28. Urteil des Kassationshofes vom 28. April 1995 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
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Regeste
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Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 184 Abs. 2 StGB; Geiselnahme, Abgrenzung zur Lösegeldentführung, Sich-sonstwie-Bemächtigen, Nötigungsabsicht.
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Der objektive Tatbestand der Geiselnahme ist gegeben, wenn sich der Täter die Verfügungsgewalt über den Körper der Geisel verschafft hat. Dazu genügt die Bedrohung mit einer Scheinwaffe (E. 1d).
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Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Geiselnahme genügt - nebst dem Vorsatz - die Absicht, einen Dritten zu einem Verhalten zu nötigen. Der Täter braucht weder seine Forderung kundgetan noch Drohungen in bezug auf das Schicksal der Geisel geäussert zu haben (E. 1e).
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Art. 66bis Abs. 1 StGB; Strafbefreiung oder Strafmilderung bei Vorsatztaten.
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Eine Strafbefreiung oder Strafmilderung wegen schwerer Betroffenheit durch die unmittelbaren Folgen der Tat kommt auch bei Vorsatzdelikten in Betracht (E. 2e). Ermessensüberschreitung verneint bei einer Strafminderung um 3 Monate im Fall eines Geiselnehmers, der bei der Befreiung der Geisel schwer verletzt worden ist (E. 2f u. g).
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Sachverhalt
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A.- Der in der Nordwestschweiz in sehr guten finanziellen Verhältnissen aufgewachsene X. wurde im Jahre 1987 wegen einfachen und qualifizierten Raubes (Banküberfälle) zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Dezember 1990 wurde er bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. In der Folge gewährte er dem E. M. ein Darlehen im Betrag von Fr. 500'000.--. Das Geschäft wurde mehrheitlich über einen gewissen F. abgewickelt, der bis heute unauffindbar geblieben ist. Nach dem Tod von E. M. geriet X. in Panik, da er den das Darlehen betreffenden Schuldschein ohne Anfertigung einer Kopie und ohne Quittung dem F. zur Erledigung der erbrechtlichen Fragen mit dem Sohn von E. M., P. M., übergeben und von diesen dann nichts mehr gehört hatte. X. entschloss sich, über P. M. an das ihm zustehende Geld heranzukommen. Nach seinem Tatplan wollte er als St. Nikolaus verkleidet und unkenntlich gemacht bei P. M. vorsprechen und ihm "Dampf machen". Da er P. M. als sehr vermögend einstufte, glaubte er, er könne diesen zur Zahlung der Fr. 500'000.-- veranlassen.
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Zur Ausführung der Tat beschaffte sich X. ein komplettes St. Nikolaus-Kostüm. In einen als Sack verwendeten Duvet-Anzug legte er eine entschärfte amerikanische Handgranate aus dem zweiten Weltkrieg, ein abgesägtes Kleinkalibergewehr, Kal. 22 Magnum, mit 4 Patronen im eingelegten Magazin, eine Schachtel Schokolade, einen Regenmantel und eine schwarze Reisetasche. Ausserdem versorgte er sich mit einem von entsprechenden schiesstauglichen Revolvermodellen äusserlich nicht unterscheidbaren Schreckschussrevolver, welchen er, um den Eindruck der Schussbereitschaft zu erwecken, mit 6 Knallpatronen lud. Handschuhe und eine Sonnenbrille sowie eine Tränengas-Spraydose vervollständigten die Ausrüstung.
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Am 24. Dezember 1992 begab sich X. mit den genannten Gegenständen in seinem Personenwagen zu einem Parkhaus in Y./BL, wo er sein Auto abstellte und ca. 1/4 Liter Gin zu sich nahm, um sich zu beruhigen und sich Mut zu machen. Anschliessend zog er das St. Nikolaus-Kostüm samt weissem Bart sowie die Handschuhe an und behändigte die weiteren vorbereiteten Gegenstände. Beim Verlassen des Parkhauses auf ihn aufmerksam gewordenen Passanten winkte er jeweils wortlos zu. Anschliessend begab er sich so verkleidet und maskiert zur Villa der Familie P. und D. M. Dort klingelte er, nachdem er sich noch die Sonnenbrille aufgesetzt hatte, um ca. 08.55 Uhr an der Eingangstüre, worauf ihm Frau M., die ihr 3 Monate altes Kind auf den Armen trug, öffnete. Um seine Urheberschaft noch weiter zu vertuschen, fragte X. Frau M. in gebrochenem Deutsch, wie es ihr gehe. Nachdem Frau M. erfolglos versucht hatte, X., der ihr verdächtig vorkam, abzuwimmeln, zog dieser den mitgeführten Schreckschussrevolver hervor, zielte damit auf Frau M. und ihr Kleinkind und drängte sie sowie das zweite, fünfjährige Kind der Familie, L., welches ebenfalls an die Türe gekommen war, in das Haus hinein. Frau M., die wegen der sichtlich verängstigten Kinder äusserlich die Ruhe zu bewahren versuchte, bot X. angesichts der für sie massiven Bedrohung im Empfangsraum einen Briefumschlag mit Fr. 910.-- Bargeld an. X. nahm diesen an sich und steckte ihn in den Sack, wobei er Frau M. wiederum in gebrochenem Deutsch erklärte, dass dies "nicht gut" sei. X. verlangte nach dem Ehemann. Als Frau M. den X. wiederum abzuwimmeln versuchte, drängte er sie, immer unter Waffendrohung, weiter und befahl ihr, ihn zu ihrem Mann zu bringen. In der Folge führte Frau M. den X. zunächst in das Büro und anschliessend in das Schlafzimmer. In der Zwischenzeit war es Herr M., der auf das Geschehen rechtzeitig aufmerksam geworden war, gelungen, das Haus - noch im Nachthemd - unbemerkt zu verlassen und bei einem Nachbarn die Polizei zu verständigen. Als Herr M. auch im Schlafzimmer nicht vorgefunden werden konnte, bedrohte X. Frau M. erneut massiv, indem er laut rief: "Noch drei Minuten und du bist tot!". Da sich weiterhin nichts regte, dirigierte X. Frau M. und ihre Tochter fast durch das ganze Haus. Als X. feststellen musste, dass sich Herr M. offenbar tatsächlich nicht im Haus aufhielt, befahl er Frau M., ihre Autoschlüssel an sich zu nehmen und mit ihm zur Garage zu gehen. Zu diesem Zweck mussten alle das Haus durch die Haupttüre verlassen, um über die Aussenstreppe zur Garage zu gelangen.
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Auf dem Vorplatz der Liegenschaft befand sich zusammen mit Herr M. dessen Nachbar H., der seinen Lieferwagen dort abgestellt hatte. Als die fünfjährige L. ihren Vater erblickte, rannte sie, von X. ungehindert, zu ihm. X. seinerseits zwang Frau M., auf den parkierten Lieferwagen zuzugehen. Dort forderte H. den X. auf, sich zu demaskieren. X. bedrohte darauf auch H. mit dem Revolver und verlangte von ihm die Schlüssel des Lieferwagens. Dieser Aufforderung kam H. jedoch nicht nach, weshalb X. Frau M. zwang, sich mit ihm zur Garage zu begeben. Als in diesem Augenblick H. die hintere Türe seines Lieferwagens zuschlug, nahm der dadurch verunsicherte X. Frau M. mit dem linken Arm von hinten in den Würgegriff und bedrohte sie massiv mit dem Revolver, indem er ihr diesen gegen den Kopf hielt. Nachdem X. den Griff wieder gelockert hatte, versuchte Frau M., mit ihrem Baby die Flucht zu ergreifen, was aber nicht gelang, da X. sie sogleich einholen und zurückreissen konnte. Immerhin konnte H. der Frau M. das Kleinkind aus den Armen nehmen und es so in Sicherheit bringen. Anschliessend zwang X. Frau M. erneut mittels Würgegriff und massiver Waffendrohung, sich mit ihm in Richtung Garage zu begeben, die sie dann auch betraten. Während Frau M. auf Verlangen von X. das elektrische Garagentor öffnete, traf auch die herbeigerufene Polizei am Tatort ein. Als die Beamten sich mit gezogener Dienstwaffe der Garage näherten, bedrohte X. auch sie mit seinem Revolver. Auch für die Polizeibeamten war nicht erkennbar, dass es sich dabei lediglich um einen Schreckschussrevolver handelte. Da X. Frau M. wieder in den Würgegriff nahm und mit ihrer Erschiessung drohte, falls sich nicht alle entfernten, zogen sich die Beamten zurück. Als ein weiterer Polizeibeamter X. zur Aufgabe aufforderte, hielt dieser Frau M. demonstrativ die Waffe gegen den Hals und zog sein Opfer in die Garage hinein, wo sich Frau M. an das Steuer ihres Personenwagens setzen musste. X. seinerseits nahm auf dem Beifahrersitz Platz, wobei er seinen Revolver weiterhin gegen den Körper von Frau M. richtete.
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X. zwang Frau M. sodann wegzufahren, wobei die Polizei noch nicht eingriff, sondern dem Fluchtwagen in angemessener Distanz folgte. Dabei hielt X. der Frau M. erneut demonstrativ den Revolver gegen den Kopf, um die Polizeibeamten mit dieser Todesdrohung von einem Eingreifen abzuhalten. In der Folge zwang X. Frau M., Richtung Basel zu fahren, wobei er ihr - nach wie vor in gebrochenem Deutsch - mit dem Tod drohte, falls sie die hinter ihnen fahrenden Polizeifahrzeuge nicht abhängen sollte. Nachdem X. durch sichtbare Todesdrohung gegenüber Frau M. die Aufhebung einer Strassenblockade durch die Polizei erzwungen hatte, nahm Frau M. mittels Autotelefon Kontakt mit dem Polizeiposten Y. auf und teilte die Forderung von X. mit, dass die Polizei zu verschwinden habe. Darauf wurden alle angeschriebenen Polizeifahrzeuge abgezogen. Jedoch folgten Polizeibeamte in Zivil und mit Zivilfahrzeugen weiterhin dem Personenwagen von Frau M.
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Auf dem Z.-Areal musste Frau M. nach rechts in die G.-Strasse einbiegen, wo aber bereits von der Basler Polizei mit einem quergestellten Polizeifahrzeug eine Strassensperre errichtet worden war, die nicht mehr rechtzeitig entfernt werden konnte. Dadurch wurden X. und Frau M. an der Weiterfahrt gehindert.
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In der Folge umringten zahlreiche Polizeibeamte aus den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft mit vorgehaltenen Waffen unverzüglich das Fahrzeug und forderten X. zur Aufgabe auf. Als dieser keine entsprechende Reaktion zeigte und die Türen wegen der automatischen Türverriegelung nicht geöffnet werden konnten, wurden zum Zwecke der Geiselbefreiung und Anhaltung von X. die Seitenfenster des Fluchtfahrzeuges eingeschlagen. Da im Verlaufe des nachfolgenden Handgemenges X. den Eindruck erweckte, er wolle von seiner Schusswaffe Gebrauch machen, gab ein Polizeibeamter einen ersten gezielten Schuss auf X. ab. Da vermutlich dabei ein anderer Polizeibeamter, der den X. ergriffen hatte, am Arm getroffen wurde und für andere Polizeibeamte dadurch und durch die sekundenschnelle Abfolge der Ereignisse der Eindruck entstand, X. habe mit seiner Waffe auf den ihn ergreifenden Polizeibeamten geschossen und diesen auch getroffen, gaben zwei weitere Polizeibeamte mehrere gezielte Schüsse auf X. ab, welcher dadurch so schwer verletzt wurde, dass er ohne weitere Gegenwehr dingfest gemacht werden konnte. Frau M. konnte im Verlaufe der Befreiungsaktion unverletzt in Sicherheit gebracht werden.
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B.- Am 3. Dezember 1993 befand das Strafgericht Basel-Landschaft X. schuldig der mehrfachen qualifizierten Geiselnahme, der mehrfachen vollendeten und versuchten Nötigung sowie der Drohung gegen Beamte und verurteilte ihn zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus. Von der Anklage des vollendeten und versuchten Raubes sprach es ihn frei. Bei der Strafzumessung berücksichtigte es gestützt auf Art. 11 StGB eine leichte Verminderung der Zurechnungsfähigkeit. Zudem wandte es Art. 66bis StGB an, ohne allerdings zu beziffern, in welchem Ausmass es die Strafe milderte. Es ordnete eine ambulante Psychotherapie während des Strafvollzuges an.
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C.- Dagegen appellierten sowohl der Staatsanwalt als auch X. Am 22. November 1994 wies das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft die Appellation des Staatsanwaltes ab und jene von X. teilweise gut. Es erklärte X. schuldig der qualifizierten Geiselnahme, der vollendeten und versuchten Nötigung sowie der Drohung gegen Beamte und verurteilte ihn zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus. Vom Vorwurf des vollendeten und versuchten Raubes sowie vom Vorwurf der mehrfachen qualifizierten Geiselnahme und vom Vorwurf der mehrfachen vollendeten Nötigung sprach es ihn frei. Im übrigen bestätigte es das Urteil des Strafgerichtes.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie macht geltend, das Obergericht habe zu Unrecht in der ersten Phase des Geschehens den Tatbestand der qualifizierten Geiselnahme verneint; überdies verletze die Anwendung von Art. 66bis StGB Bundesrecht.
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E.- Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. X. beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Erwägungen:
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aa) Das Strafgericht hatte dazu erwogen, der Beschwerdegegner habe, nachdem die Suche nach Herrn M. ergebnislos verlaufen sei, Frau M. zugerufen: "Noch drei Minuten und du bist tot". Damit habe der Beschwerdegegner, der ständig eine Waffe in der Hand gehalten habe, Herrn M. dazu bewegen wollen, aus seinem Versteck zu kommen. Er habe sich also der Frau M. bemächtigt, um einen Dritten zu einer Handlung (nämlich Herrn M. zum Erscheinen) zu nötigen. Zusätzlich erblickte das Strafgericht darin, dass der Beschwerdegegner Frau M. unter Androhung ernstlicher Nachteile genötigt habe, ihn durch das Haus zu führen und ihren Mann zu suchen, eine Nötigung zum Nachteil von Frau M. Die Verteidigung wandte dagegen ein, der Tatbestand der qualifizierten Geiselnahme sei nicht erfüllt, da Herr M. im Zeitpunkt der Tathandlung bereits ausser Haus gewesen sei.
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bb) Die Vorinstanz führt aus, bis zum Moment, als der Beschwerdegegner nach der ergebnislosen Suche nach Herrn M. gerufen habe, "noch drei Minuten und du bist tot", sei keinerlei Drittnötigungsabsicht vorhanden gewesen, so dass bis zu jenem Ausruf eine Geiselnahme von vornherein ausser Betracht falle. Der Beschwerdegegner habe von der an der Haustüre statt des erwarteten Herrn M. erschienen Frau M. verlangt, ihren Ehemann zu sprechen. Das Kleinkind auf dem Arm von Frau M. wolle der Beschwerdegegner wegen der Sonnenbrille und des Barts nicht gesehen haben. Dieses Detail sei unwesentlich. Frau M. habe angegeben, sie sei, um Zeit zu gewinnen, zuerst ins Zimmer gegangen, wo der Weihnachtsbaum gestanden sei, dann ins Atelier, damit der Beschwerdegegner sehe, dass ihr Ehemann Künstler sei, und schliesslich ins Schlafzimmer. Dort habe sich Herr M. aber längst nicht mehr befunden. Frau M. sei in dieser Phase mit vorgehaltenem Schreckschussrevolver, der wie ein echter ausgesehen habe, genötigt worden, ihren Mann zu suchen. Damit habe der Beschwerdegegner den Tatbestand der Nötigung zum Nachteil von Frau M. erfüllt. Demgegenüber sei der Tatbestand der Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 StGB nicht gegeben. Denn Frau M. sei lediglich genötigt worden, ihren Ehemann zu suchen. Zu diesem Zweck habe sie sich durchs Haus begeben. Sie sei dabei nicht festgehalten worden. Ihre Bewegungsfreiheit sei nicht vollumfänglich aufgehoben worden, wie das für die Annahme einer Freiheitsberaubung nötig sei. Sie habe die Route durch das Haus selbst gewählt. Eine über die Nötigung hinausgehende Beeinträchtigung der Fortbewegungsfreiheit habe nicht bestanden. Zu Recht verlange deshalb die Anklage keine Verurteilung wegen Freiheitsberaubung.
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Nach einem Teil der Lehre falle hier eine Geiselnahme von vornherein ausser Betracht. Diese Lehrmeinung erblicke das besondere Unrecht der Geiselnahme darin, dass die Opfer Unbeteiligte seien, die mit den Personen oder Institutionen, von denen ihr Schicksal abhängen soll, wenig oder nichts zu tun hätten. Danach sei Dritter im Sinne von Art. 185 StGB nur jemand, der als beliebig herausgegriffen erscheine. Folge man dieser Auffassung, sei eine Geiselnahme zu verneinen, da das Opfer (Frau M.) mit dem Dritten (Herrn M.), der nach dem Willen des Beschwerdegegners zum Erscheinen genötigt werden sollte, verheiratet war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes komme jedoch auch in einer solchen Konstellation Geiselnahme in Betracht.
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In der Phase 1 habe der Beschwerdegegner Frau M. weder der Freiheit beraubt noch sie entführt. Zu prüfen sei, ob er eine Geiselnahme durch die Tatbestandsalternative des Sich-sonstwie-Bemächtigens erfüllt habe, indem er Frau M. mit vorgehaltenem Schreckschussrevolver zugerufen habe: "Noch drei Minuten und du bist tot". Da der Revolver wie ein echter ausgesehen habe, könnte man annehmen, der Beschwerdegegner habe im Sinne dieser Auffangklausel sich der Frau M. bemächtigt. Allerdings habe diese Form des Sichbemächtigens schon vorher bestanden, weshalb darin auch nur eine Fortsetzung der zuvor begonnenen Nötigung erblickt werden könnte. Wie es sich damit verhalte, könne jedoch offenbleiben, da der Tatbestand aus einem andern Grund entfalle.
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Der Beschwerdegegner habe den fraglichen Satz erst ausgerufen, als Herr M. nirgends auffindbar gewesen sei. Er habe den Satz an Frau M. gerichtet (".... und du bist tot"). Der Beschwerdegegner gebe zu, er habe damit erreichen wollen, dass Herr M. vielleicht doch noch erscheine. Nach der Lehre müsse die Drohung (hier: das Opfer zu töten) dem Dritten gegenüber, der genötigt werden soll, ausgesprochen werden. Denn aus diesem zusätzlichen Druck auf die Entscheidungsfreiheit des Dritten, aus dessen ausserordentlicher Zwangslage, erkläre sich die Strafschärfung. Herr M. sei jedoch gleich zu Beginn des Geschehens im Nachthemd durch das Schlafzimmerfenster geflüchtet und zum Zeitpunkt der Todesdrohung nicht mehr im Haus und ausser Hörweite gewesen. Die Drohung sei somit nicht ihm gegenüber geäussert worden. Herr M. sei nicht in eine Zwangslage versetzt worden. Damit fehle es an der Tatbestandsmässigkeit. Schliesslich spreche auch eine Gesamtbetrachtung des Geschehens gegen die Annahme einer qualifizierten Geiselnahme. Frau M. habe ausgesagt, sie habe im Schlafzimmer - also dort, wo die Geiselnahme in Betracht komme - das Kleinkind, welches zu weinen begonnen habe, an die Brust genommen und gestillt. Das sei eine für eine Geiselnahme atypische Situation. Vor allem aber sei das Sichbemächtigen zweifelhaft, und es fehle an der Voraussetzung, dass der Täter die Drohung, das Opfer zu töten, gegenüber einem Dritten geäussert habe.
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b) Gemäss Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 StGB wird mit Zuchthaus bestraft, wer jemanden der Freiheit beraubt, entführt oder sich seiner sonstwie bemächtigt, um einen Dritten zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung zu nötigen. Die Strafe ist Zuchthaus nicht unter drei Jahren, wenn der Täter droht, das Opfer zu töten, körperlich schwer zu verletzen oder grausam zu behandeln (Art. 185 Ziff. 2 StGB). In besonders schweren Fällen, namentlich wenn die Tat viele Menschen betrifft, kann der Täter mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft werden (Art. 185 Ziff. 3 StGB).
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c) Umstritten ist, wie der Tatbestand der Geiselnahme nach Art. 185 StGB abzugrenzen sei von Art. 184 Abs. 2 StGB, wonach Freiheitsberaubung und Entführung mit Zuchthaus bestraft werden, wenn der Täter ein Lösegeld zu erlangen sucht.
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aa) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist Dritter im Sinne von Art. 185 Ziff. 1 Abs. 1 StGB jede mit dem Täter und der Geisel nicht identische Person, einschliesslich Angehörige der Geisel, und es ist als Geiselnehmer auch der Täter strafbar, der sich der Geisel in der Absicht bemächtigt, einen Dritten zur Leistung eines Lösegeldes zu nötigen (BGE 111 IV 144 E. 2d).
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Diese Auffassung wird in der Literatur überwiegend geteilt (REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 6. Aufl., S. 352; SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 3. Band, Art. 185 N. 7; SCHULTZ, ZStrR 101/1984, S. 130; SCHULTZ, ZBJV 123/1987, S. 45/6; NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, S. 81; HANS-PETER EGLI, Freiheitsberaubung, Entführung und Geiselnahme, Diss. Zürich 1986, S. 160; ANDREAS KOCH, Zur Abgrenzung von Raub, Erpressung und Geiselnahme, Diss. Zürich 1994, S. 118 ff.).
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Ein Teil der Lehre lehnt die vom Bundesgericht vertretene Auffassung hingegen ab. Das besondere Unrecht der Geiselnahme bestehe darin, dass die Opfer Unbeteiligte seien, die mit den Personen oder Institutionen, von denen ihr Schicksal abhängen soll, wenig oder nichts zu tun hätten. Es gehe nicht um die Ausnützung der familiären oder persönlichen Verbundenheit zwischen den Betroffenen. Als Dritten dürfe man deshalb nur solche Personen ansehen, die als beliebig herausgegriffenes Opfer erscheinen (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Aufl., § 5 N. 54; STRATENWERTH, Zur Abgrenzung von Lösegeldentführung und Geiselnahme, ZStrR 103/1986, S. 312 ff.; vgl. auch TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Art. 185 N. 1). Würde man - in Änderung der Rechtsprechung - dieser Auffassung folgen, wäre die Beschwerde in diesem Punkt schon deshalb unbegründet, weil Herr M. offensichtlich kein beliebig herausgegriffenes Opfer im Sinne dieser Lehrmeinung war.
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STRATENWERTH beruft sich vor allem auf die Entstehungsgeschichte des Tatbestandes der Geiselnahme. Dieser sei geschaffen worden, um eine qualitativ neue Form der Kriminalität zu treffen. Demgegenüber sei der Tatbestand der Entführung zum Zwecke der Erpressung eines Lösegeldes bereits dem früheren Recht bekannt gewesen, allerdings mit der sachwidrigen Beschränkung auf die Entführung eines Kindes unter 16 Jahren. Zweck der Revision sei es gewesen, diesen Entführungstatbestand auszuweiten auf jeden Menschenraub zum Zwecke der Erlangung von Lösegeld, ohne an der Natur des Deliktstatbestandes prinzipielle Änderungen vorzunehmen. Mit der Schaffung des Tatbestandes der Geiselnahme sei also nicht bezweckt worden, die klassische Lösegeldentführung anders einzustufen als früher. Bei der Geiselnahme gehe es darum, dass völlig "Unschuldige", Menschen, die mit dem in Frage stehenden Konflikt nichts zu tun gehabt hätten, als Geiseln genommen würden, um die Durchsetzung irgendwelcher Forderungen zu erzwingen. Entsprechend sei der Begriff der Geisel im Kriegsvölkerrecht gebräuchlich gewesen. Im übrigen finde sich schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im Begriff der Geisel das Moment, dass der Zufall entscheide, wer der Betroffene sei. STRATENWERTH beruft sich auch auf die systematische Interpretation, weil nach der anderen Auffassung die Lösegeldentführung praktisch nur noch in Betracht käme im Falle der Entführung eines erwachsenen Mannes, der noch entscheiden könne, ob Lösegeld gezahlt werde. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb es ein wesentlicher Unterschied sein solle, ob der Besitzer eines grösseren Vermögens selbst oder einer seiner Angehörigen entführt werde (ZStrR 103/1986, S. 313 ff.).
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bb) An der bisherigen Rechtsprechung ist mit der herrschenden Lehre trotz diesen Einwänden festzuhalten. Auch wenn die Expertenkommission von einem engeren Begriff der Geiselnahme ausgegangen sein sollte, hat dies im Gesetzestext keinen Ausdruck gefunden. Entscheidend ist vor allem die folgende Überlegung: Aufgrund des engeren Begriffs der Geiselnahme wäre die Bedrohung mit dem Tode im Rahmen einer Lösegeldentführung nach Art. 184 StGB nicht qualifiziert. Wird also das Kind eines reichen Industriellen entführt und wird es mit dem Tode bedroht, um der Forderung Nachachtung zu verschaffen, könnte die Qualifikation gemäss Art. 185 Ziff. 2 StGB nicht zur Anwendung gelangen. Ebenso käme bei der engeren Auslegung die Qualifikation nach Art. 185 Ziff. 3 StGB nicht in Frage, wenn beispielsweise alle zahlreichen Kinder des Industriellen entführt werden. Lehnt man eine Geiselnahme hier ab, bleibt es auch in diesem Fall bei einer Lösegeldentführung.
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Zu beachten ist auch folgender Gesichtspunkt: Die Lösegeldentführung nach Art. 184 StGB ist qualifizierter Tatbestand von Freiheitsberaubung und Entführung; sie setzt also voraus, dass entweder eine Freiheitsberaubung oder eine Entführung im Sinne von Art. 183 StGB gegeben ist. Demgegenüber findet sich im Tatbestand der Geiselnahme eine Auffangklausel, die über Freiheitsberaubung und Entführung hinausgeht: die Tatbestandsvariante des Sich-sonstwie-Bemächtigens. Ist also die Freiheitsbeeinträchtigung nur in der Form dieser letzten Variante gegeben, käme, folgt man der engeren Auslegung der Geiselnahme, nicht einmal eine Lösegeldentführung in Betracht. Eine ähnliche Lücke besteht, wenn der Täter nicht Lösegeld zu erlangen, sondern dem Dritten ein anderes Verhalten abzunötigen sucht. Wird etwa der Sohn eines Gefängnisdirektors entführt, damit der Gefängnisdirektor einen Gefangenen freilasse, käme, folgt man der engeren Auslegung der Geiselnahme, weder die Anwendung von Art. 185 noch von Art. 184 Abs. 2 StGB in Betracht.
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d) Der objektive Tatbestand der Geiselnahme ist erfüllt, wenn sich der Täter durch Freiheitsberaubung, Entführung oder sonstwie des Opfers bemächtigt. Die Vorinstanz hat nicht abschliessend geprüft, ob diese letztere Voraussetzung hier gegeben ist. Nach der Rechtsprechung ist der Tatbestand in der Form des Sichbemächtigens erfüllt, wenn der Täter das Opfer vorübergehend derart mit einer Pistole bedroht hat, dass dieses bewegungslos stehen bleibt, nicht in das Geschehen eingreift und auch keinen Fluchtversuch unternimmt (BGE 113 IV 63 E. 2b). Der Tatbestandsalternative des Sichbemächtigens kommt Auffangfunktion zu, indem sie klarstellen soll, dass jedes Vorgehen, welches dem Täter die Verfügungsmacht über das Opfer verschafft, den Tatbestand erfüllt, ob er nun das Opfer eigentlich entführt oder auch nur festhält, wo es sich gerade befindet (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 10. Dezember 1979, BBl 1980 I S. 1261; SCHUBARTH, a.a.O., Art. 185 N. 2; SCHULTZ, ZStrR 101/1984, S. 125). Der Tatbestand ist erfüllt, wenn sich der Täter die Verfügungsgewalt über den Körper der Geisel verschafft hat (vgl. RUDOLF RENGIER, Goltdammer's Archiv für Strafrecht 1985, S. 316). Dazu genügt die Bedrohung mit einer Scheinwaffe (RENGIER, a.a.O., S. 320).
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Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Bedenken der Vorinstanz, im Verhalten des Beschwerdegegners könne auch nur eine Fortsetzung der zuvor begonnenen Nötigung zum Nachteil von Frau M. erblickt werden, überzeugen nicht. Denn im fraglichen Zeitpunkt ging es dem Beschwerdegegner nicht mehr darum, Frau M. zu zwingen, ihren Mann zu suchen oder herbeizuholen. Nachdem sich dies als erfolglos herausgestellt hatte, bemächtigte sich der Beschwerdegegner vielmehr der Frau M., um auf diese Art ihren Mann zu zwingen, sich zu zeigen. Da Frau M. annahm, es handle sich um einen echten Revolver, hatte sie praktisch keine Möglichkeit, sich wegzubegeben. Dies genügt für ein Sichbemächtigen im Sinne von Art. 185 StGB.
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e) In subjektiver Hinsicht ist für die Erfüllung des Tatbestands der Geiselnahme - nebst dem Vorsatz - die Absicht erforderlich, einen Dritten zu einem Verhalten zu nötigen. Insoweit genügt die Absicht. Die Tat ist bereits damit vollendet, dass der in Nötigungsabsicht handelnde Täter die Verfügungsgewalt über die Geisel erlangt. Er braucht also weder seine Forderung kundgetan noch Drohungen in bezug auf das Schicksal der Geisel geäussert zu haben (REHBERG/SCHMID, a.a.O., S. 352). Der Täter kann die Drittnötigungsabsicht bereits im Zeitpunkt des Sichbemächtigens haben. Dann ist der Tatbestand schon mit dem Sichbemächtigen vollendet. Die Absicht kann aber auch erst später hinzukommen. Diesfalls ist der Tatbestand vollendet, sobald die Absicht manifest wird.
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Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdegegner den Satz "noch drei Minuten und du bist tot" ausgesprochen hat, um damit zu erreichen, dass Herr M. vielleicht doch noch erscheine. Damit ist klargestellt, dass er zu diesem Zeitpunkt Frau M. mit dem Revolver bedrohte, um Herrn M. zum Erscheinen zu veranlassen. Das genügt nach dem Gesagten für die Erfüllung des Tatbestandes. Entgegen der Vorinstanz ist es nicht erforderlich, dass der Dritte die Nötigung zur Kenntnis nimmt. Es ist deshalb unerheblich, dass Herr M., der zu Beginn des Geschehens aus dem Haus geflüchtet war, die Drohung gar nicht wahrnehmen konnte.
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f) Zusammenfassend hat der Beschwerdegegner somit am Ende der Phase 1 den Tatbestand der Geiselnahme jedenfalls in der Form des Grundtatbestandes erfüllt. Die Beschwerde ist insoweit begründet.
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g) Ob sich der Beschwerdegegner bereits in der Phase 1 der qualifizierten Geiselnahme nach Art. 185 Ziff. 2 StGB schuldig gemacht hat, kann dahingestellt bleiben. Denn die Vorinstanz hat die Qualifikation für die folgende Phase rechtskräftig bejaht. Es bleibt damit in jedem Fall beim Schuldspruch wegen qualifizierter Geiselnahme. Dass sich die Bejahung der Qualifikation schon in der Phase 1 entscheidend auf die Strafzumessung auswirken könnte, ist nicht ersichtlich.
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b) Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen mit der Begründung, eine Strafmilderung sollte nicht vorgenommen werden bei einem sehr schwerwiegenden vorsätzlichen Gewaltdelikt mit sehr schwerem Verschulden. Die Anwendung von Art. 66bis StGB sei verfehlt in einem Fall, wo ein besonders skrupelloser und bis zuletzt in keiner Weise zur Aufgabe bereiter Geiselnehmer durch seine Hartnäckigkeit auch sein Opfer in höchste Gefahr gebracht habe. Unerträglich sei die Anwendung dieser Bestimmung und das damit verbundene Zugeständnis eines "Bonus" auch, wenn man die Folgen bedenke: Aus Gründen der Rechtsgleichheit müsste dann auch im Falle absolut profimässiger Geiselnahmen, etwa bei Banküberfällen oder bei terroristischen Handlungen, in Zukunft mindestens die Strafmilderung des Art. 66bis StGB immer zur Anwendung gebracht werden, wenn die - grundsätzlich nicht zur Aufgabe bereiten und damit besonders gefährlichen - Täter bei einem Schusswechsel mit der Polizei erheblich verletzt würden. Art. 66bis StGB dürfe bei Vorsatztaten nur ausnahmsweise angewendet werden, nämlich dann, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung von einem relativ geringfügigen Verschulden auszugehen sei, dem eine schwere Betroffenheit des Täters gegenüberstehe.
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Eventualiter macht die Beschwerdeführerin geltend, Art. 66bis StGB dürfe bei schwerem Verschulden des Vorsatztäters nur zur Anwendung kommen, wenn der Täter auf Dauer von den schweren Folgen belastet sei. Der Beschwerdegegner sei zwar lebensgefährlich verletzt worden, es liege jedoch keine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität auf Dauer vor.
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c) Zunächst ist klarzustellen, dass die Vorinstanz, auch wenn sie grundsätzlich eine Strafmilderung nach freiem Ermessen für zulässig hält, der Sache nach die Strafe im Rahmen des ordentlichen Strafrahmens um 3 Monate gemindert hat, was auch in Anwendung von Art. 63 StGB möglich wäre. Zu prüfen ist also einzig, ob unter den Voraussetzungen des vorliegenden Falles in Anwendung von Art. 66bis StGB überhaupt eine Minderung der Strafe vorgenommen werden durfte.
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d) Gemäss Art. 66bis Abs. 1 StGB sieht die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung ab, wenn der Täter durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer betroffen worden ist, dass eine Strafe unangemessen wäre.
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Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung jedenfalls dann verletzt, wenn sie in einem Falle nicht Anwendung findet, wo ein leichtes Verschulden sehr schwere direkte Folgen für den Täter nach sich zieht, bzw. dort angewendet wird, wo ein schweres Verschulden lediglich zu einer leichten Betroffenheit des Täters geführt hat (BGE 119 IV 280 E. 1a). Zwischen diesen beiden Extremen hat der Richter nach Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, wobei er über ein weites Ermessen verfügt (BGE a.a.O.; BGE 117 IV 245 E. 2a). Ist daher aufgrund der Tatfolgen die Anwendung von Art. 66bis StGB nicht zum vornherein ausgeschlossen, hat der Richter zunächst die Strafe ohne Berücksichtigung der Auswirkungen der Tat für den Täter zuzumessen, um diese Einsatzstrafe sodann gegen die eine unmittelbare Folge seiner Tat darstellende Betroffenheit des Täters abzuwägen (BGE 119 IV 280 E. 1a; BGE 117 IV 245 E. 2b). Bei dieser Abwägung kann sich zeigen, dass eine gänzliche Strafbefreiung nicht in Frage kommt, aber angesichts der grossen Betroffenheit des Täters als unmittelbare Folge seiner Tat nur eine niedrigere Strafe als die Einsatzstrafe und gegebenenfalls auch als die innerhalb des ordentlichen Strafrahmens zulässige niedrigste Strafe angemessen erscheint (BGE 119 IV 280 E. 1a). Art. 66bis StGB kommt nur zur Anwendung, wenn der Täter durch die Folgen der Tat schwer betroffen ist (BGE 119 IV 280 E. 1b).
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e) In der bisherigen Rechtsprechung findet sich keine ausdrückliche Stellungnahme dazu, ob Art. 66bis StGB auch bei Vorsatztaten angewendet werden kann.
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Die Frage ist zu bejahen. Art. 66bis Abs. 1 StGB spricht von den unmittelbaren Folgen der Tat schlechthin, nicht nur von den unmittelbaren Folgen der fahrlässigen Tat. Eine Strafbefreiung ist also nach dem Gesetzeswortlaut auch bei vorsätzlichen Taten möglich. Das gleiche ergibt sich aus den Materialien. Nach der Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 26. Juni 1985 kommt eine Strafbefreiung auch bei Vorsatztaten in Betracht. Selbst bei einer vorsätzlichen Tötung wird Art. 66bis StGB nicht ausgeschlossen, so beim Mitnahmeselbstmord einer Mutter, bei dem der Selbstmord scheitert, das in den Tod "mitgenommene" Kind aber stirbt (BBl 1985 II S. 1018 f.). Auch in der parlamentarischen Beratung wurde angenommen, eine Strafbefreiung nach Art. 66bis StGB sei bei Vorsatztaten möglich. Erwähnt wurde insbesondere der Fall des Einbrechers, der bei einer Fassadenkletterei abstürzt und sich dabei schwer verletzt (Amtl.Bull. 1987 S 364 [Votum Arnold], 366 [Votum Jagmetti]; Amtl.Bull. 1989 N 678 [Voten Cotti und Bonny]). Die Lehre ist ebenfalls einhellig der Auffassung, Art. 66bis StGB sei bei Vorsatztaten grundsätzlich anwendbar (TRECHSEL, a.a.O., Art. 66bis N. 1; SCHULTZ, ZStrR 108/1991, S. 398/9; ARZT, ZBJV 127/1991, S. 447; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I und II, Teilrevisionen 1987 bis 1990, § 1 N. 5 und 9).
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Zu beachten ist dabei, dass sowohl in den Materialien wie im Schrifttum die Frage der Anwendbarkeit von Art. 66bis StGB durchwegs unter dem Gesichtspunkt des völligen Strafausschlusses erörtert wird. Wie dargelegt, führt nach der Rechtsprechung die Anwendung von Art. 66bis StGB jedoch nicht zwingend zur Strafbefreiung. Der Richter kann die Strafe vielmehr auch nach freiem Ermessen oder gegebenenfalls im Rahmen der ordentlichen Strafzumessung mildern. Erst recht ist deshalb der Rückgriff auf Art. 66bis StGB bei Vorsatztaten grundsätzlich zulässig. Das gilt selbst bei schwerwiegenden Delikten. Auch hier kann der Täter durch die unmittelbaren Folgen der Tat teilweise, gegebenenfalls sogar vollständig, als bestraft erscheinen. Wieweit die Strafe zu mildern sei, entscheidet der Richter in Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung nach pflichtgemässem Ermessen.
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f) Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde der Beschwerdegegner durch die Schüsse der Polizei lebensgefährlich verletzt. Vom 24. Dezember 1992 bis zum 25. Januar 1993 war er hospitalisiert und musste verschiedenen Operationen unterzogen werden. Er benötigte unter anderem eine intensive Atemtherapie und Schmerzmitteleingabe. Er erlitt zahlreiche Schussverletzungen, unter anderem einen zweifachen Lungendurchschuss, einen einmaligen Zwerchfelldurchschuss und einen Leberdurchschuss. Die postoperativ durchgeführten Kontrollen zeigten von seiten der Leber nur eine geringfügige Funktionseinschränkung. Von seiten der Lunge ist ein bleibender Funktionsverlust mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Im Bereich des rechten Zeigefingers kam es aufgrund einer Schussverletzung zu einer irreversiblen Zertrümmerung eines Gelenkes, worauf eine Versteifung des Grund- und Mittelgliedes durchgeführt werden musste. Diese Einsteifung wird zu einer gewissen Funktionseinbusse der rechten Hand führen. Im Zusammenhang mit den Verletzungen an den Vorderarmen ist der Beschwerdegegner dauernd behindert, weil er keine schweren Lasten tragen kann, was ihn insbesondere bei der Ausübung seines Berufs als Möbelhändler beeinträchtigen wird. Im weiteren musste er sich als Folge der Schussverletzungen im Sommer 1994 die Gallenblase entfernen lassen.
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g) Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie in Anwendung von Art. 66bis StGB die Strafe um 3 Monate gemindert hat. Zwar wiegt das Verschulden des Beschwerdegegners schwer. Die unmittelbaren Folgen der Tat waren für ihn aber ebenfalls schwer. Dadurch erscheint er bis zu einem gewissen Grad bereits als bestraft. Dem durfte die Vorinstanz Rechnung tragen. Die vorgenommene Strafminderung liegt im Ermessensbereich.
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Die Beschwerde ist somit insoweit unbegründet.
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