43. Urteil des Kassationshofes vom 16. November 1988 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
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Regeste
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Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung einer Blutprobe.
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Sachverhalt
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A.- M. fuhr in der Nacht vom 19. auf den 20. März 1987, zwischen 02.00 und 02.30 Uhr, mit einem PW Opel Kadett in Begleitung des angetrunkenen Fahrzeughalters A. und dessen Freundin S. von Kreuzlingen, wo er zwischen 21.00 und 02.00 Uhr in zwei Lokalen Weisswein getrunken hatte, nach Frauenfeld. Als er vom Schlossplatz in Frauenfeld in Richtung Kreuzplatz fuhr, liess er den Motor hochdrehen. Durch den dadurch verursachten Lärm wurde eine Polizeipatrouille, die gerade einen Personenwagen kontrollierte, auf den daherkommenden PW Opel Kadett aufmerksam. Dieser geriet auf dem mit Schneematsch bedeckten Kreuzplatz ins Schleudern, fuhr auf das rechte Trottoir, überquerte schleudernd die Fahrbahn und das linke Trottoir und kam auf dem trockenen Vorplatz vor einem Ladengeschäft zum Stehen. M. fuhr weiter, bog nach links in die Kesselstrasse ein und stellte den Wagen auf seinem Parkfeld in einem Hinterhof ab. Er hatte auf der Fahrt zum Kreuzplatz die Polizeipatrouille, die dort einen andern PW kontrollierte, gesehen und wusste, dass die Polizeibeamten sein Schleudermanöver hatten mitverfolgen können. Er machte sich zu Fuss davon und liess den angetrunkenen Fahrzeughalter und dessen Freundin im parkierten Wagen zurück. Als der Polizeibeamte X. wenig später mit dem Polizeifahrzeug beim Parkplatz eintraf, war M. bereits verschwunden. Der darüber per Funk verständigte Polizeibeamte Z., der auf dem Kreuzplatz geblieben war, verfolgte zu Fuss einen davonrennenden Mann, konnte diesen aber nicht einholen. Die Fahrzeuginsassen A. und S. weigerten sich bis zum Vormittag des 20. März 1987, den Namen des Fahrzeuglenkers anzugeben.
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B.- Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach M. am 9. Juni 1988 in Bestätigung des Entscheides des Bezirksgerichts Frauenfeld vom 8. Januar 1988 der Vereitelung einer Blutprobe (Art. 91 Abs. 3 SVG) sowie der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 SVG sowie Art. 33 VRV) schuldig und verurteilte ihn deswegen zu einer Gefängnisstrafe von 14 Tagen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 750.--.
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C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau sei aufzuheben und die Sache sei zu seiner Freisprechung vom Vorwurf der Vereitelung einer Blutprobe an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragt in ihrer Vernehmlassung unter Hinweis auf die Akten, die Anklageschrift und die Urteile der ersten und der zweiten Instanz die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Nach einer Bemerkung im angefochtenen Entscheid "hat zu gelten, dass wer in einer Ortschaft unvermittelt auf die linke Fahrbahnseite gerät, nicht nur den Verdacht erweckt, zu schnell gefahren, sondern auch angetrunken gewesen zu sein". Die Vorinstanz ist der Auffassung, nach den Umständen habe kein Zweifel daran bestanden, dass die Polizei eine Blutprobe angeordnet hätte, und sie hält für den Fall, dass dies als ernsthaft bestritten zu gelten hätte, fest, "dem Beschuldigten (sei) ausserdem eine eindeutige Äusserung nachgewiesen worden, wonach er selber an die Möglichkeit einer Blutprobe gedacht habe", womit der Nachweis eines eventualvorsätzlichen Handelns erbracht sei.
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Auch wenn man davon ausgeht, dass die Polizeibeamten aufgrund der gesamten Umstände (Hochdrehen des Motors, Schleudermanöver, allfälliger Alkoholgeruch in der Atemluft des Beschwerdeführers etc.) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätten und der Beschwerdeführer mit einer solchen Massnahme rechnete, erfüllte sein Verhalten, durch welches er diese Massnahme vereitelte, aus nachstehenden Gründen nicht den Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG.
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b) Wer nach einem Unfall mit Drittschaden ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei wegfährt, nimmt eine Handlung vor, indem er wegfährt, und begeht eine Unterlassung, indem er den Geschädigten bzw. die Polizei nicht benachrichtigt. Der Kassationshof sah in seiner Rechtsprechung zu Art. 91 Abs. 3 SVG in diesen Fällen das rechtlich relevante Verhalten jeweils nicht im Wegfahren (das ja unter Umständen zum Zwecke der Erstattung einer Meldung erfolgen kann), sondern in der Unterlassung der Unfallmeldung, mit der Folge, dass gemäss BGE 109 IV 137 der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG nur dann erfüllt sein kann, wenn der Fahrzeuglenker zur Meldung des Unfalls an den Geschädigten bzw. an die Polizei gesetzlich verpflichtet war. Der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG ist in diesen Fällen also nicht deshalb erfüllt, weil durch das Wegfahren eine Blutprobe, die sehr wahrscheinlich angeordnet worden wäre, vereitelt wurde; nicht die Wegfahrt ist entscheidend, sondern die Tatsache, dass der Fahrzeuglenker nach seiner Wegfahrt der Polizei nicht für allfällige Abklärungen zur Verfügung stand, obschon er dazu gesetzlich verpflichtet war.
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Das Gesagte muss auch in Fällen gelten, in denen sich kein Unfall mit Drittschaden ereignete. Es besteht kein sachlicher Grund, in diesen Fällen - anders als beim Wegfahren nach einem Unfall mit Drittschaden ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei - die Wegfahrt als die massgebende Tathandlung zu betrachten. Indem der Beschwerdeführer, nachdem der PW Opel Kadett nach dem Schleudermanöver auf dem trockenen Vorplatz vor einem Ladengeschäft zum Stehen gekommen war, die Fahrt fortsetzte, den Wagen auf seinem nahe gelegenen Parkfeld parkierte und sich zu Fuss davonmachte, hielt er sich, ähnlich einem Fahrzeuglenker, der nach einem Unfall ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei die Flucht ergreift und/ oder sich versteckt, der Polizei nicht für allfällige Abklärungen zur Verfügung. Der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG kann indessen nur erfüllt sein, wenn der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, sich der Polizei zur Verfügung zu halten, d.h. an der Stelle, an welcher der PW Opel Kadett zum Stehen gekommen war, oder jedenfalls auf dem nahe gelegenen Parkplatz, zu dem er den Wagen in der Folge gelenkt hatte, zu warten, bis die Polizeibeamten ihn der ihm wahrscheinlich erscheinenden Kontrolle unterzogen bzw. ihm die Entfernung vom Ort des Geschehens erlaubten, oder wenn er sonstwie zur Benachrichtigung der Polizei verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Pflicht oblag ihm jedoch nicht, da ihm die Polizeibeamten keine Weisungen irgendwelcher Art erteilt hatten, deren Missachtung rechtswidrig wäre. Die Tatsache, dass die Polizei zufälligerweise am Ort des Geschehens war und dieses, wie der Beschwerdeführer wusste, beobachtet hatte, begründete für sich allein keine Verhaltenspflichten. Dass die Polizeibeamten gerade wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers (Weiterfahrt und anschliessendes Davonrennen) keine Gelegenheit hatten, ihm Weisungen zu erteilen, ist unerheblich; entscheidend ist, dass er mangels eines Unfalls mit Drittschaden weder zum Warten noch zur Benachrichtigung der Polizei verpflichtet war und dass ihm tatsächlich keine Weisungen erteilt wurden.
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c) Allerdings verfolgte der Polizeibeamte Z. zu Fuss den davonrennenden Beschwerdeführer. In dieser Verfolgung mag allenfalls eine konkludente Aufforderung zum Stehenbleiben enthalten sein, die aber weder der Verkehrsregelung noch der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Strassenverkehr diente (vgl. dazu BGE 102 IV 255) und somit keine polizeiliche Weisung im Sinne von Art. 27 Abs. 1 SVG darstellte, deren Missachtung rechtswidrig wäre.
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d) Da der Beschwerdeführer somit nicht verpflichtet war, am Ort des Geschehens zu bleiben oder die Polizei zu benachrichtigen bzw. seine Flucht zu Fuss abzubrechen, stellt sein Verhalten, durch das er sich der von ihm befürchteten Kontrolle entzog, keine unter Art. 91 Abs. 3 SVG fallende Tathandlung dar.
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