untersuchungsmassnahmen verzichtet werden muss. Wenn schon die Durchführung des Atemlufttests nach dem Wortlaut von Art. 138 Abs. 3 VZV fakultativ ist und somit ohne diese Vorprobe bei Anzeichen von Angetrunkenheit (Art. 55 Abs. 2 SVG, Art. 138 Abs. 2 VZV) direkt eine Blutprobe angeordnet werden kann, so muss die Anordnung einer Blutprobe auch dann zulässig sein, wenn das Ergebnis des fakultativ durchgeführten Atemlufttests einen Alkoholgehalt von weniger als 0,6 Gew. %o ergibt. Dies muss vor allem dann gelten, wenn zwischen Tat und Atemlufttest verhältnismässig lange Zeit verstrichen ist. Im vorliegenden Fall ergab der Atemlufttest mehrere Stunden nach der Tat einen Blutalkoholgehalt von 0,55 Gew. %o. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Blutprobe waren demnach erfüllt. Die Unzulässigkeit der Auflage der Kosten der Blutprobe und der diesbezüglichen Gutachten kann somit nicht damit begründet werden, dass die Anordnung einer Blutprobe, die gemäss Dienstbefehl 2C erfolgte, bundesrechtswidrig gewesen sei.