BGE 136 IV 29 |
5. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen A. und Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_540/2009 vom 22. Oktober 2009 |
Regeste |
Art. 81 Abs. 1 BGG; Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen. |
Aus den Erwägungen: |
Erwägung 1 |
1.1 Der Beschwerdeführer setzt sich ausführlich mit der Frage seiner Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen auseinander. Er macht geltend, dass er als Geschädigter aus dem von ihm behaupteten und von der Staatsanwaltschaft eingeklagten Betrug zur Beschwerde gegen das die Beschwerdegegnerin 1 insoweit freisprechende Urteil der Vorinstanz legitimiert sei. Soweit die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 133 IV 228) die Beschwerdelegitimation des Geschädigten verneine, stehe sie im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. Aus den Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 4002 ff., 4318) gehe hervor, dass gestützt auf die Generalklausel des "rechtlich geschützten Interesses" unter anderen die Nachkommen des Geschädigten zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert seien. Die Legitimation des Geschädigten ergebe sich auch aus der Antwort des Bundesrates auf eine von Nationalrat Daniel Vischer am 23. März 2006 eingereichte Motion, mit welcher verlangt worden sei, die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen auch auf Geschädigte auszudehnen (Geschäft 06.3097). Der Bundesrat habe in seiner Antwort vom 17. Mai 2006 darauf hingewiesen, dass Art. 81 BGG es dem Bundesgericht ermöglichen werde, auch Geschädigten, die nicht Opfer seien, die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen einzuräumen, womit dem Anliegen der Motion bereits durch das BGG Rechnung getragen werde. Der Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, sein Fall sei nicht mit dem in BGE 133 IV 228 beurteilten vergleichbar. Vorliegend gehe es um einen Freispruch in einem Verfahren, in dem er adhäsionsweise Zivilforderungen aus Betrug geltend gemacht habe, auf welche die Vorinstanz infolge des Freispruchs vom Vorwurf des Betrugs nicht eingetreten sei. Demgegenüber sei es in BGE 133 IV 228 um eine Verfahrenseinstellung gegangen, die von einem Geschädigten angefochten worden sei, der noch keine Zivilforderungen geltend gemacht habe. Im vorliegenden Fall stehe - anders als möglicherweise im Fall einer Verfahrenseinstellung - nicht mehr die Durchsetzung des allenfalls ausschliesslich dem Staat zustehenden Strafanspruchs zur Diskussion, sondern die Rechtmässigkeit eines gefällten Urteils und damit verbunden auch die Frage nach den vom Geschädigten geltend gemachten Zivilansprüchen. Jedenfalls in dieser Konstellation sei die Beschwerdelegitimation des Geschädigten im Strafpunkt und im Zivilpunkt zu bejahen, weil diese beiden Punkte seine rechtlich geschützten Interessen beträfen. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Verneinung der Beschwerdelegitimation des Geschädigten "im Strafpunkt und/oder im Zivilpunkt" verstosse gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV), den Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung im Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen (Art. 29 Abs. 1 BV) sowie den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Es gehe nicht an, den Geschädigten insoweit anders zu behandeln als das Opfer einerseits und den Angeklagten andererseits. Es sei nicht einzusehen, weshalb man dem Geschädigten das Recht zugestehe, seine Zivilansprüche im Strafverfahren geltend zu machen, um ihm dann mitten im Verfahren die andern Verfahrensbeteiligten zustehenden Rechte zu beschneiden. Dies sei eine Ungleichbehandlung der am Verfahren Beteiligten und führe unzulässigerweise zu einem Instanzenverlust für den Geschädigten und damit zu einer Beschneidung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, was mit einem fairen Verfahren nichts zu tun habe.
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Der Geschädigte wird in dieser Aufzählung nicht genannt. Diese ist allerdings nicht abschliessend, was sich schon aus dem Wort "insbesondere" ergibt.
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1.3 Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen. Er ist unstreitig weder Privatstrafkläger noch Opfer noch Strafantragsteller. Er ist Geschädigter aus einem von ihm behaupteten und von der Staatsanwaltschaft eingeklagten Betrug. Die Vorinstanz hat die Beschwerdegegnerin 1 insoweit mangels Arglist vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen, und sie ist infolge dieses Freispruchs auf das Schadenersatzbegehren des Beschwerdeführers nicht eingetreten. Somit stellt sich die Frage, ob und inwiefern der Geschädigte in einer solchen Konstellation zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert ist.
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Erwägung 1.4 |
1.4.2 Durch das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; AS 1992 2465), in Kraft seit 1. Januar 1993, wurde auch Art. 270 BStP betreffend die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde geändert. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG in der damals geltenden Fassung (entsprechend Art. 37 Abs. 1 lit. c OHG in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 23. März 2007) konnte das Opfer (im Sinne des Opferhilfegesetzes) den Gerichtsentscheid mit den gleichen Rechtsmitteln anfechten wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hatte und soweit der Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken konnte. Das Opfer im Sinne des OHG war schon gestützt auf diese Bestimmung unter den darin genannten Voraussetzungen zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde etwa gegen ein den Beschuldigten freisprechendes Urteil legitimiert (siehe BGE 120 IV 44 E. 2a S. 49). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte indessen nicht nur das Opfer im Sinne des OHG, sondern unter der genannten Voraussetzung jeder Geschädigte zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein. Dies wurde in der bundesrätlichen Botschaft zum Opferhilfegesetz von 1991 (BBl 1990 II 961 ff., 996/997 Ziff. 212.22) damit begründet, dass einerseits die Stellung des Geschädigten allgemein verbessert und andererseits verhindert werden sollte, dass zwei Kategorien von Opfern geschaffen würden und dadurch das Verfahren unnötig kompliziert werde (siehe BGE 120 IV 44 E. 2b S. 49). Daher bestimmte Art. 270 Abs. 1 BStP in der Fassung gemäss dem Opferhilfegesetz vom 4. Oktober 1991, in Kraft seit 1. Januar 1993,dass die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde - neben dem Angeklagten und dem öffentlichen Ankläger des Kantons - auch dem Geschädigten zustand, wenn er sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hatte und soweit sich der Entscheid auf die Beurteilungseiner Zivilforderung auswirken konnte. Die in Art. 270 BStP in der bis Ende 1992 geltenden Fassung geregelte Legitimation des Strafantragstellers und des Privatstrafklägers wurde aufgehoben. Dies wurde in der bundesrätlichen Botschaft zum Opferhilfegesetz bezüglich des Strafantragstellers damit begründet, dass es sachgerechter sei, die Beschwerdebefugnis von der Schädigung durch die Straftat abhängig zu machen, als an einen Strafantrag anzuknüpfen und die Beschwerde damit auf Antragsdelikte zu beschränken. Soweit der Strafantragsteller gleichzeitig auch Geschädigter sei, könne er aber in dieser Eigenschaft nach wie vor Nichtigkeitsbeschwerde führen (Botschaft zum Opferhilfegesetz, a.a.O., S. 998 Ziff. 212.221 zu Art. 270). In Bezug auf die Aufhebung der Beschwerdebefugnis desPrivatstrafklägers wurde in der Botschaft ausgeführt, dass diese Beschwerdelegitimation in der Gerichtspraxis ohnehin nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung hatte. Da der Privatstrafkläger aber in der Regel auch Geschädigter sei, könne er in dieser Eigenschaft eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde führen (Botschaft zum Opferhilfegesetz, a.a.O., S. 999).
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Diese Änderung von Art. 270 BStP, die am 1. Januar 1993 in Kraft trat, führte einerseits zu einer erheblichen Zunahme von eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden an das Bundesgericht, indem insbesondere Personen, die sich durch ein angebliches Vermögensdelikt geschädigt fühlten, in ihrer Eigenschaft als Geschädigte gegen letztinstanzliche kantonale Einstellungsbeschlüsse und freisprechende Urteile eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben. Die neue gesetzliche Regelung erwies sich andererseits in verschiedener Hinsicht als lückenhaft. So konnten beispielsweise die Strafantragsteller Verfahrenseinstellungen und Freisprüche, die damit begründet wurden, dass der Strafantrag verspätet eingereicht worden oder ungültig sei, nicht mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde anfechten, da sich ein dergestalt begründeter Entscheid nicht im Sinne von Art. 270 BStP auf die Beurteilung der Zivilforderung auswirken konnte. Daher entschied das Bundesgericht, dass der Strafantragsteller ungeachtet dieser in Art. 270 BStP genannten Voraussetzung zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sei, soweit es um Fragen des Strafantragsrechts als solches gehe (siehe BGE 120 IV 44 E. 3b S. 50 und E. 7 S. 57). Das Bundesgericht erkannte im Weiteren, dass das Opfer einen Entscheid wegen Verletzung von Opferrechten mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechten könne, auch wenn sich ein solcher Entscheid nicht auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken könne. Zudem könne der Privatstrafkläger unter gewissen Voraussetzungen nach wie vor eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erheben, auch wenn er nicht als Geschädigter über einen Zivilanspruch verfüge, auf dessen Beurteilung sich der angefochtene Entscheid auswirken könne (siehe BGE 120 IV 44 E. 3b S. 50 und E. 7 S. 57; BGE 121 IV 76 E. 1a S. 78; BGE 122 IV 79 E. 1a S. 81).
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1.4.3 In Anbetracht der starken Zunahme der Zahl der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden infolge der am 1. Januar 1993 eingeführten Beschwerdelegitimation des Geschädigten wurde im Rahmen der Teilrevision des Bundesrechtspflegegesetzes zur Entlastung des Bundesgerichts, welche in einzelnen, unbestrittenen Punkten die in Arbeit befindliche Totalrevision vorwegnahm, Art. 270 BStP betreffend die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde durch Bundesgesetz vom 23. Juni 2000, in Kraft seit 1. Januar 2001, wieder geändert. Die Beschwerdelegitimation des Geschädigten, der nicht Opfer ist, wurde aufgehoben. Dazu wurde im Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen des Ständerates und des Nationalrates vom 4. und 8. September 1999 (BBl 1999 9518 ff.) ausgeführt, überzeugende Gründe für die Beschwerdelegitimation des Geschädigten seien nicht ersichtlich und auch in der Botschaft des Bundesrates zum Opferhilfegesetz nicht genannt worden. Die bisherige Regelung, wonach auch die Geschädigten, die nicht Opfer seien, zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein sollen, schiesse über das Ziel hinaus und belaste das Bundesgericht mit zusätzlichen Beschwerden (Bericht, a.a.O., S. 9524). Nach der neuen Fassung von Art. 270 BStP stand die Nichtigkeitsbeschwerde dem Opfer zu, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hatte und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betraf oder sich auf deren Beurteilung auswirken konnte. Im Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte wurde in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf BGE 120 Ia 157 festgehalten, dass mit dieser Neuregelung die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde der Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde angeglichen werde, was sachgerecht erscheine (Bericht, a.a.O., S. 9524). Gemäss der zitierten Rechtsprechung war nämlich gestützt auf Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG, der als "lex specialis" zu Art. 88 OG betrachtet wurde, einzig das Opfer, nicht aber der Geschädigte in der Sache selbst zur staatsrechtlichen Beschwerde auf dem Gebiet der Beweiswürdigung legitimiert, soweit sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilforderung auswirken konnte. Nach dem neuen Art. 270 BStP, der am 1. Januar 2001 in Kraft trat, stand die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ausserdem dem Opfer ungeachtet der Auswirkungen des Entscheids auf die Beurteilung von Zivilansprüchen zu, soweit es die Verletzung seiner Opferrechte gemäss OHG geltend machte, sowie dem Strafantragsteller, soweit es um das Strafantragsrecht als solches ging, und schliesslich dem Privatstrafkläger, wenn er nach den Vorschriften des kantonalen Rechts allein, ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers, die Anklage vertreten hatte. Diese gesetzliche Regelung trug insoweit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 IV 44) Rechnung, wie auch im Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte ausdrücklich festgehalten wurde (Bericht, a.a.O., S. 9533 f.).
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Art. 81 BGG unterscheidet sich von der früheren Regelung allerdings insofern, als die darin enthaltene Aufzählung der zur Beschwerde in Strafsachen Berechtigten explizit keine abschliessende ist. Vielmehr ist neu zur Beschwerde legitimiert, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. In der Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 4202 ff.) wird ausgeführt, dass Art. 270 BStP keine allgemeine Definition der Beschwerdelegitimation enthalten habe. Wegen der Einheitsbeschwerde sei eine solche Definition zur deutlichen Unterscheidung von den anderen Rechtsmitteln nunmehr erforderlich, zumal Gegenstand der Beschwerde in Strafsachen auch Entscheide aus angrenzenden Bereichen sein können. Die gewählte Definition weiche freilich nicht wesentlich vom heute geltenden Recht ab. Materielle Voraussetzung der Beschwerdelegitimation sei das Bestehen eines rechtlich geschützten Interesses, was der heutigen Rechtslage entspreche. Die Liste in Buchstabe b zähle die üblichen Fälle auf, in denen diese Voraussetzung in der Regel erfüllt sei. Sie habe jedoch nur beispielhaften Charakter. So habe etwa das in Ziffer 5 genannte Opfer auch ein rechtlich geschütztes Interesse, wenn es ein ihm vom Opferhilfegesetz eingeräumtes Recht geltend mache und dessen Verletzung die Beurteilung der Zivilansprüche nicht beeinflusse, wie das bei den Vorschriften über die Zusammensetzung des urteilenden Gerichts der Fall sei. Die Abkehr vom System der abschliessenden Liste, wie es Art. 270 BStP zugrunde gelegen habe, dränge sich auch wegen des Einschlusses zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Bereiche in die Beschwerde in Strafsachen auf. Dank der Einheitsbeschwerde könnten der kantonale Staatsanwalt, die Bundesanwaltschaft und der Strafantragsteller vor dem Bundesgericht willkürliche Anwendung des kantonalen Prozessrechts geltend machen, was ihnen gegenwärtig im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde verwehrt sei (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, a.a.O., S. 4317 f. zu Art. 76).
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In den Ausführungen in der Botschaft zum Beschwerderecht gemäss Art. 76 des Entwurfs, dem Art. 81 BGG im Wesentlichen entspricht, wird zweimal ausdrücklich der Begriff des "Geschädigten" verwendet. So heisst es in Bezug auf die Voraussetzung der Teilnahme am Verfahren unter anderem: "Verzichtet beispielsweise der Geschädigte auf eine Stellungnahme und einen Abweisungsantrag zur Beschwerde des Beschuldigten vor dem oberinstanzlichen kantonalen Gericht, so gibt er seine Gleichgültigkeit gegenüber dem Entscheid des Gerichts zu erkennen und verliert damit jedes Interesse, den Entscheid beim Bundesgericht anzufechten, wenn ihn das Ergebnis nicht befriedigt" (a.a.O., S. 4317 unten). Und in Bezug auf die materielle Voraussetzung des rechtlich geschützten Interesses wird unter anderem ausgeführt: "Der beispielhafte Charakter der Liste hat ferner zur Folge, dass es einer darin nicht genannten Person nicht von vorneherein verwehrt wäre, ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Urteils geltend zu machen. Dies gilt namentlich für die Nachkommen des Beschuldigten, die nicht ausdrücklich erwähnt sind, anders als noch in Artikel 270 BStP [...]. Die Generalklausel des rechtlich geschützten Interesses genügt daher vollauf. Dies gilt ebenso für die Nachkommen des Geschädigten" (a.a.O., S. 4318 zu Art. 76).
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1.6 Den Ausführungen in der bundesrätlichen Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege betreffend die Legitimation zur strafrechtlichen Beschwerde kann nicht entnommen werden, dass nach dem Willen ihrer Verfasser der Geschädigte zur Beschwerde in Strafsachen im strafrechtlichen Schuldpunkt legitimiert ist. Zwar ist darin gelegentlich von den "Geschädigten" beziehungsweise von den "Nachkommen des Geschädigten" die Rede, doch ist unklar, ob damit auch die einfachen Geschädigten oder lediglich die Opfer gemeint sind und ob es um die Beschwerdelegitimation allein im Zivilpunkt oder auch im strafrechtlichen Schuldpunkt geht. Nach den bis zum Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes geltenden Verfahrensordnungen und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichts konnte der Geschädigte einen freisprechenden oder das Verfahren einstellenden Entscheid nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen willkürlicher Beweiswürdigung anfechten, da es ihm insoweit - auch im Falle von Auswirkungen auf allfällige Zivilforderungen - an einem rechtlich geschützten Interesse im Sinne von Art. 88 OG fehlte (siehe BGE 131 I 455 E. 1.2.1; BGE 120 Ia 157 E. 2a/aa sowie nachfolgend E. 1.7.2). Der Geschädigte konnte einen freisprechenden oder das Verfahren einstellenden Entscheid auch nicht mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung von Bundesrecht anfechten, da seine durch das Opferhilfegesetz vom 4. Oktober 1991 eingeführte diesbezügliche Beschwerdelegitimation durch Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 wieder aufgehoben wurde (siehe E. 1.4.3 hiervor). Eine Legitimation des Geschädigten zur Beschwerde in Strafsachen im strafrechtlichen Schuldpunkt wäre im Vergleich zum bisherigen Recht eine radikale Neuerung, welche im Übrigen eine erhebliche Zunahme von Beschwerden an das Bundesgericht zur Folge hätte, zumal die Beschwerde in Strafsachen als sogenannte "Einheitsbeschwerde" sowohl die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde als auch die staatsrechtliche Beschwerde gemäss den früheren Verfahrensordnungen ersetzt. Eine solche radikale Änderung im Vergleich zum früheren Recht wäre in der Botschaft des Bundesrates zweifellos ausführlich dargestellt worden. Die Botschaft enthält jedoch keine diesbezüglichen Ausführungen, was den Schluss nahe legt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes ist, nicht zur Beschwerde in Strafsachen im strafrechtlichen Schuldpunkt legitimiert ist, so wie er gemäss den früheren Verfahrensordnungen - im Unterschied zum Opfer - weder zur staatsrechtlichen Beschwerde noch zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert war.
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Die Antwort des Bundesrates vom 17. Mai 2006 zur Motion von Nationalrat Daniel Vischer enthält Hinweise, welche in dem Sinne interpretiert werden könnten, dass nach der Ansicht ihrer Verfasser der Geschädigte gestützt auf die in Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG enthaltene Generalklausel des "rechtlich geschützten Interesses" gleich dem in Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ausdrücklich genannten Opfer zur Beschwerde in Strafsachen im strafrechtlichen Schuldpunkt legitimiert sein soll. Ob sich gegebenenfalls daraus auf einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers schliessen liesse, ist fraglich, kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn ein solcher Wille des Gesetzgebers wäre nicht massgebend, weil er in Art. 81 BGG nicht zum Ausdruck kommt.
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Erwägung 1.7 |
1.7.2 Die Legitimation des Geschädigten zur Beschwerde in Strafsachen im Schuldpunkt lässt sich nicht auf die Generalklausel des "rechtlich geschützten Interesses" an der Aufhebung oder Änderung des Entscheids stützen. Der Geschädigte hat an der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung des Beschuldigten nur ein tatsächliches beziehungsweise mittelbares, aber kein rechtlich geschütztes Interesse, da der Strafanspruch allein dem Staat zusteht. Daher war der Geschädigte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum früheren Verfahrensrecht mangels eines rechtlich geschützten Interesses im Sinne von Art. 88 OG nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde etwa wegen willkürlicher Beweiswürdigung legitimiert (siehe BGE 131 I 455 E. 1.2.1; BGE 128 I 218 E. 1.1; BGE 120 Ia 157 E. 2a/aa; je mit Hinweisen), obschon der Entscheid des Strafrichters gerade hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen für den Zivilrichter massgebend sein kann, wie sich aus Art. 53 OR e contrario ergibt. Die Generalklausel des "rechtlich geschützten Interesses" im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG knüpft an die frühere Regelung in Art. 88 OG an. Die Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege hält ausdrücklich fest, dass die materielle Voraussetzung eines rechtlich geschützten Interesses der heutigen Rechtslage entspreche (BBl 2001 4202 ff., 4318 zu Art. 76). Der Geschädigte ist somit im Schuldpunkt mangels eines rechtlich geschützten Interesses im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG nicht zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, so wie er insoweit nach dem früheren Recht weder zur staatsrechtlichen Beschwerde noch zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert war. Dies gilt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht nur, wenn sich die Beschwerde gegen einen Nichteröffnungs- oder Einstellungsbeschluss richtet, sondern auch, wenn ein freisprechendes Urteil Gegenstand der Beschwerde bildet. Der Geschädigte kann somit einen freisprechenden oder das Verfahren einstellenden Entscheid nicht mittels Beschwerde in Strafsachen anfechten etwa mit der Begründung, dass die Vorinstanz die Beweise willkürlich gewürdigt oder ein Tatbestandsmerkmal zu Unrecht verneint habe.
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1.9 Der Geschädigte kann mit der Beschwerde in Strafsachen - wie vormals mit der staatsrechtlichen Beschwerde gestützt auf den früheren Art. 88 OG (siehe dazu BGE 131 I 455 E. 1.2.1) - die Verletzung von Rechten rügen, die ihm als am Verfahren beteiligte Partei nach dem massgebenden Prozessrecht oder unmittelbar aufgrund der BV oder der EMRK zustehen. Insoweit hat der Geschädigte ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG (Urteile 1B_134/2008 vom 18. August 2008 E. 1.2; 6B_686/2007 vom 21. Februar 2008 E. 3). Ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheids hat der Geschädigte auch im Zivilpunkt, falls insoweit die Beschwerde in Strafsachen überhaupt zur Verfügung steht, was gemäss Art. 78 Abs. 2 lit. a BGG davon abhängt, ob die Zivilansprüche zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind. Ferner hat der Geschädigte ein rechtlich geschütztes Interesse, soweit es gemäss Art. 73 StGB um die Verwendung von eingezogenen Vermögenswerten zu seinen Gunsten geht (Urteil 1B_212/2007 vom 12. März 2008 E. 1.4).
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