BGE 98 V 165
 
42. Auszug aus dem Urteil vom 8. September 1972 i.S. Bonaccio gegen Versicherungsgericht des Kantons Luzern
 
Regeste
Art. 67 und 68 KUVG, Art. 3 der VO über Berufskrankheiten.
 
Aus den Erwägungen:
Die Vorinstanz ist stillschweigend von der Annahme ausgegangen, der Beschwerdeführer leide an einer - nicht näher bezeichneten - Berufskrankheit im Sinn des Art. 68 Abs. 3 KUVG, die jedoch wegen ihrer wirtschaftlich bedeutungslosen Auswirkungen keinen Rentenanspruch zu begründen vermöchte. Die SUVA ihrerseits verneint Folgen eines Unfalles oder einer Berufskrankheit. Aus diesen Gründen ist zunächst zu prüfen, ob die geltend gemachte gesundheitliche Beeinträchtigung des Versicherten überhaupt auf ein versichertes Ereignis zurückgeht.
Die SUVA versichert gegen (Betriebs- und Nichtbetriebs-) Unfälle sowie gegen Berufskrankheiten (Art. 67 und 68 KUVG). Gestützt auf Art. 68 Abs. 3 KUVG hat der Bundesrat in Art. 3 der Verordnung über Berufskrankheiten Sonnenstich, Sonnenbrand und Hitzschlag den Berufskrankheiten gleichgestellt, sofern sie "ausschliesslich oder vorwiegend" durch Arbeiten in einem die Versicherung bedingenden Betrieb verursacht worden sind. MAURER (Recht und Praxis der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl., S. 91, lit. b) vertritt die Auffassung, dass die erwähnten Wärmeeinwirkungen auch als Unfälle bewertet werden können (vgl. ferner DUBOIS/ZOLLINGER, Unfallmedizin, S. 380). Dies hätte wohl zu bedeuten, dass der während der Arbeit entstandene Sonnenstich als Berufskrankheit zu gelten hätte und die SUVA in diesem Fall nur unter der Voraussetzung der ausschliesslichen oder überwiegenden Entstehung in dem ihr unterstellten Betrieb haften würde. Ist dagegen der Sonnenstich nicht während der Arbeit aufgetreten, so wäre er als Nichtbetriebsunfall gemäss Art. 67 Abs. 3 KUVG zu qualifizieren und von der SUVA stets zu übernehmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Unfall dann vor, wenn die Gesundheit eines Versicherten gegen dessen Willen durch die plötzliche Einwirkung eines mehr oder weniger ungewöhnlichen äussern Faktors geschädigt wird.
Indessen lässt sich nicht rechtfertigen, einen und denselben Gesundheitsschaden rechtlich als Berufskrankheit oder als Unfall zu behandeln, je nachdem, ob er während oder ausserhalb der Arbeit eintritt. Zudem entstehen Sonnenstich, Sonnenbrand und Hitzschlag nicht durch die Einwirkung eines "mehr oder weniger ungewöhnlichen" äusseren Faktors und erfüllen daher den Unfallbegriff in der Regel nicht. Anders verhält es sich, wenn diese schädigenden Einwirkungen sich im Gefolge ausserordentlicher Vorgänge einstellen; so beispielsweise, wenn ein Versicherter ein Bein bricht, sich deshalb nicht fortbewegen kann und der Sonnenbestrahlung ausgesetzt bleibt, die zur gesundheitlichen Schädigung führt (vgl. MAURER, a.a.O., S. 89, lit. c). Nur in derartigen Ausnahmefällen sind Sonnenstich, Sonnenbrand und Hitzschlag rechtlich als betrieblicher oder ausserbetrieblicher Unfall zu qualifizieren.