BGE 133 IV 9 |
2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofs i.S. X. gegen A. und Mitb. (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.280/2006 vom 21. Januar 2007 |
Regeste |
Eventualvorsatz (Art. 18 Abs. 2 StGB) bei Strassenverkehrsunfall mit Verletzungs- und Todesfolgen. |
Sachverhalt |
A.a Am 8. November 2003, um zirka 19.00 Uhr, kam es auf der Aarauerstrasse zwischen Muri/AG und Wohlen/AG ausserorts zu einem Verkehrsunfall, an dem drei Personenwagen beteiligt waren. X. fuhr in seinem Personenwagen VW Vento auf der rechten Fahrbahnhälfte in Richtung Wohlen. F. war im Begriff, in seinem Personenwagen Mercedes 280 E X. zu überholen, und fuhr daher auf der linken Fahrbahnhälfte in Richtung Wohlen. Aus der Gegenrichtung nahte G. in einem Personenwagen Toyota Starlet. Zwischen den Fahrzeugen von F. und G. kam es zu einer Frontalkollision. Die beiden Fahrzeugführer starben noch auf der Unfallstelle beziehungsweise gleichentags im Spital. Die fünf Passagiere im Wagen von F. (die Ehefrau und vier Kinder) sowie die beiden Passagiere im Wagen von G. wurden verletzt. X. blieb unverletzt.
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A.b X., der die theoretische Fahrprüfung drei Mal nicht bestanden hatte, besass keinen Führerausweis. Der Lernfahrausweis für die Kategorie B war ihm auf unbestimmte Zeit entzogen worden, nachdem ein verkehrspsychologisches Gutachten ihm die Mindestanforderungen zum Führen von Motorfahrzeugen abgesprochen hatte.
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B.
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B.a Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau erhob mit Anklageschrift vom 15. April 2005 gegen X. Anklage wegen mehrfacher eventualvorsätzlicher Tötung gemäss Art. 111 StGB, mehrfacher einfacher Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis (Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 Ziff. 1 SVG), Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (Art. 27 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 Ziff. 2 SVG) und wegen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs (Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 Ziff. 1 SVG). Die Staatsanwaltschaft beantragte, X. sei mit sieben Jahren Zuchthaus zu bestrafen.
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B.b X. stellte im Verfahren vor dem Bezirksgericht Muri/AG die Anträge, er sei wegen Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis zu zwanzig Tagen Gefängnis und zu 1'000 Franken Busse zu verurteilen. In allen übrigen Anklagepunkten sei er freizusprechen.
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C.
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C.a Mit Urteil vom 8. Juli 2005 sprach das Bezirksgericht Muri X. von den Vorwürfen der vorsätzlichen Tötung und des Nichtbeherrschens des Fahrzeugs frei. Es sprach ihn der mehrfachen fahrlässigen Tötung (Art. 117 StGB), der mehrfachen fahrlässigen einfachen Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 StGB), des Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis und des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig. Es verurteilte ihn zu drei Jahren Gefängnis, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 108 Tagen. Zudem verwies es ihn für 5 Jahre aus dem Gebiet der Schweiz. Der sichergestellte Personenwagen VW Vento wurde gestützt auf Art. 58 StGB eingezogen. Die Zivilforderungen gegen X. wurden auf den Zivilweg verwiesen.
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C.b Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau erhob Berufung im Wesentlichen mit den Anträgen, X. sei im Sinne der Anklage, mithin unter anderem wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung, zu sieben Jahren Zuchthaus zu verurteilen.
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C.c X. erklärte seinerseits Berufung im Wesentlichen mit den Anträgen, er sei von den Vorwürfen der mehrfachen fahrlässigen Tötung und der mehrfachen fahrlässigen einfachen Körperverletzung sowie von allen übrigen Vorwürfen ausser im Anklagepunkt des Führens eines Motorfahrzeugs ohne Führerausweis freizusprechen; eventualiter sei er wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und mehrfacher fahrlässiger einfacher Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe von höchstens 15 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs zu verurteilen.
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D. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X. am 27. April 2006 schuldig
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- der mehrfachen eventualvorsätzlichen Tötung (Art. 111 StGB);
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- der mehrfachen eventualvorsätzlichen einfachen Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1 StGB);
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- des Führens eines Motorfahrzeuges ohne Führerausweis (Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 Ziff. 1 SVG);
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- des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (Art. 27 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 Ziff. 2 SVG);
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- der Missachtung von Überholvorschriften (Art. 35 Abs. 7 i.V.m. Art. 90 Ziff. 2 SVG);
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- des Nichtbeherrschens des Fahrzeuges (Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 Ziff. 1 SVG).
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Es bestrafte ihn mit 5 ½ Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der inzwischen ausgestandenen Haft von insgesamt 401 Tagen. Es verurteilte ihn ausserdem zu fünf Jahren Landesverweisung unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von vier Jahren.
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E. X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, soweit es die Verurteilung wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung (Art. 111 StGB) und mehrfacher vorsätzlicher einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1 StGB) betrifft, und die Sache insoweit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. Die Beschwerdegegner beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde gut und weist die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
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Aus den Erwägungen: |
2. Die Vorinstanz geht im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer fuhr in seinem Personenwagen VW Vento mit einer zulässigen Geschwindigkeit auf der Aarauerstrasse durch Muri/AG. Ihm folgte F., welchen der Beschwerdeführer von Wirtshausbesuchen kannte, in einem Personenwagen Mercedes 280 E. Nach dem Signal "Ende 50" blieb F. noch über eine Strecke von zirka 250 Metern hinter dem Beschwerdeführer. In der Folge leitete F. - rund 350 Meter von der Stelle der späteren Frontalkollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug entfernt - ein Überholmanöver ein. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren auf der gerade verlaufenden Strecke bei Dunkelheit die Lichter eines entgegenkommenden Fahrzeugs erkennbar. Die Fahrzeuge des Beschwerdeführers und von F. fuhren mit geringem seitlichen Abstand beschleunigend parallel nebeneinander. Im Verlauf dieses Fahrens nebeneinander kam es zwischen den beiden Fahrzeugen zu einer seitlichen Streifkollision, weil F. wegen des Gegenverkehrs versuchte, auf die rechte Fahrbahnhälfte zu gelangen. Diese Streifkollision ereignete sich zirka 82-62 Meter vor der Stelle der späteren Frontalkollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Im Zeitpunkt der Streifkollision fuhren F. und der Beschwerdeführer - bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h - mit einer Geschwindigkeit von 104-116 km/h bzw. 102-114 km/h. F. zog als Folge der Streifkollision sein Fahrzeug nach links und leitete eine Vollbremsung ein. Er konnte aber auf der in diesem Bereich 6,3 Meter breiten Strasse eine Frontalkollision mit dem entgegenkommenden Personenwagen Toyota Starlet von G. nicht mehr verhindern. Der Beschwerdeführer seinerseits, der infolge der Streifkollision gegen den rechten Strassenrand geraten war, zog sein Fahrzeug zunächst ebenfalls nach links gegen die Sicherheitslinie, danach, um nicht in die drohende Frontalkollision zwischen F. und G. verwickelt zu werden, nach rechts, wobei er eine Teilbremsung einleitete. Er geriet in der Folge auf die rechts an die Strasse angrenzende Wiese, auf der sich sein Fahrzeug mehrmals überschlug und schliesslich, rund 70 Meter von der Strasse entfernt, auf dem Dach liegend zum Stillstand kam. F. und der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeugs wurden getötet. Die fünf Passagiere im Wagen von F. und die beiden Passagiere im entgegenkommenden Fahrzeug wurden verletzt. Der Beschwerdeführer blieb unverletzt.
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Nach der Auffassung der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten den eingetretenen Erfolg (zwei Tote und mehrere Verletzte) in Kauf genommen und daher mit Eventualvorsatz gehandelt. Der Beschwerdeführer macht geltend, Eventualvorsatz sei nicht gegeben.
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Erwägung 3 |
Die Vorinstanz kommt abweichend von der ersten Instanz zum Schluss, der Beschwerdeführer habe das Risiko einer Frontalkollision zwischen F. und dem entgegenkommenden Fahrzeug auch in Kauf genommen. Der Beschwerdeführer müsse schnell bemerkt haben, dass F. das Überholmanöver nicht abbrechen, sondern abschliessen und somit vor ihm (dem Beschwerdeführer) nach rechts schwenken wollte, was durchaus nachvollziehbar sei. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang auf eine frühere Verurteilung des Beschwerdeführers durch Strafbefehl des Bezirksamtes Muri/AG vom 11. September 2003 unter anderem wegen einfacher und grober Verkehrsregelverletzung beim Überholen. Der Beschwerdeführer habe im Mai 2003 in einer Rechtskurve trotz Gegenverkehrs mehrere Fahrzeuge überholt. Eine Frontalkollision sei damals nur dadurch verhindert worden, dass ein überholter Fahrzeuglenker stark abgebremst habe, um dem Beschwerdeführer das Einschwenken nach rechts zu ermöglichen. Dem Beschwerdeführer sei aufgrund jenes Vorfalls die Situation bewusst gewesen, in welcher sich F. im vorliegenden Fall befunden habe. Es sei ihm klar gewesen, dass F. - wie er selbst einige Monate zuvor - das Überholmanöver beenden wollte. Die Auffassung der ersten Instanz, der Beschwerdeführer habe darauf vertrauen können, dass F. abbremsen und wieder hinter ihm auf die rechte Fahrbahnhälfte schwenken würde, treffe höchstens für die Anfangsphase zu. Der Beschwerdeführer habe aber schnell bemerkt, dass F., der trotz des nahenden Gegenverkehrs weiter beschleunigt habe, das Überholmanöver habe beenden wollen. Trotzdem habe der Beschwerdeführer nicht gebremst, sondern im Gegenteil ebenfalls beschleunigt. Durch dieses Verhalten sei die Gefahr einer Frontalkollision zwischen F. und dem entgegenkommenden Fahrzeug derart gross geworden, dass der Beschwerdeführer diese Kollision und deren Folgen in Kauf genommen habe. Der Beschwerdeführer habe unter den gegebenen Umständen nicht ernsthaft darauf vertrauen können, dass F. - quasi im letzten Moment - doch noch abbremsen, das Überholmanöver abbrechen und hinter ihm nach rechts schwenken werde. Dem Beschwerdeführer sei es darum gegangen, um jeden Preis zu verhindern, dass F. das Überholmanöver abschliessen konnte. Er habe dieses Ziel höher bewertet als die drohenden Folgen und sich damit gegen das Rechtsgut entschieden. Der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs sei derart wahrscheinlich gewesen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers nicht anders denn als Inkaufnahme dieses Erfolgs gewertet werden könne.
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3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht nicht auf die naheliegende Frage eingegangen, ob es nicht in erster Linie Pflicht von F. gewesen wäre, durch Abbremsen und Wiedereinbiegen hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers die linke Fahrbahnhälfte für den nahenden Gegenverkehr freizugeben. Mehrere Umstände, mit denen sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt habe, sprächen gegen die Annahme von Eventualvorsatz. Das Überholmanöver von F. sei von Anfang an unzulässig gewesen, da der Beschwerdeführer ausserorts mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gefahren und auf dem übersichtlichen Streckenabschnitt der nahende Gegenverkehr erkennbar gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht damit rechnen müssen, dass F., in dessen Fahrzeug sich die ganze Familie (Ehefrau und vier Kinder) befunden habe, längere Zeit auf der linken Fahrbahnhälfte bleiben werde. Unter den gegebenen Umständen hätte F. das Überholmanöver durch Abbremsen abbrechen müssen. Dieses naheliegende Manöver wäre erheblich erschwert worden, wenn der Beschwerdeführer seinerseits ebenfalls gebremst hätte. Gegen die Annahme von Eventualvorsatz spreche, dass der Beschwerdeführer in der Endphase des Geschehens die Warnblinker eingeschaltet habe, um F. auf die Gefahr aufmerksam zu machen. F. hätte das Überholmanöver spätestens in dem Streckenabschnitt abbrechen müssen, in dem die beiden Fahrbahnhälften durch eine Sicherheitslinie getrennt sind. F. sei stattdessen unzulässigerweise links von der Sicherheitslinie geblieben und habe unzulässigerweise auch eine Einspurstrecke und eine Sperrfläche überfahren. Die Hauptverantwortung für das Überholmanöver habe bei F. gelegen. Dieser allein habe bis zuletzt die Tatherrschaft über das Geschehen gehabt, die für die Annahme des Vorsatzes erforderlich sei. F. habe sich eigenverantwortlich selbst gefährdet und getötet. Der Beschwerdeführer habe sich daran höchstens in untergeordneter Weise beteiligt und sei daher, wie sich aus BGE 125 IV 189 ergebe, für den eingetretenen Erfolg nicht mitverantwortlich. Der vorliegende Fall sei entgegen der Meinung der Vorinstanz aus mehreren Gründen nicht mit dem in BGE 130 IV 58 beurteilten Sachverhalt vergleichbar. Wenn die Auffassung, dass der Beschwerdeführer mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, richtig wäre, hätte er konsequenterweise insofern, als Fahrzeuginsassen lediglich verletzt wurden, nicht bloss wegen einfacher Körperverletzung, sondern wegen versuchter Tötung angeklagt und verurteilt werden müssen. Dass dies unterblieben sei, deute darauf hin, dass die zuständigen Behörden im Grunde selber nicht an die Vorsatz-These glaubten.
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4. Gemäss Art. 18 Abs. 2 aStGB verübt ein Verbrechen oder ein Vergehen vorsätzlich, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Diese Bestimmung erfasst auch den Eventualvorsatz. Das neue Recht, das am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, bestimmt in Art. 12 Abs. 2 nStGB: "Vorsätzlich verübt ein Verbrechen oder ein Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt." Durch Art. 12 Abs. 2 Satz 2 nStGB wird der Eventualvorsatz definiert (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. September 1998, BBl 1999 S. 1979 ff., 2002 f.).
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Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit kann im Einzelfall schwierig sein. Sowohl der eventualvorsätzlich als auch der bewusst fahrlässig handelnde Täter wissen um die Möglichkeit des Erfolgseintritts beziehungsweise um das Risiko der Tatbestandsverwirklichung. Hinsichtlich der Wissensseite stimmen somit beide Erscheinungsformen des subjektiven Tatbestands überein. Unterschiede bestehen jedoch beim Willensmoment. Der bewusst fahrlässig handelnde Täter vertraut (aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit) darauf, dass der von ihm als möglich vorausgesehene Erfolg nicht eintreten, das Risiko der Tatbestandserfüllung sich mithin nicht verwirklichen werde. Demgegenüber nimmt der eventualvorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernst, rechnet mit ihm und findet sich mit ihm ab. Wer den Erfolg dergestalt in Kauf nimmt, "will" ihn im Sinne von Art. 18 Abs. 2 aStGB. Nicht erforderlich ist, dass der Täter den Erfolg "billigt" (eingehend BGE 96 IV 99 S. 101; BGE 130 IV 58 E. 8.3 mit Hinweisen).
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Ob der Täter die Tatbestandsverwirklichung in diesem Sinne in Kauf genommen hat, muss der Richter - bei Fehlen eines Geständnisses des Beschuldigten - aufgrund der Umstände entscheiden. Dazu gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung. Je grösser die Wahrscheinlichkeit der Tatbestandsverwirklichung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen. Der Richter darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter der Eintritt des Erfolgs als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft, ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolgs ausgelegt werden kann (BGE 130 IV 58 E. 8.4; BGE 125 IV 242 E. 3c mit Hinweisen). Eventualvorsatz kann indessen auch vorliegen, wenn der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs nicht in diesem Sinne sehr wahrscheinlich, sondern bloss möglich war. Doch darf nicht allein aus dem Wissen des Täters um die Möglichkeit des Erfolgseintritts auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen (BGE 131 IV 1 E. 2.2; BGE 125 IV 242 E. 3f).
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Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sog. innere Tatsachen, ist damit Tatfrage und kann daher im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur Entscheidung gestellt werden. Rechtsfrage ist hingegen, ob im Lichte der festgestellten Tatsachen der Schluss auf Eventualvorsatz begründet ist. Es ist allerdings nicht zu übersehen, dass sich insoweit Tat- und Rechtsfragen teilweise überschneiden. Der Sachrichter hat daher die in diesem Zusammenhang relevanten Tatsachen möglichst erschöpfend darzustellen, damit erkennbar wird, aus welchen Umständen er auf Eventualvorsatz geschlossen hat. Denn der Sinngehalt der zum Eventualdolus entwickelten Formeln lässt sich nur im Lichte der tatsächlichen Umstände des Falles erschliessen. Das Bundesgericht kann daher in einem gewissen Ausmass die richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des Eventualvorsatzes überprüfen (BGE 130 IV 58 E. 8.5; BGE 125 IV 242 E. 3c, je mit Hinweisen).
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Erwägung 4.2 |
4.2.2 Die Vorinstanz führt in diesem Zusammenhang aus, der Beschwerdeführer habe "schnell bemerken" müssen, dass F. trotz des nahenden Gegenverkehrs nicht hinter, sondern vor ihm wieder einbiegen und somit das Überholmanöver beenden wollte. Dem Beschwerdeführer sei "klar" gewesen, dass F. das Überholmanöver beenden wollte. Dies habe dem Beschwerdeführer "umso bewusster" sein müssen, je näher der Gegenverkehr gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe "festgestellt", dass F. das Überholmanöver beenden wollte.
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Die Vorinstanz scheint diese Annahme auf zwei Umstände zu stützen, nämlich zum einen darauf, dass F. das Überholmanöver nicht abbrach, als der Beschwerdeführer beschleunigte, sondern im Gegenteil seine Geschwindigkeit ebenfalls erhöhte, und zum andern auf einen Vorfall im Mai 2003, als der Beschwerdeführer seinerseits ein Überholmanöver trotz Gegenverkehrs beendet hatte.
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Auch der Umstand, dass F. das Überholmanöver nicht abbrach, als der Beschwerdeführer seine Geschwindigkeit beschleunigte, sondern seinerseits die Geschwindigkeit ebenfalls erhöhte, legt nicht den Schluss nahe, dem Beschwerdeführer sei klar gewesen, dass F. das Überholmanöver beenden werde. F. konnte das Überholmanöver auch noch in einer späteren Phase des Geschehens durch Abbremsen und Einbiegen nach rechts hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers abbrechen. Gemäss dem verkehrstechnischen Gutachten, auf welches die Vorinstanz in einem anderen Zusammenhang hinweist, hätte die Strecke für ein solches Einbiegemanöver rund 80-92 Meter betragen. Beim sog. "Kräftemessen" zwischen den Beteiligten ging es gerade auch darum, wer angesichts des nahenden Gegenverkehrs als Erster "aufgeben" werde.
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Die von der Vorinstanz genannten Umstände lassen mithin nicht den Schluss auf Eventualvorsatz des Beschwerdeführers in Bezug auf den eingetretenen Tötungs- und Verletzungserfolg zu.
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Der Beschwerdeführer gefährdete durch das inkriminierte Verhalten auch sich selbst. Eventualvorsatz ist daher nicht leichthin anzunehmen (siehe BGE 130 IV 58 E. 9.1.1 S. 63/64 mit Hinweisen). F. konnte auf dem übersichtlichen Streckenabschnitt den nahenden Gegenverkehr ebenso gut erkennen wie der Beschwerdeführer. F. konnte grundsätzlich selber am besten abschätzen, wann der Moment gekommen sei, an dem er spätestens durch Abbremsen das Überholmanöver abbrechen musste, um eine Kollision mit dem entgegenkommenden Fahrzeug zu verhindern. Ein solcher Abbruch des Überholmanövers war jederzeit möglich, da keine Fahrzeuge folgten. F. hatte insoweit die Herrschaft über das Geschehen. Der Abbruch des Überholmanövers erscheint als die natürliche Reaktion des Überholenden, wenn bei nahendem Gegenverkehr aus irgendwelchen Gründen eine Frontalkollision droht, zumal von einem solchen Zusammenstoss neben den Insassen des entgegenkommenden Fahrzeugs in erster Linie die Insassen des überholenden und nicht diejenigen des überholten Fahrzeugs betroffen sind.
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Demgegenüber besteht das Geschehen im vorliegenden Fall im Wesentlichen darin, dass der Beschwerdeführer auf einem geraden Streckenabschnitt sich nicht überholen lassen wollte und daher seine Geschwindigkeit beschleunigte, während der überholende Fahrzeuglenker trotz des nahenden Gegenverkehrs das Überholmanöver durchziehen wollte. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers kann unter den gegebenen Umständen nicht der Schluss gezogen werden, dass er sich gegen das geschützte Rechtsgut entschieden hat.
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Eventualvorsatz in Bezug auf Verletzungs- und Todesfolgen ist bei Unfällen im Strassenverkehr daher nur mit Zurückhaltung in krassen Fällen anzunehmen, in denen sich aus dem gesamten Geschehen ergibt, dass der Fahrzeuglenker sich gegen das geschützte Rechtsgut entschieden hat. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
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Der Kassationshof hat sich im vorliegenden Verfahren nicht mit der Frage zu befassen, ob dem Beschwerdeführer in Bezug auf den eingetretenen Erfolg Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Der Beschwerdeführer hatte dies im Berufungsverfahren bestritten, und die Vorinstanz hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Die Vorinstanz wird im neuen Verfahren prüfen, ob der Beschwerdeführer pflichtwidrig unvorsichtig gehandelt hat und ob die übrigen Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung erfüllt sind.
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