5. Auszug aus dem Urteil vom 11. Januar 1979 i.S. Keist gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
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Regeste
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Art. 12 Abs. 1 IVG.
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Aus den Erwägungen:
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Ausgleichskasse und Rekurskommission haben mit Recht festgestellt, dass beim Beschwerdeführer kein Geburtsgebrechen vorliegt, so dass Kostengutsprache für die Psychotherapie, welcher sich der Beschwerdeführer seit Mai 1975 unterzieht, gestützt auf Art. 13 IVG zum vorneherein nicht in Betracht kommt. Das wird übrigens in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch gar nicht bestritten.
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Der Rechtsdienst leitet den geltend gemachten Anspruch denn auch ausschliesslich aus Art. 12 Abs. 1 IVG ab. Nach dieser Bestimmung hat ein Versicherter Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Um Behandlung des Leidens an sich geht es in der Regel bei der Heilung oder Linderung labilen pathologischen Geschehens. Die Invalidenversicherung übernimmt im Prinzip nur solche medizinische Vorkehren, die unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler oder wenigstens relativ stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle hinzielen und welche die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen.
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Bei nichterwerbstätigen Minderjährigen können medizinische Vorkehren schon dann überwiegend der beruflichen Eingliederung dienen und trotz des einstweilen noch labilen Leidenscharakters von der Invalidenversicherung übernommen werden, wenn ohne diese Vorkehren eine Heilung mit Defekt oder ein sonstwie stabilisierter Zustand einträte, welcher die Berufsbildung oder die Erwerbsfähigkeit oder beide wahrscheinlich beeinträchtigen würde (unveröffentlichtes Urteil vom 12. Dezember 1978 i.S. Rösch). In diesem Sinne werden die Kosten der psychiatrischen Behandlung Minderjähriger von der Invalidenversicherung getragen, wenn das psychische Leiden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem schwer korrigierbaren, die spätere Ausbildung und Erwerbsfähigkeit erheblich behindernden oder gar verunmöglichenden stabilen pathologischen Zustand führen würde. Umgekehrt kommen medizinische Massnahmen der Invalidenversicherung auch bei Minderjährigen nicht in Betracht, wenn sich solche Vorkehren gegen psychische Krankheiten richten, welche nach heutiger Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft ohne kontinuierliche Behandlung nicht dauerhaft gebessert werden können. Dies trifft in der Regel unter anderem bei Schizophrenien zu (BGE 100 V 44; EVGE 1969 S. 230; unveröffentlichte Urteile vom 12. Dezember 1978 i.S. Rösch und vom 2. Mai 1977 i.S. Rivier).
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Die Voraussetzungen für die Gewährung von medizinischen Massnahmen an Minderjährige sind nach der Verwaltungspraxis unter anderem erfüllt bei schweren psychischen Leiden, sofern nach intensiver fachgerechter Behandlung von 360 Tagen Dauer keine genügende Besserung erzielt wurde und gemäss spezialärztlicher Feststellung bei einer weiteren Behandlung erwartet werden darf, dass sich der drohende Defekt mit seinen negativen Wirkungen auf die Berufsausbildung und Erwerbsfähigkeit ganz oder in wesentlichem Ausmass verhindern lässt (siehe Rz 6 der bundesamtlichen Richtlinien vom 11. Januar 1974 betreffend die medizinische Abklärung und die Leistungen der Invalidenversicherung bei psychischen Krankheiten von Minderjährigen, Rz 35 b des vom 1. Januar 1977 an gültigen Nachtrages 2 zum Kreisschreiben über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen und Rz 52 des neuen, seit 1. Januar 1979 gültigen Kreisschreibens über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen). Diese Verwaltungspraxis hält sich im Rahmen des Gesetzes.
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Die dargelegten Voraussetzungen müssen in dem für die Beurteilung des Leistungsanspruches massgebenden Zeitpunkt, d.h. bei Erlass der streitigen Verfügung, erfüllt sein.
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